Groovt nicht

Douglas Cowie erzählt in seinem Debütroman artig aus dem Leben zweier Folkrockpseudopunks

Von Tanja SiegRSS-Newsfeed neuer Artikel von Tanja Sieg

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Das Ende der Geschichte kennt jeder" - so eröffnet Douglas Cowie seinen Debütroman. Nur, die hier erzählte Geschichte kennt leider auch jeder: Ein junger, extrovertierter Mann (Owen Noone), Baseballspieler aus reichem Elternhaus, trifft auf einen jungen, introvertierten Mann (Brian Brannigan), Literaturstudent aus gutbürgerlichem Elternhaus. Beide gründen eine Band (Owen Noone and the Marauder), tingeln durch verrauchte Kneipen US-amerikanischer Provinzstädte, werden entdeckt und schließlich berühmt.

Die Story lässt sich erst mal gut an. Denn es sind zwei untalentierte Jungs, die sich während einer Open-Mike Veranstaltung zufällig treffen und beschließen, alte Folksongs aus dem "Penguin Book of American Folk Songs von Alan Lomax" vor Publikum zu spielen - ohne singen und Noten lesen zu können: "E-Moll sah am einfachsten aus, also spielten wir das zuerst." Doch schon das Ergebnis wird recht konventionell beschrieben: "Misstönend schrille Gitarrenstrophen explodieren mit dem Refrain, wenn Noones Gitarre in eine rückkopplungsschwangere Ekstase stürzt, während sein Partner weiterhin Akkorde schlägt und Arpeggios zupft."

Genauso wie die Band stets am richtigen Ton vorbeischrammt, schrammt Cowie an einem Stil vorbei, der seine Leser unterhalten könnte. Jeder Gig beginnt einförmig mit einem langgezogenen "Jaaaaaawwwwwwwwn", "ehe ein 'Yankee Doodle' in voller Länge die Zuhörer zum Mitsingen" animiert. Während das Publikum diese chaotischen Auftritte liebt, langweilen die regelmäßigen Konzertbeschreibungen den Leser rasch.

Der Erfolg der Band wächst und Cowie bedient sich im Hornby-Style altgedienter Klischees aus dem Leben ruhmreicher Stars, deren Privatleben von der Klatschpresse an die Öffentlichkeit gezerrt wird. "Es gibt gewisse Dinge, die mit Ruhm und Popularität eines Rockstars einhergehen, und dazu gehört unter anderem, dass in der Zeitung Fotos von dir erscheinen, die dich nicht unbedingt in den vorbildlichsten Situationen zeigen."

Gespickt wird die Geschichte zusätzlich mit einem Vater-Sohn-Komplex, der den einzigen Konflikt im Roman darstellt. Die im Road-Movie-Stil gehaltenen langgestreckten Tourbusfahrten quer durch Amerika ermüden so sehr, dass es selbst den Protagonisten auffällt: "Hat man erst einmal die Berge und Wüsten von Arizona und New Mexico hinter sich gelassen, gibt es kaum etwas Langweiligeres als die Fahrt durch Texas." Und schließlich bringt Cowie auch noch die in peinlich-pathetischen Worten geschilderte, alles überdeckende Freundschaft der ungleichen Männer: "Man brauchte nur einen Owen Noone, jemanden auf den man sich stützen konnte [...]Wir waren Owen Noone and the Marauder, und wir waren am Leben."

Cowie erzählt artig aus dem Leben der beiden Folkrockpseudopunks ohne "Sex and Drugs". Untermalt werden diese Manierlichkeiten mit abgegriffenen Sätzen wie "Die Liebe eines Kindes ist nicht käuflich" oder anderen Gefühlsduseleien wie "Ich wünschte, wir könnten Sterne sehen, aber der Himmel war von den Lichtern der Stadt violett gefärbt. Wenn ich ihn ansah, musste ich an die farbigen Umschläge von Liebesromanen denken." Hier rockt und groovt nichts.

Anmerkung der Redaktion. Der Text erschien zuerst in der "Jungle World", Nr. 40, vom 4. Oktober 2006. Wir danken der Autorin für die Publikationsgenehmigung.


Titelbild

Douglas Cowie: Owen Noone. Roman.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann.
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006.
327 Seiten, 9,95 EUR.
ISBN-10: 3462037323

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