Hard Rock in London
David Huggins amüsanter Roman "Ein einziger Hit"
Von Petra Porto
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseOh mein Gott, sie haben Mark getötet! Nur wer? Und warum?
Dies sind die Fragen, die sich dem Leser in David Huggins zweitem Roman stellen. Kein Kriminalroman im engeren Sinne, auch wenn die Figurenkonstellation an die eines klassischen Whodunnit erinnert. Da ist Andy Hayes, heute Anstreicher, ehemals jedoch Bassist der Band Overload, die vor Jahren einen einzigen Hit mit dem Song "Waterbed" hatte. Dann Philip Jessup, früherer Sänger von Overload, der sich, seit die Gruppe im Streit auseinander ging, nicht mehr bei Andy gemeldet hat, nun aber plötzlich wieder auftaucht, um die Bandmitglieder zu einem Comeback zusammenzutrommeln. Und schließlich der unglückselige Mark Bowring, der Sohn aus reichem Hause, den Phil überreden konnte, die Reunion zu finanzieren. "Mark war der Typ, der ein zur Hälfte mit Wasser gefülltes Glas immer als halbvoll und nicht als halbleer ansehen würde - sofern er es nicht irrtümlich für einen doppelten Wodka hielte und noch gleich zwei dazu bestellte." Leider jedoch verstirbt der Geldgeber unerwarteter Weise. Andy und Mark glauben an eine Überdosis und packen Marks Leiche in ihren Lieferwagen, um sie unauffällig verschwinden zu lassen und so dennoch an das versprochene Geld zu kommen. Doch ihr Plan geht schief - und dann findet sich auch noch eine Beule an Marks Hinterkopf. Eindeutig Mord, stellen die beiden Ex-Musiker fest. Wer aber hat Mark getötet - und was sollen Andy und Phil nun mit seiner Leiche anstellen?
"Ein einziger Hit" wird durch Andys unverwechselbare Erzählweise zusammengehalten. Sein trockener Humor ist es, der den Ton des Romans bestimmt. Der Ex-Musiker spart nicht mit Seitenhieben auf seine ehemaligen Bandkollegen, die neuen Arbeitgeber, die ihn als Anstreicher beschäftigen, und auch seine alten Fans bekommen ihr Fett weg - aber immer ist auch eine gehörige Portion Selbstironie dabei. So wirkt der Erzähler nie überheblich, sondern (sofern man das bei einer Romanfigur sagen darf) sehr sympathisch.
Dass die Kriminalgeschichte dabei mehr und mehr in den Hintergrund gerät, stört den Lesegenuss wenig - der Aufbau eines kriminalistischen Spannungsbogens scheint dem Autor weniger am Herzen gelegen zu haben als die amüsante Beschreibung der Lebensweise der Schönen, Berühmten und Reichen - und der Ehemals-Schönen, Ehemals-Berühmten und Ehemals-Reichen: "Der Zufahrtsweg zum Palast der Weisheit war nicht übersät mit zu Schrott gefahrenen Lamborghinis, zerbrochenen Champagnerflöten, Platinkreditkarten und haschbrandfleckigen Tourneesakkos. Aus der Sicht der Bowrings war die Straße mit gerahmten Wirtschaftsprüfer-Diplomen gesäumt, und hübsche Bündel von Mehrwertsteuerquittungen bildeten den Mittelstreifen." Deshalb ist es auch verzeihlich, wenn der Showdown am Ende ein kleiner bleibt - ein größerer wäre den beiden am "Zufahrtsweg der Weisheit" Gestrandeten wohl auch über den Kopf gestiegen und unglaubhaft geworden.
David Huggins jedenfalls versteht sein Handwerk - und er hat hier mehr gelandet als einen einzigen Hit.