Ein Sammelband aus den Kulturwissenschaften vereint Aufsätze über Anfänge, Enden und das, was dazwischen liegt

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Aller Anfang ist schwer, dieses Sprichwort kennt jedes Kind. Und doch kann man nicht kommunizieren oder handeln, ohne anzufangen. Aber warum ist es manchmal so schwer anzufangen? Der Anfang setzt voraus, dass man aktiv wird, das kann Mühe kosten und könnte doch kaum wichtiger sein, auch um im emphatischen Sinn Freiheit zu erlangen. Immanuel Kant hat deshalb das Anfangen zur Grundlage seines Konzepts des freien Willens gemacht. Der Mensch ist dazu in der Lage, sich an den Anfang von etwas zu setzen, und deshalb ist er frei. Auch lässt sich darin die Grundlage menschlicher Kultur schlechthin sehen. Sobald wir aber die idealistische Konstruktion der Freiheit verlassen, können sich Abgründe auftun. Die Freiheit, das Gute und das Richtige zu tun, schließt die Freiheit ein, sich für das Böse und Falsche zu entscheiden – abgesehen davon, dass es oft unmöglich ist zu sagen, was denn nun „gut“ oder „böse“ ist, handelt es sich doch um kontext-, geschichts-, kultur- und wahrnehmungsabhängige Kategorien.

Das Ende wiederum kann bekanntlich auch ein Anfang sein oder im Gegenwärtigen können sich Anfang und Ende berühren. Dies geschieht stets im Bewusstsein des Provisoriums. Das Zuhause im Hier und Jetzt kann nicht nur an einem Ort, der erst durch uns seine Bedeutung zugewiesen bekommt, sondern auch in der Literatur, in der Musik, in der Religion oder auch in der Wissenschaft sein, die Teil des kollektiven Gedächtnisses sind und so das Wissen und die Reflexion über Anfang und Ende aufbewahren und auf Dauer stellen – so lange es Menschen gibt, die sich dafür interessieren.

Der von Stefan Neuhaus und Petra Weber herausgegebene Band versammelt 16 Beiträge einer kulturwissenschaftlichen Ringvorlesung, die vom Anfangen und Aufhören handeln, von antiken Schriften über die Bibel, die Literatur und Musik bis zum Film.

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Titelbild

Stefan Neuhaus / Petra Weber (Hg.): Anfangen und Aufhören.
Unter Mitarbeit von Anna Braun.
Wilhelm Fink Verlag, Paderborn 2019.
300 Seiten, 138,00 EUR.
ISBN-13: 9783770564767

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