Kein Freund von August Wilhelm Schlegel

Zur Neuedition von August Heinrich Julius Lafontaines Roman "Quinctius Heymeran von Flaming"

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der zweihundertfünfzigste Geburtstag von August Heinrich Julius Lafontaine (1758-1831) hat im Jahr 2008 zu bescheidenen Feierlichkeiten und Jubiläumsaktivitäten Anlass gegeben und sich auch in einer Anzahl von Publikationen niedergeschlagen. So sah man sich veranlasst, in der Reihe der "Haidnischen Alterthümer" im Verlag Zweitausendeins eine Neuedition des "Quinctius Heymeran von Flaming" vorzulegen. Die Reihe geht auf das Engagement von Arno Schmidt zurück, der sich in einem großen Teil seiner Rundfunkarbeiten mit wenig beachteten Autoren beschäftigte. Basierend auf und anknüpfend an die Hinweise Schmidts wurde Lafontaine zum Jubiläum wiederum "neu entdeckt".

Lafontaine gehörte zu den Unterhaltungsschriftstellern, die sich mittlerweile in der Literaturgeschichte einen bleibenden Platz erkämpft haben. Trotzdem musste er im Laufe seiner Rezeptionsgeschichte immer wieder unter den Widerständen einer - wie auch immer sich definierenden - literarischen "Hochkultur" leiden, die ihn zur so genannten Trivial- oder Unterhaltungsliteratur zählte. Ein wenig korrigierte diese negative Einschätzung, die ihren Höhepunkt sicherlich in der Rezension August Wilhelm Schlegels hatte, Schmidts Engagement für den Meister der trivialen Geschichten in seinem Funkessay "Quinctius Heymeran von Flaming".

Lafontaine hatte Theologie studiert, und die ungünstige Erwerbssituation führte ihn als Hauslehrer 1786 nach Halle zu Oberst von Thadden, der sich für seine weitere Laufbahn einsetzte. 1792 ging er mit dem Thadden'schen Regiment auf den Feldzug nach Frankreich. Mit dem Schreiben hatte er bereits begonnen. Die fertigen Abschnitte vom "Quinctius", wurden stückweise von Frankreich nach Deutschland geschickt. Ebenso folgten sukzessive die Korrekturfahnen. 1795 erschien Lafontaines bekanntester Roman unter dem Titel "Klara du Plessis und Klairant". Kurze Zeit nach dem Erscheinen des Buches wurde auch der Roman "Leben und Thaten des Frhr. Quinctius Heymeran v. Flaming" (Berlin 1795-1799) veröffentlicht, der im Gegensatz zur "Klara" zu den lesenswerteren Texten Lafontaines gehört. Beide Romane trugen nicht unwesentlich zum Erfolg des Unterhaltungsschriftstellers bei.

Die Edition wurde von Dirk Sangmeister - der bereits eine kundige Monografie und eine Bibliografie zu Lafontaine veröffentlicht hat - mit einem umfangreichen Nachwort versehen. Dieses enthält neben einer ausführlichen Biografie, einem Abschnitt über den "Quinctius" und eine ausführliche Erörterung über den literarischen Kontext und über die Stellung des Romans in der Literaturgeschichte. Sangmeister skizziert das Erfolgskonzept von Lafontaine überzeugend. Daneben wurden dem Band noch Anmerkungen, ein Literaturverzeichnis und ein Abschnitt "Zu dieser Ausgabe" beigefügt, in dem auch die editorischen Rahmenbedingungen dargelegt werden. Die Erstausgabe erschien 1795 bis 1796 bei Christian Friedrich Voß in Berlin. Aufgrund von Bedenken in Bezug auf Inkonsistenzen in der Erstausgabe beauftragte der Verlag "auf Vermittlung von Carl August Böttiger [...] August Duvau in Weimar Ende 1797 mit einer kritischen Durchsicht der Erstausgabe". Dieser erarbeitete umfangreiche Anmerkungen, die zusammen mit 300 Seiten Kürzungen von Lafontaine im Frühjahr 1798 für die zweite Auflage übernommen wurden. Eben diese nachgebesserte Ausgabe ist die Druckvorlage der vorliegenden Edition: "Die Neuausgabe folgt in Orthographie und Interpunktion diplomatisch getreu dem Text der zweiten Auflage, selbst bei Inkonsequenzen und grammatischen Versehen; lediglich Satzfehler der Vorlage wurden berichtigt." Ein Verzeichnis dieser Texteingriffe fehlt allerdings. Aber bei einem Autor wie Lafontaine ist es verschmerzbar, dass nicht die Erstausgabe als "Schnittpunkt zwischen Produktion und Rezeption" gewählt wurde, sondern eine überarbeitete und gekürzte Fassung. Der Leser nimmt diese Entscheidung auch deshalb dankend zur Kenntnis, weil sie maßgeblich zu einem positiven Lektüreerlebnis beiträgt.


Titelbild

August Lafontaine: Quinctius Heymeran von Flaming. Zwei Bände.
Zweitausendeins, Frankfurt a. M. 2008.
1452 Seiten, 59,90 EUR.
ISBN-13: 9783861508779

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