Johannes Franzen zur Theorie und Praxis zwielichtiger Schlüsselromane aus den letzten fünf Jahrzehnten

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Schlüsselroman ist eine zwielichtige Gattung. Hinter seinen scheinbar fiktiven Figuren lassen sich reale Personen erkennen, die mit suggestiven Strategien bloßgestellt werden. Der Verfasser eines Schlüsselromans nutzt den Roman als Waffe in persönlichen und politischen Konflikten. Dieses Potential hat dem Schlüsselroman den Ruf ästhetischer wie moralischer Minderwertigkeit eingehandelt; die Vorwürfe lauten: Boulevard, Meinungsjournalismus oder pseudokünstlerische Indiskretion. Wo ein Konzept so heftige Irritationen auslöst, liegt es nahe, nach den Gründen für diese Irritationen zu fragen. Anhand zahlreicher Beispiele von Schlüsselromanereignissen seit den 1960er Jahren untersucht Johannes Franzen fiktions- und gattungstheoretische Probleme und widmet sich den ethischen Fragen, die die Verarbeitung realer Menschen in literarischen Texten aufwerfen. Es werden bekannte Skandale – Thomas Bernhards Holzfällen, Martin Walsers Tod eines Kritikers oder Maxim Billers Esra – analysiert, aber auch Fälle aus der Peripherie des Literarischen wie Klaus Rainer Röhls Die Genossin und Helmut Karaseks Das Magazin.

Anmerkung der Redaktion: Johannes Franzen hat sich in diesem Buch auch mit dem Roman „Zuckerman Unbound“ von Philip Roth befasst. In der April-Ausgabe 2018 von literaturkritik.de wurden diese Passagen im Rahmen des Themenschwerpunktes zu Philip Roth erneut publiziert. Das Buch wird deshalb hier nicht rezensiert, aber wir veröffentlichen – wie in solchen Fällen bei uns üblich – einen Hinweis dazu.

Titelbild

Johannes Franzen: Indiskrete Fiktionen. Theorie und Praxis des Schlüsselromans 1960-2015.
Wallstein Verlag, Göttingen 2018.
456 Seiten, 39,90 EUR.
ISBN-13: 9783835332171

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