Das Bertelsmann Rechtschreib-Set

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Die Rechtschreibreform ist erneut ins Gerede gekommen. Die ernste Aufgeregtheit, mit der gegen sie revoltiert wird, ist oft nicht weniger grotesk als manche Konsequenz, die sich aus den neuen Regeln ergeben hat und jetzt schon eine Reform der Reform notwendig erscheinen lässt. Ein Ende der Debatten und Machtkämpfe ist nicht absehbar.

Bis dahin scheint sich mit einiger Verspätung auch im öffentlich-schriftlichen Sprachgebrauch jene Regel der Regellosigkeit zu etablieren, die vor Jahrzehnten zum populären Slogan der 'Postmoderne' wurde: "Anything goes!" Doch das wiederum täuscht. Trotz aller Unsicherheiten oder Freiheiten, die in Schulen, Universitäten, Zeitungsredaktionen oder Verlagslektoraten zu bemerken sind, trotz simultaner Beibehaltung der alten Rechtschreibung, Rückkehr zu ihr oder unterschiedlichen Umsetzungen der neuen Regeln sind wir von orthografischer Anarchie weit entfernt. Der Bestand an Regeln, dem sich alle verpflichtet zeigen, weil ihre Missachtung blamabel bleibt, ist nach wie vor ungleich größer als die Pluralität alternativer Schreibweisen.

Auf Nachschlagewerke zur deutschen Sprache, die Auskünfte über die alte wie die neue Rechtschreibung geben, sind wir derzeit dringend angewiesen. Seit einigen Monaten liegt das preisgünstige "Bertelsmann Rechtschreib-Set" vor: "Die deutsche Rechtschreibung" in einer Neuausgabe von 1999, das "Wahrig Fremdwörterlexikon" in einer ebenfalls neu bearbeiteten Auflage sowie die 1998 von Lutz Götze und Ernest W. B. Hess-Lüttich fertig gestellte "Grammatik der deutschen Sprache". Einen mehrmonatigen Test des Rezensenten haben alle drei Nachschlagewerke gut bestanden. Um ein hohes Maß an Benutzerfreundlichkeit hat man sich mit Erfolg bemüht. Die Abweichungen der neuen von der alten Orthografie sind übersichtlich markiert, die entsprechenden Regeln mit exemplarischen Beispielen klar formuliert.

Das Fremdwörterbuch hat zahlreiche Neologismen neu aufgenommen, die sich in den Medien-, Wissenschafts- oder Wirtschaftsdiskursen in jüngerer Zeit etabliert haben. Unter "Dekonstruktion" wird man ebenso fündig wie unter "Browser" oder "fund raising". Innovativ ist jedoch vor allem die Grammatik. Sie trägt neueren Entwicklungen der Linguistik in einem Ausmaß Rechnung, das man von einem derart massenhaft verbreiteten Buch nicht erwartet hätte. Neben der üblichen Formen- und Satzlehre enthält sie komprimierte und verständliche Einführungen in die Sprechakttheorie, die Dialoggrammatik, die Stilistik oder die Textsortenlehre, informiert über historische, regionale, soziale und fachsprachliche Variationen und Entwicklungen, reflektiert den Sprachgebrauch in den Massenmedien sowie verschiedene Formen der Spracherziehung.

Wer beim Gebrauch dieser Nachschlagewerke ratlos bleibt, dem verspricht die Wörterbuchredaktion des Verlags übrigens Antwort. Die Adresse, unter der gleich auch ein Schnellkurs zur neuen Rechtschreibung angeboten wird, lautet: http://www.lexikonverlag.de/sprachberatung.

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Thomas Anz

Titelbild

Bertelsmann Rechtschreib-Set.
C. Bertelsmann Verlag, München 1999.
20,40 EUR.
ISBN-10: 3577100001
ISBN-13: 9783577100007

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