Wird unsere Währung gemeuchelt?

Was Lenin und Keynes bereits wussten, ist auch Stefan Frank zufolge der sichere Weg, die Substanz der demokratischen Gesellschaft zu zerstören: die inflationäre Aushöhlung der Währung, betrieben von einem Staat-Banken-Syndikat.

Von Laslo ScholtzeRSS-Newsfeed neuer Artikel von Laslo Scholtze

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Prognostiker ist derjenige Theoretiker, dessen Aussagen nicht allein an argumentativer Stringenz, sondern vor allem an ihrem Voraussagewert gemessen werden. Keine Debatte, sondern die Zukunft entscheidet über des Prognostikers Erfolg. Oder, um es im Fußballtrainerdeutsch zu sagen: Wer gewinnt, hat recht.

Der Journalist Stefan Frank hatte in den letzten zehn Jahren, wenn er sich zu ökonomischen Fragen äußerte, häufig recht. Bereits 2002 konnte man bei ihm von der Blase im US-Immobilien- beziehungsweise Hypothekenmarkt lesen, deren Platzen bekanntlich 2008 die noch immer anhaltende Finanzkrise eröffnete. Auch bei der Entwicklung des Goldpreises lag Frank mit seinen Einschätzungen bislang, nun ja, goldrichtig.

Als 2009 sein viel gelobtes Buch „Die Weltvernichtungsmaschine“ erschien, wurde im öffentlichen Raum gerade gern und viel über Verwerfungen und Gier der Investmentbanker schwadroniert, dagegen waren Staatspleiten noch nahezu undenkbar. Frank jedoch schrieb, dass die Staatsschulden im Begriff seien, zu bedrohlichen Blasen anzuschwellen und es ein Irrtum sei zu glauben, nur Lehman Brothers und nicht auch westlichen Staaten könnte die Liquidität ausgehen und das Schicksal der Zahlungsunfähigkeit ereilen.

Auch in seinem neuen Buch „Kreditinferno“ scheut Frank die klare prognostische Festlegung nicht: „Der Euro kann nicht erhalten werden“. Schon jetzt gebe es im eigentlichen Sinne keine Währungsunion in Europa mehr, da Kredite in den europäischen Staaten unterschiedlich teuer seien. Der Zusammenbruch der Währung werde zwar aus politischen Gründen noch hinausgezögert, doch der Hoffnung, die Krise durch schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme zu beseitigen, erteilt Frank eine klare Absage. Denn das Übermaß an billigem Geld, so argumentierte Frank bereits in „Weltvernichtungsmaschine“, sei gerade die Wurzel allen Übels, ganz gleich unter welchem Namen es daherkomme: Ausweitung der Geldmenge (quantitative easing). Niedrigzinspolitik der Zentralbanken. Leitzinsen unter 1 Prozent. Explodierende Neuverschuldung. Inflation?

Doch hier beginnt die Interpretation. Manche Ökonomen betrachten Inflation nicht als ein rein monetäres Phänomen und argumentieren, solange die Löhne mehrheitlich nicht stiegen, könne auch die Wirtschaft nicht inflationär überhitzen. Sie fordern Erhöhung staatlicher Ausgaben, um Beschäftigung und Nachfrage zu stärken und einer Rezession entgegenzuwirken.

Gegen diese keynesianische Wirtschaftspolitik, der traditionell politisch links verortete Ökonomen nahestehen, wendet sich Frank vehement. Er sieht eine sozialdemokratische wie konservative Parteien übergreifende hegemoniale Wirtschaftspolitik des Schuldenmachens, die er als „Turbokeynesianismus“ bezeichnet. In diesem System, so Frank, bildeten „Staat und Banken ein Syndikat: Die Banken finanzieren die Staatsverschuldung, dafür garantiert der Staat ihre Existenz und ihre Profite“.

Mittlerweile habe sich dies zu einem grotesken Schauspiel ausgewachsen: „Vor aller Augen schieben sich Geschäftsbanken und Staat frisch gedrucktes Geld bzw. Schuldverschreibungen hin und her. Während der Staat behauptet, die Banken retten zu können, lässt er sich von diesen seine Staatsanleihen abkaufen, verschuldet sich also seinerseits bei ihnen“. Mit dieser Einschätzung steht der unter anderem für die linke Zeitschrift „konkret“ schreibende Stefan Frank erstaunlicherweise direkt neben Bill Gross, Gründer und Leiter des weltgrößten Rentenfonds PIMCO. Dieser nannte Zentralbanken, die dem Staat in unbegrenzter Höhe Staatsanleihen abkaufen, „noch dreister als Ponzi“.

Die Leidtragenden der dieser Art ausgehöhlten Währung seien, so Frank, vor allem Sparer und Rentner, die über die Entwertung der Währung enteignet würden. Nach Frank müsste eine Lösung radikal ausfallen und das Ende mit Schrecken möglichst bald vollziehen: Währung neustarten, Goldbindung wieder einsetzen, Teilreservesystem der Banken revidieren, nur schuldenfreie Staatshaushalte legitimieren – anders seien Krisen wie die jetzige zwangsläufig.

Frank verbindet seine Fundamentalkritik mit einer auf Einführungsniveau gehaltenen und daher leicht verständlichen Darstellung von Schlüsselbegriffen des Finanzsektors wie dem Teilreservesystem der Banken, dem Geldschöpfungsmultiplikator, Zins und Konjunkturzyklen, Inflation, Relation und Deflation. Sein schon in „Die Weltvernichtungsmaschine“ unter Beweis gestelltes Talent für Recherche, historische Abrisse und humorvoll-ironische Wendungen kommt dem Leser auch in „Kreditinferno“ entgegen. Man mag einige Positionen Franks für teils überzogen oder fraglich halten. Sollte sich jedoch seine Fähigkeit als Prognostiker wiederum bestätigen, kann einem nur Angst und Bange werden.

Lesen Sie hier das Interview mit Stefan Frank zu seinem Buch „Kreditinferno“.

Titelbild

Stefan Frank: Kreditinferno. Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos.
Conte-Verlag, Saarbrücken 2012.
248 Seiten, 14,90 EUR.
ISBN-13: 9783941657595

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