Die Prinzessin schlägt zurück

Oliver Hirschbiegels „Diana“ ist nicht nur Kitsch, sondern auch Reflexion einer medialen Präsenz

Von Daniela OttoRSS-Newsfeed neuer Artikel von Daniela Otto

Als Königin der Herzen wird sie uns immer im Gedächtnis bleiben, nun schreibt ein neuer Film ihren Mythos fort: Oliver Hirschbiegels „Diana“ erzählt die Liebesgeschichte zwischen der einst berühmtesten Frau der Welt, Lady Diana, und dem Herzchirurgen Hasnat Khan. Dabei fängt der Film in dem Moment an spannend zu werden, da er aufhört kitschig zu sein und die Prinzessin von Wales als das zeigt, was sie war: eine Frau, deren Existenz fundamental von Medien abhängig war.

Oliver Hirschbiegels „Diana“ wurde allem voran von der britischen Presse zerrissen. Für den Mirror könne der Film nur als „fabulously awful“ und „lazy mid-afternoon stuff“ beschrieben werden. Auch der Guardian urteilt wenig schmeichelhaft: „Diana“ sei „[a]n excruciatingly well-intentioned biopic laced with bizarre cardboard dialogue“. Vielleicht lässt sich all der Unmut schlichtweg auf falsches Timing zurückführen: Während das Königreich spätestens seit der Märchenhochzeit von William & Kate seine Monarchie liebt wie seit langem nicht mehr und der königliche Nachwuchs bereits einen eigenen Hashtag (#royalbaby) bei Twitter erhalten hat, steht fest: Die Geschichten, die die Royals liefern, kommen derzeit gut an. Ein Film, der alte Wunden wieder aufreißt, hingegen weniger. Selbst wenn „Diana“ auffallend defensiv mit der königlichen Familie umgeht und kaum Kritik an ihr übt, erinnert der Film doch an eine Zeit, in der die Monarchie bei weitem nicht so beliebt war wie heute. Die reale Diana war unbequem und brachte mit ihren Aussagen ein ganzes System ins Wanken. Kein Wunder also, dass der Film vielen, die sich mit der derzeitigen Monarchie-Euphorie angefreundet haben, ein Dorn im Auge ist.

Hirschbiegels Film ist gewiss kein Meisterwerk. In weiten Strecken wirkt er bemüht – besonders dann, wenn er eine bodenständige Diana als Mädchen von nebenan zu inszenieren versucht. Diese Diana, das wird schnell klar, soll ganz schrecklich normal sein: In einem Palast mag sie wohnen, doch vor den normalen Gefühlen, die ein jeder von uns durchmachen muss, ist auch sie nicht gefeit. Naomi Watts gelingt es, diese Figur nahbar zu spielen. Schon getrennt von ihrem Ehemann Charles lebend, lernt Diana den Pakistaner Hasnat (Naveen Andrews) kennen, der in einem Krankenhaus arbeitet und, das beeindruckt sie, in ihrer Gegenwart nicht die Fassung verliert. Es macht sie sympathisch, dass sie als verliebte Frau so einige Peinlichkeiten begeht, die eben nur Verliebte machen: Sie wartet zum Beispiel nicht ab, bis Hasnat sie anruft, sondern kreuzt unangekündigt in der Klinik auf; sie ist nervös vorm ersten Date und läuft dem Mann regelrecht hinterher. Am Mythos einer hochgradig empathiefähigen Person, einer liebevollen und liebenden Frau, kratzt „Diana“ in keiner Sekunde.

Dabei lässt sich der Film in zwei Handlungsstränge untergliedern: Der erste erzählt einen pervertierten Cinderella-Plot, der zweite fokussiert das Verhältnis von Diana und den Medien. Das Aschenputtel ist hier jedoch nicht Diana, sondern der Herzchirurg, der stets um Emanzipation bemüht ist. Im Palast einen Burger zu essen ist für ihn kein Problem, die Prinzessin in seine kleine, unstattliche Wohnung einzuladen auch nicht, doch sein Leben als praktizierender Arzt für diese ihm so ergebene Frau aufzugeben scheint unerträglich zu sein. Dass ihn sein Beruf zu dem mache, was er ist, wird er nicht müde zu betonen. Und so scheitert diese Liebe letztlich an seinem Stolz und seiner Sturheit. Die Erlöserfigur darf in Hasnats konventionellem Weltbild nicht weiblich sein. Dianas Pläne, im Ausland ein freies Leben mit ihrem Geliebten zu führen, werden von ihm vehement abgeschmettert, als sie ihm ohne sein Wissen bereits einen Job abroad besorgt hat. Es könnte so einfach sein. Allein, das Aschenputtel macht nicht mit.

Doch Diana, die zutiefst unter den Komplikationen dieser Liebe leidet, die im Bett liegt, auf den heilbringenden Anruf wartet und weint, ja sich sogar betrinkt und um Hasnat wie eine Löwin kämpft, rappelt sich schließlich wieder auf. Die Prinzessin schlägt zurück. Und hier, wo sich „Diana“ vom Liebeskitsch verabschiedet, wird der Film spannend, weil er das gängige Bild von der Prinzessin und den Medien hinterfragt. So war Diana keineswegs nur Opfer der Medien, sondern vielmehr deren Komplizin. Wie sehr Diana die Medien braucht, um ihre öffentliche Rolle zu erfinden, zeigt Hirschbiegels Film neben all dem Herzschmerz-Tamtam auch (wenn auch viel zu wenig), und das immerhin kann man ihm zugute halten. Ob der legendäre, im BBC-Interview ausgesprochene Satz, sie wolle eine „Königin der Herzen“ sein oder perfekt inszenierte Fotos mit Notleidenden, die sie geradezu als Heilige verklären, als Profi wusste Diana mit den Medien umzugehen und diese für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Und so mahnt „Diana“ schließlich zur Differenzierung: Diana, die stets als Gejagte der Medien gilt, wird ihrem mythischen Namen gerecht, wenn sie dank medialer Hilfe tatsächlich zur Jagdgöttin avanciert, die ihr Ziel, Hasnat, nicht aus den Augen verliert, sondern ihn wie eine Beute erlegen will. Denn „Diana“ interpretiert die Liaison zwischen der Prinzessin und Dodi Al-Fayed, der wie sie selbst bei dem Autounfall im August 1997 in Paris ums Leben kommt, als Versuch, den geliebten Arzt eifersüchtig zu machen. Anstatt sich in Hasnats unordentlicher Wohnung aufzuhalten, tummelt sich Diana nun auf einer Luxusyacht und lässt die Öffentlichkeit – den Medien, die sie geschickt auf ihre Fährte lockt, sei Dank – an diesem Vergnügen teilhaben.„Mein Leben ist ein einziges Drama“, schreit Diana ihrem Hasnat einmal im Streit ins Gesicht. Doch fast scheint es so, als wäre alles andere nicht nur der Welt, sondern auch der Prinzessin selbst zu langweilig gewesen.

Diana. Regie: Oliver Hirschbiegel.
Drehbuch: Stephen Jeffreys.
Kamera: Rainer Klausmann.
Darsteller: Naomi Watts, Naveen Andrews, Geraldine James u.a.
113 Min., Farbe, GB 2013.

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