Charme und Quatsch

Über Funny van Dannens "Der Tag, als Rosie kam"

Von Klaus Cäsar ZehrerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Klaus Cäsar Zehrer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der 41jährige Funny van Dannen ist ein Alleskönner. Vor ein paar Jahren in der Kleinkunstszene aufgetaucht, avancierte er mit seinen eingängigen Liedern zur Gitarre schnell zum Publikumsliebling. 1997 veröffentlichte er im Verlag Antje Kunstmann einen Band mit Erzählungen ("Der Tag, an dem Rosie kam"); 1998 folgte ein "Poesiealbum" ("Komm in meine Arme") mit Kurzgeschichten, Gedichten, Liedtexten und Szenen, vom Autor selbst mit Collagen, Aquarellen und Zeichnungen illustriert.

Ebensogut könnte man sagen: Funny van Dannen ist ein Nichtskönner. Seine mittlerweile vier CDs klingen eine wie die andere, das schriftstellerische Werk spottet allen Regeln der Erzähl- und Dichtkunst, und die Bilder brächten einem Zehntklässler höchstens Durchschnittsnoten ein. Daß es mit diesen Fähigkeiten trotzdem zur Künstlerexistenz gereicht hat, scheint Franz-Josef Hagmanns alias Funny van Dannen selbst am meisten zu wundern. Er singt: "Inzwischen bin ich Künstler, und das ist wunderschön, dabei wollte ich ursprünglich nur nicht arbeiten geh´n"; in einem anderen Lied heißt es: "Sie werden sich fragen: 'Hat der das nötig, und glaubt er wirklich, daß das jemand gefällt? Kann er nichts andres?' Da kann ich nur sagen: Ich bin nicht mehr jung und ich brauche das Geld." Ganz so einfach liegen die Dinge auch wieder nicht; immerhin vertritt Wiglaf Droste die Ansicht, die Erneuerung des deutschen Schlagers könne nicht an Funny van Dannen vorbei führen.

Ob alles - oder nichts (können) - die Frage läßt sich auch nach Lektüre beider Bücher van Dannens nicht eindeutig beantworten. Die dreißig Geschichten in "Der Tag, als Rosie kam" sind rasante Grotesken, die so überraschende Brüche und absurde Wendungen aufweisen, daß sie unmöglich durchkonzipiert sein können. Vermutlich beginnt van Dannen mit einer recht beliebigen Ausgangssituation und überläßt den Gang der Erzählung seiner blühenden Phantasie. Das klappt nicht immer, manchmal wird´s wirr, dröge oder albern. Oft genug aber entstehen sehr eigenwillige und enorm komische Texte. Ihren herzensguten Lebenstrost spenden sie nur denen, die sie so verspielt lesen, wie sie geschrieben sind.

Noch mehr Ratlosigkeit kann, bei falscher Anwendung, das van Dannensche "Poesiealbum" erzeugen. Ein liebevoll gestalteter Prachtband, großzügig gesetzt, wie für die Ewigkeit auf bestem Papier - und was werden unsere fernen Nachfahren dereinst für die typische Kunst der Jahrtausendwende halten? Ein paar eckige weiße Papierschnipsel auf blauem Grund. Darunter steht: "Diese weißen Schnipsel sollen den Winter und den Schnee symbolisiern. Ich hoffe, das kommt auch ohne Worte rüber!" Eine Collage zeigt Hans und Uta, beschriftet unter zweckmäßiger Zuhilfenahme einer "hanuta"-Verpackung.

Und erst die Lyrik: "Eine Frau ruft einen Mann/ Der sagt, daß er nicht kommen kann./ Er ruft laut und kräftig:/ Ich bin total beschäftigt./Denn er streicht einen Gartenzaun/ schön braun." Fertig. Und wieder eine Seite voll. Ganz zu schweigen von den "Poems in German School English by Funny": "Listen now// what happens next/ is hard to say,/ because the future/ always is/ a little bit away!"

Mit den ausgeklügelten, kunstvollen Sinnverdrehungen etwa der "Neuen Frankfurter Schule" hat das wenig gemeinsam, eher schon mit den dreisten Niveauunterbietungen von weiland "Insterburg & Co" - aber Funny van Dannen verbindet auf viel reinere, vielleicht idealere Weise Charme und Quatsch. Dafür, und weil er das Kind ist, das wir alle gern geblieben wären, liebe ich ihn.

Titelbild

Funny van Danny: Der Tag, als Rosie kam.
Verlag Antje Kunstmann, München 1997.
160 Seiten, 14,30 EUR.
ISBN-10: 3888971780

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