Nervenkitzel und Fingerschweiß
"Top Climbs" zu besichtigen
Von Heribert Hoven
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseNur wenige Leser dieses Buches werden die vorgestellten Top Climbs klettern können. Umso verdienstvoller ist daher, dass die hervorragenden, bisweilen aber etwas klein geratenen Fotos es dem alpinistisch Interessierten ermöglichen, die im Untertitel proklamierten "berühmtesten Gipfel der Welt. Legendäre Routen. Erstbesteigungen" wenigstens in Augenschein nehmen zu können. Die sensationellen Aufnahmen werden sicher keinen Run auf die Ziele mit den magischen Namen wie Ogre, Cerro Torre, Clogwyn du´r Arddu, Schleierwasserfälle auslösen, wenn man bedenkt, dass diese, wie etwa der Polar Sun Spire, im Nordpolarmeer liegen oder, wie Wolfgang Güllichs Route "Action Directe", die Beherrschung des elften Schwierigkeitsgrad verlangen. Trotzdem vermitteln die Bilder der Achttausender, der Big Walls oder der weltweit härtesten Routen eine Menge von jenem Lebensgefühl aus Nervenkitzel und Fingerschweiß, das die alpinen Extremindividualisten zu einer "global community" vereint.
Leider haben die Bilder oft nichts mit dem begleitenden Text zu tun. Die Berichte über die Erstbegehungen der Top Climbs richten sich zudem an ein alpenfernes Laienpublikum, das überwiegend in den ehemaligen Commonwealth-Staaten zu suchen ist, weshalb z.B. auch Bergziele in Australien oder Kenia vorgestellt werden. Überflüssigerweise finden sich in einem Glossar umständliche Erklärungen zu Fachbegriffen wie Steigeisen oder Eisschraube erklärt, die heute jeder Bergsteiger kennt. Immerhin kommentiert ein verdienstvoller Übersetzer Besonderheiten, die eher einer angloamerikanischen Leserschaft vertraut sind. Das Buch vermittelt in erster Linie die Berge als optische Sensation und als Herausforderung für das menschliche Leistungsvermögen.