Probleme mit Beziehungen, Türen und dem Erwachsenwerden

Michael Weins führt den Leser in seinem Roman „Lazyboy“ durch Türen, die er nie zuvor durchschritten hat

Von Stefan CernohubyRSS-Newsfeed neuer Artikel von Stefan Cernohuby

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Viele Gegenstände im Alltag werden von verschiedenen Personen ganz unterschiedlich behandelt. So denkt eine Person über Türen nicht einmal im Ansatz nach, während andere ihr selbst in Weltreligionen große Bedeutung einräumen und das Leben von Menschen mit dem Durchschreiten verschiedener Türen gleichsetzen. Der Protagonist in Michael Weins’ aktuellem Roman „Lazyboy“ hat allerdings gar keine andere Wahl, als sich mit Türen zu beschäftigen.

Lazyboy hat in erster Linie ein Problem mit sich selbst. Mitte 30 erwarten die Leute bestimmte Wesenszüge und Bestrebungen von ihm, die er selbst nicht aufzuweisen beziehungsweise zu leisten bereit ist. Das eine bekommen die Arbeitskollegen des Redakteurs zu spüren, das andere erweist sich als Problem für die Verlobte von Heiner Boie, wie Lazyboy mit bürgerlichem Namen heißt. Denn wie passt sein Lebenswandel mit einer bevorstehenden Hochzeit zusammen? Gar nicht. Doch plötzlich ergibt sich neben seiner chronischen Unzuverlässigkeit ein weiteres Problem, nämlich eines mit Türen. Als er beginnt durch Türen zu gehen und sich an völlig anderen Orten wiederzufinden, verkompliziert sich sein Leben weiter. Denn wenn diese Reisen am Anfang nur kurze Strecken überbrücken, werden die Entfernungen, die er durch die Türen zurücklegt, immer größer und die Rückreisen immer aufwendiger. Leider können ihm weder Hausarzt noch Psychologin wirklich helfen. Als er auf einer seiner Reisen ein 13-jähriges Mädchen trifft, das im Keller seines Hauses eine Tür hat, die immer dorthin führt, wo es will, geht das Abenteuer erst richtig los. Denn dann muss er eine Reise in eine andere Welt antreten, in der vieles ähnlich, aber doch anders ist. Und selbst dieser Trip stellt noch nicht den Höhepunkt seiner Reisen dar. Denn die letzte große Etappe liegt noch vor ihm.

Manche Schriftsteller haben ein Problem damit, ihren Charakteren genügend Tiefe zu verleihen, um die Sichtweise derselben überzeugend darzustellen. Besonders wenn diese andauernd witzige Sprüche von sich geben und um jeden Preis versuchen, oberflächlich zu wirken. Michael Weins ist keiner von ihnen. Im Gegenteil, man verliert sich schnell in den Abenteuern des Protagonisten, der so künstlich sein will, dass er seinen Künstlernamen sogar in seinen Reisepass eingetragen hat. Einzig und allein der Ausflug in die andere Welt wirkt nicht ganz so authentisch und in die Handlung passend, wie er sein könnte. Zwar klärt sich im letzten Abschnitt des Buchs in etwa auf, was für eine Analogie die seltsame Situation darstellen soll, doch beim Lesen selbst wirkt jener Teil des Buchs doch ziemlich befremdlich. Davon einmal abgesehen wird man über die gesamte Länge des Romans bestens unterhalten und begleitet ein Mann, der sich zeitlebens gegen das Erwachsenwerden gewehrt hat, und endlich begreift, dass er längst erwachsen ist. Natürlich muss man dazu bereit sein, die knapp 19 Euro für das Werk auszugeben. Als Alternative gibt es noch die Kindle-Version für 9,99 Euro. Jeder, der sich für Romane begeistern kann, die nicht gerade von Ernsthaftigkeit strotzen, aber trotzdem Inhalte transportieren, über die es sich nachzudenken lohnt, sollte sich auch „Lazyboy“ widmen. Schon der amüsante Schreibstil und die witzigen Charaktere lassen nichts anderes als eine Empfehlung zu.

Titelbild

Michael Weins: Lazyboy. Roman.
Mairisch Verlag, Hamburg 2011.
336 Seiten, 18,90 EUR.
ISBN-13: 9783938539194

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch