Die eine Frauenbewegung
Angelika Schasers Untersuchung der „politischen Lebensgemeinschaft“ von Helene Lange und Gertrud Bäumer in Neuauflage
Von Rolf Löchel
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseExakt ein Jahrzehnt nach dem erstmaligen Erscheinen von Angelika Schasers Untersuchung über die „politische Lebensgemeinschaft“ von Helene Lange und Gertrud Bäumer, dem Führerinnen-Duo des gemäßigten Flügels der historischen Frauenbewegung, ist das Buch nun in durchgesehener und aktualisierter zweiter Auflage auf den Markt gekommen. Vermutlich dürfte die Autorin schon nach diesem ersten Satz Einspruch erheben. Ist es ihr mit ihrer Arbeit doch gerade darum zu tun, Lange und Bäumer „aus dem älteren Schwarz-Weiß-Muster der Polarisierung der Frauenbewegung in eine ,gemäßigte‘ und eine ,radikale‘ Richtung zu befreien und an ihrem Beispiel Differenzen und Dynamiken, aber auch Gemeinsamkeiten innerhalb der alten Frauenbewegung aufzuzeigen“. Eben darum sieht Schaser auch davon ab, die inzwischen verbreitete Rede von den Frauenbewegungen zu übernehmen und greift lieber weiterhin auf den Singular zurück, „um zu betonen, daß die Vertreterinnen der Frauenbewegung über alle Differenzen und Kontroversen hinweg bezüglich ihrer Forderungen nach Bildungschancen, Erwerbsmöglichkeiten und rechtlicher Gleichstellung für Frauen eine Menge wichtiger Ziele gemeinsam hatten“.
Hier soll keineswegs in Abrede gestellt werden, dass es neben den bekannten Differenzen, selbstverständlich auch weniger bekannte Dynamiken und Gemeinsamkeiten zwischen diesen beiden Flügeln, wie auch (hinsichtlich der Gemeinsamkeiten mit Abstrichen) zwischen ihnen und der sogenannten sozialistischen Frauenbewegung sowie den diversen religiösen Frauenorganisationen gab (zu nennen wären hier verschiedene christliche und jüdische Gruppierungen). Differenzen, Dynamiken und Entwicklungen vor allem theoretischer Art gab es zudem auch innerhalb der jeweiligen Flügel der bürgerlichen Frauenbewegungen, namentlich im radikalen. Dennoch dürfte die Differenzierung in einzelne Flügel entgegen Schasers Ansicht weiterhin sinnvoll bleiben.
Wie die Autorin im Vorwort zur Neuauflage konzediert, ist die Erforschung der Alten Frauenbewegung seit Erscheinen der Erstausgabe ihres Buches weiter vorangeschritten. Die Lange und Bäumer geltenden Neuerscheinungen „vertiefen“ jedoch vor allem Themen, die Schaser in ihrer Arbeit „nur am Rande“ behandelt. Wohl auch darum nahm sie gegenüber der ersten Auflage keine gravierenden Veränderungen vor, sondern beließ es bei einigen Ergänzungen und der Korrektur von Fehlern sowie einer Aktualisierung des Quellen- und Literaturverzeichnisses. Für BesitzerInnen der Erstauflage erübrigt sich daher Kauf der zweiten.
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