Die Grenzen der Höflichkeit

Jason Starr beschreibt in seinem Thriller "Stalking" ein Netz der Verfolgung und Beobachtung

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Ein Kritiker bezeichnete als Grundmotiv von Jason Starr einmal "Männer im freien Fall". Diese Bezeichnung trifft auch auf den "Protagonisten" in seinem neuen Roman "Stalking" zu. Die Ausgangssituation ist schnell beschrieben: Katie lebt in New York, hat ihren ersten Job nach der Schule, geht gern aus und sucht - wie die meisten ihrer Freundinnen - einen Freund. Eigentlich hat sie alles, was sie braucht, aber die Sehnsucht nach Zuwendung und einem auch durch Partnerschaft bereicherten Leben lässt sie Einladungen zu "Dates" annehmen. Dass sie dabei - genau wie ihre Freundinnen - meist wenig Glück hat, mag nicht zuletzt an der einander entgegen gesetzten Interessenlage zwischen weiblichen und männlichen Teilnehmern der Verabredungen liegen. Sind die Frauen eher auf eine langfristige Beziehung aus, sind die Absichten der Männer eher auf ein kurzfristiges, momentanes Vergnügen gerichtet. So ist ihr aktueller Freund auch mehr an anderen Frauen als an ihr interessiert. Sein gewaltsamer Tod ist nur der Anfang von einer Reihe von Ereignissen, die Katies Leben "ins Rutschen bringen".

Vermeintlichen Halt gibt ihr Peter, ein aus dem Nichts auftauchender ehemaliger Bekannter ihrer verstorbenen Schwester aus ihrer Heimatstadt. Seine anfängliche Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft schlagen aber schon nach kurzer Zeit in Aufdringlichkeit um. Der anfängliche Verdacht, ausgelöst durch mehrere Überreaktionen Peters auf Ablehnung seiner Annäherungen wird zu einer sukzessiven Erkenntnis Katies, dass Peter vielleicht nicht zufällig in ihrem Leben aufgetaucht ist. Den Hintergrund dieser Erkenntnisse bilden für den Leser zusätzlich die Recherchen eines Polizeibeamten, der die Spuren Peters bis zu dem gewaltsamen Tod seiner Eltern zurück verfolgt.

Das langsame Zusammenziehen des Netzes der Verfolgung und Beobachtung um die Protagonistin Katie, ihre zunehmende Erkenntnis und Wahrnehmung der tödlichen Bedrohung durch den Stalker, die Unausweichlichkeit dieser Bedrohung und die Hilflosigkeit des Opfers werden von Starr - und in der guten Übersetzung von Ulla Kösters - dem Leser eindringlich vor Augen geführt. Ihm steht ein spannendes Lesevergnügen und hoffentlich die Erkenntnis bevor, solcher "Zuneigung" gegenüber kritisch zu sein.


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Jason Starr: Stalking. Roman.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Ulla Kösters.
Diogenes Verlag, Zürich 2009.
523 Seiten, 12,90 EUR.
ISBN-13: 9783257861853

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