Wie sollte Wissenschaft sein?

Albert Newens Einführung in die Analytische Philosophie

Von Carolina KapraunRSS-Newsfeed neuer Artikel von Carolina Kapraun

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Darüber, wie die wissenschaftliche Sprache und ihre Begriffe aussehen sollen, wird in der Philosophie wie auch in den übrigen Geisteswissenschaften bereits seit Langem diskutiert. Vor allem in den letzten Jahren werden an die Geisteswissenschaften zunehmend ökonomische und empirische Maßstäbe der Effizienz angelegt, die auch methodisch und textuell ausschlaggebend sein sollen. Was damit in die Diskussion eingebracht wird, ist umstritten, ungeachtet seiner diskursiven Wirkmächtigkeit.

Auch die Analytische Philosophie geht von einem Wissenschaftsbegriff aus, der Standards der Wissenschaftlichkeit voraussetzt, die allerdings eher auf begrifflicher Meta-Ebene liegen und auf diese Weise nicht nur die Gegenstandsangemessenheit, sondern auch, im Sinne der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit, die Transparenz der Wissenschaftssprache innerhalb einer Kommunikationsgemeinschaft gewährleisten möchte. Sie stellt die Philosophie auf ein streng logisches Fundament und fragt primär danach, wie Begriffe innerhalb des wissenschaftlichen Diskurses verwendet werden, statt Sachfragen zu beantworten oder Themen essentialistisch zu perspektivieren. Damit werden ein absoluter Wahrheitsbegriff und die damit verbundenen Fragen nachrangig.

Die „Transformation von Sach- in Begriffsfragen“ zielt auf einen bestimmten Stil des Philosophierens ab, der „sich mit seinen Formulierungen eng an der Normalsprache orientiert“, immer von der Explikation der in Frage stehenden Begriffe ausgeht und so eine ideale Sprache für die Philosophie anvisiert. Leitende Prämissen sind dabei die möglichst große Transparenz von wissenschaftlicher Darstellung durch die Forderung nach „gründlicher und durchsichtiger Argumentation“. Die Art ihres Darstellens tangiert ferner erkenntnistheoretische Implikationen, die davon ausgehen, dass alles, was gedacht werden kann in einer klaren, möglichst transparenten Begrifflichkeit ausgesagt werden kann. In diesem Sinne beeinflussen die Forderungen der Analytischen Philosophie auch wissenschaftsethische Zielsetzung, da sie die wissenschaftliche Redlichkeit eines klaren Begriffgebrauchs suggerieren.

Alber Newens Einführung in die grundlegenden Gedanken und historischen Entwicklungen dieser theoretischen Richtung ist in der Reihe des Junius Verlags erschienen. Sie ist gut strukturiert, wesentliche Fragen und Ziele werden in dem Buch luzide und umfassend dargestellt. Zuerst skizziert der Autor die Theoreme Gottlob Freges, Russels und Wittgensteins, deren mathematische Studien als grundlegende Vorläufer der philosophischen Schule zu sehen sind, da sie weitreichenden Einfluss auf die moderne Logik und die Etablierung neuer methodischer Standards hatten; vor allem die Verbindung von Mathematik und Sprachphilosophie wird fokussiert. Der zweite Teil referiert zentrale Thesen Carnaps, Quines, Moores, Hares, Rawls’, Kripkes und Putnams und fragt nach der Möglichkeit der Beschreibung von Welt, ihrer relationalen Beschreibbarkeit, den Grundlagen der Metaethik, Theorien der Gerechtigkeit oder der Theorie der Zwillingswelten. Schließlich stellt Newen neuere Strömungen wie die analytische Ontologie, die analytische Philosophie des Geistes oder Ansätze der neueren Sprachphilosophie vor und macht die umfassende Bandbreite der von der Analytischen Philosophie bereits avisierten Themen deutlich.

Aus der behandelten Vielfalt der Themen wird klar, dass die basalen Überzeugungen der Analytischen Philosophie, vor allem ihre Begriffsanalyse und deren „Therapie“ des als diffus empfundenen Wortgebrauchs anderer methodischer Richtungen als grundlegender Ansatz nicht nur innerhalb der Philosophie von Relevanz sein kann, sondern auch leitend für die Klarheit anderer wissenschaftlicher Fachsprachen und deren Anschlussfähigkeit sein könnte.

Titelbild

Albert Newen: Analytische Philosophie. zur Einführung.
Junius Verlag, Hamburg 2005.
250 Seiten, 14,90 EUR.
ISBN-10: 3885066114
ISBN-13: 9783885066118

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