Beklemmend und brisant

„Mein Freund Klaus“ von Peter O. Chotjewitz erscheint als Neuausgabe

Von Erhard JöstRSS-Newsfeed neuer Artikel von Erhard Jöst

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Als Peter O. Chotjewitz im Jahr 2007 seinen Roman „Mein Freund Klaus“ über eine der „meist gehassten Figuren innerhalb der deutschen Linken“, den Rechtsanwalt Klaus Croissant, vorlegte, prophezeite die „taz“: „Das gibt Ärger.“ Sicherlich wird sich der eine oder andere über das Buch geärgert haben, aber der große Skandal ist ausgeblieben. Vielleicht lag das auch an der listigen Entscheidung von Chotjewitz, seine Dokumentation, für die er drei Jahre lang recherchiert hatte, als „Roman“ zu bezeichnen. Denn: „Gegen Verleumdungsklagen hilft die Gattungsbezeichnung ‚Roman‘ – in dubio pro Fiction“. Jetzt ist das Buch als „überarbeitete Neuausgabe“ erschienen. Eine vergleichende Durchsicht beider Ausgaben kommt zu dem Ergebnis, dass eigentlich keine Änderungen vorgenommen wurden: Kein Kapitel wurde weggelassen, keines hinzugefügt. Selten wurde bei den Interviews ein (überflüssiger) Satz gestrichen. Die Aussagen wurden nicht verändert, sieht man von Kleinigkeiten ab: In der Erstauflage heißt es zum Beispiel im Kapitel „Der Prozess“ in Bezug auf den Rechtsanwalt Stephan Baier und Klaus Croissant: „Erst bei der Beerdigung sahen sie sich wieder.“ In der Neuauflage liest man: „Erst beim Prozess gegen Brigitte Heinrich sahen sie sich wieder.“

Die Leserschaft hat sich mit dem Buch intensiv auseinandergesetzt, denn im Nachwort danken Verlag und Autor „für den Waschkorb voller Briefe und die ungezählten Hinweise, die zu den erforderlichen Korrekturen geführt haben.“ Für Klaus Walter ist das Buch „eine äußerst aufschlussreiche oral history of germany, egal, wie ärgerlich, abstoßend oder peinlich die Lektüre manchmal ist.“ Denn: Chotjewitz ruft „diesen linken Konversationssound aus habituellem Beleidigtsein, Selbstgerechtigkeit und Besserwisserpathos […] in Erinnerung, bis es wehtut.“ Die meisten Rezensionen sind positiv ausgefallen, auch oder gerade wenn sie kritische Einwände erheben. Auch die bei literaturkritik.de Nr. 1 vom Januar 2008 veröffentlichte Besprechung hebt darauf ab, dass „Mein Freund Klaus“ ein notwendiges Buch sei: „Verworren und verwirrend, denk-anstößig und irritierend, redundant und einseitig.“ Chotjewitz hat ein zuweilen bewusst unsachliches Sachbuch geschrieben, das Vorgänge aus einer bleiernen Zeit präsentiert und bewertet.

In der Neuausgabe sind zwei Nachworte hinzugekommen: das von Peter Chotjewitz, das er im Januar 2008 geschrieben hat, umfasst lediglich fünfzehn Zeilen, das von Dietmar Dath („Nicht heil, nicht gut, nicht fertig“) beurteilt auf zwölfeinhalb Seiten „Peter O. Chotjewitz und die Erinnerung als Einspruch“. Dath schreibt zu „Mein Freund Klaus“: „Das Buch ist ein spätes und großes Hauptwerk dieses Schriftstellers.“ Dieser Einschätzung kann man sich anschließen. „Mein Freund Klaus“ ist als alternatives Geschichtsbuch eine Pflichtlektüre. Und der Appell des im Jahr 2010 verstorbenen Peter O. Chotjewitz bleibt bestehen: „Die Massenmedien bleiben aufgefordert, die im Buch gelieferten Informationen als Anregung für eine Korrektur ihrer bisherigen Falschmeldungen zu verwenden.“

Titelbild

Peter O. Chotjewitz: Mein Freund Klaus. Roman.
Verbrecher Verlag, Berlin 2013.
583 Seiten, 32,00 EUR.
ISBN-13: 9783943167467

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