Steckengeblieben

Mit den Neuen Satiren kommt man nicht weiter

Von Klaus Cäsar ZehrerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Klaus Cäsar Zehrer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Die Geschichten von bekannten und weniger bekannten Autoren lassen den Leser schmunzeln, lauthals auflachen oder am schwarzen Humor erschaudern. Daß hie und da das Lachen auch mal im Halse stecken bleibt, kann durchaus geschehen." Klasse Klappentext! Schmunzelnd und erschaudert zugleich öffne ich die Anthologie "Mach die Tür zu, Uwe! - Neue Satiren aus der Republik" des Augsburger Kleinverlags Styx 96.

Auf zwei bekannte kommen zweiundzwanzig mir zuvor nicht bekannte Schriftsteller. Daß mir der Beitrag von Robert Gernhardt besser gefällt als der von Lutz Rathenow wird in Fachkreisen für wenig Aufsehen sorgen. Spannender ist da schon ein Blick auf den Nachwuchs - aber halt, wer wird denn von Nachwuchs reden, wenn laut Autorenverzeichnis nur Jahrgänge zwischen 1936 und 1971 vertreten sind? Vielmehr, so lehrt das Register weiterhin, veröffentlichen die meisten Autoren regelmäßig in Literaturzeitschriften und Anthologien, offenbar ohne es dabei zu größerem Ruhm gebracht zu haben - nur die gefürchteten Hobbydichter also? Oder gibt es für den Humorkritiker Entdeckungen zu machen?

Je nun. Ach je. Nun ja. Zunächst einmal: In dieser Satirensammlung sind auffallend wenig Satiren versammelt. Die Autoren haben scheint's einfach irgendwas eingeschickt, wohl wissend, daß Satire heutzutage alles und nichts ist, und so kam eine Melange heraus, die ebensogut mit "Neue Liebesgeschichten aus der Republik" oder "Neue Kartoffelrezepte aus dem Mustopf" betitelt sein könnte. Macht nichts, denn noch mehr breitgewalzte Geschichten mit der Botschaft, daß Reps recht armselige Kreaturen sind und die Rationalisierung schlimme Folgen hat, hätte ich gar nicht lesen mögen. Und wie siehts mit den Entdeckungen aus? Nun, hier sind sie:

Bronze geht an Katrina Franke, die mit einer nonsenshaften, glücklicherweise von üblichen Märchenparodien weit entfernten Hänsel-und-Gretel-Neuinszenierung gestartet war; sie teilt sich den Platz auf dem Treppchen mit Thomas Taxus Beck und dessen seltsamer Urlaubergeschichte "Die Buddeln auf einem Dampfer", die ich zwar nicht begriffen habe, aber seine langen, wirren Labersätze haben irgendwie was (sollte sich Beck jedoch allen Ernstes für einen avantgardistischen Sprachexperimentator halten statt für einen eigenwilligen Humoristen, wird ihm die Medaille nachträglich wieder entzogen).

Silber erhält Bernd Zeller für seine sympathisch kurze und bündige Satire "Schlechte Gesellschaft" über drei jugendliche Skinheads aus Mecklenburg-Vorpommern, die arbeitslos sind, weil ihre erlernten Berufe (Farbkopierer, Tintenstrahldrucker und Maustreiber) durch die Technik ersetzt wurden. Nach diesen zwei Seiten sieht man das ostdeutsche Neonaziproblem plötzlich mit ganz anderen Augen.

Gold wird nicht vergeben. Lauthals auflachen mußte ich nämlich kein einziges Mal. Ich vermute, das Lachen ist mir im Halse steckengeblieben.

Kein Bild

Claudius von Wiedemann (Hg.): Mach die Tür zu, Uwe! Satiren aus der Republik.
Styx-Verlag 96, Augsburg 1998.
200 Seiten, 10,10 EUR.
ISBN-10: 3932811992

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