Auswanderung der Daniten. Entstehung des Heiligtums zu Dan

Auswanderung der Daniten. Entstehung des Heiligtums zu Dan

(Richter XVII 1) Es war ein Mann auf dem Gebirge Efraim mit Namen Micha; (5) der baute ein Gotteshaus, machte einen Efod und einen Terafim und stellte einen seiner Söhne als Priester an. (7.8) Eines Tages kam ein junger Mann zum Hause Michas. (9) Micha fragte ihn woher er käme. Er antwortete: „Ich bin ein Lewit[1] aus Bethlehem in Juda.“ (10) Da bat ihn Micha: „Bleib bei mir als mein Vater und Priester! ich will dir jährlich zehn Silberlinge, dazu Kleidung und Lebensunterhalt geben.“ (11) Der Lewit willigte ein; und Micha hielt ihn wie einen seiner Söhne, (13) denn er dachte: „Jetzt bin ich gewiß, daß Jahwe mir Gutes tun wird, weil der Lewit mein Priester geworden ist.“

(XVIII 1) Zu der Zeit suchte der Stamm der Daniten einen Wohnsitz.[2] (2) So schickten sie fünf Männer aus, das Land zu erkunden. (3) Als diese beim Hause Michas vorbeikamen und den Lewiten sprechen hörten,[3] blieben sie stehn und fragten: „Wer hat dich hierher gebracht? was machst du hier?“ (4) „Micha hat mich in seinen Dienst genommen, ich bin sein Priester geworden.“ (5) Da baten sie ihn: „Befrage doch Gott, ob unsre Reise Erfolg haben wird!“ (6) Der Priester antwortete: „Glückauf! Jahwes Auge begleitet euch auf eurer Reise.“ Er antwortete:

(7) Nun zogen die fünf Männer weiter und kamen nach Lais[4]; und sie sahen daß seine Bewohner ruhig und sorglos lebten, an nichts Mangel litten und fern von den Sidoniern[5] und ohne Verbindung mit den Aramäern waren. (8) Als sie wieder zu ihren Stammesgenossen zurückgekehrt waren, (9) berichteten sie: „Wir haben gesehn daß das Land sehr schön ist. Säumt nicht es in Besitz zu nehmen! (10) Wenn ihr hinkommt, findet ihr ein Volk das sich ganz sicher dünkt.“

(11) Da brachen die Daniten auf, sechshundert waffentragende Männer. (13) Als sie auf das Gebirge Efraim zum Hause Michas kamen, (14) sagten die fünf, die als Kundschafter ausgezogen waren, zu den andern: „In diesen Häusern befindet sich ein Efod und ein Terafim; überlegt war ihr da zu tun habt!“ (15) Mit diesen Worten traten die fünf ins Haus und begrüßten den jungen Lewiten; (16) die sechshundert Bewaffneten aber stellten sich vor dem Tore auf. (17) Unterdessen nahmen jene den Efod und den Terafim. (18) Als der Priester sie fragte: „Was macht ihr da?“ (19) antworteten sie: „Schweig still! Zieh mit uns und sei unser Vater und Priester! Was ist besser für dich:Priester für das Haus eines einzelnen Mannes zu sein oder Priester eines ganzen Stammes in Israel?“ (20) Da willigte der Priester ein und schloß sich ihnen an.

(21) Nun zogen die Daniten weiter, Frauen Kinder Vieh und Gepäck voran. (22) Doch kaum hatten sie sich ein wenig vom Hause Michas entfernt, da rotteten sich Michas Nachbarn zusammen und setzten ihnen nach. (23) Als die Daniten ihr Geschrei hörten, wandten sie sich um und fragten Micha: „Was fällt dir ein, so einen Auflauf zu machen?“ (24) Er erwiderte: „Meinen Gott, den ich mir gemacht, habt ihr genommen samt dem Priester und seid damit abgezogen. Was bleibt mir noch?“ (25) Jetzt drohten sie Daniten: „Wir möchten nicht länger dein Geschrei hören; es könnten sonst Männer voll Wut über euch herfallen, und das würde dir und den Deinen das Leben kosten.“ (26) Damit zogen sie ihres Weges. Da Micha sah daß sie stärker waren als er, ließ er von ihnen ab und kehrte nach Hause zurück.

(27) Die Daniten aber überfielen das ruhige und sorglose Lais, erschlugen die Bewohner und verbrannten die Stadt. (28) Niemand kam zu Hilfe. Dann bauten sie die Stadt wieder auf und wohnten darin, (29) nannten sie nun aber Dan.[6]

Erklärungen

[1] Berufspriester.

[2] Der aus der Simsonsage bekannte Wohnsitz des Stammes Dan mochte diesem durch das Vordringen der übermächtigen Filister verleidet sein.

[3] Sie erkennen an seiner Mundart, daß er kein Efraimit ist, sondern aus Juda stammt.

[4] An einer der Jordanquellen.

[5] Föniziern.

[6] Dans Heiligtum wurde nach Salomos Tode durch Jerobeam I. neben Betel zum Reichsheiligtum erhoben. Vgl. 1.Könige XII 26-29!

Der geschichtliche Wert des Josuabuches ist sehr gering, die Geschichtlichkeit Josuas sehr umstritten. Die Auffassung, daß die israelischen Stämme in gemeinsamem Kriegszuge die Könige Kanaans niedergeworfen hätten, steht im Widerspruch zu der in Richter I herrschenden, daß die israelischen Stämme zur Eroberung des Westjordanlandes einzeln oder gruppenweise antraten, und zu der Tatsache, daß es ihnen damals in vielen Fällen nicht gelang, die Kanaaniten aus den festen Städten und fruchtbaren Ebenen zu vertreiben. Erst als Israel unter seinen ersten Königen erstarkte, wurden die letzten Kanaaniten unterworfen und aufgesogen (vgl. 2. Samuel XXI 2 V 6-9!).