Die Assistenten-Flugblatt-Gruppe

Aktionsfelder, Orte, Kommunikationskanäle

Von Sabine KolochRSS-Newsfeed neuer Artikel von Sabine Koloch

Inhalt

1. Die Assistenten-Flugblatt-Gruppe und die demokratischen Traditionen
2. Die Assistenten-Flugblatt-Gruppe und die Außerparlamentarische Opposition
3. Die Assistenten-Flugblatt-Gruppe und der Bund demokratischer Wissenschaftler
4. Die Assistenten-Flugblatt-Gruppe und die Bundesassistentenkonferenz
5. Die Assistenten-Flugblatt-Gruppe und die Deutschen Germanistentage

1. Die Assistenten-Flugblatt-Gruppe und die demokratischen Traditionen

„Frau Gansberg hält […] – wie ein großer Teil der jüngeren Germanisten – eine Aufarbeitung demokratischer Traditionen in der deutschen Literatur für wichtig. Als ein Ansatz dazu kann der Jean Paul-Aufsatz verstanden werden.“[1] Diese Aussage steht in ursächlichem Zusammenhang mit dem Vorschlag des Fachbereichs 09 der Universität Marburg, die Betreffende, damals noch Akademische Rätin, zur Beamtin auf Lebenszeit zu ernennen. Die Rede ist von Marie Luise Gansberg (1933‒2003)[2] und ihrer 1968 veröffentlichten literatursoziologischen Analyse des Romans Flegeljahre (1804/05) von Johann Paul Friedrich Richter alias Jean Paul.[3] Im Sommersemester 1973 ließ die neu ernannte Professorin zusammen mit ihren Kollegen Alfons Glück, Hanno Möbius und Hartmut Rosshoff ein hochschuldidaktisches Projekt zum Thema „Literatur und Gesellschaft des deutschen Vormärz“ stattfinden, bestehend aus vier Hauptseminaren: „Revolutionäre Literatur der unterdrückten Klassen“, „Neue Rheinische Zeitung ‒ Organ der Demokratie“, „Heine und Börne“, „Kritik der deutschen Ideologen (Feuerbach, Ruge, Engels, Marx)“. Laut Beschreibung im vorhandenen Kommentierten Vorlesungsverzeichnis des Fachbereichs Neuere deutsche Literatur und Kunstwissenschaften handelte Gansbergs Seminar „Revolutionäre Literatur der unterdrückten Klassen“ von der Funktion von Literatur in Klassenauseinandersetzungen. Was, ohne es so auszuweisen, konzeptionell verwirklicht werden sollte, war eine „dialektisch-kritische Literaturgeschichte“[4] nach dem Muster Unterschichten vs. Mittelschichten, Radikale vs. Liberale, gedruckte Werke als Sprachrohr der Unterdrückten vs. gedruckte Werke als Sprachrohr der Herrschenden:[5]

A Revolutionäre Literatur der unterdrückten Klassen    GANSBERG

Mo 18‒20           Kr A 108                            

Das Seminar soll mit den literarisch-politischen Äußerungen der Arbeiter, Handwerksgesellen und Bauern zwischen 1830 und 1849 bekannt machen. Hier sind vor allem die Flugblätter, Lieder und programmatischen Entwürfe zu nennen. Sie sollen, so weit möglich, in ihrem medialen Kontext (radikale Zeitschriften, besonders 1848/9) und in ihrem Rezeptionszusammenhang interpretiert werden. Der politische Charakter dieser Literatur kann im Kontrast zu der literarischen Agitation der fortschrittlichen Liberalen als auch z.T. der reaktionären Liberalen untersucht werden.[6]

Werner Weiland (1936‒2010) hielt es für angezeigt, im Lebenslauf für die Fakultätsexemplare seiner Dissertation den Hinweis einzuflechten, er habe im schriftlichen Teil seines 1959 absolvierten Philosophikums die innere Emigration ‒ nach seinem Verständnis eine Form der Opposition ‒ bei Ricarda Huch (wohnhaft in Jena 1935‒1947) und Ernst Wiechert (wohnhaft in Wolfratshausen/Bayern 1936‒1948) untersucht.[7] Im zweiten Kapitel seiner 1968 bei Kohlhammer erschienenen Dissertation arbeitete er die republikanischen Züge in den frühen Veröffentlichungen des zeitweiligen Jakobiners Friedrich Schlegel (1772‒1829) heraus. Abschnitt 2.2 ist überschrieben „Ein ‚Strom des Demokratismus‘ in der griechischen Geschichte“.[8] Reinhold Grimm (1931‒2009), Professor für deutsche Literatur und Komparatistik an der University of Wisconsin und Gründungspräsident der „International Brecht Society“, hob in seiner lobenden Besprechung für die Frankfurter Allgemeine Zeitung hervor, Weiland ließe dem jungen Aufklärer und Citoyen Schlegel historische Gerechtigkeit widerfahren. Schon allzu lange hätte die deutsche Literaturgeschichte die revolutionären Züge in der Frühromantik und anderswo teils verkannt, teils verfälscht, teils geleugnet. Nicht das Politische und das Soziale, sondern das Poetische und allenfalls das Philosophische dieser Epoche seien erforscht worden.[9]

Werner Weilands Aufsatz Politische Romantikinterpretation erschien in einem der Sammelbände der Verlagsreihe „Literaturwissenschaft und Sozialwissenschaften“[10] (1971-1979),[11] einem Produkt des Stuttgarter Verlagshauses J. B. Metzler. Optisch sind die elf Bände im Großoktavformat durch den glänzenden Umschlag in Schwarz und den Reihentitel mit Bandangabe in gelber Farbe oberhalb des Buchtitels gekennzeichnet. Für den Auftaktband[12] wurde in periodischen Schriften ‒ Alternative, Ästhetik und Kommunikation, Das Argument, Frankfurter Hefte, Literatur und Kritik, Merkur, Sprache im technischen Zeitalter, Text + Kritik, Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie u.  a. m. ‒ mit folgendem Kurztext geworben:

Die Autoren dieses Sammelbandes haben die entschiedene Kritik an der positivistischen Literatursoziologie, wie sie sich in der Bundesrepublik durchgesetzt hat, zum gemeinsamen Ausgangspunkt gewählt. Sie machen den Versuch, eine gesellschaftliche Theorie der Kunst und Literatur anhand politischer, ökonomischer, historischer und soziologischer Befunde zu konturieren. Sie sind der Meinung, daß die Äußerlichkeit positivistischer Literaturbetrachtung nur dadurch aufgehoben werden kann, daß die Literaturproduktion wie der ihr zugeordnete Wissenschaftsbereich und die gesellschaftliche Produktionsweise als innerst voneinander abhängig begriffen werden. Der Band ermöglicht nicht nur einen historisch-systematischen Überblick über die Differenzierung des Problems Literatur und Gesellschaft, sondern versteht sich auch als Beitrag zu einem revidierten Selbstverständnis der literaturwissenschaftlichen Praxis.

Hans-Wolf Jäger, Jahrgang 1936, referierte auf der Bochumer Tagung der Hochschulgermanisten 1967 zum Thema „Politische Kategorien in der Poetik und Rhetorik des 18. Jahrhunderts“.[13] Eine stark erweiterte Fassung dieses Textes erschien in der Taschenbuch-Reihe „Texte Metzler“(Stuttgart: J. B. Metzler 1970‒1981), zu deren Zwecken es gehörte, die schon bestehende Metzler-Verlagsreihe „Dichtung und Erkenntnis“ (Bd. 1‒9, 1967‒1969) unter Beibehaltung der alten Zählung fortzusetzen. Die sich in leuchtendem Gelb präsentierende neu gelabelte Reihe eröffnete insbesondere der 68er-Kohorte ein Forum für ihre Vorstellungen von einer zeitgemäßen Germanistik:

Bd. 4: Hans Glinz: Sprachwissenschaft heute. Aufgaben und Möglichkeiten, 2., durchges. u. wesentlich erw. Aufl. 1970 (1. Aufl. 1967).
Bd. 10: Hans-Wolf Jäger: Politische Kategorien in Poetik und Rhetorik der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, 1970.
Bd. 11: Friedrich Knilli: Deutsche Lautsprecher. Versuche zu einer Semiotik des Radios, 1970.
Bd. 12: Richard Faber: Novalis. Die Phantasie an die Macht, 1970.
Bd. 13: Erwin Leibfried: Identität und Variation. Prolegomena zur kritischen Poetologie, 1970.
Bd. 14: Manfred Hahn: Präsozialismus: Claude-Henri de Saint-Simon. Ein Bericht, 1970.
Bd. 15: Gertrude Cepl-Kaufmann, Winfried Hartkopf: Germanistikstudium. Einführung in das Studium der Literaturwissenschaft. Unter Mitwirkung von Hans-Gerd Classen, Günter Jörgenshaus und Detlev F. Neufert, 1973.
Bd. 16: Marie Luise Gansberg, Paul Gerhard Völker: Methodenkritik der Germanistik. Materialistische Literaturtheorie und bürgerliche Praxis, 1970 (4., teilw. überarb. Aufl. 1973).
Bd. 17: Klaus Schröter: Heinrich Mann: „Untertan“. Zeitalter. Wirkung. Drei Aufsätze, 1971.
Bd. 18: Jost Hermand: Stänker und Weismacher: Zur Dialektik eines Affekts, 1971.
Bd. 19: Manfred Windfuhr: Die unzulängliche Gesellschaft. Rheinische Sozialkritik von Spee bis Böll, 1971.
Bd. 20: Hans-Wolf Jäger: Politische Metaphorik im Jakobinismus und im Vormärz, 1971.
Bd. 21: Karsten Witte: Reise in die Revolution. Gerhard Anton von Halem und Frankreich im Jahre 1790, 1971.
Bd. 22: Karl Riha: Cross-Reading und Cross-Talking. Zitat-Collagen als poetische und satirische Technik, 1971.
Bd. 23: Bernd Peschken: Versuch einer germanistischen Ideologiekritik. Goethe, Lessing, Novalis, Tieck, Hölderlin, Heine in Wilhelm Diltheys und Julian Schmidts Vorstellungen, 1972.
Bd. 24: Der für 1972/73 geplante Band ist nicht erschienen.
Bd. 25: Der für 1972/73 geplante Band ist nicht erschienen.
Bd. 26: Rodolphe Gasché: Die hybride Wissenschaft. Zur Mutation des Wissenschaftsbegriffs bei Emile Durkheim und im Strukturalismus von Claude Lévi-Strauss, 1973.
Bd. 27: Peter Nusser: Romane für die Unterschicht. Groschenhefte und ihre Leser, 1973 (5. Aufl. 1981).


Hans-Wolf Jägers Aufsatz Gesellschaftskritische Aspekte der Germanistik erschien 1969 in Band 29 der „Reihe Hanser“ des Carl Hanser Verlages München (5. Aufl. 1971).[14] Die inhaltliche Ausformung der 1967 gestarteten „Reihe Hanser“, eine Taschenbuch-Reihe in gelbem Umschlag, die vom Äußeren her der Reihe „Texte Metzler“ als Vorbild gedient haben dürfte, lag in den Händen des promovierten Germanisten Jürgen Kolbe sowie des von 1962 bis 1965 in London tätigen Buchhändlers Michael Krüger, der zum vielfach ausgezeichneten Geschäftsführer des Hanser Verlages aufstieg. Jäger äußerte, wie er 2005 rückblickend anmerkte, in seinem „Pamphlet“[15] von 1969 unter anderem den Wunsch nach „einer historischen und politischen Selbstreflexion, nach gesellschaftlichem Engagement des Faches, nach mehr Beachtung für die germanistische Berufspraxis (vor allem in der Schule), nach einer institutionellen Mitbestimmung bei der Forschung, bei Lehre, Lehrplangestaltung und Lehrmethoden ‒ letzteres unter dem Stichwort ‚Demokratisierung‘. Ziemlich exakt solche Postulate hatte sich die neue Bremer Universität ‒ seit 1970 unter dem Gründungsrektorat des Juso-Vorsitzenden Thomas von der Vring ‒ in ihr Programm geschrieben“.[16]

Zum Wintersemester 1971/72 wechselte Paul-Gerhard Völker (1937‒2011) an die Freie Universität, um seinen Dienst als Assistenzprofessor anzutreten. Im Sommersemester 1972 veranstaltete er zusammen mit Hubertus Fischer ein vierstündiges Seminar zur „Literatur zu den Bauernkriegen unter besonderer Berücksichtigung von Thomas Münzer“.[17] Die Seminarbeschreibung erschien nicht nur im Kommentierten Vorlesungsverzeichnis des Fachbereichs Germanistik,[18] sondern auch in der Fachbereichszeitung der Aktionsgemeinschaft von Demokraten und Sozialisten (AGDS),[19] im Fachbereichsorgan der Marxistisch-Leninistischen Hochschulgruppe (MLHG) Germanistik[20] und in der April-Sonderausgabe der Fachbereichszeitung des Kommunistischen Studentenverbandes (KSV)/Zelle Germanistik (siehe die zwei Digitalaufnahmen weiter unten).[21] Der KSV (1971‒1980), eine maoistische K-Gruppe, war der Studentenverband der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD-AO bzw. KPD).[22]

Aktionistische ultralinke Germanistikstudierende der Freien Universität machten schon vor der Gründung der Roten Zellen[23] von sich reden, zum Beispiel besetzten sie nach der Verabschiedung der Notstandsgesetze am 30. Mai 1968 durch den Bundestag für mehrere Tage das Institut.[24] Die erste Rote Zelle der Freien Universität, die Rote Zelle Germanistik (ROTZEG), existierte vom 15. Juni 1969 bis zur Selbstauflösung am 16. Oktober 1971.[25] Die in den Statuten festgeschriebenen Ziele haben folgenden Wortlaut: „Die ROTE ZELLE GERMANISTIK wird ein Bestandteil der neu zu gründenden Massenorganisation sein. Ihre Organisation kann daher nur im Zusammenhang mit den Aufgaben der Massenorganisation diskutiert werden. […] Die ROTE ZELLE als Organisation hat sowohl Erziehungs- als auch Schutzfunktion. Sie soll uns helfen, unsere bürgerliche Neigung zu Liberalismus und Individualismus zu bekämpfen. Sie soll verhindern, daß wir vereinzelt der Verfolgung durch den Staatsapparat, der Gefangennahme bei Aktionen, der Disziplinierung in den Institutionen ausgesetzt sind.“[26] Zum Wintersemester 1970/71 organisierte die ROTZEG ein „Sozialistisches Studium“. Die im regulären Vorlesungsverzeichnis angekündigten Proseminare von Friedrich Rothe („Literatur zum Aufbau des Sozialismus in der DDR“), Manfred Lefèvre („Deutsche Literatur von der Kapitulation bis zur Währungsreform“) und Horst Domdey („Literatur des CDU-Staats“) wurden mit geänderten Titeln und erläuternden Zusätzen unter der Überschrift „Drei Seminare zur Literatur 1945‒1952“ in das ROTZEG-Studienprogramm aufgenommen.[27] Die Hereinnahme in die germanistische Zeitung Erkämpft das Sozialistische Studium![28] steigerte den Bekanntheitsgrad dieser wenig später auch die Gerichte beschäftigenden Lehrveranstaltungen um ein Vielfaches:

DIE SEMINARE DES SOZIALISTISCHEN STUDIUMS

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1. Drei Seminare zur Literatur 1945‒1952

I. Literatur der antifaschistischen Ordnung und des Beginns des sozialistischen Aufbaus in der DDR

1. (a. u. b.) Theorie und Praxis der antifaschistisch-demokratischen Ordnung

2. Enteignung des Großgrundbesitzes als praktische Entnazifizierung

3. Der volkseigene Sektor in der Industrie als Grundstein einer sozialistischen Wirtschaft

4. Die Einheits- und Volksfrontpolitik der KPD

a. Die Vereinigung von KPD und SPD

b. Die Massenorganisationen FDGB, FDJ und Kulturbund

II. Literatur zur Restauration des Kapitals in Westdeutschland

1. Nürnberger Kriegsverbrecherprozess und Entnazifizierung

2. Vom Schwarzmarkt zur Währungsreform

3. (a. u. b.) Die Heimkehrerproblematik, Pazifismus und Remilitarisierung

III. Dokumente des Kampfes der KPD für die Entmachtung der Monopolherren und die Einigung der Arbeiterklasse in den Westzonen

1. (a. u. b.) Der Massenkampf der Arbeiter und die Lähmungsstrategie der Alliierten

2. Der antifaschistische Widerstand als Grundlage der Aktionseinheit

3. (a. u. b.) Die Volksfrontstrategie der KPD und die Kampfbedingungen im Ruhrgebiet.

[Es folgen die Namen der Leiter der Seminare I., II. und III.: Friedrich Rothe, ManfredLefèvre und Horst Domdey] […]

2. Domdey: Einführung in die Textanalyse „Die Tage der Commune“ (B. Brecht) […]

3. Rothe: Überblick über die Literatur des Bürgertums von Gottsched bis Brecht […]

4. Machatzke: Die Dramenliteratur der DDR […]

5. Mattenklott: Theorien der Funktion literarischer Bildung […]

6. Niepold: Einführung in die deutsche Sprachgeschichte […]

7. Wunderlich (Langenbach): Einführung in die Sprachwissenschaften […]

8. Bartsch: Einführung in die Sprachwissenschaft […]

9. Peschken: Dilthey und die Germanistik

Am 29. Dezember 1970 übermittelte der Berliner Senator für Wissenschaft und Kunst, Werner Stein (SPD), dem Universitätspräsidenten der Freien Universität, Rolf Kreibich, den begehrten Bescheid, wie mit den im Vorlesungsverzeichnis angekündigten Proseminaren von Domdey, Lefèvre und Rothe zu verfahren sei. Für diese Seminare, so der Senator, dürften keine Teilnahme- und Leistungsscheine ausgestellt werden und eine weitere Durchführung der Veranstaltungen müsse unterbleiben. Zur Begründung hieß es, die Proseminare hätten einen verfassungsfeindlichen Inhalt.[29] Dem widersprach das Berliner Oberverwaltungsgericht, das die Verbotsentscheidung zugunsten von Wissenschaftspluralismus kippte.[30] In der ausführlichen Begründung zum Urteil vom 1. Juni 1972 wird zu bedenken gegeben:

GG Art. 5 Abs. 3; Berl. AZG §§ 12, 28; Berl. UniG §§ 8, 15, 32, 45 (Beanstandungsrecht des Universitätspräsidenten; Umfang des Grundrechts der Lehrfreiheit; politische Agitation und Wissenschaftsfreiheit) […]
Das durch Art. 5 Abs. 3 GG verbürgte Freiheitsrecht, das keine bloße Verlängerung der allgemeinen Meinungsfreiheit ist […], schließt im Rahmen der übertragenen Aufgaben jede Bindung des Wissenschaftlers hinsichtlich des Inhaltes von Forschung und Lehre aus. Da Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG den Wissenschaftler nicht nur vor Eingriffen des Staates schützt, sondern auch gegenüber Maßnahmen der Universitätsorgane, sind diese innerhalb dieses Bereiches gehindert, ihre Vorstellung von einer geordneten Durchführung der Lehre gegenüber den einzelnen Lehrveranstaltungen durchzusetzen. Beschlüsse des Fachbereichsrates binden gemäß § 16 Abs. 4 Satz 2 Berlin UniG Hochschullehrer in ihrer Lehrtätigkeit auch nur insoweit, als sich die Beschlüsse auf die Durchführung der Studienpläne und die Organisation des akademischen Unterrichts beziehen. […]
Der durch Art. 5 Abs. 1 GG gewährte Freiheitsraum unterliegt somit nur der Begrenzung, die sich aus dem Begriff der Wissenschaftlichkeit selbst ergibt. Das Grundrecht umfaßt wissenschaftliche Meinungsäußerungen, für die kennzeichnend ist, daß sie auf Wahrheitserkenntnis zielen und dazu spezifische Methoden verwandt werden. Dabei dürfen auch Äußerungen politischer Natur nicht verwehrt werden, solange sie in einem zumindest losen Zusammenhang mit dem fraglichen Sachgebiet stehen […]. […]
Zwar entbindet die Freiheit der Lehre gemäß Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GG nicht von der Treue zur Verfassung. Diese Treueklausel enthält jedoch keine zusätzliche Schranke […].
Die Treueklausel legt dem akademischen Lehrer keine weitere Pflicht auf als die zur Wissenschaftlichkeit […]. […]
Der durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützte Freiheitsraum endet dort, wo wissenschaftliche Erkenntnisse in die politische Wirklichkeit umgesetzt werden sollen und zum politischen Handeln aufgerufen wird. […]
Die getroffenen tatsächlichen Feststellungen bieten keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, daß die drei Proseminare nicht wissenschaftlich durchgeführt worden seien und es sich bei ihnen inhaltlich nur um eine marxistisch-leninistische Schulung oder politische Agitation gehandelt habe. Daß sich die neuere Germanistik auch mit den Autoren der DDR befassen muß, bedarf keiner näheren Begründung. Ebensowenig ist die von den drei Beigeladenen geschilderte historisch-materialistische Methode der Literaturanalyse, die literarische Werke aus ihren Zusammenhängen mit geschichtlichen Entwicklungen und ihren Abhängigkeiten von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten untersucht, als unwissenschaftlich anzusehen, selbst wenn dieser Methode ein marxistisches Wissenschaftsverständnis zugrunde liegt. Das ist auch vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen worden. Wie das VG[31] bereits zutreffend ausgeführt hat, gehört auch materialistische Literaturwissenschaft zum Fachbereich Germanistik. Die Fähigkeit, die literarischen Voraussetzungen, den Aufbau und den Gehalt einzelner Werke der neueren Zeit zu erklären, und Kenntnisse der grundlegenden Zusammenhänge zwischen der deutschen Geistesgeschichte und der allgemeinen Geschichte werden nach § 25 Abs. 2 Nr. 5 und 6 der Vorläufigen Ordnung der Ersten (Wissenschaftlichen) Staatsprüfung für das Amt des Studienrates in der Prüfung für das Unterrichtsfach Deutsch verlangt. Daneben fordert die gleiche Prüfungsordnung ein vertieftes Verständnis der geistesgeschichtlichen und gesellschaftlichen Situation der Zeit und einen klaren Einblick in die Zusammenhänge zwischen den Studienfächern, dem beruflichen Auftrag, den Problemen der Pädagogik und Philosophie und den politischen Aufgaben innerhalb des Berufes und der Gesellschaft sowie Verständnis für die bestimmenden Kräfte des Gegenwartgeschehens (§ 4 Abs. 1 und 2, § 23 Abs. 4).[32]

2. Die Assistenten-Flugblatt-Gruppe und die Außerparlamentarische Opposition

Die Bezeichnung „außerparlamentarische Opposition“ stammt aus dem 19. Jahrhundert. Zur Unterscheidung von „außerparlamentarischen Oppositionen“ und der zur Diskussion stehenden „Außerparlamentarischen Opposition“ (APO), die in ihrer Spielart eine singuläre Erscheinung darstellt, dient die Großschreibung.[33]

Der evangelische Religionslehrer und Pazifist Hanns Jacobs erkannte bereits 1959 in der außerparlamentarischen Opposition 1957/58 eine „Erscheinung, die in der jüngeren deutschen Geschichte ein völliges Novum darstellt“. Weder das Kaiserreich noch die Weimarer Republik hätten eine dergeartete außerparlamentarische Opposition gekannt. Diese Form des Widerstandes sei das Korrelat eines Versagens der parlamentarischen Opposition gegenüber den großen Anliegen unserer Nation.[34] In den zwei Jahren zuvor hatten Regierungspläne, die darauf ausgerichtet waren, die Bundeswehr mit Trägersystemen für Atomwaffen auszurüsten, eine Protestwelle ausgelöst, an der sich breite Kreise der Bevölkerung aus dem linken wie dem rechten Spektrum beteiligten.[35]

Der am 3./4. Januar 1959 an der Freien Universität organisierte „Studentenkongreß gegen Atomrüstung“ war die größte Zusammenkunft der studentischen Atomrüstungsgegner, die in der Bundesrepublik bis dahin veranstaltet worden war. Mitvorbereitet hatte den Kongress, an dem auch der junge sozialdemokratische Wehrexperte Helmut Schmidt teilnahm, Ulrike Meinhof. Ihr knappes Resümee: „Die Gegensätze auf der Plenarsitzung konnten nicht verhindern, daß man sich auf der Kundgebung zu gemeinsamer Demonstration ‚für ein kernwaffenfreies Deutschland‘, gegen die ‚Hitlerei‘ und für die Demokratie wieder zusammenfand.“[36]

Die APO, verstanden als eine kampagnengestützte politische Bewegung innerhalb der Neuen Linken, erstreckt sich als abgeschlossenes historisches Ereignis auf den Zeitabschnitt zwischen 1965/66 und 1968/69.[37] Ein konstituierender Faktor und Beschleuniger dieser antifaschistischen Bewegung waren verschiedene Pläne der Bundesregierung, die als friedens- und demokratiegefährdend bewertet wie auch empfunden wurden. Zu Recht betont der Soziologe Karl A. Otto die initiierende Rolle der Ostermarschbewegung bei der Entstehung der APO:

Dem SDS-fixierten APO-Verständnis ist meist bis heute vorborgen geblieben, daß die OM[38]-Bewegung nicht nur der Beginn und die erste Organisationsform der sog. APO war ‒ sie war und blieb auch später neben dem SDS deren wichtigster Organisationskern. In dieser Funktion war und blieb sie neben einzelnen Gewerkschaften und dem SDS auch Organisationskern der Antinotstandsbewegung, als diese sich mit dem Kuratorium „Notstand der Demokratie“ im September 1966 schließlich ein eigenes und relativ wirkungsvolles Koordinationsinstrument geschaffen hatte.
Nach dem Ostermarsch 1966 gab es in der Bundesrepublik keine relevante Gruppe der sich seit 1960 entwickelnden APO, deren Aktivitäten nicht in die Mobilisierungskampagnen der OM-Bewegung integriert waren. 1966 einsetzende Versuche des SDS-BV[39], die inzwischen zur Kampagne für Abrüstung verstetigte OM-Bewegung zur neuen sozialen Bewegung zu entwickeln, wurden u.a. auch mit der Feststellung begründet, die KfA[40] sei „organisatorisch und politisch der kräftigste und weitreichendste Teil der radikalen demokratischen Bewegung“ bzw. „der weitreichendste politische Sammelpunkt der bundesrepublikanischen Opposition“. Zu diesem Zeitpunkt war es der KfA bereits gelungen, die Zahl der Marsch- und Kundgebungsteilnehmer bei den jährlichen Osterdemonstrationen von 1000 (1960) auf 145 000, und die Zahl der Unterzeichner der OM-Aufrufe von 230 (1962) auf 10 110 zu erhöhen. Auch der SDS war ‒ seit 1963 ‒ durch die Entsendung eines Vertreters in den Zentralausschuß der KfA Teil dieser Kampagne.[41]

Paul-Gerhard Völker und Werner Weiland liefen laut Auskunft von Georg Fülberth (s.u.) auf Ostermärschen mit.[42] Als die Studentenbewegung ihrem Höhepunkt zutrieb, lag die Zahl der Ostermarschteilnehmenden bundesweit bei 300.000. Aber auch unabhängig von den Veranstaltungen der Friedensbewegung demonstrierten Abertausende vor und nach 1968 gegen den Vietnamkrieg.

Paul-Gerhard Völker war zweifellos einer der wichtigsten Repräsentanten der Münchener APO. Seit wann genau er die bundesweite Kampagne für Abrüstung, das organisatorische Zentrum der Ostermarschbewegung, aktiv unterstützte, ist unklar. Der Münchener Ausgabe der apo press ‒ Informationsdienst für die Außerparlamentarische Opposition (hrsg. von der Kampagne für Abrüstung und Demokratie, Nr. 1‒2, 1968‒1969) ist zu entnehmen, dass Völker 1968 als Sprecher des Regionalausschusses Bayern Süd der Kampagne für Demokratie und Abrüstung bestätigt wurde.[43] Ebendieser Regionalausschuss veranstaltete am 5. März 1968 im Schwabinger Bräu, Leopoldstraße 82, eine Notstandskundgebung.[44] Kurze Zeit später organisierte das Münchener Kuratorium „Notstand der Demokratie“ eine Busfahrt zum Sternmarsch auf Bonn am 11. Mai 1968. An der Demonstration gegen die Bonner Notstandsverfassung nahmen je nach Quelle 60.000 oder 80.000 Personen teil. Jedoch verfehlte die Antinotstandsbewegung ihr Ziel.[45]

Der Protesthistoriker Stefan Hemler kann den Nachweis erbringen, dass Völker die Gründungserklärung des Kuratoriums „Notstand der Demokratie“ unterzeichnete.[46] Das folgende Zitat stellt einen Ausschnitt aus der veröffentlichten Fassung dieses Dokumentes dar:

Dem Münchner Kuratorium, das alle Bürger aufruft zum demokratischen Widerstand gegen die Notstandspläne der Regierung, waren bis zu seiner Gründung 134 Persönlichkeiten beigetreten, darunter 18 Professoren, 28 Redakteure, Journalisten, Schriftsteller und Verleger, 9 Künstler und 47 Gewerkschaftsfunktionäre und Betriebsräte. Unter ihnen sind die Professoren Ernesto Grassi, Georg Kinser, Walter Koch, Werner Leibbrand, Hansjörg Mang, Alfred von Martin und Maria Schug-Kösters.[47]

Zudem kann Hemler belegen, dass Völker zu den Gründungsmitgliedern des Münchener „Republikanischen Clubs“ zählte. Die Idee als solche war ein Jahr zuvor in Westberlin geboren worden. Dort hatten APO-Vertreter in der Wielandstraße 27 unweit des Kurfürstendamms im Januar 1967 einen eingetragenen Verein dieses Namens gegründet.[48] Zu den Initiatoren gehörten Ossip K. Flechtheim,[49] seit 1959 Professor für Politikwissenschaft am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität, sein wissenschaftlicher Assistent Johannes Agnoli,[50] Ekkehart Krippendorff,[51] ebenfalls Assistent am Otto-Suhr-Institut, und der Schriftsteller und Kursbuch-Mitgründer Hans Magnus Enzensberger[52]. Zu Enzensbergers literarischem Werk wollte Marie Luise Gansberg zum Wintersemester 1970/71 an der Universität München ein Proseminar für Fortgeschrittene abhalten, doch kam der Plan aufgrund ihres Wechsels an die Universität Marburg aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zustande.[53]

Veranstaltungshinweis des AStA der Universität München (bei „VDF“ handelt es sich um einen Druckfehler, richtig ist VDS = Verband Deutscher Studentenschaften), erschienen in: Münchner Studentenzeitung (MSZ). Organ der Fachschaften und Basisgruppen, hrsg. von AStA-TU, AStA-Uni und AStA Kunstakademie 3, 1969, Nr. 6, 5.11.1969, S. 2.

Zeitlich mit dem Zerfall des SDS in München einhergehend, veranstaltete der AStA der Universität München im Wintersemester 1969/70 an drei Abenden ein Teach-in zum Thema „Wissenschaft und Kapital“.[54] Neben Paul-Gerhard Völker referierten Johannes Agnoli, Oskar Negt und Hans Jürgen Krahl.[55] Völkers Mitstreiter werden nachfolgend kurz vorgestellt.

Johannes Agnoli wandelte sich vom euphorischen Anhänger des italienischen Faschismus in seiner Jugendzeit zum Vordenker der 68er-Bewegung in Deutschland. Nach seiner Promotion 1957 in Tübingen wurde er wissenschaftlicher Assistent zuerst in Köln (1960), anschließend in Westberlin (1962). In der Schrift Die Transformation der Demokratie (Klagenfurt: Red Austria Press 1966) konstatierte und prophezeite er die Rückentwicklung von demokratischen Staaten, Institutionen und Parteien in antidemokratische, autoritäre Apparate.[56] 1968 trug er zusammen mit Horst Mahler, Wolfgang Lefèvre und anderen zu der Broschüre Journalismus in der ausserparlamentarischen Opposition. Dokumentation und kritische Stellungnahmen zum Berliner Extra-Dienst bei, herausgegeben von der Ad-hoc-Gruppe Extra-Dienst im Republikanischen Club e. V. Berlin.

Oskar Negt, von 1962 bis 1970 wissenschaftlicher Assistent bei Jürgen Habermas in Heidelberg und Frankfurt am Main, zählte 1969 zu den Mitgründern des Sozialistischen Büros (SB) in Offenbach.[57] Das erklärte Ziel dieser Initiative war es, autonome Gruppen in einem sozialistischen Zentrum zusammenzuführen. Rudi Dutschke (1940‒1979), charismatischer Sprecher der Westberliner und westdeutschen Studentenbewegung, trat dem SB 1976 bei. Zu den theoretischen Vordenkern des SB zählte Elmar Altvater, von 1968 bis 1970 wissenschaftlicher Assistent in Nürnberg und seit 1971 Professor für Politische Ökonomie an der Freien Universität.[58]

Hans-Jürgen Krahl, Adorno-Schüler und theoretischer Kopf der APO,[59] starb im Alter von nur 27 Jahren und 27 Tagen bei einem Autounfall. Im Jahr 1964 hatte er sich dem Frankfurter SDS angeschlossen. 1968 gab er zusammen mit Wolfgang Abendroth, Herbert Lederer, Klaus Meschkat, Oskar Negt, Bernd Rabehl, Helmut Schauer, Klaus Vack, Frank Wolff[60] und Karl Dietrich Wolff[61] Nummer 48/49 der Neuen Kritik – Zeitschrift für sozialistische Theorie und Politik (hrsg. vom Bundesvorstand des SDS) heraus.

Am 19. Juni 1969 demonstrierten mehr als 30.000 Studierende gegen den Hochschulgesetzentwurf des bayerischen Kultusministers Ludwig Huber. Paul-Gerhard Völker verfasste für die Juli-Ausgabe der SDS-Informationen (hrsg. vom Bundesvorstand des SDS, 1961‒1971) den anonymen Artikel München: Huberplan.[62] Insbesondere in den Kreisen des Münchener AStA und des SDS wurde die „Huberplan-Analyse“ zustimmend aufgenommen.[63] Derselbe AStA wählte Völkers Ehefrau Erika am 15. Juli 1969 zur Sozialreferentin[64] und im Jahr darauf Herbert L. Fertl[65] zum Pressereferenten.[66] Fertl zählte zu den bekanntesten Gesichtern der Marxistischen Gruppe, eine offiziell bis 1991 existierende kommunistische Organisation, die den Lebensweg Paul-Gerhard Völkers, der am Aufbau der MG mitwirkte, maßgeblich prägte.

Der Max Weber gewidmete 15. Deutsche Soziologentag konferierte vom 28. bis 30. April 1964 in Heidelberg. Bereits am 1. Mai 1964 schrieb Marie Luise Gansberg ihrer Freundin Eva D. Becker ins entfernte Bremen: „Auch habe ich jetzt eine Reihe von Leuten entdeckt, die wohl wirkliche und echt progressive Opposition sind, die Soziologen Habermas, Dahrendorf, Topisch, auch Mitscherlich wohl. Habermas hörte ich hier auf der Max-Weber-Tagung“.[67] Auf dem Soziologenkongress hielt Herbert Marcuse (1898–1979) einen der drei Hauptvorträge. Die Frankfurter Schule repräsentierten Theodor W. Adorno (1903–1969), Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 1963–1967, und Max Horkheimer (1895–1973), der die Diskussion nach dem Vortrag von Talcott Parsons über „Wertfreiheit und Objektivität“ leitete, in die Habermas sich einbrachte. „Ich erinnere daran“, schrieb dieser im Abstand von mehr als vier Jahrzehnten in einem Artikel für die Neue Zürcher Zeitung, „dass das Jahr 1964 in die Inkubationszeit der Studentenbewegung fiel. Damals sprach noch niemand von ‚Kapitalismus‘, der bevorzugte Terminus war ‚fortgeschrittene Industriegesellschaft‘. Die Edition Suhrkamp hatte noch keinen Adorno, keinen Marcuse veröffentlicht. Im SDS regierten noch nicht die Aktionisten, sondern die engagiertesten und brillantesten Studenten des Faches. Ich weiss nicht, wie viele von ihnen damals zum ersten Mal ‚ihren‘ Marcuse gehört haben.“[68]

1964 war Marie Luise Gansberg an der Universität Heidelberg wissenschaftliche Assistentin.[69] Weil sich ihre politische Richtung herumgesprochen hatte,[70] wurde sie im Wintersemester 1964/65 zu einer SDS-Diskussionsveranstaltung eingeladen. Am 21. Februar 1965 schrieb sie der oben genannten Freundin: „Die Bildungsarbeit im SDS scheint mir bei weitem das nützlichste. Aber ich habe noch nicht genug Einblick. Der Junge, der hier in H[eidelberg] die Gruppe leitet (Köhler-Doktorand u. Germanist) arbeitet mehrere Nachmittage in der Woche in der Arbeiterbildung (IG Chemie), die machen da buchstäblich Aufklärung, decken nämlich die Fallen der Kulturindustrie auf ‒ mit Hilfe von Collagen, die die Arbeiter kleben und die dann „interpretiert“ werden. Gruppen von 4 Studenten u. etwa 20 Arbeitern, usw.“.[71]

Wie die obigen Ausführungen deutlich machen, entdeckte Gansberg in Heidelberg Habermas für sich.[72] Am 26. Oktober 1964 berichtete sie der Freundin über Erkenntnisgewinne, die sie ihm verdankte:

Da kannst Dir mal seine Aufsatz-Sammlung „Theorie und Praxis“, Luchterhand 1963, ansehen, darin ein Aufsatz über Bloch, den er als marxistischen Schelling darstellt,[73] eine grandiose Löwith-Rezension „K.L’s stoischer Rückzug vom historischen Bewußtsein“, einen souveränen Forschungsbericht über die Marx-Forschung u. -Tradition (u.a. über Bloch, Sartre, Merleau-Ponty, Kolakowski ‒ den ich in diesem Zus.hang nun auch endlich las). Als Selbstkritik des Marxismus beträchtlich, gut sein Begriff der Linken, aber Habermas und seine Lehrer sind weiter, aber Generationsähnlichkeiten stark, darüber vergißt man Ost und West), vor allem entwickelt er hier aber eine neue Konzeption für die Soziologie als Wissenschaft, sie soll wieder aus ihrem entscheidungsfernen Positivismus heraus und im Anschluß an den jungen Marx in ständiger Orientierung an der Praxis eine Theorie für die Praxis entwickeln. Marx erklärt in Ansehung der Geschichte das Machenwollen zur Voraussetzung des Erkennenkönnens. Der Sinn der Geschichte ist in dem Maße theoretisch zu erkennen, indem sich die Menschen anschicken, ihn praktisch hervorzubringen (S. 310). Marxismus wird zur Kritik. Die praktische Wirkung einer solchen Theorie wäre, „durch die penetranten Vorstellungen einer beharrlichen Kritik das Interesse der Vernunft an Mündigkeit, an Autonomie des Handelns und Befreiung vom Dogmatismus“ voranzutreiben (S. 233). „Erst eine Vernunft, die sich des in jeder vernünftigen Diskussion unvertilglich arbeitenden Interesses am Fortschritt der Reflexion zur Mündigkeit inne ist, wird die transzendierende Kraft aus dem Bewußtsein ihrer eigenen materialistischen Verflechtung gewinnen… Erst sie kann an den Zwangszusammenhang der Geschichte ernsthaft rühren, der so lange ein dialektischer bleibt, als er noch nicht zum Dialog mündiger Menschen befreit ist.“ (S. 256)
Dadurch, daß er Marx’ Geschichtsphilosophie an die empirischen Wissenschaften bindet, bringt er den Marxismus zu einem neuen Wissenschaftsverständnis, dadurch, daß er die zZ[74] rein empirische Soziologie an ihre Ursprünge zurückführt, gibt er ihr eine neue kritische Dynamik ‒ vor allem aber kündigt sich hier ein neuer Sinn für kritische Vernunft, eine andere Form von Aufklärung an, skeptisch zwar („Die Erfahrungen unseres Jahrhunderts geben keinen Anhalt für die Überzeugung, daß Zivilisierung der Menschheit die stärkste ihrer Traditionen sei“ S. 230), aber auch dezidiert und leidenschaftlich. Und es ist einer aus unserer Generation, der hier in Westdeutschland diese Prinzipien entwickelt. Das gehört zu meinen besten Erfahrungen. ‒ Er steht ja auch keineswegs allein, diese „Aufklärungs-Front“ ist breiter: Horkheimer, Adorno, Herbert Marcuse (der allerdings in [den] USA lebt ‒ es ist nicht etwa der „Zeit“-Dackel![75]), Abendroth, der Luchterhand-Verlag mit seinen Reihen „Politica“ und „Soziologische Texte“. Und einige Stufen tiefer, auf publizistischer Basis, findet sich manches von diesem Selbstverständnis, zB in machen Aufsätzen von Pross u. Golo Mann in der Neuen Rd[76].[77]

An ihrem neuen Wirkungsort München folgte Gansberg der Einladung, im Rahmen der „Sozialwissenschaftlichen Reihe des SDS WS 66/67“ einen Vortrag zu halten. Sie sprach über „Deutsche Exilliteratur ‒ ein tabuisierter Tatbestand“.[78] Außer ihr referierte keine andere Frau. Auch Paul-Gerhard Völker nahm an der SDS-Vortragsreihe teil. Das Thema, das er eingekleidet in eine provozierende Frage gewählt hatte, stellte einen der größten Tabubrüche in der Geschichte des von ihm vertretenden Faches dar: „Wie reaktionär ist die Germanistik?“. Den gesellschaftskritischen, aufklärerischen Anspruch ihrer wissenschaftlichen Arbeiten unterstreichend, bezeichneten sich Gansberg, Jäger, Völker und Weiland zwei Jahre später im „Assistenten-Flugblatt Wi.-Sem. 1968/69“ als „Vertreter einer gesellschaftswissenschaftlich orientierten Literaturwissenschaft“.[79] Mit ihrer Flugblattaktion schrieben die „Unorthodoxen Vier“ Geschichte, was lange hinsichtlich der Fakten verdrängt, verleugnet oder nicht beachtet wurde.

Vielleicht angeregt durch das vom AStA der Universität München veranstaltete Teach-in „Wissenschaft und Kapital“ (20. November und 4./18. Dezember 1969) verfasste Völker im letzten Jahresdrittel 1969 die Perspektivenskizze Zur derzeitigen Funktion sozialistischer Hochschulpraxis.[80] Der Text ließ ihn zum Theoretiker der Studentenbewegung werden, allerdings scheint der entlegene Publikationsort einer breiteren Rezeption entgegengewirkt zu haben.

Die Jahreszahl „1968“ wurde zum Synonym der 68er-Bewegung. Die Studentenbewegung, auch studentische Bewegung oder Studentenrevolte genannt, war Teil dieses größeren Protestzusammenhangs (daher auch die Bezeichnung „68er-Bewegungen“), eine Tatsache, die nicht immer ausreichend Beachtung findet.[81] Die 68er-Bewegung war eine Bürgerrechtsbewegung, die autoritäre Strukturen und Einstellungen ebenso bekämpfte wie Diskriminierung und hierbei die Marx’sche Kapitalismuskritik wiederentdeckte und fortentwickelte.[82] Eine Konsequenz dieses kollektiven Aufbegehrens war die feministische Bewegung, deren geschichtstragende Rolle von der Historikerin Marita Krauss betont und unter Verweis auf einen herausragenden Zeitzeugen bekräftigt wird: „Die tief ins Private greifenden Umstürze, die die Frauenbewegung bewirkte, veränderten die Gesellschaft letztlich nachhaltiger als viele andere Aktivitäten von 1968. Dies anerkennt übrigens auch Jürgen Habermas, der die Frauenbewegung als einzige innovative Folge von 1968 bezeichnet“.[83] Wie meine Prüfung ergab, legte Habermas Wert auf die Feststellung, dass die neue Frauenbewegung als „nahezu einzige radikale Emanzipationsbewegung“ aus der Zeit der 68er übrigblieb.[84]

1974 entstand in München mit der Frauenoffensive der erste feministische Buchverlag[85].[86] Die Buchreihe „Frauenoffensive“[87] im Trikont Verlag hatte den Stein ins Rollen gebracht.[88] Der von der Frauenoffensive verlegte Band Erkennen, was die Rettung ist. Christa Reinig im Gespräch mit Marie Luise Gansberg und Mechthild Beerlage (1986) wurde 1987 in dem Periodikum Emanzipation. Feministische Zeitschrift für kritische Frauen mit viel Witz und Ironie beworben: „Christa Reinig, die ‚poetischste, scharfsinnigste, engagierteste, phantasievollste, realistischste, mutigste, boshafteste, verständnisvollste, umstrittenste und geliebteste Dichterin der Frauen- und Lesbenbewegung‘ über Leben und Arbeiten, Denken und Fühlen“.[89] Im Verlagsprogramm der Frauenoffensive von 1990/91 geht Ernst in Witz über:

Zum 60. Geburtstag von Christa Reinig: Gespräche über ihr Leben und ihren literarischen Werdegang ‒ ein Stück Zeitgeschichte.
Frage: Christa, du hast einmal gesagt, wer nicht den Schwarzen Blick hat, könnte das nicht machen, was du machst. Ist dieser Schwarze Blick aus deiner Biographie erwachsen, oder bereitet es dir ein ästhetisches Wohlbefinden oder ein frauenpolitisches Vergnügen?
Christa Reinig: Ein ästhetisches Vergnügen auf alle Fälle, denn wenn ich mich beim Schreiben langweile, wie langweilen sich erst die Leserinnen? Dann das Problem der Bosheit: Meine teuflischen Qualitäten bestehen darin, daß ich ein böses Kind gewesen bin. Die Familiengeschichten meiner sadistischen Streiche sind Legion.[90]

Reinig hatte nach ihrer Flucht aus der DDR 1964 in München eine neue Heimat gefunden. Mitte der siebziger Jahre gab sie sich offen als Feministin und Lesbe zu erkennen. In der Frauenoffensive sind mehrere Werke von ihr erschienen.[91]

3. Die Assistenten-Flugblatt-Gruppe und der Bund demokratischer Wissenschaftler

In den Veröffentlichungen des BDW bzw. des BdWi tauchen mit Ausnahme von Werner Weiland die Namen der Assistenten-Flugblatt-Gruppe nicht auf. Weiland war seit 1974 Mitglied der BdWi-Sektion Marburg.[92]

Der „Bund Demokratischer Wissenschaftler“ (BDW) konstituierte sich am 26. Oktober 1968.[93] Die schon anderweitig benutzte Abkürzung BDW wurde 1973 durch BdWi ersetzt. Mitte der 1980er-Jahre erweiterte man den Namen zu „Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“. Unter der Rubrik „Dokumente zum Zeitgeschehen“ erschien in den Blättern für deutsche und internationale Politik die Gründungserklärung des BDW:

BUND DEMOKRATISCHER WISSENSCHAFTLER GEGRÜNDET

Ein Bund demokratischer Wissenschafter hat sich am 26. Oktober 1968 in Marburg konstituiert. Ihm gehören als Gründungsmitglieder Hochschullehrer aus 23 Hochschulstädten der Bundesrepublik und aus Westberlin, wissenschaftliche Mitarbeiter sowie einige außerhalb der Universität wissenschaftlich Tätige an. Inzwischen hat der Bund demokratischer Wissenschaftler eine erste Information herausgegeben, in der die Mitglieder gebeten werden, „im Sinne jener demokratischen Initiativen, die der Bund wecken und unter stützen will, an ihrem Orte selbst tätig zu werden, Interessenten und neue Mitglieder zu gewinnen und den Vorstand regelmäßig von Angelegenheiten in Kenntnis zu setzen, die für die Arbeit des Bundes und für Zwecke der Information von Bedeutung sind. Wo immer möglich, sollten die Mitglieder des Bundes sich zu örtlichen Arbeitsgemeinschaften zusammenfinden, die selbständig tätig werden und größere Kreise von Sympathisierenden um sich scharen. Solche örtlichen Gruppen sollten untereinander auf Landesebene in Verbindung treten, um etwa eine gemeinsame Stellungnahme zum Entwurf eines Hochschulgesetzes zu erarbeiten. Soweit dies gewünscht wird, wird auch der Bund als solcher hier tätig werden.“ D. Red.

Über die Aufgaben des Bundes ist in der konstituierenden Sitzung folgender Beschluß gefaßt worden:
„In dem Bestreben, den demokratischen und sozialen Rechtsstaat zu verwirklichen, stellt sich der Bund demokratischer Wissenschaftler folgende Aufgaben:
1) Das Eintreten für eine ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewußte Wissenschaft, für Erweiterung der Formen von Öffentlichkeit, von Mit- und Selbstbestimmung und gegen antidemokratische Tendenzen in Hochschule, Bildungswesen, Gesellschaft, Wirtschaft und Staat;
2) Schutz wissenschaftlich Tätiger gegenüber ungerechtfertigten Angriffen und Maßnahmen;
3) Förderung der demokratischen Mitwirkung aller Mitglieder der Hochschule in der Selbstverwaltung von Forschung und Lehre;
4) Zusammenwirken mit gleichgerichteten Kräften an Hochschulen anderer Länder.“
Zum Vorsitzenden des Bundes wurde Prof. Dr. Werner Hofmann (Marburg) gewählt. Weitere Mitglieder des Vorstands sind (nach der Reihenfolge der Stimmen): Prof. W. Jens (Tübingen), Prof. W. Klafki (Marburg), Dr. Sandkühler (Gießen), Prof. W. Abendroth (Marburg), Prof. J. Habermas (Frankfurt), Dr. de la Vega (Gießen), Prof. H. Düker (Marburg).
Einstimmig wurde Herr Herbert Claas (Marburg) zum Sekretär des Bundes gewählt.
Die konstituierende Sitzung hat ferner die folgenden Beschlüsse gefaßt:
1) Der Bund bildet sich zunächst als nicht eingetragener Verein. Sein Sitz ist Marburg.
2) Der Vorstand fungiert bis zu einem Gründungskongreß, den er vorbereitet. Bis dahin sollen verschiedene Satzungsfragen in der Mitgliederschaft erörtert werden.
3) Der Bund, der ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgt, finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Der Jahresbeitrag beträgt für Ordinarien (und vergleichbare Einkommensgruppen) mindestens DM 40,-, für alle anderen mindestens DM 20,-. Bisher haben mit ihrer Unterschrift den Gründungsvorschlag unterstützt bzw. sich als Gründungsmitglieder angemeldet:
Prof. Dr. W. Abendroth, Marburg – Elmar Altvater, Nürnberg – Prof. Dr. H.W. Bartsch, Frankfurt – Dr. Frank Benseler, Neuwied – Dr. Kurt Beutler, Hamburg – Dipl.-Pol. Bernhard Blanke, Berlin – Prof. Dr. H. Blankertz, Berlin – Dr. Winfried Börsch, Mellnau – Prof. Dr. I. Bog, Marburg – Dr. J.C. Brengelmann, Ph. D., München – Herbert Claas, Marburg – PD. Dr. R. Cohen, München – Dr. Frank Deppe, Marburg – Dr. H.-U. Deppe, Marburg – Prof. Dr. H. Düker, Marburg – Dr. Brigitte Eckstein, Aachen – Prof. Dr., A. Faessler, München – Prof. Dr. Ossip K. Flechtheim, Berlin – Jan Gehlsen, Frankfurt – Eike Gerken, Marburg – Prof. Dr. W. Gottschalch, Berlin – Prof. Dr. M. Greiffenhagen, Stuttgart – Prof. Dr. E. Groß, Gießen – Prof. Dr. Jürgen Habermas, Frankfurt – Prof. Dr. K. Heitmann, Marburg – Dr. Sebastian Herkommer, Berlin – Prof. Dr. W. Hestermeyer, Paderborn – Prof. Dr. H.J. Heydorn, Frankfurt – Prof. Dr. W. Hofmann, Marburg – Prof. Dr. H.J. Hohorst, Marburg – Dr. W. Jacobsen, Hamburg – Prof. Dr. Urs Jaeggi, Bochum – Prof. Dr. Walter Jens, Tübingen – Prof. Dr. E. Kaufmann, Marburg – Prof. Dr. A. Keil, Gießen – Horst Kern, Göttingen – H.G. Kilian, Marburg – Prof. Dr. W. Klafki, Marburg – Prof. Dr. J. Klein, Marburg – Dr. Arno Klönne, Paderborn – Dr. Karl Kohut, Marburg – Dr. Reinhard Kühnl, Marburg – Prof. Dr. Chr. Graf von Krockow, Frankfurt – Prof. Dr. Kurt Lenk, Erlangen – Dr. Werner Link, Mannheim – Prof. Dr. H. Maus, Marburg – Prof. Dr. F. Merz, Marburg – Prof. Dr. W. Metzger, Münster – Dr. Klaus Meschkat, Berlin – Prof. Dr. K. Mollenhauer, Kiel – Dr. Joseph Mück, Marburg – J.B. Müller, Stuttgart – Dr. K. Müller, Braunschweig – Wolf-Dieter Narr, Konstanz – Dr. Oskar Negt, Frankfurt – Prof. Dr. Peter v. Oertzen, Hannover – Martin Osterland, Göttingen – Dr. K. Potthoff, Kiel – Dr. W. Promies, Neuwied/Hannover – Harry Pross, Bremen – Prof. Dr. Adalbert Rang, Berlin – Dr. H. Ringsdorf, Marburg – Prof. Dr. P.M. Roeder, Hamburg – Dr. Peter Römer, Marburg – Dr. H.J. Sandkühler, Gießen – Adolf J. Sauerwald, Marburg – Dr. Hans Schenk, Gießen – Prof. Dr. W. Schäfer, Bremen – Prof. Dr. F.P. Schneider, Würzburg – Michael Schumann, Göttingen – Prof. Dr. Günter Slotta, Saarbrücken – Ulrich Stascheit, Frankfurt – Prof. Dr. H.-M. Stimpel, Göttingen – Dr. U. Sünkel, Münster – Prof. Dr. Jacob Taubes, Berlin – PD Dr. L. Tent, Marburg – Prof. Dr. M. Teschner, Darmstadt – Lutz Unterseher, Frankfurt – Prof. Dr. Ingeborg Weber-Kellermann, Marburg – Prof. Dr. Wilhelm Weischedel, Berlin – Prof. Dr. R. Wiethölter, Frankfurt.
Anschrift: Bund Demokratischer Wissenschaftler, Geschäftsstelle: z. Hd. Herrn Herbert Claas, 355 Marburg, Huteweg 3.[94]

Die BDW-Mitglieder Johannes Agnoli[95] und Oskar Negt sind bereits im Zusammenhang mit dem vom AStA der Universität München 1969 veranstalteten Teach-in zum Thema „Wissenschaft und Kapital“ zur Sprache gekommen.

Für den Marburger Politikwissenschaftler Georg Fülberth, ehemaliges Mitglied im BdWi-Bundesvorstand, fällt die Wiederbelebung des BdWi 1972[96] nicht zufällig in genau das Jahr, in dem Bundeskanzler Willi Brandt und die Ministerpräsidenten der Länder am 28. Januar die „Grundsätze zur Frage der verfassungsfeindlichen Kräfte im öffentlichen Dienst“, kurz Extremisten- bzw. Radikalenerlass genannt, verabschiedeten:

Dass der BdWi bei seiner Wiedergründung Anfang Juli 1972 auf Anhieb 1000 Mitglieder hatte und breite Resonanz fand, war u.a. auch eine Reaktion auf den Beschluss vom 28. Januar. Eine Initiative „Weg mit den Berufsverboten“ organisierte eine der bis dahin breitesten außerparlamentarischen Bewegungen in der Bundesrepublik. Helmut Ridder, Mitglied im Engeren Bundesvorstand, war für den Verband im Kampf gegen die Berufsverbote federführend.[97]

4. Die Assistenten-Flugblatt-Gruppe und die Bundesassistentenkonferenz

Die konstituierende Sitzung der Bundesassistentenkonferenz (BAK) (1968‒1974) fand am 29. März 1968 in Marburg statt.[98] Bis dahin waren auf Bundesebene bereits thematisch verwandte Zusammenschlüsse gebildet worden:

1948 Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
1948 Kultusministerkonferenz
1949 Verband Deutscher Studentenschaften, ab 1975 Vereinigte Deutsche Studentenschaften, 1990 aufgelöst, 1993 Gründung des Nachfolgeverbandes Freier Zusammenschluss von StudentInnenschaften
1949 Westdeutsche Rektorenkonferenz, 1990 umbenannt in Hochschulrektorenkonferenz
1950 Deutscher Hochschulverband
1951 Vereinigung der deutschen Hochschulgermanisten, 2001 umbenannt in Gesellschaft für Hochschulgermanistik
1957 Wissenschaftsrat
1966 Bildungsrat, 1975 aufgelöst

Die BAK vertrat die hochschulpolitischen Interessen des nichthabilitierten akademischen Mittelbaus. Der jährlich wechselnde Vorstand bestand aus je drei Personen. Vom 29. März 1968 bis 10. Oktober 1968 bildeten Peter Fischer-Appelt, Wolf-Dieter Narr und Hans Mayer den Vorstand.[99]

Auf der Website der nicht mehr aktiven Forschungsgruppe „BAK und Hochschulentwicklung“ an der Universität Kassel sind Publikationen der BAK aufgelistet, geordnet nach „Schriften der Bundesassistentenkonferenz“, „Materialien zur Bundesassistentenkonferenz“, „Schwarzbücher der Bundesassistentenkonferenz“, „Texte zur Studienreform“ und „Texte außer der Reihe“.[100] Heft 3 der Reihe „Texte zur Studienreform“ trägt den Titel Zum Beispiel Altgermanistik. Historische Wissenschaft und Lehrerausbildung (1972). Hierbei handelt sich um den erneuten Abdruck eines fachspezifischen Curriculums, ausgearbeitet von einer neunköpfigen Fachgruppe unter Einschluss von Paul-Gerhard Völker, welche die Diskussion um die Reformbedürftigkeit der Älteren Abteilung der Germanistik aufgriff und ein konkretes Grundstudienmodell vorlegte.[101]

Worin unterschied sich die Assistenten-Flugblatt-Gruppe von der BAK, die annähernd ein Jahr früher mit ihren Vorschlägen in die Debatte um die Hochschulreform eintrat? Auf diese Frage antworteten mir ein Historiker und ein Soziologe. Hier die Antwort des Historikers Nikolai Wehrs[102]: „Nach Lektüre des Assistenten-Flugblatts würde ich Völker deutlich links der BAK verorten. Diese war zumindest 1968 noch sehr stark sozialdemokratisch geprägt und wird in München Peter Glotz näher gestanden haben als Völker. Ab 1970 ist die BAK dann allerdings stärker unter den Einfluss marxistischer Gruppen geraten.“[103] Der in der oben zitierten BdWi-Gründungserklärung an drei Stellen genannte Herbert Claas[104], bis zu seiner Emeritierung 2006 Vizepräsident der Philipps-Universität Marburg, ließ mir die folgende eingehende Antwort zukommen:

Der Zusammenhang ist von der allgemeinen Art, dass die Münchner Assistenten in der dortigen Germanistik der persönlichen Machtausübung der Ordinarien ungeschützt ausgesetzt waren, gegen die die BAK mit ihren Organisationskonzepten (Kreuznacher Hochschulkonzept, September 1968[105]) und gutachtlichen Stellungnahmen (Wissenschaftsfreiheit durch Mitbestimmung, Oktober 1970[106]) argumentierte und Einfluss auf die Hochschulgesetzgebung nahm.
Die beiden Ebenen sind zunächst unverbunden: Die Münchner Assistenten berufen sich auf die guten Gründe ihres rationalen wissenschaftlichen Interesses in ihrem Fach, dem sich der stumme Machtbesitz der Ordinarien entgegenstellt; die BAK beruft sich auf den gesellschaftlichen Auftrag in Forschung und Lehre, der in den Hochschulen durch gemeinsame Entscheidungen aller am Wissenschaftsprozess beteiligten Personengruppen zu erfüllen sei.
Ein Beispiel illustriert, wie unterschieden die Ansätze sind: Werner Weiland wird von dem Professor, der ihn an seinem Lehrstuhl beschäftigt, der Zugang zur Habilitation verwehrt. Beide Beteiligten scheinen nicht zwischen Dienstrecht und Korporationsrecht unterscheiden zu können. Tatsächlich hatte der Lehrstuhlinhaber über Fortsetzung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses seiner Mitarbeiter zu entscheiden. Die Habilitation als ein Verfahren zur Feststellung der Befähigung zu Forschung und Lehre war hingegen immer eine Sache der Fakultät, die in ihrer Gesamtheit zu befinden hatte. (Dass die Fachvertreter auch hier persönliche Macht walten ließen und sich gegenseitig nicht in die Quere kamen, steht auf einem anderen Blatt.) Die BAK nahm der prekären Habilitation in ihren Vorschlägen für die Personalstruktur einfach ihre einzigartige Stellung und stellte ihr „weitere wissenschaftliche Qualifikation“ nach der Promotion zu Seite, über die der Berufsweg zum Hochschullehrer führen konnte.[107]

Zu ihrem Rechtsnachfolger bestimmte die BAK den Verein zur Förderung der Studienreform: „Ziel dieses Trägervereines war ein Modellversuch, um Inhalte und Organisationsformen der Hochschulausbildung im Interesse der abhängig Beschäftigten zu verändern.“[108]

5. Die Assistenten-Flugblatt-Gruppe und die Deutschen Germanistentage

Zum Deutschen Germanistentag in der Münchener Universität (17.‒22.10.1966)[109] luden im Namen des Deutschen Germanistenverbandes Benno von Wiese und Rudolf Henß ein. Von der Assistenten-Flugblatt-Gruppe erwähnte einzig Paul-Gerhard Völker in einer seiner Schriften diesen Germanistentag. Er tat dies in der vierten Auflage seines 1970 in der Methodenkritik der Germanistik wiederabgedruckten Aufsatzes Die inhumane Praxis einer bürgerlichen Wissenschaft. Zur Methodengeschichte der Germanistik. Schon in der Vorbereitungsphase der Fachtagung war es Mitgliedern des Deutschen Germanistenverbandes, welche „aufseiten der Beschwichtigenden und Abwiegelnden“[110] standen, gelungen, das Konfliktpotenzial, das der anfänglich gewählte Tagungstitel „Germanistik und Nationalismus“ in sich barg, durch den erweiterten Titel „Nationalismus in Germanistik und Literatur“ zu minimieren. Völkers Beanstandung richtete sich jedoch nicht gegen diesen Coup, sondern gegen das disziplinär verengte Tagungskonzept, an das sein Argument-Aufsatz von 1968 anknüpfte, wovon er sich, inzwischen eines Besseren belehrt, ausdrücklich distanzierte:

Vorbemerkung: Der Aufsatz verdankt seine Entstehung der Diskussion auf dem Deutschen Germanistentag 1966, auf dessen Generalthema er sich polemisch bezieht (Nationalismus in Germanistik und Dichtung. Dokumentation des Germanistentages in München vom 17.‒22. Oktober 1966, hg. v. Benno von Wiese und Rudolf Henss, Berlin 1967; einzelne Referate sind gesondert erschienen in: Germanistik ‒ eine deutsche Wissenschaft. Beiträge von Eberhard Lämmert / Walther Killy u.a. Frankfurt 1967). Daraus erklärt sich der verkürzte Bezug auf die Geschichte der Germanistik, wo es [doch] auf den Zusammenhang der Wissenschaftstradition der gesamten Geisteswissenschaften angekommen wäre.[111] Diese Beschränkung macht es mir heute unmöglich, den Aufsatz  [nicht] anders [denn] als historisches Zeugnis, also unverändert, neu zu veröffentlichen. Der Aufsatz ist zuerst erschienen in: Das Argument 49, 1968, S. 431‒454.[112]

Die vor ihrer Versetzung in den Ruhestand an der Universität Saarbrücken tätige Literaturwissenschaftlerin Eva D. Becker ging mit Blick auf das vorliegende Projekt ihre handschriftlichen Notizen zum Münchener Germanistentag 1966 durch und ließ mir die nachfolgenden Auszüge zukommen:

Diskussion zu Lämmert/Conrady am 18.10. Wendula Dahle aus Berlin (sozial). P.-G. Völker fordert: Methoden überprüfen.
Diskussion zu Polenz am 20.10.1966. P.-G. Völker: Methoden und Grundlagen prüfen (Bsp. F. Strich: Klassik und Romantik), kein Methodenrelativismus.
Immer wieder auf der Tagung: Die Alten entschuldigen, wollen das Schlechte über Bord werfen, das Gute bewahren, die Jüngeren sehen den Zusammenhang, wollen alles über Bord werfen. Ganz Junge noch kritischer, Mittlere flüchten in wertfreie Wissenschaft. (Mit den ganz Jungen meinte ich wohl P.-G. Völker und Werner Weiland.)
Albrecht Schöne plädierte für Rationalität und forderte, unbedingt das Kind mit dem Bade auszuschütten!
Benno von Wiese bemerkte in der Abschlussdiskussion, die jüngere Generation habe sich dieser Fragen nicht angenommen, ehe sie nicht Ordinarien waren! Warum wohl?[113]

Zu den Vorgängen auf dem Deutschen Germanistentag in Berlin (7.‒12.10.1968)[114] erstellte Becker simultan ein im Telegrammstil abgefasstes Protokoll, das sie ins Reine tippte.[115] Es stellt aufgrund seiner Detailliertheit und der Gabe der Protokollantin, soziopolitische Konnotationen und Stimmungen einzufangen, ein Zeitzeugnis von seltenem Wert dar. Seine Entstehung verdankte die Mitschrift der „Aktionsgemeinschaft“, einem informellen Zusammenschluss von sieben Mitgliedern der Vereinigung der deutschen Hochschulgermanisten (Gerhard Bauer, Gerhard W. Baur, Eva D. Becker, Hans-Peter Herrmann, Hans-Wolf Jäger, Karl Richter, Werner Weiland), die dem akademischen Mittelbau angehörten und sich auf und nach dem Berliner Germanistentag 1968 für eine andere Verbandspolitik einsetzten. Folgt man Beckers Aufzeichnungen, so stellte sich in der Aula der Staatlichen Ingenieurakademie Gauß nach dem Vortrag Vergleichende soziologische Betrachtungen zum romanischen und deutschen Minnesang des Heidelberger Romanisten Erich Köhler am 9. Oktober eine spannungsreiche Atmosphäre ein. Während die Studenten mehr oder weniger verschwunden waren, machte die Information die Runde, es werde am Nachmittag ein Go-in geben. Werner Weiland entschärfte die Situation, indem er sich zum Sprecher der Studenten machte, ohne sich ganz mit ihnen zu identifizieren, so dass er als Vermittler gelten konnte. Am nächsten Tag ließen Weiland und Hans-Wolf Jäger sich in die Vereinigung der deutschen Hochschulgermanisten aufnehmen. Eberhard Lämmert und Karl Heinz Borck stimmten für deren Antrag, Hans Fromm votierte dagegen.

Der Lektor und Literaturkritiker Walter Boehlich verfasste für die Wochenzeitung Die Zeit im Abstand von einer Nummer eine kürzere und eine längere Besprechung zum Berliner Germanistentag, der wegen der dort in Aktion tretenden Studierenden die Massenmedien auf den Plan rief.[116] Boehlich hatte in den Wochen nach der 20. Frankfurter Buchmesse (19.‒24.9.1968) selbst für Schlagzeilen („Revolte der Zehn“) gesorgt, als die Suhrkamp-Lektoren vom Verlagschef Siegfried Unseld mehr Demokratie und Mitbestimmung forderten.[117] Das Verhandlungsergebnis, die Etablierung einer besseren Kommunikation, fiel weit hinter die Erwartungen Boehlichs zurück. „Beide Seiten seien in einem Lernprozeß“, ließ Siegfried Unseld nach der entscheidenden Sitzung vom 14. Oktober 1968 verlautbaren. Ob Zufall oder nicht: Der Literaturkritiker der Süddeutschen Zeitung, Jörg Drews, betitelte seine Germanistentagbesprechung vom 19./20. Oktober Dozenten und Studenten im Lernprozeß. Boehlich konterte am 25. Oktober: Der deutsche Germanistentag. Oder: Lehren aus einem unfreiwilligen Lernprozeß. Der Artikel des Letztgenannten verband sich mit einem Rückblick auf den Germanistentag in München. 1966 sei Kritik an der Vergangenheit eines Faches geübt worden, dessen jüngere liberale Vertreter erkannt hätten, dass dieses Fach sich nicht länger so verstehen dürfe wie in den zurückliegenden fast eineinhalb Jahrhunderten.[118] Im eigentlichen Besprechungsteil thematisierte Boehlich unter dem Stichwort „Demokratie“ die unwürdige Behandlung der Studenten und Assistenten ‒ der promovierte Germanistik und Assistent von Ernst Robert Curtius in den Jahren 1947 bis 1951 hatte einmal selbst diesen Statusgruppen angehört:

Das war unerträglich, wie Studenten oder Assistenten befragt wurden, wer sie denn eigentlich seien, woher sie kämen, was sie da wollten, und es war auch nicht sonderlich ermutigend, daß das Plenum am einen Tag entschlossen ablehnte, was Studenten gefordert hatten, weil Studenten es gefordert hatten, es aber am anderen Tage genauso entschlossen annahm, weil es nicht länger von Studenten gefordert wurde.

In derselben Nummer der Zeit breitete der Lehramtsstudent Jürgen Sternsdorff seine Gedanken zum Germanistentag aus. Zwar hätte die Delegiertenversammlung der Fachschaften und Basisgruppen Germanistik in Frankfurt am Main (5.‒7.7.1968)[119] beschlossen, einen Gegengermanistentag in Berlin zu organisieren, der Verband Deutscher Studentenschaften habe dann aber doch entschieden, den offiziellen Germanistentag als Protestbühne für die studentischen Anliegen zu nutzen.[120] Die Resolution der von Sternsdorff erwähnten Delegiertenversammlung lag am Tagungsort aus. Daraus ein längerer Auszug:

Das Massenfach Germanistik produziert die Phantasmagorie von individualistischer Forschung in Einsamkeit und Freiheit und lehrt das Interesse an der Literatur als das Desinteresse an der Gesellschaft. Gegen ihr elitäres Selbstverständnis braucht diese Wissenschaft die Massen, weil sie ein Interesse hat, weiter alimentiert zu werden. Die Germanistik befestigt die organisierte Bewußtlosigkeit über ihre realen Interessen und den Zustand der Gesellschaft. Sie zerstört die Möglichkeit historischer Erfahrung bei den Studenten. Sie zerstört deren intellektuelle Produktivkraft für gesellschaftlich nützliche Arbeit.
Auf der unterdrückten Unlust der Studenten und ihrer hilflosen Renitenz, die aus dem Bewußtsein entspringt, daß ihr Erkenntnisinteresse unbefriedigt bliebt, baut die Produktion autoritärer Charaktere und angepaßter Individuen [auf]. Dem entspricht die autoritäre Organisation des germanistischen Lehrbetriebes.
Dem steht das Interesse der Studenten nach herrschaftsfreien, kollektiven Arbeitsformen gegenüber, sowie ihr Anspruch auf die Verfügung über die Produktionsmittel im Seminar, das heißt Verfügung über Etat, Berufungen, Forschungsprojekte etc. Der Kampf um eine Neudefinition unserer Wissenschaft ist der Angriff auf die überkommene Organisation des gesamten wissenschaftlichen Betriebs. Unsere Strategie kann daher nicht sein, eine äußerliche Demokratisierung der Institutsverfassung herzustellen, das heißt, sich auf formale Satzungen zu beschränken. Es gilt, im Seminar Formen subversiver Gegenherrschaft in Verbindung mit realer Beteiligung an der Macht einzurichten, mit dem Ziel, die wissenschaftliche Produktion selbst in die Hand zu nehmen.[121]

Die in der Resolution enthaltene Fundamentalkritik an der etablierten Hochschulgermanistik spricht, so meine These, eine Sprache der sozialen Kälte, wie sie den protestaktiven Studierenden und den auf ihrer Seite Stehenden aus dem Mittelbau in der Hochphase der Studentenrevolte von Seiten der Ordinarien mehrheitlich entgegengebracht wurde.

Anmerkungen

[1] Brief von Martin Warnke an das Hessische Kultusministerium und den Präsidenten der Philipps-Universität Marburg, Marburg, 1.12.1971. Personalakte Gansberg der Universität Marburg, Laufzeit: 1971 (Überleitung auf eine H3-Professur), Universitätsarchiv Marburg: 305 f Nr. 801. ‒ Für die Genehmigung, aus unveröffentlichten Texten zu zitieren, schulde ich dem Universitätsarchiv Marburg sowie Eva D. Becker, Herbert Claas und Nikolai Wehrs großen Dank.

[2] Gansberg hatte die Stelle einer Akademischen Rätin vom 22.12.1970 bis 28.5.1972 inne.

[3] Marie Luise Gansberg: Welt-Verlachung und „das rechte Land“. Ein literatursoziologischer Beitrag zu Jean Pauls Flegeljahren, in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 42, 1968, S. 373–398. Wiederabdruck in: Uwe Schweikert (Hrsg.), Jean Paul (Wege der Forschung; 336), Darmstadt 1974, S. 353‒388.

[4] Jörg Drews: Für eine neue Germanistik. Diskussion in der Münchner Universität, in: Süddeutsche Zeitung 25, 1969, Nr. 21, 24.1.1969, S. 11.

[5] Vgl. auch das folgende Marburger fachdidaktische Experiment: Dietrich von Oppen (Hrsg.): Lehrfreiheit und Selbstbestimmung. Bericht von einer neuen Seminarform, entwickelt und erprobt im Wintersemester 1968/69 vom Seminar für Sozialethik an der Theologischen Fakultät Marburg, vorgelegt mit der Absicht, ähnliche Versuche anzuregen, Stuttgart, Berlin 1969. Siehe auch Ludwig Huber: Wurzeln der Hochschuldidaktik im Westen ‒ die Bundesassistentenkonferenz oder: Kühne Absichten ‒ noch unerledigte Aufgaben, in: Karin Reiber, Regine Richter (Hrsg.), Entwicklungslinien der Hochschuldidaktik ‒ Ein Blick zurück nach vorn, Berlin 2007, S. 77‒115.

[6] Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Neuere deutsche Literatur und Kunstwissenschaften: Kommentiertes Vorlesungsverzeichnis, Masch.-Schr., Marburg Sommersemester 1973, S. 14. Universitätsarchiv Marburg: 307/9, 5590.

[7] Werner Weiland: Die Revolution in der deutschen Frühromantik. Der junge Friedrich Schlegel, Heidelberg, Philosophische Fakultät, Dissertation vom 24. Febr. 1964, ungezählte Seite nach S. 60 (Lebenslauf). Universitäts- und Staatsbibliothek Köln: U67/7951. Vgl. Reinhold Grimm, Jost Hermand, Peter Uwe Hohendahl, Egon Schwarz (Hrsg.): Exil und innere Emigration, 2 Tle., Frankfurt am Main 1972‒1973.

[8] Werner Weiland: Der junge Friedrich Schlegel oder die Revolution in der Frühromantik (Studien zur Poetik und Geschichte der Literatur; 6), Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1968, S. 26‒32.

[9] Frankfurter Allgemeine Zeitung 21, 1969, Nr. 84, 11.4.1969, S. 31.

[10] Die Aufgeschlossenheit vereinzelter Schulpädagogen gegenüber der Zusammenführung von Literaturwissenschaft und Sozialwissenschaften demonstriert die folgende Publikation von Heinrich Fecher und Hans Thiel: Literatursoziologische Methoden der Textbetrachtung. Begründung und Bibliographie, in: Blätter für den Deutschlehrer 11, 1967, 4, S. 97‒15. Der bibliographische Teil (S. 104‒115) ist wie folgt untergliedert: Zur Einführung in die Literatursoziologie; Bibliographie zu verschiedenen Typen der Literatursoziologie: I. Zur Beziehung zwischen Literatur und Publikum (soziale Funktion, Einfluß, literarische Institutionen), II. Untersuchungen zur Klassenlage des Autors (Herkunft, politische und soziale Anschauungen, Stand der gesellschaftlichen Entwicklung) und zum gesellschaftlichen Inhalt der Werke (Dokument und Gesellschaftsschilderung, verborgene gesellschaftliche Implikationen, Ideologie), III. Untersuchungen zur Wechselwirkung ästhetischer und gesellschaftlicher Momente in der Spannung zwischen Form und Material; Vermittlung der Form mit den sozialen Bedingungen der Herrschaft und Arbeit auf verschiedenen historischen Stufen und Nachweis des gesellschaftlichen Ursprungs von Formen, Stilen, Gattungen und ästhetischen Normen), IV. Soziologie der Massenkommunikation (Film, Rundfunk, Fernsehen, Trivialliteratur), V. Einige Beispiele zu soziologischen Aspekten in der Literatur.

[11] Werner Weiland: Politische Romantikinterpretation, in: Dieter Bänsch (Hrsg.), Zur Modernität der Romantik (Literaturwissenschaft und Sozialwissenschaften; 8), Stuttgart 1978, S. 1‒59.

[12] Horst Albert Glaser, Peter Hahn, Olaf Hansen, Helmut Hartwig, Thomas W. H. Metscher, G. Katrin Pallowski, Michael Pehlke, Bernd Jürgen Warneken: Grundlagen und Modellanalysen (Literaturwissenschaft und Sozialwissenschaften; 1), Stuttgart 1971 (2., teilw. überarb. Aufl. 1972).

[13] Jakob Lehmann: Zur Reform des Germanistikstudiums. Bochumer Tagung der Hochschulgermanisten 1967, in: Blätter für den Deutschlehrer 11, 1967, 4, S. 124‒126, hier S. 124.

[14] Hans-Wolf Jäger: Gesellschaftskritische Aspekte der Germanistik, in: Jürgen Kolbe (Hrsg.), Ansichten einer künftigen Germanistik, München 1969, S. 60‒71. Ders.: Machtinstrument oder Wissenschaft oder schafft Wissen Macht. Germanistik und Gesellschaft, in: Münchner Studentenzeitung (MSZ) 3, 1969, Nr. 1, Januar 1969, S. 6.

[15] Hans-Wolf Jäger: Hölderlin-Edition an einer Gewerkschaftsuniversität, in: Klaus-Michael Bogdal, Oliver Müller (Hrsg.), Innovation und Modernisierung. Germanistik von 1965 bis 1980, Heidelberg 2005, S.109‒116, hier S. 110.

[16] Ebd. Vgl. Thomas von der Vring: Hochschulreform in Bremen. Bericht des Rektors über Gründung und Aufbau der Universität Bremen während seiner Amtszeit von 1970‒1974, Frankfurt am Main, Köln 1975.

[17] Vgl. Hubertus Fischer, Paul-Gerhard Völker: Konrad von Würzburg: Heinrich von Kempten. Individuum und feudale Anarchie, in: Dieter Richter (Hrsg.), Literatur im Feudalismus (Literaturwissenschaft und Sozialwissenschaften; 5), Stuttgart 1975, S. 83‒130.

[18] Ein Exemplar der Ausgabe Sommersemester 1972 war mir nicht zugänglich.

[19] ADSG (Hrsg.): Aktionseinheit. Studieninformationen der ADSG für das Sommersemester 1972, [Berlin (West)] S. 21. Privatbesitz Klaus Tuch, Berlin.

[20] MLHG SS 1972 Sozialistisches Studienprogramm der Marxistisch-Leninistischen Hochschulgruppe Germanistik, [Berlin (West)] S. 20. Privatbesitz Klaus Tuch, Berlin.

[21] Kommunistische Studentenpresse ‒ Germanistik FU Programm der Agitationskollektive des Kommunistischen Studentenverbandes ‒ Zelle Germanistik SS 1972, Berlin [April 1972], S. 29.

[22] Ausgewählte Reden, Aufsätze und Beschlüsse der KPD-Aufbauorganisation, Berlin 1971.

[23] Volker Benfee: Strategie und Taktik der Roten Zellen in Berlin, in: Die studentische Protestbewegung. Analysen und Konzepte [Schriftleitung: Wulf Schönbohm], Mainz 1971, S. 149‒196, hier S. 195.

[24] ad-hoc-Gruppe Germanistik FU Berlin (Hrsg.): Studenten stürmten FU-Institut. Dokumentation der ersten Besetzung des Germanischen Seminars der FU, o. O. [1968] (Quellenreader, handschriftlich paginiert, 68 Seiten, Druck: Manfred Göbel). Siehe auch Heft 61 zum Thema „Deutschunterricht und Germanistik“ der Zeitschrift Alternative aus dem Jahr 1968 mit folgenden Beiträgen: Manifest der Ad hoc-Gruppe Notstand der Germanistik, FU Berlin (S. 98), Besetzung des Germanistischen Instituts der FU Berlin (S. 99-102). Vgl. auch: Ludwig von Friedeburg, Jürgen Hörlemann, Peter Hübner, Ulf Kadritzke, Jürgen Ritsert, Wilhelm Schumm [hrsg. von Heinz Maus]: Freie Universität und politisches Potential der Studenten: Über die Entwicklung des Berliner Modells und den Anfang der Studentenbewegung in Deutschland, Neuwied, Berlin 1968. Friedrich Nemec: Materialistische Literaturtheorie, in: ders., Wilhelm Solms (Hrsg.), Literaturwissenschaft heute. 7 Kapitel über ihre methodische Praxis, München 1979, S. 51‒90, hier S. 51.

[25] Jost Hermand: Geschichte der Germanistik, Reinbek bei Hamburg 1994, S. 141‒164, hier S. 159, 162. Helmut Peitsch: „Warum wird so einer Marxist?“ Zur Entdeckung des Marxismus durch bundesrepublikanische Nachwuchswissenschaftler, in: Rainer Rosenberg, Inge Münz-Koenen, Petra Boden (Hrsg.), Der Geist der Unruhe. 1968 im Vergleich. Wissenschaft ‒ Literatur ‒ Medien, Berlin 2000, S. 125‒152, hier S. 145. Joachim Gressinger: Linguistik und Studentenbewegung, in: Ulrike Haß, Christoph König: Literaturwissenschaft und Linguistik von 1960 bis heute (Marbacher Wissenschaftsgeschichte; 4). Göttingen 2003, S. 31–54, hier S. 31.

[26] ROTZEG Rote Zelle Germanistik gegründet, in: Rote Presse Korrespondenz der Studenten-, Schüler- und Arbeiterbewegung 1, 1969, Nr. 20, 4.7.1969, S. 1‒2. Redaktion: Solveig Ehrler, Günter Matthias Tripp, Ad-hoc-Gruppen an den Hochschulen, Berufsbasisgruppen im Republikanischen Club Berlin, Betriebsbasisgruppen, Internationales Forschungsinstitut (Infi), Zentraler Ermittlungsausschuss der ASten FU und TU (Justizkampagne), Zentralrat der sozialistischen Kinderläden. ‒ Vgl. Solveig Ehrler, Hartmut Häußermann, Jörg Huffschmid, Niels Kraditzke, Rolf Kreibich, Ekkehart Krippendorff, Anke Nevermann, Knut Nevermann, Lothar Pinkall, Wolfgang Schluchter, Jürgen Zerche, Bodo Zeuner: Sozialdemokratie und Sozialismus heute. Beiträge zur Analyse und Veränderung sozialdemokratischer Politik, Köln 1968. Günter Matthias Tripp: Absurdität und Hoffnung. Studien zum Werk von Albert Camus und Ernst Bloch, Berlin, Freie Universität, Philosophische Fakultät, Dissertation vom 18. Juli 1968.

[27] Die Seminare des Sozialistischen Studiums der Roten Zelle Germanistik WS 1970/71 [Redaktion: KPD-Aufbauorganisation, Proletarische Linke/Parteiinitiative (PL/PI), ROTZEG, ROTZING, ROTZÖK], in: Rote Presse Korrespondenz 2, 1970, Nr. 88, 30.10.1970, S. 11‒15 (ein Auszug aus dem Vorlesungsverzeichnis).

[28] Die Seminare des Sozialistischen Studiums, in: Erkämpft das Sozialistische Studium! [Herausgeberin: Fachbereichskommission der Roten Zelle Germanistik] 1, 1970, Nr. 1, S. 9‒10.

[29] Uwe Wesel: Die verspielte Revolution. 1968 und die Folgen, München 2002, S. 200.

[30] Anonym: Professoren / Marxisten. Kleine Chance, in: Der Spiegel 25, 1971, Nr. 8, 15.2.1971, S. 139–141. Werner Dolph: Im Kampf für Rote Zellen. Der Berliner Senat im Unrecht. Germanistik und Politik: ein überflüssiger Prozeß, in: Die Zeit 26, 1971, Nr. 13, 26.3.1971, S. 14.

[31] VG = Verwaltungsgericht.

[32] [Der NJW mitgeteilt durch Gerd Müller, Oberverwaltungsgerichtsrat, Berlin:] Neue juristische Wochenschrift 25, 1972, 46, S. 2199–2102.

[33] Karl A. Otto: APO. Vom Ostermarsch zur APO. Geschichte der außerparlamentarischen Opposition in der Bundesrepublik 1960–1970, Frankfurt am Main 1977 (weitere Aufl. 1980, 1982). Ders.: Außerparlamentarische Opposition in Quellen und Dokumenten (1960–1970), Köln 1989.

[34] Hanns Jacobs: Schicksalsglaube und Kriegstheologie in evangelischer Sicht (Teil 1), in: Zeit und Geist. Eine Zweimonatsschrift für Kunst, Literatur und Wissenschaft [hrsg. von Johann Fladung, Darmstadt: Progress-Verlag] 4, 1959, 2, S. 15‒31, hier S. 17. Hanns Jacobs (1918–2003) war Mitglied in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) und des Demokratischen Kulturbundes Deutschland (DKBD) (1951–1957; Sitz in Düsseldorf), als deren Sekretär Johann Fladung bis zum Verbot des DKBD fungierte. Darüber hinaus engagierte Jacobs sich in der Friedensbewegung und in linken Parteien der alten Bundesrepublik. ‒ Vgl. Theodor Ebert, Hans-Jürgen Benedict (Hrsg.): Macht von unten. Bürgerrechtsbewegung, außerparlamentarische Opposition und Kirchenreform (Konkretionen; 5), Hamburg 1968.

[35] Hans Karl Rupp: Außerparlamentarische Opposition in der Ära Adenauer: Der Kampf gegen die Atombewaffnung in den fünfziger Jahren. Eine Studie zur innenpolitischen Entwicklung der BRD, Köln 1970 (3. Aufl. 1984). Axel Schildt: „Atomzeitalter“ – Gründe und Hintergründe der Proteste gegen die atomare Bewaffnung der Bundeswehr Ende der 50er Jahre, in: Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (Hrsg.), „Kampf dem Atomtod!“. Die Protestbewegung 1957/58 in zeithistorischer und gegenwärtiger Perspektive (Hamburger Zeitspuren; 6), München, Hamburg 2009, S. 39‒56.

[36] Ulrike Meinhof: Der Studentenkongreß gegen Atomrüstung in Berlin, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 4, 1959, 1, S. 57‒61, hier S. 61. Vgl. Boris Spix: Abschied vom Elfenbeinturm? Politisches Verhalten Studierender 1957‒1967. Berlin und Nordrhein-Westfalen im Vergleich, Essen 2008.

[37] Rudi Dutschke erklärte bei der Abschlusskundgebung einer Anti-Vietnamkriegs-Demonstration am 10.12.1966 in Westberlin: „Die Zeit ist reif für eine neue Organisationsform der außerparlamentarischen Opposition!“

[38] OM = Ostermarsch.

[39] SDS-BV = Sozialistischer Deutscher Studentenbund-Bundesvorstand.

[40] KfA = Kampagne für Abrüstung.

[41] Karl A. Otto: Thesen zur Rolle des SDS in der Antinotstandsbewegung, in: Siegward Lönnendonker (Hrsg.), Linksintellektueller Aufbruch zwischen „Kulturrevolution“ und „kultureller Zerstörung“. Der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) in der Nachkriegsgeschichte (1946–1969). Dokumentation eines Symposiums (Schriften des Zentralinstituts für Sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin; 83), Opladen 1998, S. 153‒158, hier S. 155. ‒ Vgl. Anonym: Der Ostermarsch ‒ Kampagne für Demokratie und Abrüstung, in: Otto Wilfert (Hrsg.), Lästige Linke. Ein Überblick über die außerparlamentarische Opposition der Intellektuellen, Studenten und Gewerkschafter, 3., verb. u. akt. Aufl. Mainz 1968, S. 93‒97, hier S. 93: „Der Ostermarsch ist ein Import aus England. In Deutschland sah man die erste Improvisation 1960. Nur rund 1000 Personen zogen damals durch Norddeutschland. 1967 beteiligten sich insgesamt etwa 150 000 im ganzen Bundesgebiet. Die Ostermarschierer galten jahrelang als die außerparlamentarische Opposition überhaupt. Sie hatten von Anfang an eine ‚schlechte Presse‘.“

[42] Im Gegensatz zu Völker und Weiland galt das Engagement von Gansberg und Hans-Wolf Jäger ausschließlich dem hochschulpolitischen Bereich. Jäger war nicht nur in der Assistentenbewegung, sondern auch für die SPD und die Gewerkschaft aktiv. Vgl. Jäger: Hölderlin-Edition an einer Gewerkschaftsuniversität, 2005, S. 110. Paul-Gerhard Völker wurde, nachdem er mit seiner Familie nach Berlin umgezogen war, Mitglied in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Aktion Liberaler Germanisten.

[43] apo press ‒ Informationsdienst für die Außerparlamentarische Opposition 1, 1968, Nr. 17, 23.9.1968, S. 7. ‒ Auf der Essener Aktionskonferenz vom 13./14.1.1968 wurde die Namenserweiterung „Kampagne für Demokratie und Abrüstung“ beschlossen. In der Folge wurde das Publikationsorgan Informationen zur Abrüstung (Nr. 1‒53, 1963‒1967) in Außerparlamentarische Opposition. Informationen für Demokratie und Abrüstung (Nr. 54‒71, 1968‒1969) umbenannt.

[44] Stadtarchiv München: Zeitgeschichtliche Sammlung 190/5. Vgl. Protest in München seit 1945 ‒ Flusslandschaft 1968: Notstandsgesetze, URL: http://protest-muenchen.sub-bavaria.de/artikel/374 (Juni 2012).

[45] Bundesvorstand des SDS [Hrsg.]: Demokratie vor dem Notstand. Protokoll des Bonner Kongresses gegen die Notstandsgesetze am 30. Mai 1965, Frankfurt am Main 1965. Kritik der Notstandsgesetze ‒ Kommentierungen. Mit dem Text der Notstandsverfassung. Beiträge von Dieter Sterzel, Roderich Wahsner, Otto Ernst Kempen, Reinhard Hoffmann, Hans Hermann Emmelius, Jürgen Seifert, Joachim Perels, Peter Römer, Frankfurt am Main 1968. Otto Wilfert: Literatur, in: ders. (Hrsg.), Lästige Linke. Ein Überblick über die außerparlamentarische Opposition der Intellektuellen, Studenten und Gewerkschafter, 3., verb. u. akt. Aufl. Mainz 1968, S. 165‒166. ‒ Siehe auch: Michael Schneider: Demokratie in Gefahr? Der Konflikt um die Notstandsgesetze: Sozialdemokratie, Gewerkschaften und intellektueller Protest (1958–1968) (Politik- und Gesellschaftsgeschichte; 17), Bonn 1986. Boris Spernol: Notstand der Demokratie. Der Protest gegen die Notstandsgesetze und die Frage der NS-Vergangenheit, Essen 2008.

[46] Stefan Hemler: Von der „Arbeitsgruppe für Fragen gewaltfreier Politik“ zur Basisgruppen-Bewegung: Erika und Paul-Gerhard Völker in der Linksdrift der 1960er-Jahre, URL: https://literaturkritik.de/public/artikel.php?art_id=1132&ausgabe=51 (7.7.2018).

[47] Gründungserklärung des Kuratoriums „Notstand der Demokratie“, München, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 12, 1967, 4, S. 423.

[48] Der Gründungsaufruf ist veröffentlicht in: Berliner Manuskripte 1, 1967, Nr. 1, 2.5.1967, S. 17. Michael Fischer: Horst Mahler. Biographische Studie zu Antisemitismus, Antiamerikanismus und Versuche deutscher Schuldabwehr, Karlsruhe 2015, S. 452. Vgl. auch Jörg Rainer Mettke: Der Club der Linken. Frei von Vereinsmeierei ‒ Wo man erfährt, was nicht in der Zeitung steht, in: Blickpunkt 12, 1967, Nr. 165, S. 20‒22. Nikolaus J. Ryschkowsky: Die linke Linke (Geschichte und Staat; 129/130), München, Wien 1968, S. 91. Das für 1968 angekündigte Buch „Die politischen Clubs in der Bundesrepublik und Westberlin“ von Thomas Schröder (80 Seiten, Barbara Asche Verlag für politische Texte, Mainz) ist nicht erschienen.

[49] Ossip K. Flechtheim (Hrsg.): Dokumente zur parteipolitischen Entwicklung in Deutschland seit 1945, 9 Bde., Berlin 1962‒1971. Ders.: „Du sollst nicht töten … “. Das Problem innerstaatlicher und zwischenstaatlicher Gewalttätigkeit und die Idee der Gewaltlosigkeit, in: Vorgänge. Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik 8, 1969, S. 41‒43. Ders.: Futurologie. Der Kampf um die Zukunft, Köln 1970 (2. Aufl. 1971; Neuausgaben Frankfurt am Main 1972 und Bonn, Berlin 1980).

[50] Johannes Agnoli: Die Transformation der Demokratie, Klagenfurt 1966. Ders., Peter Brückner: Die Transformation der Demokratie, Berlin 1967. Nach der Auflösung des Voltaire-Verlages erschien dieses Buch 1968 in der Europäischen Verlagsanstalt (Frankfurt am Main), 1971 im Verlag Die Fackel (Graz), 1990 im Ça ira-Verlag (Freiburg im Breisgau) und 2004 im Konkret-Literatur-Verlag (Hamburg).

[51] Ekkehart Krippendorff (Hrsg.): Friedensforschung (Neue wissenschaftliche Bibliothek; 29), Köln, Berlin 1968 (4. Aufl. 1974).

[52] Henning Marmulla: Das Kursbuch: Nationale Zeitschrift, internationale Kommunikation, transnationale Öffentlichkeit, in: Martin Klimke, ‎Joachim Scharloth (Hrsg.), 1968. Handbuch zur Kultur- und Mediengeschichte der Studentenbewegung, Stuttgart, Weimar 2007, S. 37–47.

[53] Ludwig-Maximilians-Universität München: Personen- und Vorlesungsverzeichnis für das Wintersemester 1970/71, München 1970, S. 289.

[54] In welcher Verbindung die angeführte AStA-Veranstaltung zu der folgenden Publikation von Klaus Novy steht, wäre zu klären: Wissenschaft und Kapital. Zur Grundlegung sozialistischer Hochschulpolitik, München: ROTZEG 1972. Der spätere Professor für Bauökonomie Klaus Novy (1944‒1991) schloss 1972 an der Universität Köln sein Studium der Volkswirtschaftslehre ab.

[55] Münchner Studentenzeitung (MSZ). Organ der Fachschaften und Basisgruppen, hrsg. von AStA-TU, AStA-Uni und AStA Kunstakademie 3, 1969, Nr. 6, 5.11.1969, S. 2.

[56] Richard Saage: Das „neue“ Demokratieverständnis im Zeichen der Außerparlamentarischen Opposition und der Studentenbewegung (Abendroth, Habermas, Agnoli, Scharpf), in: ders., Demokratietheorien. Historischer Prozess, technische Entwicklung, soziotechnische Bedingungen. Eine Einführung, Wiesbaden 2005, S. 273‒280, hier S. 276. Vgl. auch Johannes Agnoli: Autoritärer Staat und Faschismus, in: Detlev Claussen, Regine Dermitzel (Hrsg.), Universität und Widerstand. Versuch einer Politischen Universität in Frankfurt, Frankfurt am Main 1968, S. 45‒53. Ders.: 1968 und die Folgen (Gesammelte Schriften; 5), Freiburg im Breisgau 1998.

[57] Oskar Negt: Soziologische Phantasie und exemplarisches Lernen. Zur Theorie der Arbeiterbildung, Frankfurt am Main 1968 (7. Aufl. 1981). Lothar Hack, Oskar Negt, Helmut Reiche: Protest und Politik, Frankfurt am Main 1968. Oskar Negt: Politik als Protest. Reden und Aufsätze zur antiautoritären Bewegung, Frankfurt am Main 1971. Oskar Negt, Alexander Kluge: Öffentlichkeit und Erfahrung. Zur Organisationsanalyse von bürgerlicher und proletarischer Öffentlichkeit, Frankfurt am Main 1972 (8. Aufl. 1986). Oskar Negt: Achtundsechzig. Politische Intellektuelle und die Macht, Göttingen 1995 (4. Aufl. 2008; Neuausgabe Göttingen 2016).

[58] Elmar Altvater: Gesellschaftliche Produktion und ökonomische Rationalität. Externe Effekte und zentrale Planung im Wirtschaftssystem des Sozialismus, Frankfurt am Main, Wien 1969. Altvater ist Mitbegründer des Periodikums Probleme des Klassenkampfs. Zeitschrift für politische Ökonomie und sozialistische Politik (1‒5, 1971‒1975), Fortsetzung unter dem Titel Prokla. Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft, hrsg. von der Vereinigung zur Kritik der Politischen Ökonomie e. V. (6, 1976‒). Vgl auch Elmar Altvater, Nele Hirsch, Gisela Notz, Thomas Seibert: „Die letzte Schlacht gewinnen wir!“ 40 Jahre 1968 – Bilanz und Perspektiven, Hamburg 2008.

[59] Hans-Jürgen Krahl: Konstitution und Klassenkampf. Zur historischen Dialektik von bürgerlicher Emanzipation und proletarischer Revolution. Schriften, Reden und Entwürfe aus den Jahren 1966‒1970, Frankfurt am Main 1971 (5. Aufl. 2008). Wolfgang Kraushaar (Hrsg.): Frankfurter Schule und Studentenbewegung. Von der Flaschenpost zum Molotowcocktail 1946‒1995, Bd. 2: Dokumente, Hamburg 1998, siehe Register. Vgl. auch: Perspektiven der Krahl-Forschung ‒ eröffnet am Beispiel der bisher unveröffentlichten Exzerpte zu Jean Pauls Titan, URL: http://www.hjki.de/krahl_referat.html (27.6.2007).

[60] Studentenbewegung 1967‒69. Protokolle und Materialien. Hrsg. und eingeleitet von Frank Wolff und Eberhard Windaus, Frankfurt am Main 1977.

[61] Karl Dietrich Wolff (* 1943), auch: KD Wolff, Bruder des Musikers Frank Wolff (* 1945). Vgl. Karl Dietrich Wolff: Tricontinental. Eine Auswahl 1967‒1970, Frankfurt am Main 1970. Ders. (Hrsg.): Terz. Ein Lesebuch. 30 Jahre Stroemfeld/Roter Stern 1970‒2000, Frankfurt am Main, Basel 2000. [Ders. (Hrsg.):] Das Räuberbuch. Die Rolle der Literaturwissenschaft in der Ideologie des deutschen Bürgertums am Beispiel von Schillers Die Räuber (Lernen subversiv; 3), Frankfurt am Main 2005. Ders.: „… nur eine einzige Wissenschaft, die Wissenschaft der Geschichte … “, in: Wolfgang Emmerich, Eva Kammler (Hrsg.), Literatur, Psychoanalyse, Gender. Festschrift für Helga Gallas, Bremen 2006, S. 19‒28. Ders.: Zur Rolle des SDS und seiner internationalen Kontakte in den 1960er Jahren, in: Marcus Hawel, Helmut Heit, Gregor Kritidis, Utz Anhalt (Hrsg.), Politische Protestbewegungen. Probleme und Perspektiven nach 1968, Hannover 2009, S. 56‒63. Ders.: Gespräch über die Anfänge der Frankfurter Hölderlin-Ausgabe, Wolfram Groddeck und die politisch-kulturellen Bedingungen für historisch-kritische Ausgaben, in: Der Witz der Philologie. Rhetorik ‒ Poetik ‒ Edition [Festschrift für Wolfram Groddeck zum 65. Geburtstag], Frankfurt am Main, Basel 2014, S. 354‒371.

[62] Huberplan, in: SDS-Informationen 9, 1969, Nr. 18, S. 25‒38. Die anonyme Erscheinungsweise scheint die 68er-Chronisten davon abgehalten zu haben, den Text zu rezipieren.

[63] apo press ‒ Informationsdienst für die Außerparlamentarische Opposition 2, 1969, Nr. 22, S. 20.

[64] Münchner Studentenzeitung (MSZ). Organ der Fachschaften und Basisgruppen, hrsg. von AStA-TU, AStA-Uni und AStA Kunstakademie 3, 1969, Nr. 5, 29.10.1969, S. 1.

[65] Achim Bergmann, Herbert L. Fertl: Zur Apathie des neuesten Kritizismus, in: Wilfried F. Schoeller (Hrsg.), Die neue Linke nach Adorno. Mit Beiträgen von Johannes Agnoli, Achim Bergmann, Frank Böckelmann, Konrad Boehmer, Hildegard Brenner, Peter Brückner, Herbert L. Fertl, Otto F. Gmelin, Hans Heinz Holz, Hartmut Lück, Hans N. Schmidt, Otto Karl Werckmeister und einer Erklärung der Frankfurter Schüler, München 1969, S. 38‒54. Herbert L. Fertl: Grundprobleme einer revolutionären Theorie, in: Münchner Studentenzeitung (MSZ). Organ der Fachschaften, Basisgruppen und roten Zellen, hrsg. von AStA-TU, AStA-Uni und AStA Kunstakademie 4, 1970, Nr. 4, 22.4.1970, S. 1.

[66] Ludwig-Maximilians-Universität München: Personen- und Vorlesungsverzeichnis für das Sommersemester 1970, München 1970, S. 34.

[67] Brief von Marie Luise Gansberg an Eva D. Becker, Heidelberg, 1.5.1964.

[68] Jürgen Habermas: Grossherzige Remigranten, in: Neue Zürcher Zeitung 232, 2011, Nr. 152, 2.7.2011, S. 61. Vgl. Franz Walter: Weigerung und Eschatologie. Die neue Linke entdeckte den alten Herbert Marcuse, in: Robert Lorenz, Franz Walter (Hrsg.): 1964 ‒ das Jahr, mit dem „68“ begann (Studien des Göttinger Instituts für Demokratieforschung zur Geschichte politischer und gesellschaftlicher Kontroversen; 7), Bielefeld 2011, S. 149‒168, hier S. 151.

[69] Auch Werner Weiland war seinem akademischen Lehrer Friedrich Sengle, der 1959 Marburg zugunsten einer Berufung nach Heidelberg verließ, nachgezogen, wo er 1960 heiratete und laut Auskunft von Heinrich Brinkmann zeitweilig im selben Haus zur Miete wohnte wie Jürgen Habermas mit seiner Familie.

[70] Brief von Marie Luise Gansberg an Eva D. Becker, Heidelberg, 25.1.1965. Vgl. Brief von Marie Luise Gansberg an Eva D. Becker, Heidelberg, 17.1.1965: „Liebe Eva, wenn ich mein Geld nicht etwas zusammenhalten müßte (München-Übersiedlung! Bücher-Käufe! Hofmannsthal-Ausgabe, Sozialismus-Literatur, usw.) [.. ]“.

[71] Brief von Marie Luise Gansberg an Eva D. Becker, Heidelberg, 21.2.1965. Vgl. Katja Nagel: Die Provinz in Bewegung. Studentenunruhen in Heidelberg 1967‒1973, Heidelberg, Ubstadt-Weiher, Neustadt an der Weinstraße, Basel 2009.

[72] Habermas war 1961‒1964 außerordentlicher Professor an der Universität Heidelberg.

[73] Vgl. Brief von Marie Luise Gansberg an Eva D. Becker, Heidelberg, 17.1.1965: „ Hörte heute nachmittag einen Vortrag von Bloch im Radio (Südwestfunk, glaube ich) über das Niveau im Kunstwerk oder so. Er ist nun ganz auf die Adorno’sche Ästhetik eingeschwenkt, die neueste absurde und abstrakte Literatur betreffend ‒ gedeutet als Protest und notwendige Verfremdung der verkehrten Welt (wogegen sich Lukács ja immer noch sträubt). Die Kraft und Härte seiner Redeweise immer wieder erfrischend.“

[74] zZ = zur Zeit.

[75] Anspielung auf den Philosophen und Schriftsteller Ludwig Marcuse (1894 ‒1971), der Friedrich Nietzsche gegen seine Kritiker verteidigte. Vgl. Rudolf Walter Leonhardt: Dem ZEIT-Autor Ludwig Marcuse zum 90. Geburtstag. Ein Mensch als Philosoph, in: Die Zeit 39, 1984, Nr. 6, 3.2.1984, S. 41.

[76] Rd = Rundschau.

[77] Brief von Marie Luise Gansberg an Eva D. Becker, Heidelberg, 26.10.1964.

[78] Protest in München seit 1945 ‒ Materialien 1966: Sozialwissenschaftliche Reihe des SDS, URL: http://protest-muenchen.sub-bavaria.de/artikel/3728 (Februar 2013).

[79] Assistenten-Flugblatt Wi-Sem. 1968/69, 3 Blätter, hier Blatt 2. Privatbesitz Hans-Wolf Jäger, Bremen.

[80] apo press. Forum der Arbeiterbasisgruppen und der Lehrlinge, der sozialistischen Studenten & Schüler in München 2, Nr. 27/28, 28.10.1969, S. 1‒4.

[81] Beispiel: Christoph Kleßmann: 1968 ‒ Studentenrevolte oder Kulturrevolution?, in: Manfred Hettling (Hrsg.), Revolution in Deutschland? 1789‒1989, Göttingen 1991, S. 90‒105.

[82] Henri Lefèbvre: Probleme des Marxismus, heute, Frankfurt am Main 1964 (6. Aufl. 1971). Rudi Dutschke: Ausgewählte und kommentierte Bibliographie des revolutionären Sozialismus von K. Marx bis in die Gegenwart, Heidelberg, Frankfurt am Main, Hannover, Berlin 1969. Henning Vossberg: Studentenrevolte und Marxismus. Zur Marxrezeption in der Studentenbewegung auf Grundlage ihrer politischen Sozialisationsgeschichte, München 1979. Adelheid von Saldern: Markt für Marx. Literaturbetrieb und Lesebewegungen in der Bundesrepublik in den Sechziger- und Siebzigerjahren, in: Archiv für Sozialgeschichte 44, 2004, S. 149‒180.

[83] Marita Krauss: 1968 und die Frauenbewegung, in: Venanz Schubert (Hrsg.), 1968. 30 Jahre danach (Wissenschaft und Philosophie; 17), St. Ottilien 1999, S. 133‒162, hier S. 137.

[84] Anke Martiny: Die 68er als Großväter ‒ eine neue Art der Herausforderung, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 33, 1988, 5 („Aufbruch in die andere Republik? Kurzschlüsse und Langzeitwirkungen der 68er Bewegung“), S. 581‒584, hier S. 582.

[85] Gabriele Krämer-Prein: Frauenverlage in Deutschland [Folge 1]: Nein, militante Feministinnen sind sie nicht. Die „Frauenoffensive“ in München hat sich längst etabliert, in: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 33, 1977, 103/104, S. 6‒8. Die Frauenoffensive brachte unter anderem das Frauenoffensive Journal (Nr. 1‒12, 1974‒1978) und die Bibliografie von unveröffentlichten Arbeiten zu frauenspezifischen Themen. Diplom-, Magister, Seminar- u. Zulassungsarbeiten, Dissertationen und Referate, hrsg. von Monika Spazierer und Christine Dombrowski (1, 1976; damit Erscheinen eingestellt) in den Buchhandel.

[86] Frauenbuchverlage gab es schon vor 1974, vgl. Wolfgang Ehrhardt Heinold: Frauen im Verlagswesen, in: ders., Bücher und Büchermacher. Verlage in der Informationsgesellschaft, 5., völlig überarb. Aufl. Heidelberg 2001, S. 259‒260. Siehe auch: Sabine Koloch: Wissenschaft, Geschlecht, Gender, Terminologiearbeit ‒ Die deutsche Literaturwissenschaft, München 2017, S. 32: „Frauenbuchverlage — Unternehmen, die Bücher für weibliche Zielgruppen produzieren“.

[87] Protest! Literatur um 1968. Eine Ausstellung des Deutschen Literaturarchivs in Verbindung mit dem Germanistischen Seminar der Universität Heidelberg und dem Deutschen Rundfunkarchiv im Schiller-Nationalmuseum Marbach am Neckar, Marbach 1998, S. 528.

[88] Der Trikont-Verlag und einige Münchener Privatwohnungen, darunter die der Familie Völker, welche zu diesem Zeitpunkt politisch aktive Berliner Studierende beherbergte, waren am 24.9.1969 Zielobjekte polizeilicher Durchsuchungen. Vgl. Zerschlagt das bürgerliche Publikationswesen! Zur politischen Funktion der Trikont Verlags-Kooperative. Polizeirazzia vom 24. September 1969, München 1969. Siehe auch Uwe Sonnenberg: Von Marx zum Maulwurf. Linker Buchhandel in Westdeutschland in den 1970er Jahren, Göttingen 2016, S. 61.

[89] Emanzipation. Feministische Zeitschrift für kritische Frauen [Bern] 13, 1987, 6, S. 9.

[90] Frauenoffensive Gesamtprogramm 1990/91, [München 1991], unpag. [S. 16].

[91] Müßiggang ist aller Anfang Liebe (1980), Der Wolf und die Witwen (1981), Die ewige Schule (1982), Nachwort zu Christa Winsloes Roman Mädchen in Uniform (1983), Die himmlische und die irdische Geometrie (1983), Die Frau im Brunnen (1984), Beitrag zu der Festschrift Daß wir es bis hierher schaffen würden, hättest du das gedacht? Zum fünfundzwanzigjährigen Bestehen des Verlags Frauenoffensive (1999).

[92] Auskunft Steffen Käthner, Verwaltungsgeschäftsführer des BdWi.

[93] Anonym: Marburger Manifest / Hohe Blüte, in: Der Spiegel 22, 1968, Nr. 30, 22.7.1968, S. 29‒30 (die Unterzeichner des Marburger Manifestes verwehrten sich gegen studentische Mitbestimmung, woraufhin der Marburger Soziologe Werner Hofmann dazu aufrief, einen Bund demokratischer Wissenschaftler zu gründen).

[94] Blätter für deutsche und internationale Politik 13, 1968, 4, S. 1337‒1338.

[95] Mitglieder des Bundes Demokratischer Wissenschaftler (BDW) Stand 18.12.1968, in: BDW-Informationsblatt 1, 1968, Nr. 1, S. 18‒19, hier S. 18.

[96] Aufruf ‒ Bund demokratischer Wissenschaftler zu Kongreß und Mitgliederversammlung in Marburg/L. am 1/2. Juli 1972, abgedruckt unter anderem in: Alternative. Zeitschrift für Literatur und Diskussion [Berlin (West) 1964‒1982, Untertitel bis 1971] 15, 1972, 84/85, S. 161; Die Deutsche Universitätszeitung vereinigt mit Hochschul-Dienst [Bonn 1969‒1981] 28, 1972, S. 553; Kürbiskern. Literatur, Kritik und Klassenkampf [München 1965‒1987] 8, 1972, 3, S. 523; Sozialistische Politik (SoPo). Organ kritischer Sozialwissenschaft [Berlin (West) 1969‒1978] 4, 1972, 16‒21, S. 82; Vorgänge. Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik [Berlin (West) 1962‒] 11, 1972, S. 181. Vgl. Richard Löwenthal: Die „Einheitsfront“-Demokraten der Wissenschaft, in: Die Deutsche Universitätszeitung vereinigt mit Hochschul-Dienst 28, 1972, S. 553. Löwenthal war Mitglied des Gründungskomitees des BFW (Bund Freiheit der Wissenschaft). 1978 trat er mit der Begründung aus, der BFW habe sich zur Vorfeldorganisation der CDU entwickelt. ‒ Vgl. Johannes T. Theissen: Die Rolle der Interessenverbände im Hochschulbereich unter besonderer Berücksichtigung von „Bund Freiheit der Wissenschaft“ und „Bund demokratischer Wissenschaftler“, Bonn 1984. Till Kinzel: Der „Bund Freiheit der Wissenschaft“ und die „Notgemeinschaft für die freie Universität“ im Widerstand gegen die Achtundsechziger, in: Hartmuth Becker (Hrsg.), Die 68er und ihre Gegner. Der Widerstand gegen die Kulturrevolution, Graz, Stuttgart 2003, S. 112‒136.

[97] Georg Fülberth: BdWi ‒ Vierzig Jahre „Extremistenerlass“, URL: http://www.bdwi.de/forum/archiv/archiv/5670826.html#f1 (3.4.2012). Vgl. [Jutta von Freyberg:] Protokoll des Kongresses „Wissenschaft und Demokratie“. Veranstaltet vom Bund Demokratischer Wissenschaftler, von der Bundesassistentenkonferenz, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sowie dem Verband Deutscher Studentenschaften am 1. u. 2. Juli in Marburg, Köln 1973. Helmut Ridder: Juristische Tragweite und politische Implikationen des SDP-Beschlusses von Hannover, in: Horst Bethge, Erich Roßmann (Hrsg.), Der Kampf gegen das Berufsverbot. Dokumentation der Fälle und des Widerstandes, Köln 1973, S. 78‒79. Ders., Karl-Heinz Ladeur: Das sogenannte politische Mandat von Universität und Studentenschaft. Rechtsgutachten, Köln 1973 (2. Aufl. 1976). Ders.: Die soziale Ordnung des Grundgesetzes. Leitfaden zu den Grundrechten einer demokratischen Verfassung, Opladen 1975.

[98] Ludwig Huber: 40 Jahre Kreuznacher Hochschulkonzept, in: Das Hochschulwesen (HSW). Forum für Hochschulforschung, -praxis und -politik 56, 2008, 4, S. 105‒110, hier S. 105 (darin S. 110 die ältere Forschungsliteratur zur BAK). An der konstituierenden Sitzung der BAK nahmen Delegierte aus über 40 westdeutschen Hochschulen teil.

[99] Als Informationsquelle diente mir die „Website BAK ‒ GhK Bundesassistentenkonferenz Dokumentation 1“, zugänglich über den Wikipedia-Artikel zur Bundesassistentenkonferenz. In die BAK-Vorstände wurden zwei Frauen gewählt, die Erziehungswissenschaftlerin Barbara Schaeffer und die Psychologin Ulrike Schott.

[100] Vgl. auch die Mitteilungen der Bundesassistentenkonferenz (Nr. 1‒23, 1968‒1974).

[101] Wolfgang Dittmann, Hubertus Fischer, Dieter Kartschoke, Erika Kartschoke, Irmela von der Lühe, Werner Röcke, Klaus Tuch, Paul Gerhard Völker, Sabine Zurmühl: Reformierte Altgermanistik. Bericht über ein Grundstudienmodell am Germanistischen Seminar der Freien Universität Berlin (FU-Pressedienst Wissenschaft. Informationen aus Lehre und Forschung an der FU Berlin; 3), Berlin 1972. Privatbesitz Klaus Tuch, Berlin.

[102] Nikolai Wehrs: Protest der Professoren. Der „Bund Freiheit der Wissenschaft“ in den 1970er Jahren (Geschichte der Gegenwart; 9), Göttingen 2014.

[103] E-Mail von Nikolai Wehrs an die Verf., Konstanz, 4.12.2017.

[104] Herbert Claas reichte seine Dissertation 1975 am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Universität Marburg ein. Die Druckfassung erschien im Suhrkamp-Verlag: Die politische Ästhetik Bertolt Brechts, Frankfurt am Main 1977. Vgl. auch Herbert Claas: Satirische Gesellschaftsromane mit historischem Stoff bei Lion Feuchtwanger, in: Lutz Winckler (Hrsg.) in Zusammenarbeit mit Christian Fritsch, Antifaschistische Literatur, Bd. 3: Prosaformen (Literatur im historischen Prozeß; Bd. 12), Königstein im Taunus 1979, S. 202‒226. Ders.: Psychologischer Familienroman in gesellschaftskritischer Absicht. Alfred Döblins Pardon wird nicht gegeben, in: Christian Frisch, Lutz Winkler (Hrsg.), Faschismuskritik und Deutschlandbild im Exilroman (Literatur im historischen Prozeß. Ansätze materialistischer Literaturwissenschaft. Analysen, Materialien, Studienmodelle N. F.; 2), Berlin 1981, S. 53‒64. Ders.: Die Grenzen der Verwertbarkeit des Proletariats. Brechts Traktate über Denkismus und Caesarismus, in: Brecht und Marxismus. Dokumentation (Schriftenreihe des Brecht-Zentrums der DDR; 4), Berlin 1983, S. 180‒189.

[105] Kreuznacher Hochschulkonzept. Reformziele der Bundesassistentenkonferenz. Ergebnisse einer Arbeitstagung in Bad Kreuznach, 28.8.‒3.9.1968 (Schriften der Bundesassistentenkonferenz; 1), Bonn [Oktober] 1968.

[106] Peter Hauck, Jürgen Lüthje: Wissenschaftsfreiheit durch Mitbestimmung. Gutachten. Stellungnahme der Beauftragten der BAK zu Verfassungsbeschwerden (Schriften der Bundesassistentenkonferenz; 9), Bonn 1970.

[107] E-Mail von Herbert Claas an die Verf., Dingolshausen, 23.1.2018.

[108] Christoph Oehler: Hochschulentwicklung der Bundesrepublik Deutschland seit 1945, Frankfurt am Main, New York/NY 1989, S. 229.

[109] Karl Otto Conrady: Germanistik in der Diskussion. Über einige Prinzipien der Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit, in: Die Zeit 20, 1965, Nr. 4, 29.1.1965, S. 11. Walter Boehlich: Der deutsche Germanistentag. Aufforderung, das Kind mit dem Bade auszuschütten, in: Die Zeit 21, 1966, Nr. 44, 28.10.1966, S. 10. Hans Thiel: Rückblick auf den Germanistentag ’66 in München, in: Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes 14, 1967, 4, S. 4‒5. Manfred Seidler: Aufstand gegen die Deutschtümelei. Nationalismus in der Literaturwissenschaft ‒ Germanisten stritten in München, in: Der Tagesspiegel 22, 1966, Nr. 6427, S. 4. Klaus Röther: Die Germanistenverbände und ihre Tagungen. Ein Beitrag zur germanistischen Organisations- und Wissenschaftsgeschichte, Köln 1980, S. 338‒345. Karl Otto Conrady: Miterlebte Germanistik. Ein Rückblick auf die Zeit vor und nach dem Münchner Germanistentag von 1966, in: Diskussion Deutsch 19, 1988, 100, S. 126–143. Ralf Klausnitzer: Endpunkte und Neuanfänge. Das Jahr 1966, in: Thomas Anz (Hrsg.), Handbuch Literaturwissenschaft, Bd. 3: Institutionen und Praxisfelder, Stuttgart, Weimar 2007, S. 141‒147. Ulrike Sell: Diskurse auf den Germanistentagen ‒ Was von den Hochschulgermanisten thematisiert wird und warum „Lehrerbildung, Fachdidaktik und Schule“ Nebendiskurse bleiben, in: dies., Germanistik nach 1966/68. Reflexionen über ein Fach zwischen Selbstauflösung und neuer Identität. Ausgewählte Positionen und Strategien aus dem Elfenbeinturm, Berlin 2016, S. 275‒308 (die CD-ROM-Fassung erschien bereits 2006). Klaus-Michael Bogdal: „Die gute und die bessere neue Zeit“. Die Germanistik besichtigt ihre Vergangenheit, in: Konrad Ehlich (Hrsg.), Germanistik in und für Europa. Faszination ‒ Wissen. Texte des Münchener Germanistentages 2004, Bielefeld 2006, S. 153‒160. Nicole Colin: Germanistentag 1966, in: Torben Fischer, Matthias N. Lorenz (Hrsg.), Lexikon der „Vergangenheitsbewältigung“ in Deutschland. Debatten- und Diskursgeschichte des Nationalsozialismus nach 1945, 3., überarb. u. erw. Aufl. Bielefeld 2015, S. 153‒156.

[110] Walter Boehlich über Benno von Wiese: „Ich erzähle mein Leben“. Die bedingte Karriere, in: Der Spiegel 39, 1982, Nr. 26, 28.6.1982, S. 153‒155, hier S. 154.

[111] Möglicherweise zielt diese Aussage auf das Selbstverständnis der sogenannten bürgerlichen Wissenschaften und nicht auf die nationalsozialistische Steuerung der Wissenschaften. Vgl. Helmut Seiffert: Marxismus und bürgerliche Wissenschaft, München 1971. Michael Grüttner: Die nationalsozialistische Wissenschaftspolitik und die Geisteswissenschaften, in: Holger Dainat, ‎Lutz Danneberg (Hrsg.), Literaturwissenschaft und Nationalsozialismus (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur; 99), Tübingen 2003, S. 13‒39.

[112] Paul-Gerhard Völker: Die inhumane Praxis einer bürgerlichen Wissenschaft. Zur Methodengeschichte der Germanistik, in: Marie Luise Gansberg, Paul Gerhard Völker, Methodenkritik der Germanistik. Materialistische Literaturtheorie und bürgerliche Praxis, Stuttgart 1970, S. 40‒73, 140‒142, hier S. 140.

[113] Brief von Eva D. Becker an die Verf., St. Ingbert, 12.2.2018.

[114] Karl Heinz Borck, Rudolf Henß (Hrsg.): Der Berliner Germanistentag 1968. Vorträge und Berichte, Heidelberg 1970.

[115] Protokoll von Eva D. Becker zum Deutschen Germanistentag in Berlin 7.‒12.10.1968, 3 Schreibmaschinenseiten. Privatbesitz Eva D. Becker, St. Ingbert.

[116] Walter Boehlich: Von, für und über Germanisten. Der Berliner Germanistentag. Studenten bestimmten die Spielregeln, in: Die Zeit 23, 1968, Nr. 42, 18.10.1968, S. 24. Ders.: Der deutsche Germanistentag. Oder: Lehren aus einem unfreiwilligen Lernprozeß, in: Die Zeit 23, 1968, Nr. 43, 25.10.1968, S. 22‒23.

[117] Anonym: Verlage / Suhrkamp. Revolte der Zehn, in: Der Spiegel 22, 1968, Nr. 47, 18.11.1968, S. 210, 212.

[118] Nicolas Pethes: Literatur und Wissenschaftsgeschichte. Ein Forschungsbericht. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 28, 2003, 1, S. 118–231, darin S. 128: „Durch Artikel von Rudolf Walter Leonhardt und Walter Boehlich in der Zeit wurde ‒ im Vergleich zu anderen Fächern sehr früh ‒ schon Ende der fünfziger Jahre die Rolle der Germanistik im Nationalsozialismus thematisiert.“

[119] Bernd Dammann: Totengräber der Germanistik ‒ Lebendig! Zur Arbeitskonferenz des SDS in Frankfurt. Strategie und Taktik der Germanisten, in: Linguistische Berichte. Forschung, Information, Diskussion 1, 1969, 3, S. 61‒66.

[120] Jürgen Sternsdorff: Germanistik und … und… und… Der Berliner Germanistentag aus der Perspektive der Studenten gesehen, in: Die Zeit 23, 1968, Nr. 43, 25.10.1968, S. 23‒24, hier S. 23. Vgl. auch Jürgen Sternsdorff, Bernd Dammann: Was heißt – Politisierung der Germanistik?, in: Verband Deutscher Studentenschaften (Hrsg.), Emanzipation oder Disziplinierung. Zur Studienreform 1967/68. Zusammengestellt von Thomas Kieselbach und Peter Marwedel, Köln 1969, S. 111–118.

[121] Resolution der Delegiertenversammlung der Fachschaften und Basisgruppen Germanistik in Frankfurt am Main, 5.‒7.7.1968, 1 Schreibmaschinenseite. Privatbesitz Eva D. Becker, St. Ingbert. Für die Resolution stimmten Heidelberg, Saarbrücken, Münster, Göttingen, München, Hannover, Tübingen, Berlin, Frankfurt, Kiel, Bonn, Freiburg, Gießen, Marburg, bei drei Gegenstimmen. ‒ Die Resolution wird vollständig wiedergegeben von Hartmut Kugler: Im Nachlaß nachgelesen: Berliner Germanistentag ‒ Notstandsgermanistik ‒ Deutschunterricht. Eine Dokumentation, in: Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes 46, 1999, Heft 1: 1968 und die Germanistik. Eine Nachlese [hrsg. vom Deutschen Germanistenverband, Fachgruppe Hochschule. Verantwortlich für dieses Heft: Petra Boden und Hartmut Kugler], S. 80‒122, hier S. 88‒90. Vgl. auch Wolfgang Martens: Vor vierzig, dreißig und zwanzig Jahren. Erinnerungen eines Germanisten, in: Jahrbuch des Wiener Goethe-Vereins 94, 1990, S. 203‒233, hier S. 219.