Leider ein Mythos

Friedrich Dürrenmatt, der makabre Possenreißer (1981)

Von Marcel Reich-RanickiRSS-Newsfeed neuer Artikel von Marcel Reich-Ranicki

Über Friedrich Dürrenmatt, der heute sechzig Jahre alt wird, konnte man in den letzten Tagen ebenso in deutschen wie in schweizerischen Magazinen viel lesen. Aber es fällt auf, dass diejenigen, die zu Wort gekommen sind, sich zwar ausführlich mit der Person und dem Lebenswandel des Jubilars befassen, noch einmal sein oft beschriebenes Haus schildern, seine bissigen Äußerungen zitieren und allerlei Anekdoten erzählen, doch wenig Lust haben, auf das einzugehen, was seinen Ruhm begründet hat – auf sein Werk.

Dürrenmatt sei „so etwas wie ein Mythos geworden“ – meinte Georg Hensel in der F.A.Z. vom 3. Januar. Fast alle Beiträge aus Anlass des Geburtstages bestätigen diesen Befund: Ein Mythos wird gefeiert, ein Autor auf den Denkmalssockel gehievt und damit ins Literarhistorische erhoben und zugleich ins Museale entlassen. Das ist zwar bequem, aber auch bedenklich. Neu ist es freilich nicht.

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