Die Frau im Manne – Marlen Bidwell-Steiner und Veronika Zangl geben einen Band über Körperkonstruktionen und Geschlechtermetaphern heraus

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Baron Ernst Freiherr von Feuchtersleben lebte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und veröffentlichte ein Buch mit dem Titel „Zur Diätetik der Seele“. In ihm unternahm er es, „die Macht des menschlichen Geistes über den Leib zu praktischer Anschaulichkeit zu bringen“. „In einer Zeit, welche die Lehre von der Emanzipation des Fleisches predigte, schrieb er auf seine Fahne den Wahlspruch ‚Emanzipation des Geistes‘“, konstatierte die Dichterin und Journalistin Betty Paoli 1867, mithin also fast zwei jahrzehnte nach seinem Tod.

Karin S. Wozonig stimmt dem in einem kürzlich erschienen Aufsatz mit dem Titel „Emanzipation des Fleisches und Diätetik der Seele“ zu. Feuchterslebens Buch macht ihr zufolge das „problematische double bind der Bürgerlichkeitskonstruktion durch die Rückbindung an Körperlichkeit besonders deutlich“. Beruht seine Seelendiätetik doch auf der Annahme, dass es die Einbildungskraft sei, die zwischen Geist und Körper beziehungsweise „Denken und Trachten“ vermittle. Da diese Feuchtersleben zufolge „weiblicher Natur sei“, werde sie also „von der in ihrer Sphäre – sozusagen am Herdfeuer – waltenden Frau im Mann am sanften Flackern gehalten“.

„Körperkonstruktionen und Geschlechtermetaphern“ ist der Titel des von Marlen Bidwell-Steiner und Veronika Zangl herausgegebenen Sammelbandes, in dem Wozonings Aufsatz erschienen ist. Das Buch geht auf eine Ringvorlesung zurück, die an der Universität Wien im Rahmen des Master Studienganges Gender Studies in den Jahren 2007 und 2008 organisiert wurde. Sein breit gefächertes Themen-Spektrum reicht vom platonischen Eros (David Halperin) über Olivia Sabuco de Nantes y Barreras „Mundus femininus“ (Marlen Bidwell-Steiner), männliche „Kampftrinker“ (Rudolf Schmitt), der „Wissenschaftsgeschichte des erotischen Körpers“ (Waltraud Ernst) bis hin zu Geschlechtermetaphern im Diskurs der Printmedien über den von der Türkei angestrebten Beitritt zur Europäischen Union (Karin Bischof). Stets geht es dabei um die Frage, wie diskursive Norm in beständigem Doing Gender eingelöst, unterlaufen, bestätigt oder verändert wird bzw. werden kann“.

R. L.

Titelbild

Veronika Zangl / Marlen Bidwell-Steiner (Hg.): Körperkonstruktionen und Geschlechtermetaphern. Zum Zusammenhang von Rhetorik und Embodiment.
Studien Verlag, Innsbruck 2009.
272 Seiten, 25,90 EUR.
ISBN-13: 9783706546935

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