Island at its best

Jón Kalman Stefánssons ebenso amüsante wie abstruse Geschichten "Der Sommer hinter dem Hügel" und "Das Licht auf den Bergen"

Von Ramona ScherrerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Ramona Scherrer

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Niemand rechnete damit, dass Gott der Allmächtige noch einmal durch diese Gegend wandeln sollte. In Gestalt eines etwa fünfzigjährigen Mannes."

In einer kleinen Gemeinde fernab vom isländischen Reykjavík, in einer Gegend, wo außer den Wetterwechseln nicht viel passiert, passiert es irgendwann doch: Nicht nur Gott hält Einzug in die beschauliche Idylle, sondern auch der Fortschritt: Björn auf Hnúkar hat englische Zeitschriften abonniert, deutsche Touristen tauchen auf und die amerikanische Ethnologiekommission überrascht die Landbevölkerung mit einer Kiste Coca-Cola.

In dem Sommer, "bevor der erste Heubinder in die Gegend kam", steht die Landgemeinde Kopf, weitragende Veränderungen kündigen sich an und das Dorf teilt sich in zwei Lager: Globalisierung gegen Dorfchronik, Tourismus gegen Landbau.

Dazwischen steht der Junge, der kleine Städter, der "von einem grünen Bus verschluckt und in seinem Bauch über den Hügel nach Süden transportiert wird", seine Sommerferien also auf dem Land verbringen muss und dabei nicht nur seinen ersten Vollrausch erlebt, sondern auch gleich seine ersten Liebesnächte ...

Jón Kalman Stefánsson präsentiert in den ersten beiden Bänden seiner Trilogie "Der Sommer hinter dem Hügel" ein wahres Feuerwerk aus scheinbar ganz alltäglichen Begebenheiten, wie rauschenden Dorffesten, entlaufenden Bullen und wahren Wundern und spielt dabei wunderbar mit Worten und Taten, nicht ohne das Ganze mit einem gehörigen Schuss Selbstironie zu würzen.

Der Leser erfährt einen wunderbaren Einblick in das isländische Landleben aus der Zeit, "bevor der Mann ins Ausland fuhr", fühlt sich köstlich unterhalten und wünscht sich, seinen eigenen alltäglichen Wahnsinn so schön geschildert zu bekommen.

Stefánsson erzählt witzige, spannende und scheinbar willkürlich zusammenpassende Episoden aus dem isländischen Landleben und zeichnet dabei so skurril wie liebenswert seine Figuren, dass man in ihnen schräge Freunde findet, die man nicht mehr missen möchte - und nun, dank der Fortsetzung "Das Licht hinter den Bergen" auch nicht mehr missen muss.

Titelbild

Jon Kalman Stefansson: Der Sommer hinter dem Hügel.
Übersetzt aus dem Isländischen von Karl-Ludwig Wetzig.
Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 2001.
364 Seiten, 8,45 EUR.
ISBN-10: 3404920716

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