Bußtag. Esras Bußgebet
(Esra IX 1) Am 24. Tage desselben Monats versammelten sich die Israeliten, fastend, in Trauerkleidern und Erde auf dem Haupt. (2) Sie hatten sich von allen Fremden abgesondert und bekannten nun ihre Sünden und die Verschuldungen ihrer Väter. (3) Dann erhoben sie sich und man las aus dem Gesetz Jahwes vor, einen Vierteltag lang; einen anderen Vierteltag aber beichteten sie und lagen vor Jahwe auf der Erde.
(6) Dann sprach Esra: „Du allein, Jahwe, hast den Himmel und all sein Heer gemacht, die Erde und alles was darauf ist, das Meer und alles was darin ist. Du erhältst alles lebendig, und das himmlische Heer betet dich an. (7) Du hast Abraham erwählt, ihn aus Ur in Chaldäa herausgeführt, ihm den Namen Abraham gegeben (8) und, als du ihn treu gegen dich erfandest, dich verpflichtet, seinen Nachkommen das Land der Kanaaniten Hetiten Amoriten Feresiten Jebusiten und Girgasiten zu geben; und hast Wort gehalten. (9) Als du dann das Elend unsrer Väter in Ägypten sahst und ihr Geschrei am Schilfmeer hörtest, (10) tatest du Zeichen und Wunder an Farao und seinem Volk. (11) Du spaltetest das Meer vor ihnen, daß sie trocknen Fußes hindurchziehn konnten; ihre Verfolger aber warfst du in seine Tiefe wie einen Stein. (12) In einer Wolkensäule führtest du sie am Tage, in einer Feuersäule bei Nacht, ihnen zu leuchten auf dem Wege den sie gehen sollten. (13) Du fuhrst herab auf den Berg Sinai, redetest mit ihnen vom Himmel her, gabst ihnen gute Gesetze (14) und lehrtest sie deinen heiligen Sabbat durch deinen Knecht Mose. (15) Und gabst ihnen Brot vom Himmel für ihren Hunger, ließest Wasser aus dem Felsen fließen für ihren Durst. (17) Du verließest sie nicht, (18) obwohl sie sich ein Kalb gossen und sagten: Das ist dein Gott der dich aus Ägypten geführt hat. (21) Vierzig Jahre lang sorgtest du für sie in der Wüste, daß ihnen nichts mangelte. (23) Du gabst ihnen Kinder so viel wie die Sterne am Himmel, führtest sie in das ihren Vätern verheißene Land (24) und warfst seine Bewohner vor ihnen nieder. (25) Sie nahmen feste Städte ein und fruchtbares Land; Häuser voll Hausrat, dazu Zisternen Weinberge Oliven und Obstbäume in Menge fielen ihnen zu. (26) Aber sie lehnten sich auf gegen dich, verwarfen dein Gesetz und töteten deine Profeten, die sie beschworen zu dir zurückzukehren. (27) Da gabst du sie in die Hand ihrer Feinde. Doch als sie in ihrer Not zu dir schrien, erhörtest du sie vom Himmel her und gabst ihnen nach deiner großen Barmherzigkeit Retter die sie befreiten. (28) Kaum hatten sie wieder Ruhe, so versündigten sie sich aufs neue gegen dich. (30) Viele Jahre hattest du Geduld mit ihnen und ermahntest sie durch deine Profeten; als sie aber nicht hörten, gabst du sie den fremden Völkern preis. (36) So sind wir denn heutigentages Knechte; ja, in dem Lande, das du unsern Vätern gegeben seine Früchte und Güter zu genießen, sind wir Knechte.(37) Seinen reichen Ertrag bringt es für die Könige, die du über uns gesetzt hast um unsrer Sünden willen; sie schalten mit uns und unserm Vieh nach Belieben, und wir sind in großer Not.“[1]
Erklärungen
[1] Die Geschichtsbetrachtung Esras stimmt mit der des Priesterkodex und des Deuteronomisten in den fünf Büchern Mose und in den Büchern Josua Richter Samuel und Könige überein. Die christliche Kirche hat sie von den Juden übernommen und bis heute konserviert.
Nach dem Chronisten wäre Esra im 7. Jahre des Königs Artaxerxes nach Jerusalem gekommen, also dreizehn Jahre vor Nehemia. Innere Gründe aber sprechen für die Annahme, daß Nehemias Tätigkeit vorangegangen ist. Erst durch diese beiden Männer hat die Heimkehrergemeinde diejenige äußere und innere Festigkeit erlangt, die es ihr ermöglichte, zweieinhalb Jahrhunderte später den Kampf um ihre religiös-völkische Eigenart mit dem Seleukidenreiche aufzunehmen und siegreich zu bestehen. Besonders Esras Einführung des Priesterkodex mit der von diesem geforderten strengen Beachtung zahlreicher religiöser Bräuche (Sabbat, Beschneidung, Unterscheidung reiner und unreiner Speisen usw.) hat zu weitgehender Absonderung der Juden von allem Heidnischen geführt und eine geistige Mauer um sie gelegt, die sich durch mehr als zweieindrittel Jahrtausend widerstandsfähiger und dauerhafter gezeigt hat als die von Nehemia errichtete steinerne.