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Betreff Re: Jochen Hörisch über Glaubenskrisen nach dem Beben der Finanzmärkte und dem Erdbeben von Lissabon
Autor Thomas Anz
Datum 26.12.2008 16:19
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In der Januar-Ausgabe 2009 von Literaturen spottet Jochen Hörisch über die angebliche Weisheit der "Wirtschaftsweisen" und verweist auf einige ungleich weisere Bücher zur gegenwärtigen Finanzkrise und zu ihrer Vorgeschichte, darunter George Soros: Das Ende der Finanzmärkte – und deren Zukunft, Max Otte:  Der Crash kommt. Die neue Weltwirtschaftskrise und wie Sie sich darauf vorbereiten, Fritz Breithaupt: Der Ich-Effekt des Geldes. Zur Geschichte einer Legitimationsfigur, Ralph und Stefan Heidenreich: Mehr Geld sowie Walter Benjamins "großartige" Skizze "Kapitalismus als Religion" von 1921. Die heutige Glaubenskrise des Neoliberalismus  vergleicht Hörisch mit der nach dem Erdbeben von Lissabon: "Viele Wirtschaftswissenschaftler stehen fassungslos vor dem Beben der Finanz- und Bankenkrise, nicht anders als die Theologen im Jahr 1755 vor dem Erdbeben von Lissabon. Wie kann ein gütiger und allmächtiger Gott dies Unheil zulassen?, lautete damals die berühmte Theodizee-Frage. Wie kann der alles so herrlich regelnde freie Markt (und kein zweiter Markt war so dereguliert wie der internationale Finanzmarkt) dieses Beben, diesen Tsunami, diesen Abgrund zulassen (regelmäßig werden naturalistische Metaphern für das Chaos auf den Finanzmärkten bemüht), so lautet heute die Frage der Neoliberalen – die alle dem Ideologieverdacht aussetzen, nur nie und nimmer sich selbst."

Jochen Hörisch hat sich in etlichen Büchern und Aufsätzen mit der Kultur- und Mediengeschichte des Geldes auseinandergesetzt, u.a. in Brot und Wein - Die Poesie des Abendmahls (1992) und Gott, Geld, Medien (2004).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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