Ein von Andreas Hamburger herausgegebener Sammelband beleuchtet die Genderkonstruktionen in „La Belle et la Bête“ von Jean Cocteau

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Drei Autoren und ebenso viele Autorinnen gehen in dem von Andreas Hamburger herausgegebenen Sammelband „Frauen- und Männerbilder im Kino“ den Genderkonstruktionen in Jean Cocteaus 1946 auf die Leinwand gelangter Literaturverfilmung  „La Belle et la Bête“ nach, die bekanntlich auf dem gleichnamigen, nahezu 200 Jahre zuvor verfassten Märchen der französischen Erzieherin und Verfasserin zahlreicher Werke der Kinder- und Jugendliteratur Jeanne-Marie le Prince de Beaumont fußt.

Ziel der Beitragenden des reich bebilderten Bandes ist es herauszuarbeiten, wie der ebenso dem Märchen- wie dem Horror-Genre zuzurechnende Film, dessen zentrales Thema auf das „antike Tierbräutigam-Motiv“ zurückgeht, „unterschwellige Themen von der sexuellen Entwicklung bis zur Krise der Männlichkeit“ vor dem Hintergrund der nach Weltkrieg und Holocaust „abgewirtschafteten hegemonialen Männlichkeit“ verhandelt.

Der Herausgeber hat vier der Beiträge in zwei Rubriken aufgeteilt, deren erste sich den „Beauties“ und deren zweite sich den „Beasts“ widmet. Die praktizierende Psychoanalytikerin Andrea Sabbadini geht in ihrem Aufsatz mit dem Titel „La Belle, La Bête et la Rose“ dem Motiv der Rose in Cocteaus „Kultfilm“ nach, während Christine Kirchhoff, Juniorprofessorin für psychoanalytische Kulturwissenschaft, ihren Text unter das David-Bowie-Zitat „You can’t say no to the Beauty and the Beast“ stellt und sich vom „triumphalen Happy End“ des Films enttäuscht zeigt. Die Professorin für Psychoanalyse Marianne Leuzinger-Bohleber erörtert hingegen unter der Assoziationen zu den Märchen der Gebrüder Grimm evozierenden Überschrift „Es war einmal … die Schöne und das Biest“, ob es sich bei dem cineastischen Werk Cocteaus möglicherweise um einen „surrealistischen Überlebensversuch“ handelt. Der Kulturhistoriker und Filmwissenschaftler Andreas Rost stellt „animalische Erotik und gezähmte Wildheit“ einander gegenüber, indem er sich weniger der (hegemonialen) Männlichkeit als vielmehr „sehnsüchtigen Frauen im Bestiarium der Filmgeschichte“ widmet und dabei den Blick zugleich über Cocteaus Werk hinaus auf andere bekannte Horrorfilme wie etwa „King Kong und die weiße Frau“ (1933) oder Francis Ford Coppolas  „Dracula“(1992) richtet.

Den beiden Haupteilen vorangestellt hat der lehrende und praktizierende Psychoanalytiker Hamburger zwei nicht rubrizierte Aufsätze über das Verhältnis seiner Disziplin zum Film, von denen er einen selbst verfasst hat. In ihm stellt er unter der Überschrift „Schöne Biester“ Überlegungen „zur Motivgeschichte und Filmpsychoanalyse von Jean Cocteaus ‚La Belle et la Bête‘“ an, während der emeritierte Professor für Klinische Psychologie Wolfgang Mertens im anderen die „Möglichkeiten und Grenzen“ der „psychoanalytischen Filminterpretation“ auslotet.

R.L.

Anmerkung der Redaktion: literaturkritik.de rezensiert nicht die Bücher von Mitarbeitern der Zeitschrift  oder Angehörigen der eigenen Universität. Auf diese Bücher kann hier jedoch gesondert hingewiesen werden.

Titelbild

Andreas Hamburger (Hg.): Frauen- und Männerbilder im Kino. Genderkonstruktionen in „La Belle et la Bête“ von Jean Cocteau.
Mit Beiträgen von Andreas Hamburger, Christine Kirchhoff, Marianne Leuzinger-Bohleber, Wolfgang Mertens, Andreas Rost und Andrea Sabbadini.
Psychosozial-Verlag, Gießen 2015.
172 Seiten, 19,00 EUR.
ISBN-13: 9783837924466

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch