Jemand mußte Otto G. verleumdet haben…
Kafka, Werfel, Otto Gross und eine „psychiatrische Geschichte“ (1984)
Von Thomas Anz
Woher diese Maßlosigkeit der Empörung? Nicht die stärksten Worte scheut Kafka, um seine Betroffenheit angemessen auszudrücken. „Ekel“ und „Entsetzen“ bekundet er, nennt sich selbst „beleidigt“, „unglücklich“, „verzweifelt“ und das Drama seines sonst so bewunderten Freundes einen „dreiaktigen Schlamm“, die Hauptfiguren eine „Höllenerscheinung“. Das Stück „geht mir sehr nahe, trifft mich abscheulich im Abscheulichsten“, schreibt er im Dezember 1922 an Max Brod. Er selbst sei sich „über die Gründe des Widerwillens nicht ganz im klaren“; dennoch versucht er sie zu formulieren. Dunkel bleibt die Angelegenheit gleichwohl. Geht man ihr nach, lassen sich einige Aufschlüsse gewinnen über Kafka und über das, was ihn zu einem Repräsentanten seiner, der expressionistischen Generation machte.
Um Franz Werfels „Schweiger“ geht es zunächst, ein bestenfalls zweitrangiges, wenn nicht gar einfältiges, heute allenfalls als Zeitdokument interessantes Drama, das freilich damals mit einigem Erfolg aufgeführt wird. Kafka liest das Stück, führt darüber mit Werfel, als dieser ihn in Prag besucht, ein quälendes Gespräch. Es belastet ihn „die ganze Nacht über“ – wohl auch, weil er einen ihm teuren Freund und ein geachtetes Vorbild zu verlieren fürchtet.
... [Weiterlesen]Weitere Informationen auf der Seite unseres Verlags LiteraturWissenschaft.de