Wenn der Werther das gewusst hätte!

Ein „Goethe-Krimi“ von Bernd Kösterling

Von Thomas NeumannRSS-Newsfeed neuer Artikel von Thomas Neumann

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Bernd Kösterling legt mit „Goetheglut“ seinen zweiten Kriminalroman vor. Wie der Leser dem Titel entnehmen kann, geht es um Goethe. Oder eigentlich geht es um Weimar, das den Handlungsrahmen für die Kriminalfälle absteckt. Wie in den gerade sehr beliebten Krimis mit regionalem Bezug findet man jede Menge Details aus der Stadt Weimar und deren Umfeld in die Handlung einbettet. Dabei ist – wie bei allen Regionalkrimis – immer drauf zu achten, das diese regionalen Details nicht der einzige Anreiz für die Lektüre sind. Dies ist bei Kösterling nicht der Fall und der Autor schafft es, die Stadtdetails mit charmanten Zitaten aus dem Werk Goethes zu verbinden: „Über allen Gipfeln / Ist Ruh, / In allen Wipfeln / Spürest Du / Kaum einen Hauch; / Die Vögelein schweigen im Walde, / Warte nur, balde / Ruhest Du auch.“ „Wandrers Nachtlied“ verweist in diesem Fall auch noch auf die Handlungslinien des Kriminalfalls und deutet das potentielle Risiko an, dem sich der Protagonist Hendrik Wilmut gegenüber sieht: die Mordanschläge scheinen dem Erzähler zu gelten.

Trotzdem lässt der Protagonist es sich gut gehen und verliert niemals die Besonderheiten Weimars aus den Augen: „Es gab frische Brötchen und Knackwurst, so wie sich das in Thüringen gehört. Selbst an die Hallorenkugeln hatte jemand gedacht, ich griff dankbar zu.“ Dass es dabei auch noch um einige ernsthaftere Probleme geht, man in der Lektüre mitten in den Brand der Herzogin Anna Amalia Bibliothek am 2. September 2004 hinein gerät, Hendrik Wilmut sogar noch einen Versuch unternimmt, in die brennende Bibliothek zu gelangen, das macht den Reiz der Lektüre aus. Der Autor schafft es, unter anderem auch durch die gut platzierten Goethezitate, die Spannung zu steigern: „Bis dann zuletzt des vollen Mondes Helle / So klar und deutlich mir ins Finstere drang, / Auch der Gedanke willig, sinnig, schnelle / Sich ums Vergangne wie ums Künftige schlang; / Um Mitternacht.“ Bedeutet das etwas für den „Fall“?

So wie der Protagonist von dem Mörder durch Goethezitate auf eine Rätselreise geschickt wird, folgt auch der Leser dem Autor. Dabei verliert er sich nicht in einem Literaturquiz, bleibt an einer leicht verständlichen Oberfläche und mischt die Zutaten zu einem ordentlichen Krimi mit charmantem Lokalkolorit und einem handwerklich guten Plot. Kann man gut lesen. Eine solide Kriminallektüre mit ruhigem Grundton.

Titelbild

Bernd Köstering: Goetheglut. Ein Literaturkrimi.
Der zweite Fall für Hendrik Wilmut.
Gmeiner Verlag, Meßkirch 2011.
277 Seiten, 9,90 EUR.
ISBN-13: 9783839211816

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