Gitarre spielen unter Freunden

Einfach, geradeheraus, straight: Der US-Amerikaner Douglas Cowie erzählt die Geschichte der fiktiven Rockband Owen Noone & the Marauder

Von Maik SöhlerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Maik Söhler

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Drei Akkorde sind genug. Warum sollte, was für erfolgreiche Bands wie etwa AC/DC gilt, nicht auch in der Literatur einen Platz haben sowie kurzweilig und gefällig sein? Das Romandebüt "Owen Noone" des jungen US-Schriftstellers Douglas Cowie zeigt, dass es geht.

Gut, mehr als drei Akkorde hat Cowie auch nicht drauf. Er erzählt die Geschichte der fiktiven Rockband Owen Noone & the Marauder. Und er erzählt sie einfach, gerade heraus, straight. Zwei Jungs - Owen und Brian - kommen beim Open-Mike-Abend in einer Studentenbar zusammen, gründen eine Band, proben ein bisschen, trimmen alte Folksongs auf rockig, touren durch die Staaten, werden erfolgreich, der Erfolg verdirbt sie nicht, und doch folgt am Ende dem Aufstieg der Fall.

Das ist so simpel, so abgeschmackt, so authentizitätshuberisch, dass man das Buch manchmal am liebsten so verschrotten würde wie eine Rockband ihr Hotelzimmer. Man tut es aber dann doch nicht, denn das verhasste Authentische kommt hier ganz schüchtern, basisdemokratisch und entwaffnend daher. "Klar hätte sie jeder spielen können", äußert sich Brian an einer Stelle über die Songs der Band, "aber genau das, glaube ich, machte unseren Charme aus, die Vorstellung, wenn diese beiden Jungs die Songs spielen und andere unterhalten konnten, dann konnte das jeder."

Irgendwann wird die Geschichte - inhaltlich, nicht formal - komplizierter. Eine junge Frau kommt hinzu, und mit ihr prüft erst die Liebe, dann die Trennung den Stellenwert der Freundschaft der beiden Musiker. Man lernt Owens bösen Vater, einen konservativen Senator in Washington D. C., und seine üblen Machenschaften kennen. Schließlich sterben Brians Eltern. Alles hinterlässt tiefe Spuren, und alles ist in einer Naivität eingearbeitet, die an ein Pubertätstagebuch erinnert. Ein gut gepflegtes zwar, aber immer noch ein Tagebuch.

Daran ändern auch die vielen eingestreuten Passagen nichts. Immer wieder unterbricht Cowie die unmittelbare Erzählung durch Interviews, Konzertberichte, Presseerklärungen, Lyrics, Briefe und Ähnliches. Man denkt anfangs, hier will jetzt einer plötzlich mehr als nur eine Geschichte aufschreiben, Perspektiven wechseln, kunstvoll werden. Doch die Presseversatzstücke und anderen Einschübe zielen nur darauf, die Authentizität zu steigern, also die Echtheit des Personals aus den Augen Dritter zu beweisen. Seht her, so wie wir uns selbst wahrnehmen, sehen uns auch die anderen, und das auch dann noch, wenn sie Lügen über uns verbreiten.

Cowie hält das durch, bis zum bitteren Ende. Über ein Konzert in Los Angeles heißt es nach einigen emotionalen Aufs und Abs der Rockmusiker: "An diesem Abend gab es nichts, was ich lieber getan hätte, als vor tausend Leuten zusammen mit meinem Freund Owen Noone Gitarre zu spielen." Beim Lesen stockt man plötzlich und wundert sich, dass da jemand so schlicht daherkommt und ganz urwüchsig verschüttete niedere Instinkte wie Freude an der Freude anderer bedient. Genau das ist es, was dieses Buch stellenweise ausmacht und was es mit dem Drei-Akkorde-Hardrock von AC/DC verbindet. Immer mag man das nicht hören. Gelegentlich aber wirkt es durchaus belebend.

Anmerkung der Redaktion: Der Text erschien zuerst in der "taz" vom 7. Oktober 2006. Wir danken dem Autor für die Publikationsgenehmigung.


Titelbild

Douglas Cowie: Owen Noone. Roman.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann.
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006.
327 Seiten, 9,95 EUR.
ISBN-10: 3462037323

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