Bissige Paartherapie im O-Ton

Ein verbaler Schlagabtausch in den ewigen Untiefen des Geschlechterkampfes. Über Daniel Glattauers Komödie „Die Wunderübung“

Von Barbara TumfartRSS-Newsfeed neuer Artikel von Barbara Tumfart

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Mit dem E-Mail-Roman „Gut gegen Nordwind“ hat der Wiener Journalist und Schriftsteller Daniel Glattauer 2006 weltweit ein Millionenpublikum angesprochen. Seither kommen in regelmäßigen Abständen neue Bücher von Glattauer auf den Markt, so auch sein 2012 zuletzt erschienener, als Frauenroman verkleideter Psychothriller „Ewig Dein“, der erneut großes Interesse weckte. Die gerade einmal knapp 100 Buchseiten umfassende Einakter-Komödie „Die Wunderübung“ hat dieselben erfolgsversprechenden Ingredienzien: das ewig faszinierende Thema der Liebe  beziehungsweise deren Abklingen und den immerwährenden Geschlechterkampf zwischen zwei sympathischen, real wirkenden Charakteren.

Das seit 17 Jahren verheiratete Paar Joana und Valentin Dorek – beide um die 40 Jahre alt – sitzen mehr oder weniger freiwillig  beim Paartherapeuten, weil sich das die gemeinsame Tochter angesichts der permanenten Zwistigkeiten von den verfeindeten Elternteilen gewünscht hat. Die knapp 90minütige Therapiesitzung wird von den beiden Streithähnen nun als große Bühne für den verbalen Show-Down genutzt. Der anfangs etwas hilflos wirkende, bemitleidenswerte Therapeut versucht in den mitunter brutal-untergriffigen Wortgefechten zwischen den beiden Ehepartnern meist ziemlich erfolgslos zu vermitteln und das Gespräch in eine sinnstiftende Richtung zu lenken. Die Fronten scheinen aber verhärtet und es fehlt auf beiden Seiten an wirklichem Willen, an der festgefahrenen Situation etwas zu ändern. Da werden alte vermeintliche Liebschaften schonungslos debattiert, Gemeinheiten werden auf tiefstem Niveau ausgetauscht und in der Wahl von Schimpfwörtern für den einst geliebten Partner zeigen sich weder Joana noch Valentin zimperlich.

Doch der ob dieser geballten Sprachkomik gefesselte Leser ahnt es schon – es muss zur Wende in der festgefahrenen Gesprächsrunde kommen. Nach einer kurzen Therapiepause gesteht der sichtlich unter Schock stehende Therapeut seine eigenen privaten Beziehungsprobleme: seine Frau hätte ihm eine SMS geschickt in dem sie die Beziehung für beendet erklärt. Der Rollentausch kann beginnen und die Doreks übernehmen flugs den Therapeutenpart. Wer das Ende dieser kleinen aber feinen Wunderübung wissen möchte, dem sei die kurzweilige niveauvolle Lektüre dieses Buches wärmstens empfohlen. Oder man wartet, bis die Komödie auf die Bühne gebracht wird – in Wien steht die Uraufführung schon für  Januar 2015 auf dem Programm der Wiener Kammerspiele.

Daniel Glattauer, der für diesen Sommer bereits einen neuen Roman angekündigt hat, gelingt es in diesem Einakter auf unnachahmliche Weise, die Dynamik der Geschlechterbeziehung zu beleuchten und diese unterhaltsam und realistisch zu veranschaulichen. Ein erfundener, aber realistisch anmutender Dialog, der geschickt mit Stereotypen spielt, ohne jemals in wertlose Klischees abzudriften.

Titelbild

Daniel Glattauer: Die Wunderübung. Eine Komödie.
Paul Zsolnay Verlag, Wien 2014.
110 Seiten, 12,90 EUR.
ISBN-13: 9783552062399

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