Friede, Freude, Reibekuchen

Tordis Schuster weiß, wie's Marie so geht

Von Jan FischerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Jan Fischer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Irgendjemand findet's doch wieder raus. Der Rezensent kennt Tordis Schuster, die Autorin von "So geht's Marie". Obwohl das eigentlich zu viel gesagt ist. Wir sind uns vielleicht ein-, zweimal über den Weg gelaufen, haben uns gegrüßt. Wir sind beide Teil einer Schicksalsgemeinschaft namens "Studiengang Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus" in Hildesheim. Man läuft sich über den Weg. Die Stadt ist klein.

Es ist erwähnenswert, dass "So geht's Marie" Tordis' Diplomarbeit ist, sie die Schicksalsgemeinschaft also definitiv verlässt.

Der Rezensent ist jedenfalls Tordis weder "persönlich verbunden oder verpflichtet", bietet keine "Gefälligkeitsrezension" an, von der nach den Statuten dieser Zeitschrift möglichst abzusehen ist.

Also auf zur professionellen Distanz.

Da kann man jetzt Marie betrachten. Die ist ein ganz normales Schulkind. Ihr Leibgericht sind Reibekuchen. Sie spielt mit ihrer großen Schwester Prinzessin und muss auf ihren kleinen Bruder aufpassen. Hat Schulkindprobleme. Deshalb geht's Marie nicht immer gut. Am Tag ihrer Einschulung darf sie nicht das schöne rosa Tüllkleid tragen. Dann ist sie trotzig und zieht es trotzdem an. Und Marie friert, weil das Kleid doch zu dünn ist. Aber die Mama hat eine Strickjacke für Marie dabei. Ärger gibt's auch, als Marie ihren Bruder Johannes mit Schokoladenpudding beschmiert, weil sie ein Schokobaby viel süßer findet. Da ist die Mama auch erstmal wütend. So ein handgemachtes Schokobaby trifft ihren Geschmack nicht wirklich. Zum Glück lacht die Mama, nachdem Baby und Marie wieder sauber sind.

In jeder der locker zusammenhängenden Episoden aus Maries Leben - in optimaler Vorm-Schlafengehen-Vorleselänge - gibt es einen Konflikt zur fröhlichen Identifikation für frisch eingeschulte Schulkinder. Wenn der durchgestanden ist, lachen alle und bis zur nächsten Episode ist alles wieder gut. Friede, Freude, Reibekuchen.

"So geht's Marie" lautet der Titel, und davon erzählt Tordis auch, meistens sehr lakonisch und beiläufig. Immer wieder wird erzählt, wie Marie die Welt wahrnimmt, oder wie sie sich zur Welt verhält. Zeigen, nicht erzählen: Das verleiht dem Text eine eigene Lebendigkeit, lässt die Personen in ihrem Handeln greifbarer werden, es lassen sich einfacher Stimmungsbilder erzeugen. Überhaupt ist "So geht's Marie" schön geschrieben und gut konstruiert. Die einzelnen Episoden sind genau gebaut und passen dann auch gut zusammen. Einzelne Erzählstränge werden über zwei, drei Episoden nicht mehr erwähnt, dann aber wieder aufgenommen und auch zu Ende erzählt. Es gibt keine lockeren Fäden. "So geht's Marie" ist gut verschnürt, präzise kalkuliert und sauber ausformuliert. Daraus ergibt sich sein Problem: Allerweltsfamilie lebt in Allerweltsstadt. Marie ist ein Jedermannskind. "So geht's Marie" ist sehr auf Identifikation und Mitdenken angelegt, und deshalb sind die Charaktere und das Setting sehr offen gehalten.

Das ist natürlich eine Gratwanderung. Tordis erzählt von der Lebenswirklichkeit von Sechs- bis Siebenjährigen, und über weite Strecken tut sie das gut. Manchmal münden diese Lebenswirklichkeiten in Lebensfabeln, dann wird Marie zu edel und zu gut, das Buch ein Stück zu pädagogisch. Aber keine Sorge. Das nächste Schokobaby kommt bestimmt.

Ach, und Tordis. Wenn du mal wieder in Hildesheim bist, komm vorbei. Der Rezensent macht uns ein paar Reibekuchen.


Titelbild

Tordis Schuster: So geht´s Marie. Schulkind-Geschichten.
Autumnus Verlag, Berlin 2005.
151 Seiten, 14,90 EUR.
ISBN-10: 3938531096

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