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Rezensionen von literaturkritik.de
Mutterschaft in schwierigen Zeiten
Vor dem Hintergrund der Nachkriegszeit porträtiert Anke Feuchter eine junge Frau, die mit folgenreichen Entscheidungen konfrontiert wird
Von Michael Fassel
Ausgabe 08-2025
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Klappentext des Verlages
September 1946 in Baden-Baden, Amalie hat ihre kleine Tochter Nadja zur Betreuung bei Bauern
abgegeben und sucht Arbeit. Ihr Mann gilt als vermisst. Ein junger Franzose der Militärregierung
vermittelt ihr Arbeit in einem von der Besatzungsmacht requirierten Café. Wenig später wird
Amalie seine Geliebte und erträumt sich ein Leben mit Julien, aber der ist verheiratet und kehrt
1947 nach Frankreich zurück. Amalie ist schwanger. Im Oktober kommt Roman zur Welt. Nun muss
sie Nadja zu sich holen, doch ist sie mit beiden Kindern und der Arbeit völlig überfordert. Die
französische Verwaltung betreibt aktiv die Suche nach Besatzungskindern von französischen Vätern
mit deutschen Frauen, um sie zur Adoption nach Frankreich zu holen. Amalie gibt Roman weg und
geht mit Nadja ins zerstörte Mannheim, mittellos, ohne Bleibe und Arbeit. Bei einem Schieber
verdingt
sie
sich,
bis
sie
endlich
ihre
Kusine
Margarethe
wiederfindet.
In den Jahren darauf arbeitet Amalie sich parallel zur neuen Bundesrepublik langsam nach oben.
Aber der Verlust von Roman lässt sie nicht los.
Anke Feuchter beschreibt in ihrem Roman voller Spannung das Leben einer jungen Frau in einer
zerstörten Stadt nach dem Krieg, der noch lange nachwirkt.
Leseprobe vom Verlag
Baden-Baden
September 1946
Es war einer jener Septembertage, die noch nichts Herbstliches an sich hatten.
Müde und verschwitzt lehnte Amalie ihr altes Fahrrad an einen Baum im
Kurpark. Ohne Passierschein für die französische Zone war es richtig
gewesen, nur kleine abgelegene Routen zu wählen, deshalb hatte sie aber jetzt
für die Fahrt von Malsch nach Baden-Baden statt einer fast vier Stunden
gebraucht. Freilich auch, weil sie sich zweimal verfahren hatte.
‚Schnapsidee!‘ hätte ihr Vater zu Amalies Plan gesagt. Früher hatten seine
abschätzigen Bemerkungen sie wütend gemacht. Jetzt tat die Erinnerung weh.
Ihr Vater war tot. Im Bombenangriff auf Karlsruhe ums Leben gekommen.
Eine Phosphorbombe war auf das Mietshaus gefallen, in dem ihre Eltern und
die jüngere Schwester lebten. Das war vier Jahre her.
Amalie ließ sich auf eine Bank im Schatten einer mächtigen Blutbuche fallen.
Sie schloss die Augen und genoss die leichte Kühle, die das violette
Blätterdach spendete.
Inständig hoffte sie, dass sie in Baden-Baden Arbeit finden würde. In den
letzten Monaten war es fast unmöglich geworden, sich als Tagelöhnerin auf
dem Land durchzuschlagen. Davon aber hatte sie gelebt, seitdem auf dem
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Bauernhof ihrer Schwiegereltern für sie kein Bleiben mehr möglich war. Als
die Meldung kam, dass ihr Mann in Russland vermisst wurde, hatte Amalie
gespürt, dass sie, sowieso nie warmherzig aufgenommen, nun völlig
unerwünscht war. Eines frühen Morgens im März ‘45 war Amalie mit ihrer
zweijährigen Tochter geflohen. Jetzt hatte sie Nadja auf einem Weingut in
Malsch in Pflege gegeben.
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