Marie Luise Gansbergs Weg zum Feminismus

Ein bedrückend später Aufklärungsversuch

Von Sabine KolochRSS-Newsfeed neuer Artikel von Sabine Koloch

Inhalt

Einleitung: Aus den rauchenden Trümmern hat sich ein Plan B gerettet
1. Wann und wo Gansberg mit feministischer Literatur, Feministinnen und der neuen Frauenbewegung in Berührung kam
     1.1. Eine Nonkonformistin betritt die Welt
     1.2. Die Inkubationszeit
2. „Women’s Studies / feministische Literaturwissenschaft“ in Lehre und Forschung
     2.1. Kursänderung im Lehrangebot
     2.2. Einrichtung des Sammelschwerpunkts Frauenforschung in der Seminarbibliothek am Krummbogen
     2.3. Auf Spurensuche: die Betreuerin und die Gutachterin
     2.4. Bibliographie der Schriften Gansbergs
3. Denn sie wissen, was sie tun ‒ Universitäten auf Abwegen
     3.1. Versteckspiel der Gefühle?
     3.2. Wie und warum an Universitäten Begabungen vernichtet werden ‒ ein tabuisierter Tatbestand
Statt eines Schlussworts: Was machte Marie Luise Gansberg so einzigartig?
Anhang: Inhaltsverzeichnisse der Ringvorlesung „Frau und Wissenschaft“ Marburg, Wintersemester 1978/79 bis Sommersemester 1981

Der Beitrag ist auch als pdf-Datei unter der Adresse
https://literaturkritik.de/public/Koloch_Gansberg-Feministin.pdf
zugänglich.

Einleitung: Aus den rauchenden Trümmern hat sich ein Plan B gerettet

Der von langer Hand eingeplante Projektbeitrag „Marie Luise Gansberg ‒ ihre Beiträge zur Feministischen Literaturwissenschaft“, zugesagt von Madeleine Marti, kam inhaltlich nicht zustande. Der vorliegende Aufsatz kann die Lücke nur zum Teil schließen. Eine ausführliche und einordnende Auseinandersetzung mit den Schriften von Gansberg stellt weiterhin ein Desiderat dar.

Im Unterschied zu Madeleine Marti (* 1957), die 1991 bei Gansberg promovierte und 2003 einen autobiografisch gefärbten Nachruf auf sie schrieb,[1] bin ich keine Zeitzeugin und auch keine Vertreterin der Forschungsrichtung „Feministische Literaturwissenschaft“. In meiner Abhandlung über Terminologiearbeit unterscheide ich selbst ‒ zugunsten von ergebnisoffener Forschung und von begrifflicher Präzision[2] ‒ zwischen „Literaturwissenschaftlicher Frauenforschung“[3], „Literaturwissenschaftlicher Männerforschung“[4], „Literaturwissenschaftlicher Transforschung“[5], „Literaturwissenschaftlicher Geschlechterforschung“[6] und „Literaturwissenschaftlicher Genderforschung“[7].

1. Wann und wo Gansberg mit feministischer Literatur, Feministinnen und der neuen Frauenbewegung in Berührung kam

1.1. Eine Nonkonformistin betritt die Welt

1959, also in der Phase des Promovierens, legte Gansberg ein Fotoalbum mit dem Titel „‚Retrospektiven‘ oder: eine kleine Familien-Chronik“ an.[8] Die erste Aufnahme, auf der Marie-Luise zu sehen ist, entstand im Fotostudio (Aufnahme: Eva Weichgerber, Bremen). Es zeigt die Einjährige in einem ärmellosen weißen Kleidchen, im Sitzen spielend. In Großbuchstaben fügte Gansberg am oberen rechten Rand den auf ihr Geburtsjahr gemünzten Satz ein: „Das Jahr neunzehnhundertdreiunddreißig (1933) lässt das tausendjährige Reich anbrechen…“. Unter dem Foto des fröhlich lachenden Kindes der Kommentar: „…aber auch ein lustiger Zeitgenosse betritt die Welt: Ich.“ Es folgen Privataufnahmen ‒ Einzel- und Gruppenfotos ‒ aus der frühen Kindheit, dann eine Außenaufnahme der Oberschule für Mädchen an der Karlstraße in Bremen, wo Marie-Luise 1953 die Reifeprüfung ablegte. Auf der leeren Albumseite gegenüber der selbstironische Kommentar: „Faul, verstockt und voll liederlichen Hohns über das Ganze…so saß ich die Jahre ab…“.

Marie-Luise wuchs bis zum 16. Lebensjahr als Einzelkind auf. Im Lebenslauf für die Reifeprüfung, verfasst am 1.12.1952, umreißt die Schülerin ihre aktuelle Familiensituation mit den nüchternen Worten: „Im Juli 1948 starb meine Mutter. Im Oktober 1949 verheiratete sich mein Vater wieder. Meine Stiefmutter hat eine Tochter aus 1. Ehe, die zwei Jahre älter ist als ich.“[9] Aus dem gleichen Anlass verfasste ihre Lehrerin für Deutsch und Englisch, Gertrud Tiersch, Charakteristiken der Schülerinnen aus Klassenstufe 13. Hier in Auszügen die Personenbeschreibung der 19-jährigen Abiturientin Gansberg:

8.  M A R I E   L U I S E   G A N S B E R G  ist in einem Maße zurückhaltend und verschlossen, dass es den meisten Lehrern kaum gelingt, Fühlung mit ihr zu gewinnen. […]
Vom Deutschunterricht aus läßt sich sagen, daß sie weitausgedehnte geistige Interessen hat, sie ist sehr belesen, nicht nur in der deutschen, sondern auch in der ausländischen Literatur, ihre Aufsätze beweisen, dass sie diese Anregungen geistig bewältigt hat, sie zeigen auch, dass sie ein feines künstlerisches Einfühlungsvermögen[10] besitzt, nur entspricht der Mangel an straffer, gedanklicher Formung der körperlichen und willensmäßigen Schlaffheit, die für diese Schülerin so bezeichnend ist.[11] Die Klasse schätzt sie wegen ihrer geistigen Interessen und ihrer zurückhaltenden, aber sachlichen Einstellung zu Menschen und Dingen.[12]

Die Vermutung bietet sich an, in der Lektüre von ausländischer, insbesondere amerikanischer Literatur[13] eine der Wurzeln für Marie-Luises spätere Entwicklung zur Feministin zu sehen, da seitens der Mutter, der Stiefmutter und der Stiefschwester ‒ diese heiratete früh und war Mutter zweier Söhne ‒ allem Anschein nach keine feministischen Impulse auf die Heranwachsende einwirkten. Dagegen erhob Eva D. Becker (* 1934) den Einwand, aufgrund der Schulform Mädchenoberschule habe Gansberg über einen langen Zeitraum hinweg Frauen weit weniger interessant gefunden als Männer.

Eva D. Becker und Gansberg gingen in die gleiche Klasse, waren jedoch während der Jahre des Schulbesuchs nicht miteinander befreundet. Erst seit dem gemeinsamen Germanistikstudium in Marburg kam es zwischen den beiden zu einem engeren Kontakt. Mitte der 1990er-Jahre brach Gansberg den Kontakt zu Becker stillschweigend ab.[14]

1.2. Die Inkubationszeit

Gansberg wählte, als sie sich nach einer einjährigen Handelsschulausbildung für ein Hochschulstudium entschied, die Fächerkombination Germanistik, Anglistik und Sozialwissenschaften. Das Studium der Sozialwissenschaften vermittelte ihr die für eine zukünftige Feministin zentrale Fähigkeit, Machtverhältnisse und -beziehungen zu analysieren und zu hinterfragen. Begriffe wie Emanzipation, Rolle, soziale Ungleichheit, sozialer Wandel, Sozialisation, Verhaltensmuster sind aus den heutigen Forschungsgrundausrichtungen Frauen-, Männer- und Transforschung[15] nicht mehr wegzudenken. Viele dieser Wörter verdanken ihre „steile Karriere“ nicht zuletzt der Soziologie.

Während ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin in Heidelberg 1962‒1965 entdeckte Gansberg Marx und Habermas für sich. Im Wintersemester 1964/65 luden SDS-Mitglieder sie zur Diskussion ein. Aber erst in München geriet sie nachweislich unter den Einfluss von Feministinnen und der sich global vernetzenden neuen Frauenbewegung.[16] Dies belegt ihr Kontakt zu Erika Völker, die sich unter anderem für die Ziele der Weltorganisation der Mütter aller Nationen (W.O.M.A.N.) engagierte.[17] Die gebürtige West-Berlinerin nahm in den frühen 1960er-Jahren ein Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität München auf und heiratete als Studentin den germanistischen Mediävisten Paul-Gerhard Völker (1937-2011), der sich zu ihrem in Berlin lebenden Stiefvater, einem Marxisten, hingezogen fühlte.[18] Die Information, dass Gansberg mit der Frauenbewegung in München sympathisierte, geht auf Erika Völker zurück.

Friedrich Sengle, der Gansberg laut ihrer Aussage in Ermangelung einer männlichen Alternative 1962 zu seiner Assistentin machte,[19] war kein ausgewiesener Spezialist für Frauenliteratur. Soweit bekannt, promovierte nur einer seiner Schüler/innen über das Werk einer Autorin;[20] Sengles Biedermeierzeit stand im Hintergrund.[21]

Für die Jahre 1965 bis 1970 liegt im Dunkeln, ob Gansberg schon in diesem Zeitraum damit anfing, Klassikerinnen des Feminismus wie Virginia Woolfs A room of one’s own (1929) oder Simone de Beauvoirs Le deuxième sexe (1949) zu lesen[22]. Die ungünstige Quellensituation erklärt sich aus dem Umstand, dass 1965‒1967 sowohl Eva D. Becker als auch Gansberg in München berufstätig waren und von daher kein äußerer Anlass bestand, einander lange Briefe zu schreiben. Hinzu kommt, dass Gansbergs Privatbibliothek und ihre hand- und maschinenschriftlichen Aufzeichnungen, diese so wichtigen Quellen für ihre geistigen Interessen und ihre Persönlichkeitsentwicklung, nach ihrem Tod bis auf wenige Ausnahmen mit der Begründung weggeworfen wurden, die Verstorbene habe es so gewollt. Welcher Teil in Gansberg äußerte diesen Wunsch? Der verletzte Teil ihr ihr? Wer oder was hat Gansberg so sehr verletzt? Ich komme darauf weiter unten zurück.

Die hohe Wellen schlagenden Ereignisse im Zuge der 68er-Bewegung ließen Gansbergs Interesse an politisch reflektierten zeitgenössischen Schriftsteller/innen stetig zunehmen. Bei Recherchen stieß ich zufällig auf ein Plakat zu einer Münchener Literaturveranstaltung des Jahre 1968 (siehe die Abbildung weiter unten). Ich will weder behaupten noch kann ich beweisen, dass Gansberg genau dieses Plakat ganz bewusst wahrnahm, mittels des Ankündigungstextes lässt sich aber trefflich veranschaulichen, für wen und wofür Gansberg sich in dieser Lebensphase mehr und mehr zu öffnen begann.

Während ihrer Studienzeit war Bert Brecht einer von Gansbergs „top two“ (mit an der Spitze stand Thomas Mann, der wie Brecht Mitte der 1950er-Jahre starb).[23] Erst mit ihrer Hinwendung zu feministischen Autorinnen änderte sich dies. In ihrem Proseminar über Satiren 1967 behandelte Gansberg Texte von Reynke de Vos bis Brecht.[24] Im gleichen Jahr hielt sie im Rahmen des Ferienkurses des Goethe-Instituts für Deutschlehrer und Hochschulgermanisten aus dem Ausland eine 6-stündige Vorlesung über die „Lyrik Bertolt Brechts“.[25]

Plakat Vietnam & Deutschland, Quelle: http://www.posterpage.ch/exhib/ex197ess/ex197ess.htm.
Am Vortag der angekündigten Matinee war der Mordanschlag auf Rudi Dutschke verübt worden.

In Marburg stand Brecht mehrfach auf dem Programm (Brechts Prosa, Die Brecht-Lukács-Debatte, Brechts Stücke 1929‒1931, Brecht: Lyrik, Das Frauenbild Bertolt Brechts). Das Seminar zur Brecht-Lukács-Debatte[26] 1973/74 wird im Kommentierten Vorlesungsverzeichnis wie folgt angekündigt:

Die Brecht-Lukács-Debatte ist eine der wichtigsten Auseinandersetzungen der marxistischen Ästhetik. Sie wird geführt von Marxisten im Exil (in den Zeitschriften ‚Das Wort‘, ‚Internationale Literatur‘). Vorbereitet war sie schon vor 1933 in der Zeitschrift ‚Die Linkskurve‘ (Vgl. Helga Gallas, Marxistische Literaturtheorie. Sml. Luchterhand, 1971). – Diese literarische Debatte ist nicht zu trennen von der Kulturpolitik der KPD und der KPDSU. Die Volksfrontpolitik bringt die Diskussion um das ‚Kulturelle Erbe‘, das im Kampf gegen den Faschismus nutzbar zu machen ist, in ein neues, entscheidendes Stadium. Diese Diskussion ist bis heute aktuell. Stichworte für die Brecht-Lukács-Debatte werden sein: Realismus, Dekadenz, die Berechtigung des Gebrauchs von avantgardistischen Techniken, Widerspiegelungstheorie.

Arbeitsweise: Das Seminar kann nicht nur theoretisch diskutiert werden, sondern es muß immer wieder auf literarische Werke zurückgegangen werden, die Gegenstand der Debatte sind.
Literatur:
(in den Semesterferien zu lesen)
Lukács, Größe und Verfall des Expressionismus
Lukács, Es geht um den Realismus
Beide Aufs. in: Marxismus u. Literatur, hg. v. Fritz Raddatz, Bd. 2[27]

Auf der künstlerischen Veranstaltung „Vietnam & Deutschland“ wurden auch Texte von Enzensberger rezitiert. Zu Hans Magnus Enzensberger (* 1929) bot Gansberg 1970/71 ein im Vorlesungsverzeichnis nicht näher spezifiziertes Proseminar für Fortgeschrittene an.[28] Auch Texte von Christa Wolf (1929‒2011) waren Teil der Matinee. Zu Christa Wolf und zum literarischen Feminismus in der DDR veranstaltete Gansberg zwischen 1979 und 1993 eine Vielzahl von Seminaren (DDR-Prosa, Kindheitsmuster, Erzählprosa, Geschlechtertausch, Kassandra, Sommerstück). Die aus dem Exil heimkehrende Schauspielerin Therese Giehse (1898‒1975) machte auf Gansberg einen so tiefen Eindruck[29], dass sie Madeleine Marti zu einem ihrer Geburtstage die Biografie „Ich hab nichts zum Sagen. Therese Giehse. Gespräche mit Monika Sperr (1977) schenkte.[30]

Aus dem Ferienkurs 1966 des Goethe-Instituts ging Gansbergs zweite unselbständige Publikation hervor, betitelt Massenemigration deutscher Schriftsteller 1933‒47. Der Einführungscharakter tragende Zeitschriftenbeitrag ist in der Exilforschung unbekannt (er wurde von mir Anfang 2018 ermittelt).[31] Darin werden neben im Exil lebenden Schriftstellern auch Schriftstellerinnen angeführt (in Klammern die Zahl der Nennungen): Anna Seghers (8), Else Lasker-Schüler (4), Vicki Baum (1), Gina Kraus (1). Darüber hinaus findet die in „Hitlerdeutschland“[32] verbliebene Liebesromanautorin Hedwig Courths-Mahler Erwähnung. Aus dem Forschungs- und Dokumentationsbereich werden unter anderem mit Schriften aufgeführt: die Literaturwissenschaftlerinnen Hildegard Brenner (* 1929) und Helga Gallas (* 1940), die Soziologin Helge Pross (* 1927) und die Bibliothekarin Eva Tiedemann (1918-2000) (Deutsche Bibliothek Frankfurt am Main, Vorsitzende des Vereins der Diplom-Bibliothekare an wissenschaftlichen Bibliotheken in den Jahren 1962‒1966).

In den politisch turbulenten, nervenaufreibenden Jahren 1968‒1970 und vor allem auch nach dem Tod ihres geliebten Vaters am 4. Juli 1968 fehlte der sensiblen jungen Frau das Einfühlungsvermögen, die Anteilnahme und die Unterstützung einer Freundin, vielleicht auch einer Psychotherapeutin, jedenfalls einer Person, die vor der rebellischen, scharfzüngigen Gansberg nicht zurückschreckt und sie wieder und wieder ermutigt und ermahnt, ihre dunklen Gefühle ‒ Angst, Wut, Trauer, Enttäuschung ‒ zuzulassen und zum Ausdruck zu bringen. Gegen Ende ihrer Münchener Zeit muss Gansberg sich in solch großer seelischer Not befunden haben, dass sie das Wagnis Psychiatrie einging.[33]

2. „Women’s Studies / feministische Literaturwissenschaft“ in Lehre und Forschung

Seit dem 1.10.1970 hatte Gansberg an der Philipps-Universität Marburg eine Assistenzstelle inne.[34] Zur Akademischen Rätin wurde sie mit Wirkung vom 22.12.1970 ernannt,[35] zur H3-Professorin auf dem Wege der Überleitung am 1.10.1972.[36] Gansberg war bis 1992 die einzige Professorin auf einer unbefristeten Stelle am Institut.[37]

2.1. Kursänderung im Lehrangebot[38]

Das oben erwähnte Psychiatrieexperiment führte nicht zur erhofften gesundheitlichen Wiederherstellung. Erschließen lässt sich dieser Tatbestand unter anderem anhand der ärztlichen Atteste, die in Gansbergs Personalakte archiviert sind. Sie selbst thematisierte ihre gesundheitlichen Probleme in einem Bericht über ihre Forschungs- und Publikationstätigkeit, den das Universitätspräsidium von ihr erbat, nachdem sie 1983/84 ein Forschungssemester eingelegt hatte: „Die Frage nach der Liste der Veröffentlichungen seit 1972 muss sich leider erübrigen, da ich in der ersten Hälfte der 70er Jahre schwer erkrankt war und mich drei längeren Klinikaufenthalten (1972, 1975 und 1976) unterziehen musste. Meine Arbeitskraft in den folgenden Jahren konnte sich nur auf die Wahrnehmung der Lehrverpflichtungen richten.“[39]

Es ist davon auszugehen, dass Gansbergs Psychiatrieaufenthalte ihr Problembewusstsein für die „Lage der Frauen auf unserer Erde“[40] schärfte, für physische und psychische Gewalt gegen Frauen[41] und für Fragen der Sexualität[42] und der Emanzipation[43]. Ein Indiz dafür ist die Tatsache, dass sie 1984/85 zwei Seminare in Folge abhielt über „Die kranke Frau – Krankheit Frau“. Im Kommentierten Vorlesungsverzeichnis wird der Inhalt des Seminars wie folgt umrissen:

Dem historisch-gesellschaftlichen Vorgang des Ausschlusses der Frauen aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens und der Herrschaft entspricht die Ideologie der Minderwertigkeit/Sündhaftigkeit/Krankhaftigkeit des „Weibes“. Die Pathologisierung der Frau wird festgemacht an physiologischen Vorgängen wie Menstruation, Schwangerschaft, Wechseljahre und – vor allem: – an der weiblichen Sexualität. – Wir wollen in diesem Seminar die Vorurteilsstruktur „Krankheit Frau“ an Texten aus verschiedenen Wissenschaftszweigen studieren. Belege gibt es seit Aristoteles, eine besondere Häufung des Phänomens liegt in den Jahren zwischen 1850-1914.

Die medizinischen Disziplinen Psychiatrie und Gynäkologie sind besonders ergiebig. Grundlegend dazu die Aufsätze von Esther Fischer-Homburger, Krankheit Frau. Zur Geschichte der Einbildungen. SL 498, 1984. – Dann: die Hysterie-Studien von Freud und was dahinter steckt: Freud/Breuer, Studien über Hysterie (Fall Anna O. u.a.) 1895; Freud, Hysterie und Angst (Bruchstück einer Hysterie-Analyse – der Fall Dora), beides fi-tb.

Literarische Texte: Alexander Dumas, „Die Kameliendame“ (1848) – Verdi, „La Traviata“ (1853). Fontane, „Cecile“ (1887). Musil, „Tonka“ (1908-22 = Musil, Drei Frauen). Thomas Mann, „Tristan“ und „Die Betrogene“. Alles in Taschenbuchausgabe erhältlich.

Lesenswerte Analysen über den Zusammenhang Ideologie „Krankheit Frau“ und den konkreten Unterdrückungs- und Gewaltmechanismen der patriarchalischen Gesellschaft:
Phyllis Chessler, Frauen – das verrückte Geschlecht? Rowohlt, 1974
Barbara Ehrenreich/Deidre English, Hexen, Hebammen und Krankenschwestern, München, 5. Aufl. 1979
dies., Zur Krankheit gezwungen, München, 2. Aufl. 1980.[44]

Was mich sehr überraschte: 1972/73 erhielt Gansberg aus dem Kollegium einen Impuls in Richtung Aufbau eines Lehr- und Forschungsschwerpunktes „Women’s Studies / feministische Literaturwissenschaft“. Kollege Bänsch bot zwei Seminare in Folge über „Literatur der Frauenbewegung“ an.[45] An der Spitze des Instituts standen damals die Professoren Erich Ruprecht und Heinz Schlaffer, die Ratsstellen waren mit Dieter Bänsch, Gansberg, Jörg Jochen Müller und Reinhardt Habel besetzt, Lehrbeauftragte waren Günter Giesenfeld, Alfons Glück, Reinhard Görisch, Joachim Hintze, Hanno Möbius, Gerhardt Pickerodt, Hartmut Rosshoff und Werner Weiland. Interessantes Detail: Die Marburger Volkskundlerin Charlotte Oberfeld (1915‒1998) bot im Wintersemester 1972/73 ein Kolloquium über „Jugendliteratur“ an. Hätte Gansberg ihre Veranstaltungen zu „Theodor Fontane“ und zum „Vormärz“ aus gesundheitlichen Gründen nicht ausfallen lassen müssen, hätten sich unter den Lehrkräften dieses Studienhalbjahrs zwei Frauen befunden.

Dorothea Bänsch verdanke ich einige hilfreiche Hintergrundinformationen zu ihrem aus Niederschlesien stammenden Ehemann Dieter Bänsch (1925‒1995). Dieser wurde erst 1951 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen, war also ein Spätheimkehrer. 1969 promovierte er in Marburg bei Erich Ruprecht[46] über Else Lasker-Schüler (1869‒1945), eine Exilschriftstellerin.[47] Auslöser für Bänsch, Gansbergs 1970 eingereichte Bewerbung zu unterstützen, war das Erscheinen der Methodenkritik der Germanistik.[48] Bänsch lag an Veränderungen hin zu mehr Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit, daher hatte er die Studentenbewegung unterstützt. Durch mehr Forschung wollte er das Renommee des Marburger Instituts für „Neuere deutsche Literatur“ (NdL) (die Institutsbezeichnung geht auf ihn zurück, sie stellt einen Akt der Distanzierung von der Sprachwissenschaft dar) steigern.[49] Zwischen Bänsch und Heinz Schlaffer (* 1939) kam es in Berufungsfragen zu Spannungen. Letzterer hatte 1972 in Marburg seine erste Professur angetreten (ehemaliger Lehrstuhl Max Kommerell[50]) und wechselte bereits 1975 nach Stuttgart. 1974 gab Schlaffer in der Metzler-Reihe „Literaturwissenschaft und Sozialwissenschaften“ den Band Erweiterung der materialistischen Literaturtheorie durch Bestimmung ihrer Grenzen heraus, der neben der Einleitung des Herausgebers Beiträge enthält von Wolfgang Hagen, Heinz Brüggemann, Helmut Pfotenhauer, Hartmut Rosshoff, Gisbert Ter-Nedden und Hannelore Schlaffer. Gegen einen NdL-Professor erhoben Studentinnen Ende der 1970er-/Anfang der 1980er-Jahre den Vorwurf des Sexismus[51].[52] Ob der Vorwurf berechtigt war, sollten weiterführende Forschungen klären. Das Beispiel zeigt eindrücklich, wie lange die Sexismusdebatte, angeführt von solidarisch sich zusammenschließenden Frauen, die das Schweigen brachen, an Universitäten schon währt.[53]

Die neue Frauenbewegung[54] fand an der Philipps-Universität 1968 Einzug[55] und damit etwas früher als an der Justus-Liebig-Universität Gießen[56] ‒ Gansberg verlegte 1976 ihren Wohnsitz von Marburg nach Gießen.[57] 1978/79 wurde die erste Ringvorlesung zum Thema „Frau und Wissenschaft“ im deutschsprachigen Raum[58] durchgeführt (so mein Kenntnisstand), angeregt von der Marburger AStA-Frauengruppe und getragen vom AStA-Frauenreferat, der AStA-Frauengruppe und der Gruppe Marburg der Demokratischen Fraueninitiative (DFI) (siehe die Inhaltsverzeichnisse der Ringvorlesungen im Anhang dieses Beitrages). Die Kleine Geschichte der Institutionalisierung feministischer Wissenschaft im deutschsprachigen Raum, ein Informationsangebot des „Zentrums für Gender Studies und feministische Zukunftsforschung“, einer nicht unumstrittenen Einrichtung der Universität Marburg, gegründet 1999, rückt „feministische Wissenschaft“ in den Kontext von Institutionalisierungsprozessen, die Gansberg beobachtend mitverfolgen konnte[59]:

Die Feministische Wissenschaft und Gender Studies sind mittlerweile auch an deutschsprachigen Universitäten vielfältig verankert. Seit der Einrichtung der ersten Professuren für Frauen- und/oder Geschlechterforschung zu Beginn der 1980er Jahre haben sich immer mehr Universitäten und Fachdisziplinen der „feministischen Herausforderung“ (Schenk 1992) gestellt. Inzwischen sind über 100 Professuren in der Bundesrepublik für den Bereich Frauen- und/oder Geschlechterforschung voll- oder teil-denominiert und es existieren zahlreiche Zentren, Institute oder Forschungseinrichtungen und -gruppen, die sich disziplinär oder interdisziplinär der Erforschung von Geschlechterverhältnissen widmen.[60]

Das Zurücktreten der „Wissenschaft im strengeren Sinne“[61] gegenüber der Primärliteratur kennzeichnet die Mehrzahl der in den Kommentierten Vorlesungsverzeichnissen abgedruckten Lehrveranstaltungsbeschreibungen Gansbergs. Der Lehre wurde am Marburger Institut für Neuere deutsche Literatur in den 1970er-Jahren ein hohes Gewicht beigemessen. Die Ausbildung von Lehramtsstudierenden an Universitäten scheint Gansberg nie in Frage gestellt zu haben, obwohl es nicht zu den Kernaufgaben des schulischen Deutschunterrichts gehört, die Schüler/innen zu Literaturforscher/innen auszubilden, weshalb sich die Frage nach Sinn und Unsinn der Lehrer/innen-Ausbildung an Universitäten, zumal über das Grundstudium hinaus, berechtigterweise stellt.

1974/75 veranstaltete Gansberg ihr erstes Seminar zu einer einzelnen Schriftstellerin (Anna Seghers). Hierbei konnte sie auf ihrem Münchener Proseminar über „Emigranten-Literatur (1933‒45)“ aufbauen.[62] „In diesem Einführungsseminar“, heißt es im Kommentieren Vorlesungsverzeichnis, „soll versucht werden, eine Analyse des epischen Werkes der Seghers, das in der Weimarer Republik, im französischen und mexikanischen Exil und in der DDR entstanden ist, herzustellen. Neben den Romanen und Erzählungen sind ästhetische Äußerungen (z.B. Briefwechsel Seghers-Lukács), Artikel zum Tagesgeschehen u.a. heranzuziehen, die in 3 Bänden vorliegen (A. S., Über Kunstwerk und Wirklichkeit, Akademie Vlg, Berlin 1970/71).“[63]

Ich habe errechnet, dass in den Titeln der im Kommentierten Vorlesungsverzeichnis[64] aufgeführten Lehrveranstaltungen von Gansberg 18 Schriftstellerinnen namentlich genannt werden: Ingeborg Bachmann, Marie Luise Fleisser, Sarah Kirsch, Milena Jesenská, Irmgard Keun, Annette Kolb, Helga Königsdorf, Doris Lessing, Erika Mann, Irmtraud Morgner, Christa Reinig, Brigitte Reimann, Franziska zu Reventlow, Brigitte Schwaiger, Anna Seghers, Christa Wolf, Maxie Wander, Virginia Woolf.[65]

Die ersten zwei Lehrveranstaltungen Gansbergs, in denen die Wechselbeziehung von Literatur und Frauenemanzipation den alleinigen Gegenstand des Hochschulunterrichts bildeten, fanden in zwei Teilen 1975/76 und 1976 statt (Literatur und Frauenemanzipation, Frauenemanzipation II), allerdings fiel „Frauenemanzipation II“ wegen Krankheit aus.[66] Wohl aufgrund des großen Zulaufs, den das Proseminar „Probleme weiblicher Kunstproduktion“ 1978/79 fand,[67] fühlte Gansberg sich bestärkt, diese Richtung weiterzuführen und zu vertiefen. Die Schwerpunktverlagerung geht aus ihrem Antrag vom 6.1.1983 für ein Forschungssemester hervor: „Seit dem Winter 1976 bin ich mit der Einarbeitung in einen neuen Wissenschaftsbereich beschäftigt: Women’s Studies, hier: feministische Literaturwissenschaft. D.h. Diskussion der Probleme weiblicher Kunstproduktion, die u.a. Folgen gesellschaftlicher Unterdrückung und Ausschlusses sind, und Analyse der Werke weiblicher Schriftsteller des 20. Jahrhunderts (Schwerpunkt auf den Autorinnen Ingeborg Bachmann, Christa Reinig, Christa Wolf, Irmtraud Morgner, Sarah Kirsch). Im fiktionalen Spiel der Kunstproduktion wird Leiden, Unterdrückung sichtbar wie Widerstand, Aufbruchsfantasie.“ Die Kursänderung zugunsten der Forschungsrichtung „Feministische Literaturwissenschaft“ folgte jedoch nicht dem Gesetz der Ausschließlichkeit, das heißt neben Seminaren zu Frauenliteratur, Frauenthemen und feministischen Programmen und Theorien waren weiterhin Seminare zur „männlichen Kunstproduktion“ und zu geschlechtsneutralen Themen im Angebot, seltener Gegenstände, die der Geschlechterforschung zuzuordnen sind, wie etwa das Mittelseminar „Geschlechterbeziehungen in den Novellen Thomas Manns“ 1989.

Gansbergs Pionierarbeit auf Lehrveranstaltungsebene in Bezug auf die Forschungsrichtung „Feministische Literaturwissenschaft“ wird augenfälliger, wenn man das Erscheinungsjahr der ersten deutschsprachigen Veröffentlichung kennt, die im Titel eben diese Bezeichnung führt und sich zudem datenbankgestützt ermitteln lässt. Sie stammt von einer Anglistin:

Gudrun G. Boch: Feministische Literaturwissenschaft. Eine Bilanz und ein Plädoyer, in: Frauenstudien: Theorie und Praxis in den USA und Großbritannien (Gulliver. Deutsch-englische Jahrbücher; 10), Berlin: Argument-Verlag 1981, S. 38‒55.

Dass die USA das Ursprungsland der Women’s Studies waren, lässt sich an den folgenden Publikationen ablesen:

Roberta Salper: San Diego State 1970: The initial year of the nation’s first women’s studies program, in: Feminist Studies. An interdisciplinary journal [College Park/MD] 37, 2011, 3, S. 658–682.

Elaine Showalter: Women and the literary curriculum, in: College English. The official journal of the College Section National Council of Teachers of English [Urbana/IL] 32, 1971, S. 855–862.

1979 schuf Renate Möhrmann mit dem Aufsatz Feministische Ansätze in der Germanistik seit 1945[68] eine bahnbrechende Grundlage für die Anerkennung und breitere Wahrnehmung der Forschungsrichtung „Feministische Literaturwissenschaft“ besonders in Westdeutschland. 1977 hielt Gansberg erstmals ein Seminar ab, das im Titel das Wort „Feminismus“ führt. Den ersten Teil der Veranstaltung widmete sie dem literarischen Feminismus, einem Themenbereich der „Feminismusforschung in der Literaturwissenschaft“, so meine Bezeichnung für dieses Forschungsgebiet.[69] Im zweiten Teil stand die Psychoanalyse, von Gansberg als Theorie bezeichnet, auf dem Programm (der Begriff „Psychoanalyse“ bezeichnet eine auf das Unbewusste gerichtete Denkrichtung, eine psychologische Theorie, eine psychotherapeutische Schule und eine ambulante und klinische Therapieform). Die „Situation der Studentin an westdeutschen Hochschulen“ war und ist ein Untersuchungsgegenstand der Soziologie; bereits 1969 hatte Helge Pross auf die strukturelle Benachteiligung von Frauen und Mädchen im Bildungswesen hingewiesen[70]:

SE      Neuere Publikationen zur Frauenliteratur/Feminismus      GANSBERG

Mi 11-13                                        Kr A 108                               Beg.: 19.10.77

An Literatur, die von Frauen geschrieben worden ist, schlage ich vor: ein proletarisches Dokument – Agnes Smedley, Tochter der Erde (Reprint von 1929 – München 1976); das vieldiskutierte Buch der Feministin Verena Stefan, Häutungen (zur Kritik daran vgl. Kursbuch 47 „Frauen“); die Bestseller von Karin Struck, Klassenliebe (es 629), und Brigitte Schwaiger, Wie kommt das Salz ins Meer.

Theorie-Vorschlag: Janine Chasseguet-Smirgel (Hg.): Psychoanalyse der weiblichen Sexualität (es 697). Das Buch enthält die wichtigsten Ausführungen Freuds und seiner Epigonen über die weibliche Sexualität und die Kritik daran.

Weiterer Vorschlag: Literatur zur Situation der Studentin an westdeutschen Hochschulen.

Arbeitsweise, Organisation: Einzel- oder Gruppenreferate.

1978 erschien in Nummer 11 des Frauenoffensive Journals die „Deutsche Literaturliste“ (Redaktion: Luisa Francia).[71] Hierin steht der Sammelband der US-amerikanischen Frauenrechtlerin, Schriftstellerin und Literaturhistorikerin Susan Koppelman Cornillon exemplarisch für die „Feministische Literaturwissenschaft“. Die angeführte Doppelnummer 120/121 der von Hildegard Brenner herausgegebenen Alternative. Zeitschrift für Literatur und Diskussion ist betitelt: „Der andere Blick ‒ feministische Wissenschaft?“.[72] Heft 25 von Ästhetik und Kommunikation zum Thema „Frauen/Kunst/Kulturgeschichte“ enthält den bekannten Aufsatz Über die Frage: gibt es eine „weibliche“ Ästhetik? der Literaturwissenschaftlerin, Schriftstellerin und Essayistin Silva Bovenschen (1946‒2017)[73].

Die Bezeichnung „Feministische Literaturwissenschaft“ verwendete Gansberg in einem Seminartitel des Jahres 1992: „Einführung in das Studium der neueren deutschen Literatur (Feministische Literaturwissenschaft)“. Es sollte bei diesem einen Mal bleiben. Das Substantiv „Feminismus“ und das Adjektiv „feministisch“ tauchen in insgesamt sieben Seminartiteln auf:

Neuere Publikationen zur Frauenliteratur/Feminismus 1977/78
Neuerscheinungen Frauenliteratur/Feminismus 1983
Kolloquium über Neuerscheinungen zu Feminismus/Frauenliteratur 1986/86
Feministische Utopien von 1968 bis zur Gegenwart 1986/87
Grundlagentexte des Radikalfeminismus 1987/88
Einführung in das Studium der neueren deutschen Literatur (Feministische Literaturwissenschaft)
Alfred Döblin: Berlin „Alexanderplatz“ (Feministische Re-Lektüre I) 1992/93

Die Formulierung „feministische Re-Lektüre“ könnte von Sigrid Weigel (* 1950) übernommen worden sein,[74] andernfalls aus Schriften französischer Feministinnen (insbesondere Philosophinnen), wo „relecture féministe“ schon seit Anfang der 1980er-Jahre kursierte. Weigel habilitierte sich 1986 in Marburg über „Schreibweisen in der Gegenwartsliteratur von Frauen“. Als an der Universität Hamburg lehrende Habilitandin war sie eine sogenannte Externe. Gansberg gehörte der Marburger Habilitationskommission an und wies Weigel nach dem Habilitationsvortrag vor der Fakultät auf das Faktum hin, die erste Frau zu sein, die am Marburger Institut für Neuere deutsche Literatur habilitiert wurde.[75]

Hervorhebenswert erscheint mir Gansbergs Kolloquium über „Grundlagentexte zum Radikalfeminismus“ 1987/88. Der Ankündigungstext lautet:

Ich schlage vor, daß wir Mary Dalys Hauptwerk „GynÖkologie. Eine Meta-Ethik des radikalen Feminismus“, Frauenoffensive, München 1981, ins Zentrum unseres Nachdenkens stellen. Ihre beiden anderen Bücher (Jenseits von Gottvater, Sohn & Co, München 1980, und Reine Lust, Elementar-feministische Philosophie, München 1986) können natürlich gleichfalls herangezogen werden. Als zweiter Schwerpunkt kommt die Essay-Sammlung von Adrienne Rich und Audre Lorde infrage: Dagmar Schultz (Hg.), Macht und Sinnlichkeit. Ausgewählte Texte von A. Rich und A. Lorde, sub rosa Frauenverlag, Berlin 1983.[76]

Outete sich Gansberg mit dieser Lehrveranstaltung als Radikalfeministin? Hätte sie in diesem Fall nicht mit der Weiterführung ihrer Seminarangebote zu den „Men’s Studies“ aufhören und Männern den Zutritt zu ihren Seminaren verwehren müssen? (Eine solche Praxis hätte gegebenenfalls mit dem Grundgesetz kollidiert.) Nachweisen lässt sich, dass Gansberg für ihre seit 1979/80 relativ regelmäßig stattfindenden Examenskolloquien ein einziges Mal die männerausschließende Bezeichnung „Examensfrauen“ wählte, und zwar im Sommersemester 1988.[77] Fest steht auch: Auf der Publikationsebene war Gansbergs Hauptschwerpunkt seit ihrer Beschäftigung mit dem Werk von Christa Reinig die Literatur und Kultur von Lesben (zu Reinig veranstaltete sie 1982/83, 1985/86, 1988 und 1988/89 Seminare[78]). Madeleine Marti stellte mir gegenüber die Mutmaßung in den Raum, Gansberg könne mit ihrer Lehrveranstaltung „Grundlagentexte zum Radikalfeminismus“ unter den damaligen Hochschullehrerinnen in der Germanistik ganz alleine dagestanden haben. Die Überprüfung dieser wichtigen und interessanten Hypothese ist sehr forschungsintensiv und kann aus diesem Grund im Rahmen des vorliegenden Beitrages nicht geleistet werden.

Aufschlussreich in Sachen radikalfeministische Theorie ist auch die Mitteilung in Schriftform, die Gansberg 1987 im Rundbrief Frauen in der Literaturwissenschaft (Laufzeit: 1983‒1997) unter der Chiffre „Frauenforschung & Lehre am Institut für Neuere deutsche Literatur“ in Umlauf brachte. Darin bilanzierte sie die frauenforschungsbezogenen Inhalte ihrer Lehre, formulierte ein Forschungsprogramm der Zukunft und benannte ihre Pläne in Lehre und Forschung. Die Rundbrief-Mitteilung liefert den Nachweis, dass Gansbergs Mitwirkung am Auf- und Ausbau der Forschungsrichtung „Feministische Literaturwissenschaft“ über Marburg hinaus wahrgenommen wurde. Dass der Mitteilungstext, durch den Gansbergs Stellung als Pionierarbeiterin offenkundig wird,[79] ganz konkret Wirkung entfaltete, belegt der Fall Madeleine Marti, die sich aufgrund der Rundbrief-Nachricht bei Gansberg meldete und so zu einer fachlich eingearbeiteten Doktormutter kam:

UNIVERSITÄT MARBURG
FRAUENFORSCHUNG & LEHRE AM INSTITUT
FÜR NEUERE DEUTSCHE LITERATUR

Marie Luise Gansberg

Stand: In den vergangenen Jahren habe ich Seminare angeboten zu folgenden Themen: Frauenbewegung und Frauenbilder i. d. Literatur des dt. Kaiserreichs. Hedwig Dohm. Anette Kolb. Franziska von Reventlow. ‒ Frauenbilder in der Literatur der Weimarer Republik. Das Frauenbild Brechts.
Ein Hauptschwerpunkt war die Literatur weiblicher Autoren aus Österreich, der BRD und der DDR (Bachmann, Reinig, Kirsch, Morgner, Reimann, Wolf, usw).
Ein zweisemestriges, interdisziplinäres Projekt „Die kranke Frau ‒ Krankheit Frau“.
Feministische Utopien seit 1968.
Turnusmäßig Grundkurs „Probleme weiblicher Kunstproduktion“.
Aus diesen Themenbereichen sind Staatsexamens-, Magister-, Doktorarbeiten hervorgegangen.

Probleme: Es scheint mir wichtig, theoretische Arbeiten von US-Feministinnen wie Mary Daly, Adrienne Rich, u.a. für die Theoriebildung der feministischen Literaturwissenschaft in der BRD nutzbar zu machen. D.h. konkret: die unterschlagene Tradition von unabhängigen, alleinstehenden Künstlerinnen ‒ Dalys „Häxen“, „Orones“, „Spinsters“ ist zu entdecken.
Oder: „Zwangsheterosexualität“ und „Mutterschaft“ sind als politische Institutionen zu analysieren und in ihrer Wirkung auf Kreativität von Frauen zu untersuchen.
Oder: das mögliche „Doppelleben“ von Künstlerinnen, die teils in der traditionellen Rolle leben, teils eindeutig frauenidentifiziert sind ‒ Rich’s „lesbisches Kontinuum“ müßte stärker in unseren Blick kommen.

Pläne: Meine Pläne in Lehre und Forschung gehen in diese Richtung. Ich arbeite an einem Manuskript über Christa Reinig und habe ein Projekt „‚Unnütze Frauen‘ ‒ Alleinstehende, Spinster, Alte Frau, Lesbierin ‒ Negativ-Figuren der Literatur?“ angekündigt.

Prof. Dr. Marie Luise Gansberg
Postfach 110445
Diezstr. 7
6300 Gießen[80]

Was im Schlussabsatz der Rundbrief-Mitteilung in die Augen springt, ist die Angabe der Privat- statt der Universitätsanschrift. Auf dieses nicht unwesentliche Detail komme ich weiter unten zurück.

An dieser Stelle noch ein Wort zu einer wissenschaftlichen Schlüsselqualifikation, die ich nicht ohne Grund Terminologiearbeit nenne: Gansberg setzte, wie weiter oben deutlich wurde, den englischen Ausdruck „Women’s Studies“ unscharf mit „feministische Literaturwissenschaft“ gleich. Ich selbst fasse „Frauenforschung“ (Women’s Studies) als Forschungsgrundausrichtung auf und bezeichne „Literaturwissenschaftliche Frauenforschung“ und „Feministische Literaturwissenschaft“ als Forschungsrichtungen,[81] lehne aber die Benennung „Feministische Literaturwissenschaft“ als unwissenschaftlich ab (bei der historischen Bezeichnungspraxis durchleuchte ich auf dem Hintergrund der Zeit- und Wissenschaftsgeschichte die Motive und Zwecke)[82]. Eine Wissenschaft kann nicht dem Ziel der Wahrheitsfindung und im Zuge dessen einer ergebnisoffenen Forschung verpflichtet sein und gleichzeitig politische und/oder weltanschauliche Ziele verfolgen bzw. wissenschaftlich zu untermauern suchen,[83] ohne ihre Aufgeschlossenheit für Unbekanntes, Ungedachtes, Ungeplantes zu verlieren und im ungünstigsten Fall in Scheuklappendenken, Ignoranz oder blinden Eifer zu verfallen. Daher lehne ich die auffallend uneinheitlich verwendete Bezeichnung „Feministische Literaturwissenschaft“ ebenso als unwissenschaftlich ab wie „Marxistische Literaturwissenschaft“. Damit will ich nicht sagen, dass ich die Auffassung vertrete, das Phänomen Feminismus habe in der Literaturwissenschaft keinen Platz ‒ der vorliegende Beitrag beweist das Gegenteil. Ich selbst spreche aus Gründen, die das Ergebnis intensiver Auseinandersetzungen mit wissenschaftlicher Begriffsbildung und dem Problemfeld wissenschaftliche Verständigung sind, von „Feminismusforschung in der Literaturwissenschaft“. Ich will auch nicht so verstanden werden, als redete ich einem ethischen Relativismus in der Wissenschaft das Wort. Jedoch ist eine ethische Fundierung von Wissenschaft nicht dasselbe wie ihre zweckentfremdende Vereinnahmung.

Wie den obigen Ausführungen zu entnehmen ist, engagierte Gansberg sich seit dem Wintersemester 1979/80 für den Auf- und Ausbau der Forschungsrichtung „Women’s Studies, hier: feministische Literaturwissenschaft“, so ihre eigenen Worte. Sowohl als Hochschullehrerin als auch als Privatperson blieb Gansberg aber immer offen für Männerliteratur und alles, was damit zusammenhängt. 1994 schrieb sie Eva D. Becker, sie lese „[Uwe] Johnson und Johnson und Johnson und Biographie über Johnson (Bernd Neumann, fast 1000 Seiten)“.[84]

Es ist anzunehmen, dass an der Publikation Frauenforschungsprojekt Marburg (1980) Studentinnen beteiligt waren, die auch oder schwerpunktmäßig bei Gansberg studierten.[85] Hervorzuheben sind Susanne Asche[86] und Sylvia Lichtenberg, die zum Thema Autonomie oder Institutionalisierung ‒ Eine Alternative des Gleichen ein Statement verfassten, sowie Sabine Kusch und Désirée Schmitz mit ihrem Beitrag Über den Mangel einer feministischen Schreibweise. Am Beispiel Hélène Cixoux: Weiblichkeit in der Schrift.[87] Man beachte die Konstellation „Autorinnen-Duo“, eine Realisationsform weiblicher Kommunikationskultur (der Auftritt des ersten Autorinnen-Duos überhaupt wäre exakt zu bestimmen).

Einige Zeitzeuginnenhinweise, die bei entsprechendem Forschungsaufwand Einzelaspekte von Gansbergs Weg zum Feminismus in ein helles Licht rücken könnten, finden in diesem begrenzten Rahmen keine Berücksichtigung. Dazu gehört der von ihr in den 1980er-Jahren ins Leben gerufene informelle Frauenarbeitskreis (ein Kreis von Marburger Professorinnen einschließlich einer Privatdozentin) und die Frage, wie erfolgreich bzw. wie erfolglos gemessen an Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes (für die Umsetzung dieses GG-Artikels standen und stehen die Hochschulrektoren/Hochschulpräsidenten in der Pflicht) die erste Frauenbeauftragte der Universität Marburg, Dr. Brigitte Vollmer-Schubert, sich in Personalfragen einschaltete.[88] Ein weiteres Desiderat: Gansbergs Wirkung als Hochschullehrerin und als Einflussgröße auf die Entwicklung des Faches Germanistik (einzubeziehen wären hier neben den Verlagspublikationen auch die Kommentierten Vorlesungsverzeichnisse und der Rundbrief Frauen in der Literaturwissenschaft) wie auch in umgekehrter Richtung der Einfluss von Schülerinnen und zeitweiligen Kolleginnen auf Gansberg. Marianne Schuller (* 1945) war seit dem Wintersemester 1980/81 Gastprofessorin am Institut für Neuere Deutsche Literatur der Universität Marburg; 1984 wechselte sie an die Universität Hamburg. Im Wintersemester 1980/81 hielt sie folgende Lehrveranstaltungen ab: VL Kulturtheorie und Weiblichkeit; PS Kulturtheorie und Weiblichkeit. Übung zur Vorlesung; SE Theaterkonzepte: Antonin Artaud und Bert Brecht; HS Rachel Varnhagen.[89]

An der Veranstaltungsreihe „Frauenforschung an der Uni Marburg. Vorträge aus dem Wintersemester 1988/89“, organisiert von der im Sommersemester 1988 vom Konvent eingesetzten „Kommission für Frauenförderung und Frauenforschung“ und fortgeführt bis zum Wintersemester 1990/91, nahm Gansberg nicht als Referentin teil. Lediglich auf der Umschlagrückseite findet sich ihr Name im Verzeichnis von Wissenschaftler/innen, die sich mit Frauenforschung befassen und/oder in der „Interdisziplinären Arbeitsgruppe Frauenforschung“ (IAF) mitarbeiten.[90] 1989 erschien erstmals das Frauenvorlesungsverzeichnis.[91] Wie bei den Kommentierten Vorlesungsverzeichnissen, so handelt es sich auch hier um einen neuen Verzeichnistyp. Drei Jahre vor der Zwangsemeritierung von Gansberg 1993 nahm das Feministische Archiv Marburg seine Arbeit auf.[92] 1995/96 erschien die erste Ausgabe des Handbuchs für Frauen an der Philipps-Universität (Laufzeit bis 2003).

2.2. Einrichtung des Sammelschwerpunkts Frauenforschung in der Seminarbibliothek am Krummbogen

Laut eines Schriftstücks, datiert auf den 27.9.1972, sollte Gansberg (1.) in der Selbstverwaltung und Forschungsorganisation eingesetzt werden, (2.) die Funktion eines Mitglieds der Bücherkommission und einer Berufungskommission ausüben, (3.) im Auftrag des Ausschusses für Forschungsangelegenheiten für das Wintersemester 1972/73 ein Forschungskolloquium für Wissenschaftler aller im Fachbereich zusammengeschlossenen Fächer organisieren und (4.) Schwerpunkte der Seminarbibliothek feststellen, die Forschungsapparate im Fachbereich registrieren ebenso wie die Schwerpunkte der Forschungsarbeit der im Fachbereich tätigen Wissenschaftler.[93]

Daraus folgt: Gansberg kannte den von ihr mitgeformten Bestand der germanistischen Bibliothek gründlich. Dass sie die Einrichtung eines Bestandsschwerpunkts Frauenforschung zu verantworten hat, teilte mir Lydia Tschakert mit, die der Bibliothek lange Jahre vorstand und für die Abteilung Frauenforschung schrittweise eine Aufstellungssystematik erarbeitete.[94] Diese spiegelt die Forschungsinteressen Gansbergs wider:

22 k                                      Frauenforschung / Allgemein

22k / 1 – 1000                    Allgemeines
                                               Zeitschriften, Lexika, Gesamtdarstellungen,
                                               Bibliographien, Einführungen, Forschungsstand

22 k / 1001 – 2000            Textsammlungen
                                               Quellen, Anthologien, Reader, Gespräche,
                                               Dokumentationen (auch literarische)

22 k / 2001 – 3000             Frauenbewegung, Emanzipation, Feminismus

22 k / 3001 – 4000             Einzelne Persönlichkeiten (alphabetisch geordnet)

22 k / 4001 – 7000             Die Frau in Geschichte und Kulturgeschichte
           4001 – 4200              Frühgeschichte, Antike, Spätantike
           4201 – 4500              Mittelalter, Spätmittelalter (s.a. 15 a / 110 ff.)
           4501 – 5000              Frühe Neuzeit, Renaissance, Reformation
           5001 – 5500              17. und 18. Jahrhundert
           5501 – 6000              19. Jahrhundert
           6001 – 7000               Jahrhundertwende bis Gegenwart

22 k / 7001 – 8000             Frauenbilder, Frauenrollen und -klischees
           7001 – 7100              Allgemeines
           7101 – 7200              Alte Frau, Amazonen
           7201 – 7300              Frau als Verwandte, Ehebruch
           7301 – 7400              Hexe
           7401 – 7500              Karikatur, Witz
           7501 – 7600              Mädchen, Mythen, Märchen, Sagen
           7601 – 7700              Dirne, Prostituierte, Reisende

22 k / 8001 – 9000             Frauenberufe, Tätigkeitsfelder, Ausbildung
                                                Allgemeines
                                                Einzelne Disziplinen
                                                In der Wissenschaft, Wissenschaftlerin

22 k / 9001 – 9999             Verschiedene Aspekte
                                                Anthropologie, Ästhetik, Ethik, Philosophie, Medizin, Krankheit – Gesundheit, Psychologie, Sexualität –
                                                Transsexualität, Gewalt – Mißbrauch u.a.

22 l                                          Frauen und Literatur, Kunst, Musik, Medien

22 l / 1 – 1000                       Allgemeines
                                                  Zeitschriften, Lexika, Bibliographien,
                                                  Gesamtdarstellungen, Forschungsstand
22 l / 1001 – 2000                 Feministische Literaturwissenschaft, -kritik, -
                                                  Literaturtheorie, -geschichtsschreibung

22 l / 2002 – 3000                 Die Frau als Autorin

22 l / 3001 – 4000                 Sammelschriften zur Literaturwissenschaft (alphabetisch nach Verfasser)

22 l / 4001 – 5000                 Frauen – Literaturgeschichte bis 1800

22 l / 5001 – 6000                 Frauen – Literaturgeschichte 19. Jahrhundert

22 l / 6001 – 7000                 Frauen – Literaturgeschichte 20. Jahrhundert

22 l / 8001 – 9000                 Frauen und Kunst-, Musik-, Theater- und Medienwissenschaft
                                                   Frauensprache s. 5 a / 9720 ff.

Die Abteilung Bibliothek des Literaturarchivs Marbach gibt die Losung aus: „Spezielle Sammlungen sind, neben Autorenbibliotheken, das Salz einer jeden großen Bibliothek.“[95] Die obige geschlossene Sammlung wurde beim Umzug der germanistischen Bereichsbibliothek in den 2018 eröffneten Neubau der Universitätsbibliothek Marburg auseinandergerissen, da die Bibliotheksleitung die Umsignierung auf die Regensburger Verbundklassifikation beschlossen hatte.

2.3. Auf Spurensuche: die Betreuerin und die Gutachterin

Das Universitätsarchiv Marburg ist gehalten, keine Informationen herauszugeben, die dem Datenschutz unterliegen. Von dieser Bestimmung sind die Namen der Verfasser/innen von Magister-, Staatsexamens- und Doktorarbeiten betroffen. Weiterer Dämpfer: In den OPAC der Universitätsbibliothek Marburg werden die Namen der Gutachter/innen von Hochschulschriften nicht eingespielt.

Zwischen 1979/80 und 1993 fanden unter der Leitung von Gansberg elf Examenskolloquien statt. Das heißt für die Abschlusskandidatinnen wurde ein relativ kontinuierlicher Rahmen für Feedback, Austausch und Vernetzung geschaffen. Ihre Schülerin Madeleine Marti duzte Gansberg schon vor Einreichung ihrer Dissertation.[96]

Im Zeitraum 1974 bis 1993 bot Gansberg 32 Seminare an, in denen Werke von Schriftstellerinnen im Mittelpunkt standen. Die Zahl der bei ihr eingereichten frauenthematischen Hochschulschriften muss die männerthematischen bei weitem überwogen haben. Eine Quelle für Namen von Gansberg-Schülerinnen ist das unveröffentlichte Manuskript Marie Luise Gansberg 4. Mai 1933 ‒ 4. Februar 2003. Sammlung von Nachrufen[97]. Hier die Auswertungsergebnisse:

Barbara Determann: Mythos ‒ Wissenschaft. Zum Verhältnis von weiblicher Produktivität und Technologie in Irmtraud Morgners Roman Leben und Abenteuer der Trobadora Betriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura, Fachbereich 09, Magisterarbeit 1980.

Doris Pfeiffer: Reise und Erfahrung in Ingeborg Bachmanns Romanfragment Der Fall Franza, Fachbereich 09, Magisterarbeit 1983.

Anette (Anna) Rheinsberg: Leid als Prinzip. Das masochistische Frauenbild der Dichterin Claire Goll, Universität Marburg, Fachbereich 09, Magisterarbeit 1983.

Elke zur Nieden: Studien zum Frauenbild bei Franziska Gräfin zu Reventlow. Unter Berücksichtigung des gesellschaftlich-historischen Lebenszusammenhangs der Autorin, Universität Marburg, Fachbereich 09, Magisterarbeit 1984.

Barbara Seifert: Untersuchungen zum Liebesbegriff im Werk der Schriftstellerin Christa Wolf anhand ausgewählter Werke, Universität Marburg, Fachbereich 09, Magisterarbeit 1984.

Mechthild Beerlage: Formen der Satire im Werk Christa Reinigs und die Rezeption in der Literaturkritik, Universität Marburg, Fachbereich 09, Magisterarbeit 1986.

Sabine Glathe: Strategien zur Konstitution des weiblichen Ichs am Beispiel von Marlen Haushofers Romanen, Universität Marburg, Fachbereich 09, Magisterarbeit 1987.

Madeleine Marti: Hinterlegte Botschaften. Die Darstellung lesbischer Frauen in der deutschsprachigen Literatur seit 1945, Universität Marburg, Fachbereich 09, Dissertation 1991 (Stuttgart: M & P, Verlag für Wissenschaft und Forschung; 1992 neu aufgelegt in der Reihe „Metzler-Studienausgabe“; Zweitgutachter: Guntram Vogt).

Christine Rieder: Risse in der weiblichen Identität. „Krankheit“ und „Wissenschaft“ in der Erzählung Respektloser Umgang von Helga Königsdorf, Fachbereich 09, Magisterarbeit 1991.

Zu den zwei Druckfassungen der Dissertation von Madeleine Marti sind über 20 Rezensionen erschienen. Zu der Arbeit verfasste Gansberg ein Gutachten im Umfang von acht Seiten. Die Schlusspassage lautet:

Genug der Kritik. ‒ Frau Marti hat eine im besten Sinne positivistische, literarhistorische Untersuchung vorgelegt, von der schon jetzt zu sagen ist, daß sich die weitere Forschung an ihr orientieren wird. Sie hat unbekanntes Text-Material in die Dissertation gebracht (Offenbach, Stenten, Lewin usw), wobei eigene Recherchen in Form von Interviews und Briefen (Reinig, Moosdorf, Wilker) nutzbar gemacht wurden, und sie hat bekannte Texte (Bachmann, Haushofer, Reinig) neu interpretiert. Ihre Darstellung von salopp gesprochen „Lesben-Literatur“ transzendiert diesen Begriff ständig, denn er beinhaltet immer zugleich Rekonstruktion von Frauengeschichte wie auch Kritik an den Institutionen Zwangsheterosexualität und Ehe.

Neben der stupenden Arbeitsleistung und der differenzierten Interpretationsfähigkeit sollte nicht zuletzt das gerüttelt Maß an Zivilcourage anerkannt werden, ohne die Frau Marti diese Arbeit nicht hätte schreiben können. Derart ist selten.

Ich schlage dem Fachbereich 9 vor, die Dissertation mit dem Notenvorschlag

                                                     Valde laudabile (1)

                                                                                        anzunehmen[98]

2.4. Bibliographie der Schriften Gansbergs

2016/17 verfasste ich für Wikipedia den Personenartikel zu Marie Luise Gansberg. Im Vorfeld war mir ihre Rolle bei der Entstehung von Frauenkulturen inner- und außerhalb der Universität aufgefallen; im Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft (RLW) sucht man vergebens Hinweise auf die Existenz von Männerkulturen und Frauenkulturen im Fach Germanistik.[99] Das im Zusammenhang mit dem Wikipedia-Artikel erstellte Schriftenverzeichnis wird hier leicht erweitert wiedergegeben. Erst 2018 entdeckte ich bei Kontrollrecherchen den Aufsatz Massenemigration deutscher Schriftsteller 1933‒47 von 1966. Ihm fällt bei der Frage, wo und wann Gansbergs Interesse an Schriftstellerinnen wach wurde, eine entscheidende Rolle zu.

Zur Sprache in Hebbels Dramen, in: Helmut Kreuzer (Hrsg.), Hebbel in neuer Sicht (Sprache und Literatur; 9), Stuttgart: Kohlhammer 1963, S. 59–79 (2., durchges. Aufl. 1969).

Der Prosa-Wortschatz des deutschen Realismus. Unter besonderer Berücksichtigung des vorausgehenden Sprachwandels 1835–1855, (Abhandlungen zur Kunst-, Musik- und Literaturwissenschaft; 27), Bonn: Bouvier 1964 (2. Aufl. 1966).

Massenemigration deutscher Schriftsteller 1933‒47, in: Beiträge zu den Fortbildungskursen des Goethe-Instituts für ausländische Deutschlehrer an Schulen und Hochschulen 2, 1966, S. 24‒29.

Erzählungen für junge Damen und Dichter [hrsg. von Wilhelm Heinse]. Faksimiledruck nach der Ausgabe Lemgo, Meyer, 1775. Mit einem Nachwort von Marie Luise Gansberg (Deutsche Neudrucke. Reihe Texte des 18. Jahrhunderts), Stuttgart: Metzler 1967.

Welt-Verlachung und „das rechte Land“. Ein literatursoziologischer Beitrag zu Jean Pauls Flegeljahren, in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 42, 1968, S. 373–398; wiederabgedruckt in: Uwe Schweikert (Hrsg.), Jean Paul (Wege der Forschung; 336), Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1974, S. 353‒388.

Zu einigen populären Vorurteilen gegen materialistische Literaturwissenschaft, in: Marie Luise Gansberg u. Paul Gerhard Völker, Methodenkritik der Germanistik. Materialistische Literaturtheorie und bürgerliche Praxis, Stuttgart: Metzler 1970, S. 7–39, 133–139 (4., teilw. überarb. Aufl. 1973).

Marie-Luise Gansberg, Paul-Gerhard Völker: [Rezension von] Jost Hermand: Synthetisches Interpretieren. Zur Methodik der Literaturwissenschaft, München: Nymphenburger 1968, in: Das Argument. Zeitschrift für Philosophie und Sozialwissenschaften 14, 1972, 72, S. 350‒352.

Erkennen, was die Rettung ist. Christa Reinig im Gespräch mit Marie Luise Gansberg und Mechthild Beerlage, München: Verlag Frauenoffensive 1986.

Rundbrief Frauen in der Literaturwissenschaft 5, 1987, 13, S. 8.

Christa Reinig Müßiggang ist aller Anfang (1979). Ästhetische Taktlosigkeit als weibliche Schreibstrategie, in: Inge Stephan, Sigrid Weigel u. Kerstin Wilhelms (Hrsg.), Wen kümmert’s, wer spricht. Zur Literatur und Kulturgeschichte von Frauen aus Ost und West, Köln u. Wien: Böhlau 1991, S. 185–194.

Erotische Liebe und mütterliche Fürsorge: Charlotte Wolffs späte Konzeption lesbischer Liebe/Sexualität, in: Gerhard Härle, Maria Kalveram u. Wolfgang Popp (Hrsg.), Erkenntniswunsch und Diskretion. Erotik in biographischer und autobiographischer Literatur. 3. Siegener Kolloquium Homosexualität und Literatur, Berlin: Verlag rosa Winkel 1992, S. 167–178.

Daß ich immer eine Fremde war und sein werde. Außenseiter als Interpretationsmuster in Charlotte Wolffs sexualwissenschaftlicher und literarischer Produktion, in: Inge Stephan, Sabine Maja Schilling u. Sigrid Weigel (Hrsg.), Jüdische Kultur und Weiblichkeit in der Moderne, Köln, Weimar u. Wien: Böhlau 1994 (Literatur, Kultur, Geschlecht. Große Reihe; 2), S. 159–172.

Irmtraud Morgner in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 18, Berlin: Duncker & Humblot 1997, S. 121–123.

Madeleine Marti konnte aus dem Nachlass Gansberg Notizen zu nicht realisierten Forschungsvorhaben vor dem Container retten. Die Zettel waren um den Todeszeitpunkt herum primär Andenken an die geschätzte Doktormutter, jetzt, da Gansberg keine Vergessengemachte mehr ist und in Wikipedia sogar in der „Liste von Söhnen und Töchtern der Stadt Bremen“ auftaucht, scheint mir die Zeit reif dafür zu sein, die Inhalte der Zettelsammlung der Forschung vorbehaltlos und in einer buchstäblich genauen Wiedergabe zugänglich zu machen.

3. Denn sie wissen, was sie tun ‒ Universitäten auf Abwegen

3.1. Versteckspiel der Gefühle?

In Abschnitt 2.2. erwähne ich ein Forschungskolloquium für Wissenschaftler aller im Fachbereich 09 zusammengeschlossenen Fächer, welches Gansberg für das Wintersemester 1972/73 organisieren sollte. Hartmut Rosshoff teilte mir seine Erinnerungen an diese Veranstaltung mit.

Irgendwer aus dem Kollegium, so Rosshoff, machte den Vorschlag, man könne doch Gansbergs Aufsatz Zu einigen populären Vorurteilen gegen materialistische Literaturwissenschaft, abgedruckt in dem gelben Metzler-Band Methodenkritik der Germanistik. Materialistische Literaturtheorie und bürgerliche Praxis (1970,4., teilw. überarb. Aufl. 1973), als Grundlage für eine Diskussion nehmen. Die Debatte muss für die Rede und Antwort stehende Gansberg eine emotional stark belastende Situation und Erfahrung gewesen sein, vielleicht sogar mit paralysierender Wirkung, da ausnahmslos alle Diskutanten an ihrem Aufsatz Kritik übten. Kein Wort darüber, was der einen hohen Anspruch erhebende Text auf dem Hintergrund des schon Geleisteten an Neuem und Weiterführendem zu bieten hat (von 1972/73 aus gedacht), und dass Gansberg zu den wenigen Frauen in den Fachwissenschaften der damaligen Zeit gehörte, die einen Theorietext zu verfassen in der Lage war und in diesem Medium den Aufbruch in eine demokratischere Wissenschaftskultur wagte. Brach sich hier der Neid von männlichen Fachkollegen Bahn, die zu solchen theoretischen Höhen weder zu diesem Zeitpunkt in der Lage waren noch je sein würden? Diese Frage sollte überaus ernst genommen werden, denn zwischen „berechtigter und konstruktiver Kritik“ und „fertig machen“ liegt ein gewaltiger Unterschied. Nach meinem Verständnis ist Mobbing psychologische Kriegsführung mit dem Ziel, ins Visier Genommene zu bekämpfen, in ihrem Wert herabzusetzen und auf Kapitulationskurs zu bringen. Wirksame Mittel von Mobber/innen sind unter anderem: die Zielperson schlecht reden bis hin zur Diffamierung[100], ihr mit Nichtbeachtung und Empathieentzug begegnen, sie als Projektionsfläche und Ventil für die Dämon/innen in sich selbst benutzen, die ihr gegebenen Versprechen brechen und unter Vortäuschung einer Vertrauensbeziehung geistigen Diebstahl begehen. Hartmut Rosshoff kann kein Mobbing gegenüber Gansberg feststellen, aber viel Unaufmerksamkeit.[101] Sein ausführlicher Kommentar zur Diskussion im Forschungskolloquium und was man hätte besser machen können, ist als eigenständiger Projektbeitrag nachzulesen.

3.2. Wie und warum an Universitäten Begabungen vernichtet werden ‒ ein tabuisierter Tatbestand

1972 veröffentlichte Gansberg zusammen mit Paul-Gerhard Völker in der Zeitschrift Das Argument eine Rezension zu der methodologischen Arbeit Synthetisches Interpretieren. Zur Methodik der Literaturwissenschaft (1968, 6. Aufl. 1978) von Jost Hermand (* 1930).[102] Nach 1972 veröffentlichte sie über einen langen Zeitraum hinweg nichts mehr. Hat dies Verstummen bis zum Erscheinen von Erkennen, was die Rettung ist (1986) nicht zuletzt mit der übermäßigen Kritik der Kollegen auf dem Forschungskolloquium 1972/73 zu tun? Was macht geballte Unsensibilität, die sich in Kritik entlädt, mit einem sensiblen Menschen? Gansberg wäre nicht die erste gewesen, die aufgrund von überzogener Kritik und unwürdiger, feindseliger und/oder emotional missbrauchender Behandlung unter einer Schreibhemmung zu leiden angefangen hätte. Gansberg selbst spricht in einem Brief von 1994 offen von ihrer „sozialen Isolation“. In diesem Zustand sei sie darin blockiert, diese Sperre aufzuheben und beispielsweise ihre Briefschulden zu erledigen.[103]

Die in Abschnitt 1.2. aufgeworfene Frage, wer oder was Gansberg so verletzte, dass sie am Ende ihrer Tage die Vernichtung ihres Nachlasses verfügte, hat nur zum Teil ihre Wurzeln in Kindheitstraumen.[104] Es ist zu guten Teilen dem Versagen von Psychiatrie und Psychoanalyse[105] anzulasten,[106] dass Gansberg mit dem immer gleichen Muster auf Verletzungen und Verluste reagierte: Selbstschutz und Abgrenzung durch Rückzug. Aber auch ihr berufliches und privates Umfeld fügte Gansberg seelische Wunden zu, wie Rosshoffs Schilderung der Vorgänge auf dem Forschungskolloquium erahnen lässt. Vor allem subtile und versteckte Demütigungen[107] und das ihr immer wieder entgegengeschlagene blanke Unverständnis scheinen Gansberg in die Einkapselung getrieben zu haben. Während sie sich wieder und wieder (vergeblich) professionelle „Hilfe“ holte,[108] fand sich unter den Universitätsangehörigen offenbar niemand, der auf der Grundlage von Faktenwissen und aus einem echten Problemverständnis heraus wirkungsvolle Maßnahmen entwickelte, um das Wohlbefinden der angeschlagenen Kollegin zu erhöhen und um ihr mehr Schutz und Hilfe angedeihen zu lassen.[109] (Die erste Frauenbeauftragte der Universität Marburg trat ihr Amt am 1. April 1990 an.). Dort, wo die Würde eines Menschen angetastet wird, dort beginnt der Opferschutz.

Monika Rössing-Hager, gleicher Jahrgang wie Gansberg (* 1933) und wie die Kollegin seit 1972 Professorin, ist in zwei Punkten mit Gansberg nicht vergleichbar: Sie war gemessen an ihren Forschungsthemen ein konventioneller Typ und ihr Ehemann, der wenig ältere Hans R. Rössing (* 1929), war bereits Professor für Vergleichende Sprachwissenschaft und Germanische Philologie am Sprachwissenschaftlichen Seminar (Institut für Germanistische Sprachwissenschaft) der Universität Marburg, als sie am gleichen Institut Professorin wurde.

Bedingt durch mein anfänglich vor allem biografisches Interesse an Gansberg las ich eine Vielzahl ihrer Briefe und es machte mich irgendwann stutzig, dass nach ihrem Umzug 1976 von Marburg nach Gießen im Briefkopf ihrer Korrespondenz unterschiedslos die Gießener Privatanschrift erscheint.[110] Die oben zitierte Rundbrief-Mitteilung von 1987 ist ein weiteres Beispiel für diese Praxis: Korrekt wäre hier die Marburger Dienstanschrift gewesen. Wieder stellt sich mir die Frage: Wer oder was verletzte Gansberg so sehr, dass sie sich genötigt fühlte, sich in dieser Art und Weise von ihrem Arbeitgeber (und vom Kollegium) zu distanzieren? Die Personalakte Gansberg im Universitätsarchiv Marburg beinhaltet einen Brief vom 28.10.1976, ausgestellt von einem Professor des Psychiatrischen Krankenhauses Gießen. Aus diesem geht hervor, dass seitens des Arbeitgebers die Tendenz bestand, das Arbeitsverhältnis zur Patientin sofort aufzulösen. Diese Hiobsnachricht schockierte Gansberg unsagbar und kam auch für den behandelnden Arzt überraschend.[111] (Medizinische Daten gelten als besonders schützenswert. Dennoch will ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die Aufarbeitung der Krankenakten von Marie Luise Gansberg und ihrer Mutter Frieda ein dringendes Desiderat darstellt.) Die Frage der Dienstunfähigkeit (unter Ausklammerung der möglichen psychischen Folgen für die Betroffene) stellte sich ab 1991/92 erneut und endete 1993 in Gansbergs Zwangsemeritierung.

Die Biografie von Gansberg nimmt folgenden Verlauf: unangepasst in der Schule, unauffällig im Studium, Emanzipation in den 1960er-Jahren, seelischer Absturz Ende der 60er-Jahre, innere Emigration im Laufe der 1970er-Jahre, seelischer Absturz nach der Zwangsemeritierung, Kontaktabbruch zu allen Marburger Kollegen, engere Bindungen nur noch zu Frauen und hier vornehmlich am Wohnort Gießen.

Wer die Frage stellt, wie und warum an deutschen Universitäten Begabungen vernichtet werden, rennt mit Sicherheit keine offenen Türen ein. Beim Herantasten an diese Frage erschütterte mich kaum etwas mehr als der Aspekt, dass ausgerechnet die von mir zu Gansberg befragten ausgewiesenen Frauenforscherinnen mir eindringlich klarzumachen versuchten, die Ursache von Gansbergs überlanger Publikationspause 1973‒1985 liege allein und ausschließlich in ihr selbst, in ihrem Kranksein, in der (nicht von außen hereingetragenen) Chronifizierung, gerade so als gäbe es nicht auch unfähige Psychiater, Psychotherapeuten, Kollegen, Frauenbeauftragte und Freundinnen,[112] und als habe es eine soziologische Forschung, die nach den äußeren Einflussfaktoren auf das Individuum, auf die Gruppe, auf gesellschaftliche Teilsysteme fragt, nie gegeben. Ich erinnere mich, wie eine dieser Zeitzeuginnen mir anriet, Gansberg nicht die Eigenschaft „sensibel“ zuzusprechen. Daraufhin fragte ich Hartmut Rosshoff, wie er seine Kollegin Marie Luise Gansberg erlebte. Ihm erschien sie sehr sensibel. (Ich kenne sehr viele Germanist/innen in verantwortungsvoller Position, die nicht über die Fähigkeit verfügen, sich in andere hineinzuversetzen. Wer dieses Faktum kategorisch abstreitet, strickt an einem Mythos.)

Ich selbst unterscheide zwischen unsensibel, wenig sensibel, sensibel, sehr sensibel und hochsensibel und ordne Gansberg zwischen den Gradationen „sensibel“ und „sehr sensibel“ ein. Ein schon etwas betagter Zeitzeuge riet mir vehement davon ab, das Wort „hochsensibel“ zu verwenden. Seine Begründung: Es wirke so, als stünde eine so bezeichnete Person „auf der Kippe“. Das Bild von der Kippe transportiert die Vorstellung, hochsensible Personen seien instabil, die Betonung liegt also auf etwas nicht Erstrebenswertem. Hochsensible Personen selbst sprechen von einer Gratwanderung zwischen Gabe und Last, Talenten und Fähigkeiten oder auch von einem Zuviel an Belastung (um im Bild der Kippe zu bleiben). Auf der psychologischen Forschungsagenda rückt Hochsensibilität in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus. „Hochsensibilität ist eine unterschätzte Besonderheit“, titelte die Wochenzeitung Die Welt im Jahr 2015.[113] Ob sensibel, sehr sensibel oder Hochsensible Person (Abkürzung: HSP), Personen mit einem dieser Persönlichkeitsmerkmale benötigen unter den derzeitigen universitären Gegebenheiten Schutz, vor allem Schutz vor Zeitdruck, vor zu vielen Arbeiten gleichzeitig, vor Überforderung durch Menschenmengen, Lärm und fehlende Rückzugsorte bzw. Pausenzeiten. Durch das Unverständnis für diese Bedürfnisse entstehen schnell Ausgrenzung oder gar Mobbing und die betroffenen Personen bekommen das Gefühl, ungerecht behandelt oder einfach nicht gehört zu werden. Hochsensible Menschen reagieren viel empathischer und leiden daher mehr unter Ungerechtigkeiten, Ausgrenzung oder gar Mobbing.[114]

Menschen ohne Einfühlungsvermögen sind einer Kultur des Respekts und des Vertrauens abträglich. Dennoch versprach sich die Nachkriegsgermanistik von dem Fähigkeitenbündel „soziale Kompetenz“ und hier besonders von Empathie, Teamfähigkeit und einem auf Ehrlichkeit und Vertrauen aufbauenden lebendigen Dialog so wenig, dass der Nährboden geschaffen wurde für den selbstgefällig-eitlen Wissenschaftler/innentypus, der am liebsten um sich selbst kreist und alles, was er kann oder meint zu können, verabsolutiert. (Insbesondere im Hinblick auf Teams haben sich die Maximen bewährt: „Stärken verstärken“ und „Unterschiede zwischen den Individuen produktiv nutzen“.) Die Auseinandersetzung mit der Kategorie Einfühlungsvermögen ist für universitäre Wissenschaftskreise so unattraktiv geworden wie noch nie, weil Zeit und Kraft damit verbunden sind, sich in andere einzufühlen und ihnen damit Orientierung, Halt und Unterstützung zu geben, was beim immer stärker werdenden Druck, noch schneller und massenhafter zu publizieren (um dadurch die „Konkurrenz“ zu verdrängen oder um mehr „Ruhm“ anzusammeln), dazu führt, ins Hintertreffen zu geraten.[115] Zum Vergleich siehe die Schlusssätze des Projektbeitrages von Roger Paulin:

Die Hörsaalbesetzungen und Vorlesungsstörungen, die 1968 stattfanden, und über die Albrecht Schöne unter anderem in der FAZ aus der Perspektive von „50 Jahre 1968“ berichtet, beanspruchen die Schlagzeilen, lenken aber eher von den an die Substanz gehenden Fragen und den wirklich wichtigen und belastenden Problemen ab. Denn immer noch hat es den Anschein, als siegten politische Ranküne, Anmaßung, Ignoranz und Sturheit allzu oft über evidenzbasierte Qualitätskriterien, über die Grundsätze der Chancengleichheit und Gleichbehandlung und über das Gemeinwohl und Wohlbefinden, wozu auch ein fairer, konstruktiver und respektvoller Umgang miteinander gehören.[116]

Statt eines Schlussworts: Was machte Marie Luise Gansberg so einzigartig?

Aus Gansbergs Briefen und Karten spricht zu mir eine sehr liebvolle, aufmerksame Person, sehr großzügig, auch materiell, voller spritziger Ideen und zugleich mit beiden Beinen im Leben stehend. Ihr Markenzeichen waren ein hintergründiger Humor (im Seminar konnte er schon mal die Form unangenehmer Bissigkeit annehmen) und ein Schreibstil voller überraschender Wendungen. Die Leichtigkeit, mit der sie selbst die schwierigsten Werke der Philosophie durcharbeitete, war Ausdruck ihrer Theoriebegabung, die von Sengle wohl nicht bemerkt und schon gar nicht adäquat gefördert wurde. Nur wenige erkannten Gansbergs Potenzial, zu ihnen gehört Roger Paulin (Universität Cambridge) und auch Gerhard Bauer (Freie Universität Berlin), der sich am 10.11.1971 mit folgender Begründung für die Umwandlung der Rätinnenstelle von Gansberg in eine Professur aussprach:

Frau Gansberg ist eine überlegene Forscherin und gute Lehrerin der deutschen Literaturwissenschaft. Sie sollte nicht nur für die bisherigen Verdienste um unser Fach belohnt, sondern vor allem durch eine gesicherte Stellung in die Lage versetzt werden, ihre zweifelsfrei bewiesenen Fähigkeiten weiterhin in diesem Fach einzusetzen.[117]

Anhang: Inhaltsverzeichnisse der Ringvorlesung „Frau und Wissenschaft“ Marburg, Wintersemester 1978/79 bis Sommersemester 1981

Vorbemerkung

Die Historikerin und Archivarin Christina Vanja (* 1952), der ich von meinem Interesse an der Marburger Ringvorlesung „Frau und Wissenschaft“ erzählte, schickte mir freundlicherweise alle in ihrem Besitz befindlichen Hefte mit den Ringvorlesungsbeiträgen. Zusätzlich beantwortete sie per E-Mail meine Frage, ob Gansberg seinerzeit ein Referat hielt, und sie konturierte die Umstände und Hintergründe der Marburger Veranstaltungsreihe:

Frau Gansberg ist allerdings nicht dabei. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass sie in diesem Rahmen vortrug. Ich selbst kannte sie wohl nur dem Namen nach. Ihre Biografie über Frau Gansberg habe ich mit großem Interesse gelesen. Es ist ja gerade die Zeit der Erinnerungen an 1968 (da war ich noch Schülerin in Marburg und schon politisch engagiert). Die Ringvorlesung wurde damals, um 1980, von einigen wenigen Frauen (Studentinnen und Doktorandinnen) ohne wirkliche Verankerung im Universitätsbetrieb organisiert. Referentinnen wurden zumeist privat untergebracht und versorgt. Alle kamen aufgrund unserer persönlichen Kontakte. Mit dem Weggang der meisten Akteurinnen, darunter auch meiner Person, endete das Projekt. Eine Frauenbeauftragte gab es meines Wissens damals noch nicht.[118]

Im Vorwort zur ersten Ringvorlesung 1978/79 wird der Entstehungshintergrund offengelegt. Stein des Anstoßes für vier Frauen der AStA-Frauengruppe am Erlenring 5, darunter Ingrid Hartwich, war der VDS-Kongress „Die Frau als Subjekt und Objekt der Wissenschaft“ (30.6.‒2.7.1978 in Bielefeld) (VDS = Vereinigte Deutsche Studentenschaften). Daraus entstand die Idee zu der Ringvorlesung, die von der Motivation getragen war, die in Marburg vorhandenen Ansätze einer wissenschaftlichen Beschäftigung mit der „Frauenfrage“[119] (die durch Wortkombination entstandene Wortfügung ist seit ungefähr 1862 nachweisbar) einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Idee fand Nachahmung: Im Wintersemester 1982/83 veranstaltete die Frauenforschungsgruppe des AStA-Frauen-Referats der Universität Köln eine Ringvorlesung, betitelt „Frauen & Wissenschaft“. In Köln lehrte zu dieser Zeit Renate Möhrmann (* 1934).

Die Musikerin Wilma Heuken war 1981/82 als Vertreterin der AStA-Frauengruppe an der Organisation der letzten zwei Ringvorlesungen beteiligt. Ihr verdanke ich folgenden Hinweis: Zum Wintersemester 1981/82 untersagte der Präsident der Philipps-Universität[120] die Fortführung der Veranstaltungsreihe mit der Begründung, eine „Ringvorlesung“ sei eine rein universitäre Veranstaltung. Der AStA klagte gegen die Universität und verlor (das gerichtliche Verfahren stellt ein Forschungsdesiderat dar).

Inhaltsverzeichnisse der Ringvorlesung

RINGVORLESUNG Frau und Wissenschaft Marburg Wintersemester 1978/79, [Marburg: Selbstverlag] o. J.

Inhalt: (S. 3)

Vorwort: (S. 5)

Christina Vanja: Waren die Hexen Vorkämpferinnen der Frauenbewegung heute? ‒ Zum Charakter der Hexenverfolgung in der frühen Neuzeit (S. 6‒13)

Viola Dioszeghy: Das Mutterbild in den Massenmedien ‒ Wirklichkeit oder Schein? (S. 14‒52)

Ingrid Hartwich: Die Frau im Faschismus (S. 53‒72)

Dr. Marianne Schuller: Pygmalion oder die finstere Lady. Zum Verhältnis von Frauen und Literaturwissenschaft (S. 73‒97)

Prof. I. Weber-Kellermann: Die Frau in der Familie zwischen Patriarchat und Partnerschaft (S. 98‒129)

Beatrice Brinkmann: Die Frau in Chile ‒ gestern und heute (S. 130‒144)

Dr. Agnes Klingshirn: Die Frauen in der 3. Welt werden ihre Probleme selber lösen! (S. 145‒158

Brunhilde Jaußen: Résumé der Ringvorlesung „Frau und Wissenschaft“ (S. 159‒162)

 

AStA-Frauengruppe u. Demokratische Fraueninitiative Marburg (Hrsg.): Ringvorlesung Frau und Wissenschaft Marburg, Sommersemester 1979 [Bearbeitung: Christina Vanja], Marburg: Selbstverlag 1980.

Christina Vanja: Vorbemerkung (S. 3)

Inhalt: (S. 5)

Inge Pauls: Der Hausfrauenlohn als feministische Strategie (S. 6‒12)

Ingrid Langer-El Sayed: Die Frau als Subjekt und Objekt der Wissenschaft (S. 13‒26)

Theresia Sauter-Bailliet: Überblick über die gegenwärtige Situation von Frauen im Hochschuldienst der USA (S. 27‒44)

Senta Trömel-Plötz: Männer reden ‒ Frauen schweigen: Frauensprache (S. 45‒58)

Gerda Guttenberg: Die Frauen im Dritten Reich und das Bild eines neuen Menschen: Überarbeitet und mit Anhang versehen von Ingrid Hartwich (S. 59‒78)

Marianne Schuller: Literarische Szenerien und ihre Schatten. Orte des ‚Weiblichen‘ in literarischen Positionen (S. 79‒103)

Podiumsdiskussion: „Emanzipation mit Kind?“ (S. 105‒122)

Solidaritätserklärung für Dr. Agnes Klingshirn (S. 123‒124)

Anschriften der Referentinnen [nach S. 124]

 

AStA-Frauengruppe u. Demokratische Fraueninitiative Marburg (Hrsg.): Ringvorlesung Frau und Wissenschaft Marburg, Wintersemester 1979/80 [Bearbeitung: Ulrike Bukowki, Gunda Georg, Christina Vanja], Marburg: Selbstverlag 1980.

Christina Vanja: Vorbemerkung (S. 3‒4)

Inhalt: (S. 5)

Gaby Zipfel: Irmtraud Morgner, Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz…und Günter Grass, Der Butt ‒ Ein Vergleich (S. 7‒18)

Marianne Schuller: Erfolg ohne Glück? Über den Widerspruch von Weiblichkeitsrolle und Karriere (S. 19‒36)

Brigitte Nauhaus: Probleme der Frauenarbeitslosigkeit ‒ Psychosoziale Auswirkungen (S. 37‒58)

Florence Hervé: Können wir Frauen heute aus der alten Frauenbewegung lernen? (S. 59‒69)

Gabi Piecha: Die Minderentlohnung der Frauenarbeit ‒ historischer Ursprung und Aktualität (S. 71‒93)

Marina Möller-Gambaroff: Überlegungen zur Mutter-Tochter-Beziehung aus psychoanalytischer Sicht (S. 95‒100)

Betrifft: Ablehnung des Antrags auf Gastprofessur für Frau Dr. Marianne Schuller zum Sommersemester 1980 am Fachbereich Germanistik [S. 101‒103]

Anschriften der Referentinnen [nach S. 104]

 

Ringvorlesungsgruppe (Hrsg.): Ringvorlesung Frau und Wissenschaft Marburg Sommersemester 1980 [Bearbeitung: Gunda Georg, Brunhilde Janßen, Dörte Mangold, Christina Vanja], Marburg: Selbstverlag 1980.

Inhalt

Heide Wunder: Zur Stellung der Frau im Arbeitsleben und in der Gesellschaft des 15.‒18. Jahrhunderts (Eine Skizze) (S. 7‒24)

Kristine von Soden: Zur Geschichte des Schwangerschaftsabbruches und des § 218 StGB (S. 25‒41)

Dorlies Pollmann: Die Weiblichkeitsideologie oder über die Schwierigkeit Mensch und Frau zugleich zu sein (S. 43‒54)

Charlotte Heinritz/Petra Thiele: Wir Weiber machen’s ja doch ‒ Bericht aus dem Sozialen Brennpunkt Waldtal (S. 55‒70)

Frauenforschungsprojekt Marburg: Die Rolle des Weiblichen und der Frauen im kulturellen Prozeß (S. 71‒74)

Agnes Klingshirn: Auswirkungen von Entwicklungshilfeprojekten auf die sozial-ökonomische Stellung der Frauen (S. 75‒79)

Käthe Gerstung: Persönlichkeitsentwicklung, Arbeit und Arbeitslosigkeit in der Biographie von Arbeitsmädchen (S. 81‒98)

Dörte Mangold: Die DFB-Gewerkschaften und die Frauenfrage ‒ weiblicher Lebenszusammenhang und gewerkschaftliche Frauenpolitik (S. 99‒122)

 

Ringvorlesungsgruppe Marburg (Hrsg.): Ringvorlesung Frau und Wissenschaft Marburg, Wintersemester 1980/81 [Bearbeitung: Wilma Heuken, Brunhilde Janßen, Dörte Mangold, Christina Vanja], Marburg: Selbstverlag 1981.

Brunhilde Janßen: Vorbemerkung (S. 3‒4)

Inhalt (S. 5)

Barbara Händler-Lachmann: Gewandschneiderin ‒ Ärztin ‒ Prostituierte ‒ Das Spektrum der Frauenarbeit in den deutschen Städten des späten Mittelalters (S. 7‒22)

Frauen helfen Frauen e. V./ Marburg: Mißhandlungen in Ehe und Familie als Folge struktureller Gewalt (S. 23‒32)

Marianne Blömer: Der § 218 als Thema in Dramen der 20er Jahre (S. 33-59)

Irene Weber, Otfried Tampl, Bernd Limburger: Gibt es Unterschiede beim Spracherwerb von Mädchen und Jungen? (S. 61‒74)

Sonja Hilzinger: Der Wunsch nach „Berührung“. Über Schreiben von Frauen am Beispiel der DDR-Autorin Christa Wolf (S. 75‒115)

Anschriften der Referentinnen [S. 117]

 

Ringvorlesungsgruppe Marburg (Hrsg.): Ringvorlesung Frau und Wissenschaft Marburg, Sommersemester 1981 [Bearbeitung: Wilma Heuken, Brunhilde Janßen, Doris Pfeiffer, Heike Wagner], Marburg: [Druck] Erich Mauersberger 1982.[121]

Die Ringvorlesungsgruppe: Editorial (S. 3‒4)

Erika Gartmann: Aspekte der Emotionalität in Psychologie und Pädagogik (S. 7‒23)

Senta Trömel-Plötz: Sind Sie angemessen zu Wort gekommen? Zur Konstruktion von Status in Konversationen (S. 25‒54)

Irene Hardach-Pinke: Mutterschaft im Wandel ‒ Ideologie und Alltagsleben in den letzten 200 Jahren (S. 55‒73)

Sigrid Metz-Göckel: Wissenschaft als Arbeitsplatz von Frauen (S. 75‒91)

Anschriften der Referentinnen (S. 93)

Anmerkungen

[1] Vgl. Marie Luise Gansberg 4. Mai 1933 ‒ 4. Februar 2003. Sammlung von Nachrufen, unveröffentlichtes Manuskript (Nachruf Madeleine Marti). Ich danke Madeleine Marti für weiterführende Hilfen, Hinweise und Quellenmaterialien.

[2] Verf.: Wissenschaft, Geschlecht, Gender, Terminologiearbeit ‒ Die deutsche Literaturwissenschaft, München 2017, darin: „1.1 Begriffswörterbücher ‒ das Fallbeispiel Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft (1997‒2003)“ (S. 5‒38).

[3] Ebd., S. 35: „Richtung innerhalb der Literaturwissenschaft, die frauenorientiert forscht.“

[4] Ebd., S. 36: „Richtung innerhalb der Literaturwissenschaft, die männerorientiert forscht.“

[5] Ebd.: „Richtung innerhalb der Literaturwissenschaft, die transpersonenorientiert forscht.“

[6] Ebd.: „Richtung innerhalb der Literaturwissenschaft, die die Geschlechter und ihre Beziehungen in Fiktion und Realität vergleichend untersucht.“

[7] Ebd., S. 35: „Forschungsrichtung innerhalb der Literaturwissenschaft, die geschlechts- und geschlechterbezogene Selbst- und Fremdzuschreibungen dokumentiert und analysiert.“

[8] Das Album gelangte 2003 aus dem Nachlass Gansberg in den Privatbesitz von Madeleine Marti.

[9] Lebenslauf der Marie Luise Gansberg, Bremen, 1.12.1952. Staatsarchiv Bremen: 4,39/42-56.

[10] Logisch betrachtet gibt es kein „künstlerisches Einführungsvermögen“, sondern nur eine ausgeprägte ästhetische Empfindsamkeit. Einfühlungsvermögen kann sich nur auf lebendige Wesen und auf Phantasiegestalten beziehen.

[11] Gansberg war eine sehr gute Schwimmerin (Auskunft Eva D. Becker).

[12] Gertrud Tiersch: Charakteristik der Kl S 13. Staatsarchiv Bremen: 4,39/42-56. Für Scans aus dieser Akte danke ich Peter Strotmann, Schwachhausen Archiv Bremen.

[13] In ihrem Deutschabituraufsatz erwähnte Gansberg Walt Whitman, Herman Melville, William Faulkner und Thomas Wolfe (die Schülerinnen sollten zu dem Zitat „So viel Sprachen man kann, soviel mal ist man Mensch“, ein angeblicher Ausspruch von Kaiser Karl V., Stellung beziehen). Staatsarchiv Bremen: 4,39/42-56.

[14] Für die Genehmigung, aus unveröffentlichten Briefen von Gansberg zu zitieren, habe ich Eva D. Becker sehr zu danken.

[15] Verf.: Wissenschaft, Geschlecht, Gender, Terminologiearbeit, 2017, S. 7f.

[16] Christine Schäfer u. Christiane Wilke: Die Neue Frauenbewegung in München 1968‒1985. Eine Dokumentation, hrsg. von der Frauenakademie München e.V., München Verlag 2000. Elisabeth Zellmer: Töchter der Revolte? Frauenbewegung und Feminismus der 1970er Jahre in München, München 2011.

[17] Anonym: W.O.M.A.N (1948-2010), URL: http://www.addf-kassel.de/dossiers-und-links/dossiers/woman/. Die „Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegung“ (als Verein gegründet 1984) hat ihren Sitz in Kassel. Laut Selbstauskunft sammelt, forscht und publiziert die Stiftung zur Geschichte von Frauen und Frauenbewegungen in der Zeit von 1800 bis in die 1960er Jahre.

[18] Auskunft eines Zeitzeugen, der anonym bleiben will. Das Paar heiratete in Berlin und bekam in München zwei Söhne. In West-Berlin absolvierte Erika Völker ihr Referendariat. Heute lebt sie als Studienrätin a. D in Bremen.

[19] Briefkarte von Marie Luise Gansberg an Eva D. Becker, Heidelberg, 7.5.1962.

[20] Günter Häntzschel: Tradition und Originalität. Allegorische Darstellung im Werk Annette von Droste-Hülshoffs (Studien zur Poetik und Geschichte der Literatur; 9), Stuttgart, Berlin, Köln u. Mainz 1968. Häntzschels Name taucht im Assistenten-Flugblatt Wi-Sem. 1968/69 auf. Verf.: Das Münchener Assistenten-Flugblatt 1968/69 ‒ ein Dokument der Diskriminierungs- und Emanzipationsgeschichte, veröffentlicht im Rahmen der Sammelpublikation „1968 in der deutschen Literaturwissenschaft“ auf literaturkritik.de, URL: https://literaturkritik.de/public/artikel.php?art_id=1133&ausgabe=51.

[21] Friedrich Sengle: Zum geschichtlichen Ort Annettes von Droste-Hülshoff (1797‒1848), in: Sprache und Bekenntnis. Sonderband des Literaturwissenschaftlichen Jahrbuchs, Hermann Kunisch zum 70. Geburtstag gewidmet [hrsg. von Wolfgang Frühwald u. Günter Niggl], Berlin 1971, S. 235‒247. Ders.: Annette von Droste-Hülshoff, in: ders., Biedermeierzeit. Deutsche Literatur im Spannungsfeld zwischen Restauration und Revolution 1815‒1848, Bd. 3: Die Dichter, Stuttgart 1980, S. 592‒639.

[22] Die deutsche Ausgabe erschien unter dem Titel: Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau, Reinbek bei Hamburg 1951 (15. Aufl. 2017).

[23] Auskunft Eva D. Becker.

[24] Personalakte Gansberg der Universität Marburg, Laufzeit: 1971 (Überleitung auf eine H3-Professur). Universitätsarchiv Marburg: 305 f Nr. 801.

[25] Ebd.

[26] Klaus Völker: Brecht und Lukács. Analyse einer Meinungsverschiedenheit, in: Kursbuch 7, 1966, S. 80–101, erneut abgedruckt in: Alternative. Zeitschrift für Literatur und Diskussion 12, 1969, 67/68, S. 134‒147. Werner Mittenzwei: Die Brecht-Lukács-Debatte, in: Sinn und Form. Beiträge zur Literatur [Berlin, Ost] 19, 1967, S. 255‒269. Ders.: Die Brecht-Lukács-Debatte (1967 Neufassung 1975), in: ders. (Hrsg.), Wer war Brecht. Wandlung und Entwicklung der Ansichten über Brecht im Spiegel von ‚Sinn und Form‘, Berlin 1977, S. 361–402. Ders.: Marxismus und Realismus. Brecht-Lukács-Debatte, in: Das Argument 10, 1968, 46, S. 12–43. Ders.: Der Streit zwischen nichtaristotelischer und aristotelischer Kunstauffassung: Die Brecht-Lukács-Debatte, in: [ders. (Hrsg.)], Dialog und Kontroverse mit Georg Lukács. Der Methodenstreit deutscher sozialistischer Schriftsteller, Leipzig 1975, S. 153–203. Lothar Baier: Streit um den Schwarzen Kasten. Zur sogenannten Brecht-Lukács-Debatte, in: Texte + Kritik. Sonderband Bertolt Brecht, Bd. 1, München 1972, S. 37–43. Klaus L. Berghahn: Volkstümlichkeit und Realismus. Nochmals zur Brecht-Lukács-Debatte, in: Basis. Jahrbuch für deutsche Gegenwartsliteratur 4, 1974, S. 7–37.

[27] Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Neuere deutsche Literatur und Kunstwissenschaften: Kommentiertes Vorlesungsverzeichnis, Masch.-Schr. Marburg Wintersemester 1973/74, S. 17‒18. Universitätsarchiv Marburg: 307/9, 5590.

[28] Ludwig-Maximilians-Universität München: Personen- und Vorlesungsverzeichnis für das Wintersemester 1970/71, München 1970. Vgl. Gansbergs Beschreibung des Seminars „Peter Weiss, Theaterstücke“, in: Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Neuere deutsche Literatur und Kunstwissenschaften: Kommentiertes Vorlesungsverzeichnis, Masch.-Schr. Marburg Sommersemester 1976, S. 20: „Über H.M. Enzensberger. Hg. v. Joachim Schickel. es, Bd 403 (Kontroverse Weiss/Enzensberger über Position des linken Schriftstellers der sog. „3. Welt“ gegenüber)“.

[29] Die jüdische Schauspielerin war mit Erika Mann befreundet. Nach dem Krieg war sie temporär Mitglied des Berliner Ensembles von Bertolt Brecht. Von ihrem legendären Brecht-Rezitationsabend existieren diverse Schallplattenaufnahmen.

[30] Durch dieses Buch könnte Gansberg zu ihrem Christa-Reinig-Interviewband inspiriert worden sein.

[31] Beiträge zu den Fortbildungskursen des Goethe-Instituts für ausländische Deutschlehrer an Schulen und Hochschulen 2, 1966, S. 24‒29.

[32] Anna Seghers: Das siebte Kreuz. Ein Roman aus Hitlerdeutschland, México 1942. Buch und Film machten Seghers weltberühmt.

[33] Marie Luise Gansberg 4. Mai 1933 ‒ 4. Februar 2003. Sammlung von Nachrufen, unveröffentlichtes Manuskript (Nachruf Eva D. Becker).

[34] Personalakte Gansberg der Universität München, Laufzeit: 1962‒1970. Universitätsarchiv Marburg: 305 f Nr. 802.

[35] Personalakte Gansberg der Universität Marburg, Laufzeit: 1970‒1993. Universitätsarchiv Marburg: 305 f Nr. 800.

[36] Personalakte Gansberg der Universität Marburg, Laufzeit: 1971 (Überleitung auf eine H3-Professur). Universitätsarchiv Marburg: 305 f Nr. 801.

[37] Jutta Osinski: Männer dozieren, Frauen studieren, in: Der Deutschunterricht 42, 1990, S. 90‒98. Andrea Weiß: Frauen erobern die Uni nur an der Basis. Studentinnenanteil an der Philipps-Uni [Marburg], in: Oberhessische Presse 133, 1998, Nr. 3, 5.1.1998, S. 4.

[38] Siehe zu Gansbergs Lehrveranstaltungen den eigenständigen Projektbeitrag Die Lehrveranstaltungen von Marie Luise Gansberg an den Universitäten Heidelberg, München und Marburg, URL: https://literaturkritik.de/public/artikel.php?art_id=1105&ausgabe=51.

[39] Bericht von Marie Luise Gansberg an den Präsidenten der Universität Marburg, Gießen, 15.8.1984.

[40] Joni Seager: Der Frauenatlas. Daten, Fakten und Informationen zur Lage der Frauen auf unserer Erde, Frankfurt am Main 1986.

[41] Cheryl Benard: Die ganz gewöhnliche Gewalt in der Ehe. Texte zu einer Soziologie von Macht und Liebe, Reinbek bei Hamburg 1979.

[42] Anita Albus: Neue psychoanalytische Theorien der weiblichen Sexualität, in: Axel Matthes (Hrsg.), Maskulin ‒ Feminin, München 1972, S. 169‒202. Vgl. auch Karla Verlinden: Sexualität und Beziehungen bei den „68ern“. Erinnerungen ehemaliger Protagonisten und Protagonistinnen, Bielefeld 2015.

[43] Erika Runge: Frauen. Versuche zur Emanzipation, Frankfurt am Main 1969 (9. Aufl. 1982).

[44] Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Neuere deutsche Literatur und Kunstwissenschaften: Kommentiertes Vorlesungsverzeichnis, Masch.-Schr. Marburg Wintersemester 1984/85, S. 24‒25. Universitätsarchiv Marburg: 307/9, 5594.

[45] Philipps-Universität Marburg. Personal- und Vorlesungsverzeichnis Wintersemester 1972/73, Marburg 1972, S. 278. Philipps-Universität Marburg. Personal- und Vorlesungsverzeichnis Sommersemester 1973, Marburg 1973, S. 280. Im Wintersemester 1985/86 hielt Gansberg ein Seminar über „Politische Frauenbewegung und ‚Frauen-Bilder‘ in der Literatur des deutschen Kaiserreichs 1985/86“.

[46] Erich Ruprecht u. Dieter Bänsch (Hrsg.): Manifeste und Dokumente zur deutschen Literatur, Tl. 1: 1890–1910, Stuttgart 1981. Reinhard Görisch (Hrsg.): Perspektiven der Romantik. Mit Bezug auf Herder, Schiller, Jean Paul, Friedrich Schlegel, Arnim, die Brüder Grimm, Gottfried Keller, Rilke und den Avantgardismus. Beiträge des Marburger Kolloquiums zum 80. Geburtstag Erich Ruprechts (Abhandlungen zur Kunst-, Musik- und Literaturwissenschaft; 377), Bonn 1987. Der in Mannheim geborene Erich Ruprecht (1906–1997) erhielt 1965 einen Ruf nach Marburg. Er stieg in Freiburg zum Professor auf. Vgl. Erich Ruprecht: Zur Situation der Literaturwissenschaft, in: Universitas. Orientieren! Wissen! Handeln! 1, 1946, S. 829‒838.

[47] Dieter Bänsch: Else Lasker-Schüler. Zur Kritik eines etablierten Bildes, Marburg, Philosophische Fakultät, Dissertation vom 13. Dezember 1969 (die Buchhandelsausgabe erschien 1971 im Metzler-Verlag).

[48] Marie Luise Gansberg u. Paul Gerhard Völker: Methodenkritik der Germanistik. Materialistische Literaturtheorie und bürgerliche Praxis, Stuttgart 1970 (4., teilw. überarb. Aufl. 1973). Gansberg verwendete in ihrem Beitrag für die Aufsatzsammlung das damals wissenschaftlicherseits noch unhinterfragte generische Maskulinum (Frauennamen finden sich in ihrem Text keine). Auch im von ihr mitverfassten Assistenten-Flugblatt Wi-Sem. 1968/69 wird durchgehend von Assistenten gesprochen.

[49] Auskunft Harmut Rosshoff.

[50] Ludwig Erich Schmitt: Die Germanistik an der Universität Marburg, in: Germanistik. Deutsche Literatur in zeitgenössischen und neuen Ausgaben. Forschungsgeschichte der Germanistik. Deutsche Literaturgeschichte. Deutsche Sprache. Altnordisch und Gotisch. Indogermanistik. Allgemeine Sprachwissenschaft [bearbeitet von Walther Gose] (Mitteilungen aus dem Antiquariat [N. G. Elwert]; 116), Marburg 1957, S. III-IX. Ludwig Erich Schmitt (1908‒1994), 1956 Professor für Germanische Philologie an der Universität Marburg und Direktor des Deutschen Sprachatlasses, 1967 ebenda Direktor des Instituts für Germanische Sprachen und Literaturen, emeritiert zum 30.3.1976. Siehe auch Kai Köhler, Burghard Dedner u. Waltraud Strickhausen (Hrsg.): Germanistik und Kunstwissenschaften im „Dritten Reich“. Marburger Entwicklungen 1920‒1950 (Academia Marburgensis. Beiträge zur Geschichte der Philipps-Universität Marburg; 10), München: Saur 2005.

[51] Ulrich Hoffmann: Sprache und Emanzipation. Zur Begrifflichkeit der feministischen Bewegung, Frankfurt am Main u. New York/NY 1979.

[52] Auch diese Information übermittelt mir Dorothea Bänsch.

[53] Montana Katz: Get Smart!: A Woman’s Guide to Equality on Campus, New York/NY 1988. Christine Färber: Sexuelle Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen an der Hochschule. Dokumentation der Zentralen Frauenbeauftragten der Freien Universität Berlin, Berlin 1992. Astrid Ebner-Zarl: „Ganz okay, aber bloß nicht übertreiben … “. Die Einstellung von Studentinnen zu Feminismus vor dem Hintergrund von fortgesetzter Frauendiskriminierung (Schriften der Johannes-Kepler-Universität Linz. Reihe B: Wirtschafts- und Sozialwissenschaften; 147), Linz 2012.

[54] Ilse Lenz (Hrsg.): Die Neue Frauenbewegung in Deutschland. Abschied vom kleinen Unterschied. Eine Quellensammlung, Wiesbaden 2008 (2. Aufl. 2010). Dies.: (Hrsg.): Die Neue Frauenbewegung in Deutschland. Abschied vom kleinen Unterschied. Ausgewählte Quellen, Wiesbaden 2009.

[55] Die Neue Frauenbewegung in Marburg 1968 bis 1980 (Projektbericht) Philipps-Universität Marburg FB 03, Institut für Politikwissenschaft, Seminar Gender Politics. Projektbetreuerinnen: Ingrid Kurz-Scherf, Julia Graf, Marburg 2010. Dieter Kramer u. Christina Vanja (Hrsg.): Universität und demokratische Bewegung. Ein Lesebuch zur 450-Jahrfeier der Philipps-Universität Marburg (Schriftenreihe für Sozialgeschichte und Arbeiterbewegung der Studiengesellschaft für Sozialgeschichte und Arbeiterbewegung Marburg; 5), Marburg 1977. Susanne Maurer: Marburger Studentinnen und die neue Frauenbewegung, in: Marita Metz-Becker u. Susanne Maurer (Hrsg.), Studentinnengenerationen. Hundert Jahre Frauenstudium in Marburg, Marburg 2010 (Marburger Stadtschriften zur Geschichte und Kultur; 96), S. 161‒175.

[56] Irene Häderle: Die Neue Frauenbewegung an der Justus-Liebig-Universität Gießen 1973 bis 1989, in: Vom heimischen Herd in die akademische Welt. 100 Jahre Frauenstudium an der Universität Gießen 1908‒2008. Hrsg. im Auftrag des Präsidenten der Justus-Liebig-Universität von Marion Oberschelp, Gießen 2008, S. 83‒105.

[57] Vgl. zu Marburg in den 1970er-Jahren aus Männersicht: Ulrich Raulff: Wiedersehen mit den Siebzigern. Die wilden Jahre des Lesens, Stuttgart 2014.

[58] Die Titelformulierung „Frau und Wissenschaft“ war nicht neu: Anita Grandke: Frau und Wissenschaft. Referate und ausgewählte Beiträge [Protokoll der Arbeitstagung des Wissenschaftlichen Beirates „Die Frau in der sozialistischen Gesellschaft“ bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 21.‒22.3.1967, zum Thema „Die gesellschaftliche Stellung der Frau in der DDR und die Aufgaben der Wissenschaft“], Berlin 1968.

[59] Die erste Professur für Frauenforschung kam in der Literaturwissenschaft 1984 an der Freien Universität Berlin ganz allein dadurch zustande (erste Stelleninhaberin: Marlies Janz), dass Gerhard Bauer und Anke Bennholdt-Thomsen freiwillig je einen Teil ihrer Professur abgaben, damit eine neue Stelle geschaffen werden konnte. Die Denomination lautete „Stellung der Frau im literarischen Prozeß“. Vgl. Ulla Bock: Pionierarbeit. Die ersten Professorinnen für Frauen- und Geschlechterforschung an deutschsprachigen Hochschulen 1984‒2014 (Politik und Geschlechterverhältnisse; 55), Frankfurt am Main 2015, S. 49, 293‒294.

[60] URL: https://www.uni-marburg.de/genderzukunft/studium/studienfuehrer-gender/institutionalisier-ungfemwis (9.4.2010).

[61] Über die Dissertation des Sengle-Schülers Dietrich Bode äußerte sich Gansberg brieflich wie folgt: „Ich geriet über Bodes ‚Werk‘ und fand es ganz proper, nur etwas langweilig, etwas wenig ‚große Linie‘, wenig ‚Spekulation‘, was ja auch dem persönlichen Eindruck entspricht. S. im Vorwort erläutert, daß es sich bei diesen ‚Germanistischen Abhandlungen‘ um ‚Spezialuntersuchungen fortgeschrittener Germanisten und überdurchschnittlicher Dissertationen‘ handeln solle (Bode ist Nr. I), mit anderen Worten ‚um Wissenschaft im strengeren Sinne‘ (wohl im Gegensatz zur Metzler’schen ‚Reihe‘?!). Im Fortgang erklärt er, inwiefern Bode ‚asketisch‘ und nicht essayistisch wäre und wieso Britting ein Gegenstand der ernsthaften Forschung.“ Brief von Marie Luise Gansberg an Eva D. Becker, Heidelberg, 3.8.1962. Vgl. Dietrich Bode: Georg Britting. Gedichte seines Werkes. Mit einem Vorwort von Friedrich Sengle (Germanistische Abhandlungen; 1), Stuttgart 1962. Dietrich Bode (1934‒2014) wurde 1981 Geschäftsführer des Reclam-Verlages.

[62] Ludwig-Maximilians-Universität München: Personen- und Vorlesungsverzeichnis für das Wintersemester 1966/67, München 1966, S. 300.

[63] Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Neuere deutsche Literatur und Kunstwissenschaften: Kommentiertes Vorlesungsverzeichnis, Masch.-Schr. Marburg Wintersemester 1974/75, S. 15‒16. Universitätsarchiv Marburg: 307/9, 5590. Zwei weitere Seghers-Seminare folgten 1979 („Anna Seghers: Interpretation ausgewählter Erzählungen“) und 1987/88 („Anna Seghers“).

[64] Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Neuere deutsche Literatur und Kunstwissenschaften: Kommentiertes Vorlesungsverzeichnis, Masch.-Schr. Marburg Wintersemester 1972/73 ‒ Sommersemester 1993. Universitätsarchiv Marburg: 307/9, 5590‒5598.

[65] Mit Stand 2016 verzeichnet die seit 1986 existierende Datenbank Schriftstellerinnen in Deutschland, Österreich, Schweiz 19452008 (DaSinD) 38.655 Schriftstellerinnen und literarische Übersetzerinnen (Zielsprache Deutsch) mit ihren selbstständig erschienenen und in Anthologien veröffentlichten Werken.

[66] Im Kommentierten Vorlesungsverzeichnis finden sich zu den zwei Seminaren keine Beschreibungen.

[67] Die Gansberg-Schülerin Barbara Seifert übermittelte mir die Information, die Studentinnen hätten auf das Proseminar „Probleme weiblicher Kunstproduktion“ 1978/79 schon gewartet: „Es war brandneu und über 100 Frauen kamen.“ Die Seminarteilnehmerinnen hätten die folgende Neuerscheinung des Journalisten und Schriftstellers Jürgen Serke verschlungen: Frauen schreiben. Ein neues Kapital deutschsprachiger Literatur, Hamburg 1979.

[68] Renate Möhrmann: Feministische Ansätze in der Germanistik seit 1945, in: Jahrbuch für internationale Germanistik 11, 1979, S. 63‒84.

[69] Feminismusforschung umfasst auch die Prozesse der Assimilierung von feministischen Inhalten in institutionellen Kontexten wie etwa der universitären Forschung und Lehre.

[70] Helge Pross: Über die Bildungschancen von Mädchen in der Bundesrepublik, Frankfurt am Main 1969. Gansberg zitiert in ihrem Aufsatz Massenemigration deutscher Schriftsteller 1933‒47 (1966) die 69 Seiten umfassende Studie: Helge Pross: Die deutsche akademische Emigration nach den Vereinigten Staaten 1933–1941. Mit einer Einführung von Franz L. Neumann, Berlin 1955. Vgl. Sigrid Metz-Göckel: Helge Pross, Prof. Dr.phil. (1927‒1984). Eine Pionierin der Frauenforschung in der Nachkriegszeit, in: Anne Schlüter (Hrsg.), Pionierinnen ‒ Feministinnen ‒ Karrierefrauen? Zur Geschichte des Frauenstudiums in Deutschland, Pfaffenweiler 1992, S. 247-253.

[71] Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Hilke Schlaeger, Lektorat Frauenoffensive Verlagsgesellschaft mbH, München.

[72] Mit Beiträgen von Gisela Bock, Helga Grubitzsch, Silvia Kontos, Karin Walser, Margaret Prescod-Roberts, Christina Thürmer-Rohr, Irene Stroehr und Claudia von Werlhof.

[73] Vgl. zu Bovenschen meine kritischen Anmerkungen in: Wissenschaft, Geschlecht, Gender, Terminologiearbeit, 2017, S. 19, Anm. 50 u. S. 45f.

[74] Sigrid Weigel: Die Stimme der Medusa: Schreibweisen in der Gegenwartsliteratur von Frauen, Dülmen-Hiddingsel 1987, S. 95, 97, 313 (Neuausgabe Reinbek bei Hamburg 1989).

[75] E-Mail von Sigrid Weigel an die Verf., Berlin, 14.1.2018.

[76] Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Neuere deutsche Literatur und Kunstwissenschaften: Kommentiertes Vorlesungsverzeichnis, Masch.-Schr. Marburg Wintersemester 1987/88, S. 31. Universitätsarchiv Marburg: 307/9, 5596.

[77] Hier eine Auflistung aller von Gansberg angebotenen Examenskolloquien: Kolloquium für Examenskandidaten 1979/80, Kolloquium für Examenskandidaten/innen 1984, Kolloquium für Examenskandidat/innen 1985, Kolloquium für Examensleute 1986, Kolloquium für Examensleute 1986/87, Kolloquium für Examensleute 1987/88, Kolloquium für Examensfrauen 1988, Examenskolloquium 1990/91, Kolloquium für ExamenskandidatInnen 1992, Kolloquium für Examenskandidatinnen/-kandidaten 1992/93, Kolloquium für ExamenskandidatInnen 1993.

[78] Noch 1999 schrieb Gansberg Madeleine Marti eine Karte, in der sie sich bei ihr erkundigte, ob sie schon die neueste Erzählung von Reinig kenne, erschienen in der Eremiten-Presse (Düsseldorf).

[79] Gleichwohl wird Gansberg in dem informativen Lexikonartikel von Katrin Gut nicht erwähnt: Feministische Literaturwissenschaft, in: Georg Braungart, Harald Fricke, Klaus Grubmüller u. a. (Hrsg.), Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Neubearbeitung des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte, 3 Bde., Berlin u. New York/NY 1997‒2003, Bd. 1, S. 575–577.

[80] Rundbrief Frauen in der Literaturwissenschaft [Hamburg] 5, 1987, 13, S. 8. Auf die Kurzmitteilung machte mich Madeleine Marti aufmerksam.

[81] Verf.: Wissenschaft, Geschlecht, Gender, Terminologiearbeit, 2017, S. 6‒8. Ob Gansberg den Begriff „Gender“ verwendete, konnte von mir nicht geklärt werden.

[82] Ebd., S. 6, Anm. 8: „Ich selbst begreife ‚Feministische Literaturwissenschaft‘ (Feminist Literary Criticism) als Forschungsrichtung. Diese wird gelegentlich in Analogiebildung zu „Marxistische Literaturwissenschaft“ (RLW, Bd. 2, S. 541: ‚Ensemble literaturwissenschaftlicher Methoden‘) als Methode bezeichnet, vgl. zuletzt Jost Schneider (Hg.), Methodengeschichte der Literaturwissenschaft, Berlin u. New York/NY 2009, darin: Sara Lennox: Feministische Literaturwissenschaft (S. 133‒154). Durch die Gleichsetzung von weltanschaulichen Grundprämissen mit Erkenntnismethoden, die wissenschaftliche (Beweis-)Verfahren außer Kraft setzen oder auf eine nachrangige Position verweisen, wird Wissenschaftlichkeit ausgehöhlt.“

[83] Vgl. die Definition von Katrin Gut in Band 1 des Reallexikons der deutschen Literaturwissenschaft (1997): „Feministische Literaturwissenschaft, Inbegriff für literaturwissenschaftliche Arbeiten, deren Forschungsinteresse mit Leitideen der Frauenbewegung verknüpft ist.“ (S. 575)

[84] Brief von Marie Luise Gansberg an Eva D. Becker, Gießen, 20.12.1994.

[85] Georg Auernhammer, Friedhelm Guttandin, Walter Fuchs u.a. (Hrsg.): Frauenforschungsprojekt Marburg. Literatur, Psychoanalyse, Kunst, Film, Sozialgeschichte, Frauenbewegung (Randgänge der Pädagogik; 13), Marburg 1980.

[86] Susanne Asche: Die Liebe, der Tod und das Ich im Spiegel der Kunst. Die Funktion des Weiblichen in Schriften der Frühromantik und im erzählerischen Werk E. T. A. Hoffmanns (Hochschulschriften Literaturwissenschaft; 69), Königstein im Taunus 1985 (Marburg, Fachbereich 09, Dissertation von 1984). Gutachter: Gert Mattenklott und E. Theodor Voss.

[87] Susanne Asche und Désirée Schmitz kannte Harmut Rosshoff persönlich aus Germanistikseminaren. Zu Sylvia Lichtenberg (sie studierte Anglistik und Germanistik) vgl. Harmut Rosshoff: Ein sehr subjektiver Rückblick auf 68, URL: https://literaturkritik.de/public/artikel.php?art_id=1128&ausgabe=51.

[88] Siehe die Beiträge unter dem Gliederungspunkt F „Frauenbewegungen und Gleichstellungspolitiken“, in: Ruth Becker u. Beate Kortendiek (Hrsg.), Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung. Theorie, Methoden, Empirie, 3., erw. u. durchges. Aufl. Wiesbaden 2010, S. 867‒946.

[89] Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Neuere deutsche Literatur und Kunstwissenschaften: Kommentiertes Vorlesungsverzeichnis, Masch.-Schr. Marburg Wintersemester 1980/81, Nachtrag S. 1‒3. Universitätsarchiv Marburg: 307/9, 5593.

[90] Der genaue Eintrag lautet: „FB 09: Prof. Dr. M. L. Gansberg (Neue deutsche Literatur), Tel. 28-4667“.

[91] Frauenvorlesungsverzeichnis (Hrsg.: Kommission für Frauenförderung und Frauenforschung, Zentrale Arbeitsstelle für Studienorientierung und -beratung (ZAS) an der Philipps-Universität, Marburg) (Laufzeit: Wintersemester 1989/90 ‒ Sommersemester 1993). Fortsetzung unter dem Titel: Veranstaltungskalender für Frauen. Vorlesungsverzeichnis, Weiterbildungsangebote für Beschäftigte, Veranstaltungen, Ausstellungen etc. (Hrsg.: Frauenbeauftragte der Philipps-Universität Marburg) (Laufzeit: Wintersemester 1993/94 ‒ Sommersemester 1997). Fortsetzung unter dem Titel: Veranstaltungskalender Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterstudien. Vorlesungen, Seminare und andere Veranstaltungen, Weiterbildungsangebote (Hrsg.: Philipps-Universität Marburg, Der Präsident) (Laufzeit: Wintersemester 1997/98 ‒ Sommersemester 1998).

[92] „…das erste und einzige feministische Archiv in Marburg“. 15 Jahre Feministisches Archiv Marburg. Ein Projekt der Studentinnen- und Frauenbewegung. Hrsg. von Anke Heimberg im Auftrag des Feministischen Archivs Marburg im AStA der Philipps-Universität Marburg (Reihe Hochschule; 5), Marburg 2005. Der Band erschien im BdWi-Verlag.

[93] Brief von Martin Warnke an den Präsidenten der Universität Marburg, Marburg, 27.9.1972. Der damalige Präsident, Rudolf Zingel (SPD), war ein Jurist (gewählt am 2.2.1971, Amtszeit 1971 bis 1979).

[94] Verf.: Wissenschaft, Geschlecht, Gender, Terminologiearbeit, 2017, darin: „1.3 Aufstellungs-/Fachsystematiken ‒ das Fallbeispiel der Bereichsbibliothek Germanistik und Medienwissenschaft der Philipps-Universität Marburg im Vergleich zur Genderbibliothek an der Humboldt-Universität zu Berlin“ S. 41‒56, hier S. 45, 54.

[95] URL: https://www.dla-marbach.de/bibliothek/spezialsammlungen/ (keine Datumsangabe).

[96] Werner Besch: Duzen, Siezen, Titulieren. Zur Anrede im Deutschen heute und gestern, Göttingen 1996.

[97] Mir lag das Exemplar von Eva D. Becker vor.

[98] Marie Luise Gansberg: Erstgutachten zur Dissertation von Frau Madeleine Marti über das Thema „Die Darstellung lesbischer Frauen in der deutschsprachigen Literatur seit 1945“, Masch.-Schr., Gießen, 12.1.1991. ‒ Die Beiträge zu Johanna Moosdorf, Christa Reinig und Marlene Stenten in dem Metzler-Verlagswerk Frauenliebe ‒ Männerliebe. Eine lesbisch-schwule Literaturgeschichte in Porträts (Stuttgart 1997) verfasste Madeleine Marti.

[99] Verf.: Wissenschaft, Geschlecht, Gender, Terminologiearbeit, 2017, darin: „Begrifflichkeiten im Wandel: Autorin, Schriftstellerin, Frauenkultur“ (S. 60–91), hier S. 89f.: „Was infolge der Marginalisierung des Begriffes ‚Frauenkultur‘ im RLW neben vielem anderen aus dem Gesichtskreis tritt, ist der Aspekt der Ausbildung von Frauenkulturen und der Artikulation von Fraueninteressen innerhalb der deutschen Literaturwissenschaft. Der Begriff der Männerkultur bleibt außer Betracht, obwohl wahrscheinlich niemand in Abrede stellen wird, dass das Fach Germanistik bis weit über die Anfänge des Frauenstudiums hinaus eine Männerdomäne war und der Männerdiskurs und männliche Interessen das wissenschaftliche Feld beherrschten.“

[100] Axel Esser: Mobbing und seine Relevanz für die Gleichstellungsarbeit, in: Karin Reiche (Hg.), Frauen an Hochschulen. Förderung, Konkurrenz, Mobbing […]. Dokumentation zur 10. Tagung der Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen im Freistaat Sachsen, Dresden, 28.‒29.9.1995, Dresden 1995, S. 46‒64.

[101] E-Mail von Hartmut Rosshoff an die Verf., Zürich, 22.7.2018.

[102] Jost Hermand: Die literarische Formenwelt des Biedermeiers (Beiträge zur deutschen Philologie; 27), Gießen 1958 (Marburg, Philosophische Fakultät, Dissertation vom 22. Juni 1955). Jost Hermand (* 1930 in Kassel) war ein Schüler von Friedrich Sengle. Er lehre von 1957 bis zu seiner Emeritierung Neuere deutsche Literatur und Kulturgeschichte an der Universität Wisconsin in Madison.

[103] Marie Luise Gansberg an Eva D. Becker, Gießen, 20.12.1994.

[104] Sabine Bode: Die vergessene Generation. Die Kriegskinder brechen ihr Schweigen. Mit einem Nachwort von Luise Reddemann, 10. Aufl. Stuttgart 2013 (1. Aufl. 2004). ‒ Zu den (Re-)Traumatisierungen von Gansberg siehe: Verf.: Marie Luise Gansberg: die Erfolgreiche, die Tabubrecherin, die Traumatisierte, URL: https://literaturkritik.de/public/artikel.php?art_id=1102&ausgabe=51.

[105] Karl Reitter: Der König ist nackt. Eine Kritik an Sigmund Freud (Österreichische Texte zur Gesellschaftskritik; 62), Wien 1996.

[106] Die Psychotraumatologie wurde in Deutschland erst in den 1990er-Jahren aufgebaut. Vgl. Gottfried Fischer u. Peter Riedesser: Lehrbuch der Psychotraumatologie. Mit 20 Tabellen, München u. Basel 1998 (4., akt. u. erw. Aufl. 2016). ‒ Traumatisierungen werden im Körper gespeichert, daher ist Traumbewältigung ohne professionelle Hilfe so gut wie unmöglich und Gespräche helfen nur bedingt oder gar nicht. Vgl. Dami Charf und Luisa Duvenbeck: Trauma verstehen. Eine Einführung in Therapie und Theorie [o. J.], URL: www.traumaheilung.de.

[107] Eine wichtige Zeugin ist in dieser Hinsicht Mechthild Beerlage (Name als Schriftstellerin: Ahima Beerlage).

[108] Noch 1994 sprach Gansberg gegenüber Becker davon, ihre autodidaktisch erworbenen Grundkenntnisse des Autogenen Trainings in einem Kurs aufzufrischen. Brief von Marie Luise Gansberg an Eva D. Becker, Gießen, 20.12.1994.

[109] Sabine Morgan: Wenn das Unfassbare geschieht ‒ vom Umgang mit seelischen Traumatisierungen. Ein Ratgeber für Betroffene, Angehörige und ihr soziales Umfeld, Stuttgart 2003 (3., überarb. u. erw. Aufl. 2017).

[110] Siehe auch: Verf.: Briefliche Begegnungen: Marie Luise Gansberg und Friedrich Sengle, https://literaturkritik.de/public/artikel.php?art_id=1104&ausgabe=51.

[111] Personalakte Gansberg der Universität Marburg, Laufzeit: 1970‒1993. Universitätsarchiv Marburg: 305 f Nr. 800.

[112] Brief von Marie Luise Gansberg an Eva D. Becker, Gießen, 20.12.1994, darin: „…konnte ich mich dieses Jahr zu keiner Kur entschließen. Ich dachte an 1989, wo ich aus der Klinik Königstein nach 10 Wochen kränker herauskam als ich reingegangen war.“

[113] Brenda Strohmaier: Hochsensibilität ist eine unterschätzte Besonderheit (12.3.2015), in: Die Welt Online, URL: https://www.welt.de/icon/article138037615/Hochsensibilitaet-ist-eine-unterschaetzte-Besonderheit.html. In dem Artikel wird Anne Heintze mit ihrer Forderung zitiert, „dass endlich auch Schulen und Hochschulen in ihren Lehrplänen Erkenntnisse darüber verankern, wie Menschen sich in ihrer Empfindsamkeit unterscheiden.“ Vgl. Anne Heintze: Außergewöhnlich normal. Hochbegabt, hochsensitiv, hochsensibel. Wie Sie Ihr Potential erkennen und entfalten, München 2013. ‒ Siehe den „Informations- und Forschungsverbund Hochsensibilität e.V. “ (http://www.hochsensibel.org/). Vgl. auch Luca Rohleder: Berufung für Hochsensible. Die Gradwanderung zwischen Genialität und Zusammenbruch, 3. Aufl. Leipzig 2016. Birgit Trappmann-Korr: Hochsensitiv. Einfach anders und trotzdem ganz normal. Leben zwischen Hochbegabung und Reizüberflutung, Kirchzarten bei Freiburg 2010.

[114] Brigitte Schorr: Hochsensible im Beruf. Wie empfindsame Menschen leben und arbeiten, Holzgerlingen 2018. Susan Marletta-Hart: Hochsensibilität und Stress, Bielefeld 2018. ‒ Für wertvolle Korrektur- und Literaturhinweise habe ich Susanne Loetzsch sehr zu danken.

[115] Ein Indikator für den Wandel der Stimmung an der Basis sind die folgenden Studieneinführungen: Wolf Wagner: Uni-Angst und Uni-Bluff. Wie studieren und sich nicht verlieren, Berlin 1977 (4. Aufl. 1997; Neuausgabe Berlin 2007). Armin Himmelrath: Handbuch für Unihasser, Köln 2009.

[116] Roger Paulin: Die Vorkommnisse in Deutschland wurden in Großbritannien mit einer Mischung aus Faszination, Besorgnis und Schrecken verfolgt, URL: https://literaturkritik.de/public/artikel.php?art_id=1126&ausgabe=51.

[117] Personalakte Gansberg der Universität Marburg, Laufzeit: 1971 (Überleitung auf eine H3-Professur). Universitätsarchiv Marburg: 305 f Nr. 801. Gerne hätte ich mit Herrn Bauer persönlich Kontakt aufgenommen, was aber leider nicht möglich war. Nach Aussage von Wolfgang Emmerich (Bremen) gehörten Horst Domdey (* 1933), Gerhard Bauer (* 1935), Helmut Lethen (* 1939), Friedrich Rothe (* 1939) und Rüdiger Safranski  (* 1945) 1970 zu den Gründungsmitgliedern der maoistisch orientierten Kommunistischen Partei Deutschlands/Aufbauorganisation (KPD/AO), scherzhaft KPD/FU genannt.

[118] Mail von Christina Vanja an die Verf., Staufenberg, 18.7.2018. Vgl. Christina Vanja: Luise Berthold ‒ ihr Lebensweg. Eine Festschrift zu ihrem neunzigsten Geburtstag, hrsg. vom Deutschen Akademikerinnenbund e. V., Marburg 1981.

[119] 1976 erschien in Frankfurt am Main Band 6 der von Hans Sveistrup (1889‒1946) und Agnes von Zahn-Harnack (1884‒1950) 1934 begründeten und 1991 zum letzten Mal herausgegebenen Bibliographie: Die Frauenfrage in Deutschland. Strömungen und Gegenströmungen 1790‒1930. Sachlich geordnete und erläuterte Quellenkunde, Burg 1934 (3. Aufl., unveränderter Nachdruck 1984).

[120] Walter Kröll war Physiker (gewählt am 17.11.1978, Amtszeit 1979 bis 1987).

[121] Ich danke Roman Klarfeld vom Frauenforschungs-, -bildungs- und -informationszentrum (FFBIZ) Berlin für das gescannte Inhaltsverzeichnis dieser Ringvorlesung.