Iuditha Balint über die Entgrenzung der Arbeit in der Literatur seit der Jahrtausendwende

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Von der Entgrenzung der Arbeit ist inzwischen allenthalben die Rede. Dass sich diese nicht auf die bislang untersuchten ökonomischen Aspekte begrenzen lässt, sondern sich auch in literarische Texte einschreibt, ist die Ausgangsthese dieser Monographie, die ein kultur- und literaturwissenschaftliches Beschreibungs- und Analysemodell entfaltet, mittels dessen das Phänomen in seiner Komplexität fassbar wird.

Dabei wird von einer Entgrenzung der Arbeit im dreifachen Sinne ausgegangen. Neben der ökonomischen Entgrenzung rücken hier auch jene Transgressionen in den Fokus, die sich auf sprachlicher und epistemischer Ebene vollziehen: Die Studie leistet erstmalig in der literaturwissenschaftlichen Forschung eine systematische Analyse der sechs Einzeldimensionen der ökonomischen Entgrenzung von Arbeit – Medien und Technik, Sinn und Motivation, Zeit, Raum, Qualifikation sowie Sozialorganisation –, wie sie in verschiedenen Textsorten erzählt werden. Zudem zeigt sie, dass diese Entgrenzung nicht nur ökonomische, sondern auch sprachliche Implikationen hat, indem sie mithilfe eines metapherntheoretischen Ansatzes Hinweise darauf untersucht, dass und wie das Vokabular der Arbeitswelt in die poetische und die Alltagssprache Einzug hält und somit nicht nur Strukturen und Inhalte, sondern auch Semantiken der Arbeitswelt in andere Lebensbereiche überträgt; und letztlich hebt die Studie entlang framesemantischer Analysen hervor, dass Arbeit häufig als verstehensrelevanter Wissensrahmen erscheint, durch den die narrative Kohärenz und das Verständnis von Texten bzw. Aussagen über andere Lebensbereiche überhaupt erst gewährleistet werden kann.

Das Buch macht die Implikationen dieser Verschiebungen in Lektüren verschiedener Gattungen kenntlich. Analysiert werden Romane und Erzählungen, aber auch Reportagen, Essays und Interviews, in denen sich Vorstandsvorsitzende, Top-Manager oder Professoren über ihr Arbeitsverständnis und das Verhältnis von Arbeit und Nicht-Arbeit äußern.

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Ein Beitrag aus der Redaktion Gegenwartskulturen der Universität Duisburg-Essen

Titelbild

Iuditha Balint: Erzählte Entgrenzungen. Narrationen von Arbeit zu Beginn des 21. Jahrhunderts.
Wilhelm Fink Verlag, Paderborn 2017.
215 Seiten, 59,00 EUR.
ISBN-13: 9783770562657

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