Fabelwelt aus Zauberweibern, Anmut, Tücke und Glücksbegier

Max Weber und die Anarchisten: eine Geschichte der Verachtung und Faszination

Von Albrecht Götz von OlenhusenRSS-Newsfeed neuer Artikel von Albrecht Götz von Olenhusen

In eine anarchistische „Ahnenreihe“ stellte Carl Schmitt Otto Gross in seiner „Politischen Theologie“ (1922) bei der Darstellung des Begriffes der Souveränität. „Jede Souveränität handelt, als wäre sie unfehlbar, jede Regierung ist absolut – ein Satz, den ein Anarchist, wenn auch aus an derer Absicht, wörtlich ebenso hätte aussprechen können. Die klarste Antithese, die in der Geschichte der politischen Ideen überhaupt auftritt, liegt in einem solchen Satz. Alle anarchistischen Lehren von Babeuf bis Bakunin, Kropotkin und Otto Gross, drehen sich um das eine Axiom: le peuple est bon le magistrat est corruptible.“[1] Der Anarchist Proudhon sei ein moralistischer Kleinbürger, der im 19. Jahrhundert an der Autorität des Familienvaters und am monogamen Familienleben festhalte, während – hier zielt Carl Schmitt mit deutlicher Ablehnung auf Otto Gross und seine Anhänger – die „heutigen Anarchisten“ mit einem stärkeren „Bewußtsein der tiefsten Zusammenhänge“ in der auf väterlicher Gewalt und Monogamie beruhenden Familie den eigentlichen „Sündenzustand“ sehen und die Rückkehr zum Matriarchat, dem angeblich paradiesischen Urzustand, predigen würden. [2]

Sigmund Freud hat in einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit dem Marxismus und mit dessen ähnlich der Religion illusionärem Dogmatismus die anarchistische Lehre erkenntnistheoretisch als „Sophismus“ bezeichnet und nur die angewandte Psychologie und die Naturkunde als Wissenschaften akzeptiert. [3]

Max Webers Haltung zum Anarchismus und zu den Anarchisten lässt sich nicht auf einen einfachen Nenner bringen. Ich kann dies hier nur fragmentarisch, ausschnittweise, thesenhaft und an einigen konkreten Beispielen skizzieren und beschränke mich auf eine relativ knappe Darstellung seiner Auffassungen im Kontext seiner politischen Anschauungen (I). Alsdann möchte ich sie an konkreten Beziehungs-, Situations- und Verhaltenskonstellationen zu verschiedenen Persönlichkeiten insbesondere auch in den prozessualen Auseinandersetzungen zwischen Otto und Frieda Gross mit Hans Gross aufzeigen: Zu Otto und Frieda Gross, Ernst Frick, Erich Mühsam, Franz Jung, Simon Guttmann und Franz Pfemfert (II); den Schlusspunkt bildet Ernst Toller (III). Bei Max Webers Haltung in den Strafverfahren gegen Ernst Toller 1918/1919 finden sich aufschlussreiche Episoden.

I

Max Weber sah – wie Wolfgang Mommsen gezeigt hat – den modernen Staat grundlegend durch das Monopol legitimer Machtausübung bestimmt. Er definierte alle politischen Gebilde formal ausschließlich von ihrer Bereitschaft zu physischer Gewaltsamkeit. Vom Standpunkt des verantwortungsethischen politischen Handelns lehnte Weber alle gesinnungsethischen politischen Ideen ab: Ihr Prototyp war für ihn der Anarchismus, der revolutionäre Akte aus Überzeugung von der abgrundtiefen Ungerechtigkeit der modernen Gesellschaftsstruktur heraus durchführte, ohne Berücksichtigung der Erfolgschancen und der jeweiligen konkreten Auswirkungen.[4] Ein anarchistisches Attentat diente – in Webers Sicht – keineswegs einem konkreten Zweck, sondern als tätiger Beweis des Glaubens an die Wahrheit der anarchistischen Lehre. Insofern sah er darin das genaue Gegenteil verantwortlicher Politik.[5]

In gleicher Weise geißelte Weber auch Utopien eines philanthropischen Pazifismus und formulierte die Alternative: entweder die radikale Konsequenz Leo Tolstois oder die Anerkennung des unvermeidlichen Machtkampfes in der Welt. Auch wenn für Max Weber die Verantwortungsethik die spezifische Ethik des Politikers war, so hatte er doch für den Gesinnungsethiker starke persönliche und praktisch sich auswirkende Sympathien. Er betonte, dass man dem Gesinnungsethiker, der nicht nach den Folgen seines Tuns fragt und insofern auch nicht der wissenschaftlichen Rationalisierung seiner Entscheidungsüberlegungen und der ihn leitenden Werte bedarf, grundsätzlich das gleiche Recht zugestehen müsse, sofern dieser nur bereit sei, für seine Ideale mit der ganzen Person – nötigenfalls mit Leib und Leben – einzustehen. Das ist gewiss eine Konstante in Webers Haltungen, wie sie sich dann auch in seinem Einsatz für Ernst Toller manifestiert.[6]

Webers Modell der Verantwortungsethik erlaubt aber auch die Wahl extremer Positionen, die man landläufig als irrational bezeichnen würde, und es lässt auch die rationale Prüfung der möglichen Konsequenzen zu. „Weber sah in der rigorosen Rationalisierung der gesamten Lebensführung eines Menschen oder einer Gruppe von Menschen im Dienste von ‚letzten Standpunkten‘ oder ‚außeralltäglichen Idealen‘ den bedeutsamsten Fall sozialen Wandels, der sich von innen heraus, durch den Menschen hindurch, vollzieht.“[7]

Aber trotz des Erfolgszwangs von Politik ist diese letztlich für Max Weber nicht Anpassung an vorgegebene Verhältnisse; sie zielt übers Alltägliche hinaus und ist nur dann imstande, verkrustete Strukturen aufzubrechen und einen Weg zu neuen Ufern zu weisen. „Es ist – richtig verstanden – zutreffend, dass eine erfolgreiche Politik stets die ‚Kunst des Möglichen‘ ist. Nicht minder richtig aber ist, dass das Mögliche sehr oft nur dadurch erreicht wurde, dass man nach dem jenseits seiner liegenden Unmöglichen griff.“[8]

Weber verspottete die traurige Angst des Bürgertums vor dem roten Gespenst. Mit Blick auf die zeitgenössische politische Situation, auch aufgrund seiner Erfahrungen bei SPD-Parteitagen, sah er hier eine Mischung aus spießbürgerlichem Parteibanausentum untermischt mit dem Fanatismus einer Journalistenclique.[9] In einem Vortrag „Der Sozialismus“, gehalten ausgerechnet vor dem k.u.k. Offizierkorps in Wien im Jahre 1918, wird Weber auch scharfe Kritik üben an den schwärmerischen Hoffnungen eines von ihm gründlich verachteten politischen Literatentums als Kehrseite des politischen Spießers: „Die Romantik des Generalstreiks und die Romantik der revolutionären Hoffnung als solche ist es, die diese Intellektuellen bezaubert. Wenn man sie sieht, weiß man, dass sie Romantiker sind, dem Alltag des Lebens und seinen Anforderungen seelisch nicht gewachsen oder abgeneigt und daher nach dem großen revolutionären Wunder und – nach Gelegenheit, sich selbst einmal an der Macht zu fühlen, lechzen.“[10]

II

Max Webers Haltung zu Otto Gross als Wissenschaftler (implizit auch als Repräsentant der erotischen Bewegung, die von der Münchner anarchistisch-libertären Bohème in diesen Jahren auch Heidelbergs akademisches Milieu erreichte) lässt sich aus dem bekannten Absagebrief von 1907 entnehmen, den Weber an Else Jaffé, geb. von Richthofen, richtete.

Otto Gross hatte über Else Jaffé eine Arbeit eingereicht. Wir kennen von dem Aufsatz lediglich den Titel: „Über psychologistische Herrschaftsordnung. I. Der Psychologismus seit Nietzsche und Freud“. Weber als Mitherausgebers des „Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ – neben Edgar Jaffé und Werner Sombart – lehnte den Artikel, dessen Fassung sich nicht erhalten hat, schroff ab. Er sparte nicht mit einer bemerkenswerten Mischung zwischen dem Ausdruck persönlicher Hochschätzung und scharfer wissenschaftlicher Kritik:

Diese Kritik gilt der konkreten Leistung, ich weiß sehr gut, wie hoch das Niveau andrer Arbeiten des gleichen Autors von Berufenen taxiert wird. Sie gilt gar nicht – ausdrücklich sei es gesagt – der Person und ihrer Eigenart. Der Umstand, dass wir beide immer aneinander vorbeisprechen werden, kann nicht dazu führen, dass ich, nach dem kurzen Eindruck und Ihren Erzählungen, den adeligen Zug seiner Natur verkenne, die sicher zu den liebenswerthesten gehört, die Einem heute begegnen können. Um wie viel reiner aber würde der Adel seines persönlichen Charisma’s und jener ‚Akosmismus‘ der Liebe, vor dem ich tief den Hut ziehe, wirken, wenn er nicht vom Staube fachmenschlichen Jargons und ressortpatriotischer Nervenhygiene etc. etc. verdeckt wäre, wenn er wagte, zu sein, was er ist, – und freilich etwas Anderes und Besseres ist, als ein Nachtreter Nietzsches’s.[11]

Nietzsches moralistische Lehre begründet nach Weber die innere Verwandtschaft Otto Gross‘ mit den Philosophen. Otto Gross – so lautet der zentrale Einwand – leite aus psychoanalytischen Erkenntnissen Handlungsanweisungen für praktische Lebensführung mit der Qualität einer normativ-ethischen Theorie ab, verlasse die strenge Wissenschaft für den Bereich der metaphysischen Spekulation, seine Theoriebildung sei mit Werturteilen durchsetzt. Weber und Freud haben also an Otto Gross in ähnlicher Weise den Einsatz medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse für gesellschaftliche Umwälzungen scharf kritisiert.[12]

Max Weber kannte die persönlichen Verwicklungen des Kreises um Otto Gross, der anarchistischen Bohème, mit verschiedenen Personen seines Heidelberger Umfeldes genau: Else Jaffé war seit Freiburger Pensionatszeiten mit Frieda Gross, geb. Schloffer, eng befreundet. Otto Gross war seit 1907 Vater eines Kindes von Else Jaffé – und Weber dessen Pate. Der Philosoph Emil Lask, Webers Heidelberger Kollege, war eine zeitlang mit Frieda Gross liiert. In Heidelberg, in der eher geruhsamen bürgerlich-liberalen Wissenschaftsenklave, brach sich unversehens die erotische Bewegung Bahn. Seit dem Frühjahr 1913, seit Max Webers wochenlangem Aufenthalt in Ascona, war er über die dramatische Entwicklung der Beziehungen zwischen Otto Gross und Hans Gross, über Friedas Ehe, über Friedas neuen Lebensgefährten, den Anarchisten und Künstler Ernst Frick, genau im Bilde.[13] Als Max Weber sich Ende 1913 als „ritterlicher“ Berater von Frieda Gross nach der Einlieferung von Otto Gross in die Psychiatrischen Anstalten Tulln und Troppau und seiner Entmündigung in den Prozessen um die Vormundschaft über Peter Gross engagiert, kommt er schon in der Frühphase der Affäre wiederum in engen direkten und indirekten Kontakt mit der anarchistisch-bohèmienhaften Szene in Ascona, München und Berlin – mit Erich Mühsam, einem früheren Verehrer und Liebhaber Friedas, mit Ernst Frick (1881-1956), mit Franz Jung und Simon Guttmann.[14] Dieser Kontakt läuft zum Teil über Webers Kollegen, den Philosophen Emil Lask, dessen Mutter bei Berlin lebte. Der Briefwechsel von Max Weber 1913/1914 im Zusammenhang mit den prozessualen Auseinandersetzungen, mit den Beteiligten wie Lask, Frieda Gross, mit den Anwälten von Otto und Frieda lässt Max Webers Einstellung und seine praktischen Konsequenzen deutlich erkennen.[15] Ein Brief von Weber an Lask im Dezember 1913 und ein neuerdings von mir aufgefundenes Dokument, ein Brief von Otto und Frieda Gross‘ erstem Wiener Anwalt, Dr. Armin Fischl aus dem Jahre 1914, lassen Max Webers Grundhaltung und Einschätzung der handelnden Personen in der öffentlichen Kampagne und bei den prozessualen Auseinandersetzungen noch deutlicher werden.[16] Emil Lask, der neben Max Weber in den Verfahren auch engen Kontakt zu Frieda Gross unterhielt, hatte es zwar übernommen, zu den Berliner Aktivisten, den Organisatoren der Sammlungs- und Befreiungskampagne, zu Franz Jung, Simon Guttmann und Franz Pfemfert, Verbindung zu halten.[17] Doch scheint sein Einfluss, seines finanziellen Engagements für Friedas Prozesskosten ungeachtet, geringer gewesen zu sein als der Max Webers.

Für Max Weber sind, wie sich dem internen Briefwechsel entnehmen lässt, die Vertreter der anarchistischen Literaturszene „Schwachköpfe“, „Jämmerlinge“ und „Anarchistengesindel“, welche den ehrlichen Namen Revolution mit ihrem Maulheldentum auf dem Papier beschmutzen und die nur ein Interesse leite, nämlich Artikel zu schmieren. Die erneuten heftigen Äußerungen in einem Brief an Emil Lask vom 25.12.1913 bezogen sich ersichtlich auf die Reihe der Artikel, die von expressionistischen Literaten – immerhin die Crême de la Crême der expressionistischen Avantgarde – in den Sonderheften der Zeitschriften „Aktion“ in Berlin und „Revolution“ in München für Otto Gross publiziert worden waren.[18] Diese scharfen Verdikte – als eitle Selbstdarsteller, unpolitisch die Folgen nicht bedenkende Literaten etc. – stehen zwar in unmittelbarem Zusammenhang mit Webers kritischer Einschätzung der prozessualen Situation, scheinen jedoch auch Ausdruck seiner grundsätzlichen Missachtung dieser Protagonisten der zeitgenössischen modernen literarisch-politischen Publizistik gewesen zu sein. Im Prozess ging es öffentlich um die Freilassung von Otto Gross aus Tulln und Troppau. Webers Strategie zielte jedoch von Anfang an darauf ab, durch Verhandlungen mit Hans Gross und dessen Rechtsanwalt die von ihm nicht durchweg positiv eingeschätzten Prozessaussichten in einen Kompromiss zugunsten von Frieda Gross münden zu lassen: Dieser sollte Frieda Gross das alleinige Recht auf ihre Kinder und Unterhalts- wie Erbansprüche erhalten. Öffentliche Aktionen gegen Hans Gross – noch dazu unter anarchistischen, revolutionären Vorzeichen oder in der Interpretation von Franz Jung und anderen als weit gefasster Vater-Sohn- und Beziehungskonflikt mit gesellschaftspolitischen Konnotationen – hielt er für gänzlich kontraproduktiv. Max Weber sah Otto Gross nicht nur als einer Entziehungskur dringend bedürftig, sondern die Veröffentlichungen lediglich als geeignet an, Otto Gross als „unkritischen Genossen von Narren“ zu kompromittieren.[19] Von Erich Mühsam, dessen frühere nahe Beziehungen zu Frieda Gross er gewiss kannte, erwartete Weber, dass dieser seine Berliner und Münchener Genossen („dies Gelichter“, „absolut sterile Schwätzer“) dazu bringen müsse, künftig das Maul zu halten.[20] Weber weigerte sich entschieden, sich öffentlich oder intern für ein geplantes Komitee von bekannten Universitätslehrern für Otto Gross und gegen Hans Gross einspannen zu lassen und vermied letztlich auch jede öffentliche Stellungnahme.

Auf Rat von Max Weber wechselt Frieda Gross zu einem anderen Anwalt – aufgrund einer Empfehlung des Wiener Professors Karl Grünberg (1861-1940) zu dem Wiener Anwalt Otto Pellech (1872-1922), ehemals Schüler von Grünberg. Pellech verficht Friedas Positionen in einem von Max Weber hochgelobten Schriftsatz vom Juni 1914 an das Bezirksgericht Graz. Dessen Entstehungsgeschichte zeigt, dass Max Webers Vorarbeiten auch zur Beurteilung von Anarchismus und Terrorismus darin direkten Niederschlag gefunden haben. Weber hatte mit Frieda Gross, mit Otto Pellech, mit Marianne Weber und dem Asconeser Anarchisten und Arzt Raphael Friedeberg sich in Ascona getroffen. Dort diktierte er ein für Pellechs Schriftsatz als Vorbereitung und Material gedachtes Gutachten insbesondere auch über Friedas Lebensgefährten Ernst Frick und dessen anarchistisches Vorleben. Das Gutachten, das Franziska von Reventlow, im selben Haus wie Frieda wohnend, schrieb, hat sich nicht erhalten, aber im Schriftsatz Pellechs deutlich ausgewirkt.[21]

Warum über Ernst Frick und nicht über Otto Gross? Hans Gross hatte mit Erfolg dem Bezirksgericht Graz vorgetragen, der Umgang seines Enkels Peter mit dem Anarchisten und tuberkulösen Bombenleger Ernst Frick sei schädlich, es sei daher zwingend notwendig, ihm als Großvater die Vormundschaft zu übertragen und den einzigen Enkel Peter in einem soliden, pädagogisch und sittlich einwandfreien Milieu in Graz aufwachsen zu lassen. Pellechs Eingabe dient mit Max Webers Hilfe der detaillierten Widerlegung. Pellech – und man geht sicher nicht fehl, anzunehmen, dass diese Passagen aus Max Webers Gutachten stammen – differenziert scharf zwischen Protagonisten des gewaltlosen anarchistischen Ideenguts und anarchistischen Terroristen.

Im Alter von 24 Jahren stand Herr Frick allerdings noch in der anarchistischen Bewegung. Der Schrecken, welchen das Wort Anarchismus zu verbreiten scheint, haftet ihm aber in der Tat nicht an. Es liegt mir vollkommen ferne, auch nur im bescheidensten Rahmen hier über diesen Begriff abhandeln zu wollen. Aber es muss doch konstatiert werden, dass die schon im hellenischen Altertum und im christlichen Mittelalter gepflegte Idee von Träumern und Schwärmern, welche als idealsten Gesellschaftszustand den der Herrschaftslosigkeit betrachten, welche der Menschheit die Moral zutrauen, sich nebeneinander frei von den Fesseln einer Obrigkeit glücklich entwickeln zu können oder gar davon überzeugt sind, dass dieser Umstand absoluter Freiheit eine neue Moral schaffen müsse, welcher Idee sich ihrer Schönheit halber auch die erleuchtetsten Geister – ein LESSING, ein FICHTE – nicht entziehen konnten, dass diese von PROUDHON mit dem Namen Anarchie belegte Idee nicht zu identificieren sei mit Netschajews Programm, mit der Propaganda der Tat. Der Anhänger dieser letzteren Richtung, der Terrorist wendet die Mittel des Schreckens an, um einerseits gewaltsam die Obrigkeit zu entfernen, andererseits aber bloss zu dem Zwecke, um die anarchistische Idee zu verbreiten. Mit diesen Entarteten hat der theoretische Anarchist, welcher durch Lehre und durch Erziehung der Menschheit die Umgestaltung der Gesellschaftsordnung vorbereiten will, gar nichts gemein.[22]

Frick wird als jugendlicher Brausekopf charakterisiert, der sich seit 1908 gänzlich von der anarchistischen Bewegung abgewendet und sich nur mehr seiner intellektuellen, wissenschaftlichen und künstlerischen Ausbildung gewidmet habe. In diesem Zusammenhang nennt Pellech vorzugsweise Max Weber als Leumundszeugen. Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass in einem von Max Weber ersichtlich stark beeinflussten Schriftsatz auch eine schmeichelhafte Charakterisierung von Max Weber selbst sich findet, die nicht ohne sein Zutun und seine Zustimmung Eingang gefunden haben mag:

Ueber die Bedeutung Professor WEBERS als den heute an allererster Stelle stehenden Nationalökonomen Deutschlands brauche ich wohl kein Wort zu verlieren, darüber gibt jedes einschlägige Fachlexikon entsprechende Auskunft. Wenn ich an dieser Stelle gegen alle Gewohnheit mich mit der Person des beantragten Zeugen etwas befasse, so geschieht dies, weil vor einiger Zeit in einer österreichischen Tageszeitung Herr Professor WEBER als an der Spitze eines Comités stehend, bezeichnet wurde, welches die Aufgabe hätte Herr Dr. Otto GROSS von der Kuratel zu befreien. Das ist natürlich barer Unsinn und für die Widersinnigkeit dieser Zeitungsbehauptung (vg. hg. Kuratelsakt P IX 20/14) rufe ich beruhigt den Herrn Einschreiter Professor HANS GROSS selbst als Zeugen auf. Professor WEBER stand und steht in strengem bürgerlichen Lager Deutschlands, kann fast als Deutschnationaler bezeichnet werden und sind ihm die Otto GROSS’schen Ideen vollkommen wesensfremd. Er kennt wohl Dr. Otto GROSS persönlich, doch hat sich letzterer fast feindselig von ersterem, mit dem er sich nicht verstehen konnte, abgewendet. Herr Professor WEBER ist es nie im Entferntesten eingefallen, für Otto GROSS oder seine Ideen in irgendeiner Weise Partei nehmen zu wollen. (Pellech an BezG Graz, 23.6.1914)[23]

Diese Darstellung traf durchaus zu. Die Prozessakten zeigen auch, dass Max Weber in der Öffentlichkeit Wert darauf legte, in Schriftsätzen und auch sonst bei Frieda und ihrem Anwalt, wie auch früher bei Armin Fischl, nicht mit den Ideen von Otto Gross und seinen Gesinnungsgenossen irgendwie identifiziert zu werden. Das war keineswegs bloße Prozesstaktik, sondern seine innere Überzeugung.[24]

Prozesstaktische Einfärbung bis hin zur Schönfärberei wird man eher bei den Passagen annehmen können, die den Lebenslauf, den beruflichen, den strafrechtlichen und sonstigen Werdegang des Anarchisten Ernst Frick betreffen. Der Schriftsatz Pellechs erscheint wiederum als deutlich von Max Weber geprägt.[25]

Hier ist auch der Ort, zu konstatieren, dass Max Weber sorgfältig zu unterscheiden wusste zwischen öffentlichen, veröffentlichten bzw. prozesstaktisch nützlichen Darstellungen und sehr privaten. In den Briefen an Marianne Weber über seine Gespräche mit Frieda und Ernst Frick zeigt sich, dass Frick, nach wie vor ein stark von Tolstoi beeinflusster Anhänger der anarchistischen Bewegung, auf den Moment großer innerer „Erleuchtung“ wartete, wo er etwas „ganz großes Prophetisches“ tun werde und – darüber waren sich Max Weber und Frieda Gross einig – neben Güte, Nächstenliebe und „Akosmistik der Erotik“ – letztlich auch immer wieder zur Tolstoi’schen Askese neigte.[26] Bei aller menschlichen Sympathie, etwa für Ernst Frick, die sich auch aus dem Briefwechsel zwischen Max Weber und Frieda Gross ablesen lässt, war die anarchistische Bohème Asconas für Max Weber eine sonderbare Fabelwelt, eine „Welt voller Zauberweiber, Anmut, Tücke und Glücksbegier“, seine zunehmende Faszination blieb ambivalent und stand unter dem Vorbehalt gegenüber einer allzu ungezügelten, bürgerliche Werte relativierenden Lebensführung.

Max Webers Ansichten zum ethischen, zum Teil auch anarchistisch grundierten Syndikalismus prägen auch seine Ausführungen im Briefwechsel mit Robert Michels, dem Parteisoziologen, der sich in Marburg 1907/1908 am linken anarchistischen Rand der SPD engagiert hatte – in einem Intellektuellenzirkel, in dem kantianische und tolstoianische Elemente mit einer marxistischen Grundauffassung von Geschichtsphilosophie sich mischten.[27] In seiner Debatte mit Michel setzt Weber 1908 Tolstoianismus mit Syndikalismus gleich, als ethisch verwandte Typen, die jenseits dieser Welt stehen, letztlich also Gesinnungsethik vertreten:

Entweder, ‚mein Reich ist nicht von dieser Welt’ (Tolstoi, oder der zu Ende gedachte Syndikalismus, der gar nichts als der Satz‚ ‚das Endziel ist mir nichts, die Bewegung Alles’, ins Revolutionär-Ethische, [Persönliche] übersetzt ist, aber freilich auch von Ihnen nicht zu Ende gedacht wird!) – oder 2) Cultur-(d.h. objektive, in technischen u.s.w. ‚Errungenschaften’ sich äußernde Cultur-)Bejahung unter Anpassung an die Soziologie Bedingungen aller Technik […].[28]

In diesen Kontext gehört, dass Erich Mühsam, wie auch Franz Pfemfert, der Herausgeber der „Aktion“, ursprünglich – stark von Gustav Landauer beeinflusst – überzeugte Pazifisten und Tolstoi-Anhänger waren. Wie Edith Hanke ausführlich nachgewiesen hat, wurden sie angesichts des erhofften politischen Umsturzes später anderen Sinnes – also im Sinne des Max Weberschen Begriffs zu „Glaubenkämpfern“, denen im scheinbar letzten Kampf der Einsatz aller, auch gewaltsamer Mittel, gerechtfertigt erschien. Tolstoi gilt ihm als Paradebeispiel des konsequenten Gesinnungsethikers. Aus Webers Sicht war die von Otto Gross propagierte Ethik der sexuellen Befreiung „Nerven-Ethik“ oder „psychiatrische Ethik“, eine idealistische Durchschnittsethik, die die Alltags-Natur des Menschen zum Maßstab mache, aber keine Opfer oder Verantwortung impliziere. Die in Heidelberg im Weber-Kreis zwischen 1912 und 1914 geführten Diskurse bestätigten Max Weber darin, dass Tolstois radikal weltverneinende Gesinnungsethik als Maßstab galt für Pazifisten, Anarchisten und als Folie, auf der er seine eigene Position zugunsten einer politischen Verantwortungsethik entfaltete.[29]

III

Max Weber hat bei Ernst Toller, den er 1917 als pazifistisch orientierten Studenten kennen lernte, starken Eindruck als Professor, als Politiker „großer Linie“ und „Charakter“ hinterlassen.[30] Toller war in dieser Zeit noch deutlich von Gustav Landauer geprägt. Auf zwei Lauensteiner Tagungen 1917, von Eugen Diederichs als Renaissance der Jugendbewegung geplant, von Max Weber als „Warenhaus der Weltanschauungen“ verspottet, beeindruckte Weber nicht nur Toller, sondern viele der jugendlichen Rebellen, namentlich durch wutentbrannte Angriffe auf Wilhelm II. Aber die Jungen wollten, wie Toller später schrieb, nicht nur Kaiser Wilhelm ablehnen oder das Klassen-Wahlrecht, sondern durch die Wandlung äußerer Umstände den Menschen ändern, einen neuen Menschen schaffen (Ernst Toller: „Eine Jugend in Deutschland“, 1933). Toller hat darüber viele Jahre später in seinem Lebenslauf reflektiert. Durch seine Kriegserlebnisse zum Pazifisten geworden, stellt sich für ihn wie für viele andere 1919 die Frage nach der gewaltsamen Verteidigung der Räte-Republik. In Heidelberg, 1917, hatte Toller, Gründer eines pazifistischen kulturpolitischen Bundes der Jugend, relativ engen Kontakt zu Max Weber. Aber Weber hielt bei aller persönlichen Sympathie nicht viel von der Mischung aus religiösem Impetus, Sozialismus und Pazifismus, welche die rationale Einschätzung des politisch Möglichen missachtete. Toller und seine etwa zehn Genossen wollten in Heidelberg mit einem öffentlichen Appell, Armut und Staat bekämpfen, der letztlich nur die Gewalt und nicht das Recht kenne, und an seine Stelle die Gemeinschaft setzen, die durch den Geist bestehe und wirtschaftlich durch den friedlichen Austausch von Arbeitsprodukten. Für Weber ist dies wiederum „nicht von dieser Welt“. Er lehnt die ihm angetragene Verantwortung für solche Aufrufe ab, erklärt sich aber bereit für eine Diskussion, was wiederum Toller und seine Genossen strikt verweigern. Weber schrieb damals:

Entweder dem Übel nirgends mit Gewalt widerstehen, dann aber: – so leben wie der heilige Franz oder die heilige Klara, oder ein indischer Mönch, oder ein russischer Narodnik. Alles andere ist Schwindel oder Selbstbetrug. Es gibt für diese absolute Forderung nur den absoluten Weg: den des Heiligen.[31]

Toller, von der Heidelberger Universität relegiert, geht nach Berlin, stürzt sich in die praktische Politik, auch unter dem zunehmenden Einfluss Eisners, wird Anfang 1918 verhaftet, psychiatrisiert und erst im September 1918 wieder auf freien Fuß gesetzt, Max Weber hatte sich sogleich für ihn verwendet. Toller nimmt dann bekanntlich 1918/19 an der Münchner Räterepublik teil. Im Juli 1919 ergreift Max Weber als Zeuge vor dem Münchner Standgericht Partei für Toller. In seiner Aussage charakterisiert er ihn als Menschen von lauterem Charakter, der aus reiner Gesinnungsethik, jedoch allen politischen Realitäten gegenüber weltfremd gehandelt habe. Weber prägte hier das bekannte Wort, dass „Gott in seinem Zorn Toller zum Politiker auserwählte“. Er sei von absoluter Lauterkeit der Absichten, gepaart mit ungewöhnlicher naiver Unkenntnis der politischen und wirtschaftlichen Realitäten. Toller selbst und seine Verteidiger wiesen das empört zurück; Toller wollte nicht als unzurechnungsfähig oder vermindert schuldfähig angesehen werden, sondern durchaus die Verantwortung für sein politisches Handeln übernehmen. Weber wandte sich auch gegen den Vorwurf, Toller habe eine ethische Schuld auf sich geladen. Für Weber war dieser Revolutionär der Idealtypus des Gesinnungsethikers. Intern nahm Weber für sich in Anspruch, Toller behilflich gewesen zu sein, weil er mit seinen Ausführungen über dessen seltsame Lebenswege und Haltungen das Gericht in gute Laune versetzt habe, was immer nützlich sei. Im Ergebnis kam Toller angesichts des wegen der Anklage des Hochverrats drohenden Todesurteils mit fünf Jahren Festungshaft noch relativ gut davon.

Max Webers Begegnungen mit dem Anarchismus in Theorie und Praxis, in der sich entwickelnden und sich wandelnden Lebensführung in seiner näheren und weiteren Umgebung war nicht ohne Einfluss und Bedeutung für seine mehrdimensionale Theorie des Charismas und des sozialen Wandels, des Charismas als revolutionärer Kraft. Aber das wäre Gegenstand einer weiteren Abhandlung.

Nachbemerkung

Seit der Erstveröffentlichung dieser Studie sind einschlägige Publikationen erschienen. Auf sie soll kurz hingewiesen werden. Wolfgang Eßbachs Marbacher Vortrag „Carl Schmitt und die Anarchisten“ (2013) zeigt die frühen Bezüge und Auseinandersetzungen mit  anarchistischer Tradition und zeitgenössischen Gedankenwelten tiefgründig auf (Vortragsfassung  ohne Anmerkungen 2014 Academia.edu im Netz). Nach Joachim Radkaus Max-Weber-Biografie von 2005 (aktualisiert 2014) hat Jürgen Kaube „Max Weber. Ein Leben zwischen den Epochen“ (Berlin: Rowohlt 2014) vorgelegt. Besonders das Kapitel „Else und der Konfusionsrat“ (S. 271-282) ist unter anderem der Auseinandersetzung Webers mit Otto Gross gewidmet, während die Beziehungen zu Erich Mühsam, Simon Guttmann, Franz Jung und zumal Ernst Frick, dem Lebensgefährten von Frieda Gross in Ascona, in engerem oder weiterem Zusammenhang vom Verfasser nicht aufgegriffen werden. In „Max Weber. Preuße, Denker, Muttersohn. Eine Biographie“ (München: C. Beck 2014) entfaltet Dirk Käsler die Beziehungen Webers zu Anarchisten, anarchistischer  und literarischer Bohème und erotischer Bewegung  umfassender und eingehender(siehe besonders S. 706-717, 725-731). Der Generationenkonflikt zwischen Hans und Otto Gross, der die Generation der Expressionisten in einer Befreiungskampagne einigte (siehe dazu Christina Jung/Thomas Anz: Der Fall Otto Gross. Marburg: LiteraturWissenschaft.de 2000) wird bei Käsler tangiert. Weitere Beiträge zu diesen Zusammenhängen stehen in den sechs Kongressbänden der Otto Gross Gesellschaft (Marburg: LiteraturWissenschaft.de 1999-2006) sowie in: „Expressionismus und Psychoanalyse. Kongressband des 7. Int. Otto Gross Kongresses Dresden 2008, Marburg: LiteraturWissenschaft.de 2010 und in: Psychoanalyse  & Kriminologie. Libido & Macht. Kongressband des Hans und Otto Gross Kongresses Karl Franzens-Universität  Graz 2011, Marburg: LiteraturWissenschaft.de 2014 (im Erscheinen). Auf erweiterter archivalischer Grundlage findet sich eine Darstellung der prozessualen Implikationen Max Webers in den Konflikten um Hans, Frieda  und Otto Gross bei Albrecht Götz von Olenhusen: Ehre, Ansehen, Frauenrechte. Max Weber als Prozessjurist. In: Das Recht und seine historischen Grundlagen. Festschrift für Elmar Wadle. Hrsgg. von Tiziana T. Chiusi, Thomas Gergen u. Heike Jung. Berlin: Duncker & Humblot 2008, 297-315. Im Zusammenhang mit der Ausstellung „The Laws of  the Father: Freud/Gross/Kafka“ (Kurator: Gerhard Dienes) und den Symposien im Londoner Freud-Museum und Anna Freud-Center (2009) wurde eine Reihe von direkt oder indirekt dazu gehörenden Vorträgen und Beiträgen veröffentlicht in: Gottfried Heuer (ed.): Sexual Revolutions. Psychoanalysis, History and the Father. London, New York: Routledge 2011 (siehe dort u.a. die Beiträge von Thomas Mühlbacher, Sander L .Gilman, Gerhard Dienes, Alfred Springer, Jennifer Michaels, John Turner, Sam Whimster, Andrew Samuels, Gottfried Heuer und Albrecht Götz von Olenhusen). Der Konflikt zwischen Hans und Otto Gross wird  schließlich jüngst vornehmlich aus historisch-kriminalwissenschaftlicher Perspektive in einem Kapitel abgehandelt in Christian Bachhiesl: Zwischen Indizienparadigma und Pseudowissenschaft. Berlin u.a.: LIT 2012, in seiner Studie über Strategien und Ergebnisse der Erkenntnisgewinnung in Kriminal- und Geschichtswissenschaft. Eine Biografie zu Frieda Gross, geb. Schloffer, und ihrem Briefwechseln mit Else Jaffé, geb. von Richthofen, und mit Max Weber, der sie bei ihren Prozessen gegen Hans Gross in Graz beriet, erscheint  im Juni 2014  im Verlag LiteraturWissenschaft.de (Esther Bertschinger-Joos: Frieda Gross und ihre Briefe an Else Jaffé. Ein bewegtes Leben im Umfeld von Anarchismus, Psychoanalyse und Bohème. Marburg 2014).

Die Sekundärliteratur zu Otto Gross und seinem Umfeld wird in der laufenden Bibliografie von Gottfried Heuer, London, publiziert, eine Fortsetzung der Internetfassung, die Raimund Dehmlow und er von 1999 bis 2012 gemeinsam vorstellten und seit 2012 jeweils gesondert vorstellen. Die Bibliografie Dehmlows ist im Internet verfügbar, die fortgeschriebene Bibliografie mit laufenden Ergänzungen ist bei Gottfried Heuer, London, (Gottfried.Heuer@virgin.net) erhältlich.

Der Beitrag basiert auf einem Vortrag beim 6. Internationalen Otto-Gross-Kongreß in Wien am 9. September 2006. Eine ergänzte und veränderte  Druckfassung erschien unter dem Titel  „Max Weber und die Anarchisten“  in: Raimund Dehmlow / Ralf Rother / Alfred Springer (Hg.): … da liegt der riesige Schatten Freud’s nicht mehr auf meinem Weg. Die Rebellion des Otto Gross. 6. Internationaler Otto Gross Kongress. Wien, 8.-10. September 2006. Verlag LiteraturWissenschaft.de, Marburg an der Lahn 2008. S. 184-198.  Es handelt sich um eine Vorstudie, z. T. gestützt auf bislang nicht vollständig publizierten Akten der Prozesse zwischen Otto Gross und Frieda Gross ./. Hans Gross (Steiermärkisches Landesarchiv Graz [künftig zitiert: StLA Graz], P IX 41/14 und P IX 20/14), dem Nachlass Max Weber, in: Geheimes Staatsarchiv Stiftung Preußischer Kulturbesitz Berlin, Rep. 92, und dem Briefwechsel zwischen Max Weber und Frieda Groß, in: Max Weber, Gesamtausgabe. Abteilung 2: Briefe, Bd. 8: Briefe 1913-1914. Hrsg. von Mario Rainer Lepsius, Tübingen 2003. Der  Erstdruck wurde für diesen Beitrag leicht überarbeitet.

Bibliografie

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Anmerkungen

[1] Schmitt 1996, S. 60 (PT).

[2] Ebd., S. 68.

[3] Sigmund Freud, Über eine Weltanschauung [1933]. In: Sigmund Freud: Gesammelte Werke, Bd. XV. Frankfurt/Main 1973, S. 170 ff., S. 190; siehe dazu Albrecht Götz von Olenhusen, Psychoanalyse und Anarchismus. „Die Eroberung des Luftreiches“, in: Anarchismus und Psychoanalyse zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Der Kreis Erich um Mühsam und Otto Groß (= Schriften der Erich-Mühsam-Gesellschaft, H. 19), Lübeck 2000, S. 84-99.

[4] Siehe dazu Palonen 2005, S. 6.1.34-6.1.50.

[5] Mommsen 1974, S. 49; zu Webers Herrschaftssoziologie siehe Egger 2006, S. 302 ff.; zur Verantwortungsethik siehe die Zusammenfassung bei Fitzi 2004, S. 278 ff.; Mommsen 1989, S. 515-545; Schluchter 1971; Hennis 1987.

[6] Mommsen 1974, S. 471 f.

[7] Mommsen 1974, S. 472.

[8] Weber 1968, S. 514.

[9] Mommsen 1974, S. 114.

[10] Weber 1995, S. 69-119, 111; siehe dazu auch Sukale 2002, S. 332 ff.

[11] Weber 1990, S. 402, Max Weber an Else Jaffé, 13.9.1907; dazu ausführlich Whimster 2005, S. 403-414; Raub 1994; zu Otto Gross und dem Anarchismus siehe Die Beiträge von Gottfried Heuer und Siegbert Wolf in: Götz von Olenhusen, Heuer, Hrg. (2005a), S. 223 ff., 240 ff.; Whimster 1999a, S. 1-40 (Whimster: Introduction to Weber, Ascona and Anarchism).

[12] Siehe dazu Heuer 2002, S. 77-104, 85 ff.

[13] Radkau 2005, S. 588 ff.; Schwentker 1988, S. 661-681. Eine Soziologie der Reformversuche in Ascona u. a. bei Gebhard 1994. Siehe ferner Roth 1984, S. XXIII ff, XXIX ff.

[14] Götz von Olenhusen 2002, S. 183-207; Whimster 2000, S. 55 ff.

[15] Weber 2003, insbes. S. 386 ff.; der Briefwechsel zeigt die Komplexität der juristischen Probleme und Max Weber in seiner Rolle als juristischer Berater und Akteur, dazu Whimster 2004, S. 109-119, 116 ff.

[16] Max Weber an Emil Lask, 25.12.1913, Weber 2003, S. 44 0 ff.; Götz von Olenhusen 2006, S. 35-43, im Anhang S. 41-43, bisher ungedruckter Brief von Armin Fischl an Max Weber, 2.3.1914, Geh. StA Pr. Kulturbesitz (Berlin), Rep. 92, NL Max Weber, Nr. 12, Bl. 61-64.

[17] Zu Emil Lask (1874-1915) siehe Max Weber an Emil Lask, 9.1.1914, Weber 2003,II/8, S. 461 ff.

[18] Max Weber an Emil Lask, 25.12.1913, MWG II/8, S. 44 0f. Die Exemplare von „Aktion“ und „Revolution“ (Sondernummern zu Otto Gross) erhielt Max Weber durch Lask, ebd., Max Weber an Emil Lask, 9.1.1914, S. 461 f. Zur Befreiungskampagne siehe Jung, Anz, Hrg. 2000; Götz von Olenhusen 2003, S. 126-139. Interessante Hinweise zur Perspektive von Hans Gross in den Prozessen jetzt bei Kocher 2006, S. 189-208, 206 f. Webers Polemik gegen die „Literatenpolitik“ von 1918/1919 ist in diesen Konflikten schon vorweggenommen; vgl. dazu Hübinger 2006.

[19] Max Weber an Emil Lask, 25.12.1913, Weber 2003, S. 44 0 f.

[20] Ebd.

[21] Götz von Olenhusen 2005b, S. 111-171. Armin Fischls Eingabe für Otto Gross an das BezG Graz v. 19.3.1914 (StLA Graz P IX 20/14) beruhte weitgehend auf Informationen, die Franz Jung, Simon Guttmann und z. T. der sonstige Berliner und Münchener Sympathisantenkreis beisteuerten, war weitaus weniger fundiert und im Ergebnis ohne Wirkung. Dokumentation bei Albrecht Götz von Olenhusen, Gross gegen Gross, Freiburg i. Br.: CD-ROM 2003, Dok. 26.

[22] Otto Pellech an BezG Graz, 23.6.1914 (StLA Graz), erstmals insgesamt abgedruckt in Götz von Olenhusen 2005b, S. 138ff., 150, als Anhang mit editorischer Einleitung und Anmerkungen von Albrecht Götz von Olenhusen.

[23] Ebd., S. 155. Sh. Fischl 2006, S. 41-43. Weber hatte gegenüber Simon Guttmann auch eine öffentliche Stellungnahme zu Otto Gross im „Berliner Tageblatt“ abgelehnt: Max Weber an Lask, 9.1.1914, Weber 2003, S. 461 f., obwohl er in der Verbringung von Otto Gross nach Österreich eine „flagrante Rechtsverletzung“ sah. Gegenüber Frieda Gross hatte er ursprünglich es sich offen gehalten, ob er sich öffentlich zugunsten von Otto Gross in der Presse äußern werde.

[24] Siehe Sam Whimster 1999b, S. 1 ff., 19.

[25] Siehe Dienes 2005. Zu Ernst Frick siehe Dienes 2006, S. 317 ff., 330 ff.; Whimster 2001, S. 43-49. Siehe ferner Pellech an BezG Graz, 23.6.1914, Götz von Olenhusen 2005b, S. 150 ff., zu Ernst Frick.

[26] Marianne Weber 1984, S. 497, zitiert Webers Brief an Marianne Weber zu Frick (1881-1956). Zu Marianne Webers Haltung im Kontext ihrer Rolle in der Frauenbewegung siehe jetzt Höbenreich 2005, S. 1-7.

[27] Hanke 1993, S. 184 f.; Hanke 1999, S. 144 -161. Vgl. Edith Weiller, Max Weber und die Literarische Moderne, Stuttgart 1994, S. 163ff.

[28] Max Weber an Robert Michels, 4. 8.1908, Weber 1990, S. 615 ff., 615-616.

[29] Hanke 1993, S. 208.

[30] Dahlmann 1988, S. 506-523; Weiller 1994, S. 171 ff.; Levy 1999, S. 83-109; Dove 1990; Suzuki 2003, S. 199-220, 215 ff.

[31] Max Weber an Goldstein, 13.11.1918, in: Marianne Weber 1984, Anm. S. 614; siehe ferner Radkau 2005, S. 742 ff.