Zwischen Journalismus und Literatur

Der Journalist Sven Recker erprobt die Kunst des fiktionalen Erzählens

Von Bozena BaduraRSS-Newsfeed neuer Artikel von Bozena Badura

Für Sven Recker bedeutete das Schreiben bisher hauptsächlich eines: Fakten liefern. Dies wird sich jedoch bald ändern, da im Herbst dieses Jahres sein erster Roman erscheint, aus dem der 1973 geborene Journalist und Schriftsteller in Klagenfurt vermutlich einen Auszug lesen wird. Zuvor war er weltweit als Katastrophenhelfer unterwegs; seit 2009 ist Recker als Chefredakteur für Media in Cooporation and Transition (MiCT) tätig, eine in Berlin ansässige gemeinnützige Organisation, deren Ziel es ist, die Entwicklung der Presse in fünfzehn Krisengebieten der Welt voranzutreiben und somit zur Entschärfung der Konflikte beizutragen.

In Reckers Videoporträt ist eine nächtliche Stadt zu sehen. Die Kamera, begleitet von einer düsteren und geheimnisvollen Musik, liefert dem Zuschauer verstohlene Einblicke in die beleuchteten Zimmer fremder Wohnungen und enthüllt somit ein Stück Privatsphäre. Viel lässt sich nicht erkennen und dennoch gibt der Film mehr über den Autor und seine Schreibmaxime preis, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Denn dieses Selbstporträt verweist einerseits auf Reckers Tätigkeit als Journalist, dessen Aufgabe darin besteht, aus dem Verborgenen über diverse Geschehnisse zu berichten. Andererseits verrät der Kurzfilm eine gewisse Neugier auf das, was Menschen tun, wenn sie sich unbeobachtet glauben.

Wie der Klappentext des bald in der Edition Nautilus erscheinenden Debüts Krume Knock Out verspricht, wirft Recker einen gleichermaßen sezierenden wie differenzierten Blick auf unsere heutige Gesellschaft. Alkohol, Tod, psychische Probleme und der Versuch, sich in der Welt zurechtzufinden, bestimmen die darin beschriebenen Lebensgeschichten.

In Klagenfurt liest Sven Recker auf Einladung von Meike Feßmann. Als einer unter lediglich vier männlichen und zehn weiblichen Teilnehmern ist er damit gewissermaßen bereits ausgezeichnet. Darüber hinaus ist er neben Anna Baar der einzige Debütant beim diesjährigen Bachmann-Preis. Reckers Auftritt während des Klagenfurter Wettbewerbs verspricht umso spannender zu werden, als er damit von einem nicht-literarischen in das literarische Erzählen übergeht. Künftig wird ihn dies sicherlich zu einem interessanten Forschungsobjekt derjenigen Literaturwissenschaftler machen, die sich auf das journalistische Schreiben und seine Abgrenzung zur fiktiven Literatur spezialisiert haben.

Ein Beitrag aus der Redaktion Gegenwartskulturen der Universität Duisburg-Essen