Schreiben, ein gefährlich Ding für mich...

Die Briefe von Caspar David Friedrich

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Im Bereich der Literatur ist der Kanon der Namen, die repräsentativ für die Epoche Romantik sind, klar umgrenzt. In der bildenden Kunst verhält es sich ebenso. Zu den romantischen Künstlern zählen Runge, Overbeck, Cornelius und natürlich Caspar David Friedrich (1774-1840). Als einer für die Wahrnehmung und Interpretation der Romantik maßgeblichen Bildschöpfer ist neben seinem bildnerischen auch sein literarisch-schriftstellerisches Werk von Interesse. Die Briefe gehören zu den wichtigsten Lebenszeugnissen.

Friedrich nahm an den gesellschaftlichen und gesellschaftspolitischen Diskursen seiner Zeit durchaus teil, wenn auch nicht besonders oft. Wenn er sich aber zu Wort meldete, hielt er sich mit seiner extrem konservativen Meinung nicht zurück. In seinen Briefen setzte sich Friedrich eher aus einer introspektiven Perspektive mit der Romantik - und im Besonderen mit den Interpretationen seiner eigenen Werke durch Dritte - auseinander. Das zeigt die vorliegende Briefausgabe detailliert. Inhaltlich sind die Briefe trotzdem eher eine Enttäuschung, zumindest wenn man das subjektive Leseerlebnis bewerten soll. Ist es allerdings ein biografisches Interesse, das den Leser motiviert, wird man nicht enttäuscht und lernt einige "verblüffende" Interpretationsvarianten seiner Bilder durch ihn selbst oder seine nächsten Verwandten kennen.

Der Herausgeber skizziert in der Vorbemerkung die Besonderheiten der Ausgabe: "Erstmals sind hier die Briefe des Malers aus verschiedenen Quellen zusammengetragen; darunter ungedruckte und nur teilweise veröffentlichte. Mehr als zwanzig unbekannte Briefe stammen von seinen Verwandten, Freunden, Schülern, in denen der Maler in aufschlussreichen Zusammenhängen erwähnt wird, und Äußerungen von ihm überliefert werden zu der nach seiner Meinung überschätzten Allegorik in seinen Bildern, wobei er deren Naturtreue hervorhebt." Nicht alle Lesarten und Eingriffe in die Brieftexte wurden dokumentiert, was aber verschmerzbar ist. Zu vorherigen Ausgaben gibt es einige Verbesserungen durch Beseitigung von Lesefehlern. Insofern ist die Ausgabe ein Fortschritt. Was bei dem Band am meisten stört, ist die typografische Gestaltung, der unruhige Satzspiegel, mit knappem Rand gesetzt, mit einem dem kursiven Brieftext nachgestellten Kommentar, der die kommentierten Begriffe fett hervorhebt und damit zum optisch wichtigsten auf jeder Seite macht. Daneben treten die eigentlichen Informationen, der Brieftext, die Briefkopfzeilen usw. zurück. Dies ist lese(r)unfreundlich und schmälert die Benutzbarkeit der ansonsten editorisch ordentlich gemachten Ausgabe, die an einigen Stellen einen strafferen Kommentar verdient hätte. Auch wären die "Nicht-Friedrich-Briefe" zusammengefasst im Anhang besser ungebracht gewesen.

Die Briefausgabe ermöglicht leicht revidierende Blicke auf die Biografie und die Anschauungen Friedrichs. Dem Leser und dem Inhalt zuliebe wäre in einer weiteren Neuauflage dem Band ein anderes Layout zu wünschen. Die Briefe bleiben aber darüber hinaus trotz ihrer inhaltlichen Heterogenität ein kulturwissenschaftlich interessantes Briefkonvolut der Romantik.


Titelbild

Caspar David Friedrich: Die Briefe. 2. Auflage.
Herausgegeben und kommentiert von Hermann Zschoche.
ConferencePoint Verlag, Hamburg 2006.
256 Seiten, 22,00 EUR.
ISBN-10: 393640612X

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