Patrick Primavesi: Kommentar, Übersetzung, Theater in Walter Benjamins frühen Schriften
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseIm frühen Werk Walter Benjamins wird eine differenzierte Theorie der literarischen Kritik entwickelt: dies vor allem in der Arbeit über den "Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik" und im Essay über "Goethes Wahlverwandtschaften". In den Kontext dieser Theorie gehören aber auch der Kommentar "Zwei Gedichte von Friedrich Hölderlin" von 1914, der Essay "Die Aufgabe des Übersetzers" von 1921 und die zwischen 1916 und 1928 im Umkreis des "Trauerspiel"-Buchs entstandenen dramen- und theatertheoretischen Schriften. Diesen Arbeiten Benjamins widmet sich Patrick Primavesis Studie "Kommentar, Übersetzung, Theater". Kommentar, Übersetzung und Theater versucht Primavesi darin als Bezugspunkte einer Ästhetik darzustellen, "die nicht nur zwischen Kunst und Wissenschaft oder zwischen Produktion und Rezeption zu vermitteln hätte, sondern ebenso zwischen Schrift und Körper, subjektiver und kollektiver Erfahrung. Ein ehrgeiziges Programm, das jedoch die Ambitionen der Benjaminschen Theoriebildung recht genau widerspiegelt. Durch eine präzise Lektüre der angeführten Schriften Benjamins gelingt es Primavesi, den Leser von seinen Thesen weitgehend zu überzeugen, Thesen, die auch für das spätere Werk Benjamins von nicht geringer Bedeutung sind: "Auch Benjamins spätere Überlegungen zum Theater", so Primavesi, "rekurrieren auf den Erfahrungsraum traditioneller Formen, in dem sich rituelle, auratische und technische Momente verbinden, Antike und Moderne einander durchdringen. Schauplatz solcher Begegnungen ist neben den Erzählungen Kafkas und dem epischen Theater Brechts nicht zuletzt die Lyrik Baudelaires.... Für Benjamin manifestiert sich in diesem Gestus die Produktivität der Selbstentfremdung des Subjekts in der Moderne und eine theatrale Form von Erkenntnis, die an das untergehende Individuum gebunden ist, an die Szene eines Verlusts."
G. L.