Die Botschaft der Weltraumkatzen
Umi Sakurais Bilderbuch „A Man and his Cat. Fukumaru und das Sternenschiff des Glücks“ erklärt das wichtigste Gut für alle Wesen
Von Lisette Gebhardt
Japanische Kinderbücher sind schon seit einigen Jahren auf dem deutschen Buchmarkt präsent. Umi Sakurais Fukumaru und das Sternenschiff des Glücks ist die illustrierte Geschichte einer Herrchen- und Kater-Konstellation, die im Jahr 2017 als Manga-Serie auf dem Portal Twitter ihren Anfang genommen hatte. Schnell kam Sakurais Werk zu großer Popularität. Der Stoff wurde später in ein nicht unumstrittenes Dorama-Fernsehspiel (2021) umgesetzt; die Kritik zielte vor allem darauf ab, dass der Filmkater als Plüschtier in Erscheinung tritt. Das Sternenschiff des Glücks (jap. Ehon Ojisama to neko Fukumaru to shiawase no uchûsen, 2022) ist die erste Version des Fukumaru-Themas in Form eines Bilderbuchs. Während der Manga mit dem Musiklehrer Fuyuki Kanda, der mit seinem properen, braungefleckten Kater in einem kleinen Haus außerhalb der Metropole lebt, einen attraktiven Mann Ende fünfzig zeigt, hat Sakurai die Figur des Katzenbesitzers im Bilderbuch als gütigen Großvater dargestellt. Die Story ist ganz ins Märchenhaft-Niedliche umgewandelt und richtet sich an Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren. Motto: Zusammen gibt es keine Einsamkeit.
Der alte Mann und der Felide
Im Manga wird die Vorgeschichte erzählt: Der Protagonist fühlt sich einsam, da seine Frau gestorben ist. In einer Tierhandlung trifft er auf eine Katze, die bislang keinen Käufer fand. Als ausgewachsenes Exemplar verfügt sie nicht mehr über die für Kunden auschlaggebende Niedlichkeit, die man in Japan oft mit dem Begriff kawaii zum Ausdruck bringt. Spontan greift der Witwer zu und nimmt sich des Katers an. Er tauft ihn „Fukumaru“ und verbringt mit ihm fürderhin schöne Tage in trauter Gemeinschaft. Durch die freundliche Umgebung zerstreuen sich die Zweifel des lang verschmähten Tieres, das zunächst mit seinem Schicksal haderte. Dieser Rahmen, der den Lesern der Comic-Version bekannt ist, bleibt im Fall des Bilderbuchs weitgehend ausgeklammert. Das Sternenschiff des Glücks erweist sich als komprimierte Minimalausgabe der Fukumaru-Story. Dem Format gemäß liegt der Schwerpunkt auf den Zeichnungen, dem Kawaii-Effekt und der ermutigenden Botschaft einer vorbehaltlosen gegenseitigen Zuneigung.
Objekte für den Glücksmotor
Kurz vor dem Schlafengehen erklärt das Herrchen dem Kater, was es bedeutet, wenn man am Himmel eine Sternschnuppe sieht, und dass man sich dann etwas wünschen darf. Fukumaru wacht nachts auf, blickt durchs Fenster und harrt auf seine Gelegenheit. Da stürzt ein Stern auf die Erde, dessen Spur er verfolgen muss:
Fukumaru sprang aus dem Fenster und flog über die Dächer der Stadt. Auf der Jagd nach der Sternschnuppe überquerte er weite Felder und hohe Berge.
In einem Wald schlägt der Stern auf. Zwei „rosafarbene Weltraumkatzen“ entsteigen der Struktur. Sie adressieren den Kater als „Flauschkugel“ und bitten um etwas „Glück“, das als Antrieb für ihr Schiff dient und die beschädigte Außenhülle wieder instand setzt. Fukumaru ist sofort bereit zu helfen. Er liefert einen Karton mit einer Reihe von geeigneten Objekten an. Zuerst wird der lustige Katzenwedel auf den scheibenartigen Glücksmotor im Inneren des Sternenschiffs gelegt, der Motor beginnt sofort zu leuchten. Dann schenkt der Kater den Außerirdischen das liebgewonnene Mausspielzeug „Quieksi“ sowie eine Tüte seines geschätzten Futters „Brillanti Brekkies“. Die extraterrestrischen Katzen sind begeistert vom guten Geschmack, die Außenhülle schließt sich vollends. Bedauerlicherweise scheint die Glücksladung jedoch nicht für den Start des Gefährts auszureichen.
Fukumaru zeigt sich darüber äußerst betrübt, und die Weltraumkatzen wundern sich angesichts seines großen Mitgefühls. Der Kater erklärt, warum er die missliche Lage der Fremden nachvollziehen kann. Lange Zeit habe er niemanden gefunden, der ihn haben wollte, und sei dazu verdammt gewesen, in einer kleinen Box auszuharren. Endlich habe der alte Mann ihn aus seinem Elend erlöst. Er sagte: „Ich möchte diesem Kater ein Zuhause schenken“ und „Ich finde dich sehr süß. Jetzt gehörst du zu mir“. Die Erinnerung an diesen Moment mit „Pappa“ und Fukumarus aufrichtiger Wunsch für die problemlose Heimkehr der tentakelbewehrten Freunde aus dem All erzeugt eine Welle von Glücksenergie bei den gerührten Aliens: Endlich kann das Schiff abheben.
Lehrgang mit Katze
Der Kater schlüpft nach diesem Abenteuer zurück in „Pappas“ Bett. Seine Sachen werden in einem Karton vor dem Haus abgestellt: Eine Retoure der Weltraumkatzen, die eine relevante Erkenntnis gewonnen haben. Sie verlautbaren folgende Botschaft:
Wir wissen jetzt, dass nicht Gegenstände uns das größte Glück schenken. Das größte Glück schenken uns die, die sich ganz fest für uns wünschen, dass wir glücklich werden.
Sakurai plädiert für Hilfsbereitschaft und selbstloses Engagement für andere, vertritt demgemäß den Standpunkt eines interplanetarischen Altruismus. Glück entsteht, so argumentiert die Autorin, in der Zugewandtheit für das Gegenüber – jenseits von Speziesgrenzen. Getragen wird die Argumentation von freundlich bunten Illustrationen und typisch japanischen Ansichten auf den Katzenkörper. Für verzichtbar erklärt die Autorin Konsumgüter und Konsum. Um ein gelungenes Leben zu führen, ist einzig Empathie vonnöten. Insofern wäre der in der humorvollen deutschen Übertragung flüssig zu lesende Beitrag zu den Druckerzeugnissen der Heisei-Ära zu zählen, die bindungspsychologische Themen transportieren. Ziel der Publikation aus diesem Umfeld ist es, die vielfach beschriebene Vereinzelung der Individuen bis hin zur pathologischen Einsamkeit zu überwinden sowie positive Kräfte (neudeutsch: Resilienz) zu erzeugen. Im Falle des Feliden baut der alte Mann im Tier neues Vertrauen zum Menschen auf, während er selbst mit dem Kater einen zuverlässigen Sozialpartner gewonnen hat.
Ein Beitrag aus der Redaktion Gegenwartskulturen der Universität Duisburg-Essen
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