Delilas Verrat. Simsons Untergang

Delilas Verrat. Simsons Untergang

(Richter XVI 4) Danach geschah es, daß Simson im Rebental eine Frau lieb gewann mit Namen Delila. (5) Zu der kamen die Fürsten der Filister und sagten: „Betör ihn und such zu erfahren wodurch seine Kraft so groß ist und wie wir ihn bezwingen können! Dann wollen wir dir jeder elfhundert Silberlinge geben.“

(6) Da sagte Delila zu Simson: „Sag mir doch wodurch deine Kraft so groß ist und womit man dich binden kann!“ (7) Simson erwiderte: „Wenn man mich mit sieben frischen Darmsaiten bände, so würde ich schwach und wie ein andrer Mensch.“ (8) Da brachten ihr die Fürsten der Filister sieben frische, noch nicht getrocknete Darmsaiten, und sie band ihn damit. (9) Als sie ihm aber zurief: „Filister über dir, Simson!“ da zerriß er die Darmsaiten wie man einen Faden zerreißt der vom Feuer versengt ist; aber seine Kraft ward nicht kund.

(10) Da sagte Delila zu Simson: „Du hast mich getäuscht und belogen; sag mir doch womit man dich binden kann!“ (13) Er antwortete: „Wenn du die sieben Locken meines Hauptes mit dem Zettel verwöbest und mit dem Pflocke befestigtest, so würde ich schwach und wie ein andrer Mensch.“ (14)  Da ließ sie ihn einschlafen und verwob die sieben Locken seines Hauptes mit dem Zettel und befestigte sie mit dem Pflocke. Aber als sie ihm dann zurief: „Filister über dir, Simson!“ da erwachte er und riß den Pflock samt dem Zettel heraus.

Da sagte sie zu ihm: „Wie kannst du sagen, du habest mich lieb, wo doch dein Herz mir nicht gehört? Zweimal hast du mich nun schon getäuscht und mir nicht gesagt wodurch deine Kraft so groß ist.“ (16) Als sie ihm so mit ihren Reden unablässig Tag für Tag zusetzte, verlor er die Geduld, (17) gab er ihr sein Geheimnis preis und sagte: „Noch nie ist eine Schere auf mein Haupt gekommen; wenn man mich schöre, so würde ich schwach und wie ein andrer Mensch.“ (18) Als Delila merkte daß er ihr sein Geheimnis preisgegeben hatte, ließ sie die Fürsten der Filister rufen: „Kommt! Diesmal hat er mir sein Geheimnis preisgegeben.“ Da zogen die Fürsten der Filister zu ihr hinauf mit dem Gelde. (19) Als sie ihn nun auf ihrem Schoß hatte einschlafen lassen, schor sie die sieben Locken seines Hauptes; da wurde er schwächer und schwächer, und seine Kraft wich von ihm. (20) Als sie nun rief: „Filister über dir, Simson!“ da erwachte er und dachte: „Ich werde mich auch diesmal freimachen!“ denn er wußte nicht daß Jahwe von ihm gewichen war. (21) Aber die Filister packten ihn, stachen ihm die Augen aus, führten ihn nach Gaza hinab, legten ihn in Ketten und ließen ihn im Gefängnis die Mühle drehen. (22) Doch das Haar seines Hauptes begann wieder zu wachsen, nachdem es geschoren war.

(23) Eines Tages versammelten sich die Fürsten der Filister, um ihrem Gott Dagon ein großes Opferfest zu feiern. (25) Als sie nun guter Dinge waren, riefen sie: „Holt Simson, er soll vor uns tanzen!“ Da holte man Simson aus dem Gefängnis. (24) Als die Leute ihn sahen, priesen sie ihren Gott und sangen:

„Gott gab uns in die Hand
Simson, der uns widerstand
Und verheerte unser Land;
Gar mancher den Tod durch ihn fand.“

(26) Da sagte Simson zu dem Knaben, der ihn führte: „Laß mich die Säulen tasten, auf denen das Haus ruht! ich will mich daran lehnen.“ (27) Das Haus aber war voll von Männern und Frauen, die zusehn wollten wie Simson tanzte. (28) Jetzt rief Simson Jahwe an: „Herr Jahwe, gedenke doch meiner und gib mir dies eine Mal noch Kraft, Rache zu nehmen an den Filistern für eins meiner beiden Augen!“ (29) Zugleich faßte er die beiden Säulen, eine mit seiner Rechten, die andre mit seiner Linken, (30) stemmte sich mit aller Kraft gegen sie und rief: „Möge ich mit den Filistern sterben!“ Da fiel das Haus auf die Fürsten und die Leute darin; und es waren der Toten, die er bei seinem Tode tötete, mehr als die er zu seinen Lebzeiten getötet hatte.[1]

Erklärungen

[1] Hermann Gunkels „Simson“ in „Reden und Aufsätze“ (1913) bietet ein Muster neuzeitlicher Betrachtungsweise dieser Schrifttumsgattung.