Ganz und gar nutzlos: die Zürcher Wilde-Ausgabe

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"Alle Kunst ist ganz und gar nutzlos", sprach der irische Wilde, der schwule Wilde, der dandyhafte Wilde. Und ganz und gar nutzlos ist auch die neu übersetzte Ausgabe von Oscar Wildes Werken im Haffmans Verlag, denn sie enthält weder den schönsten Brief aller Zeiten, "De Profundis", noch Wildes Schrei nach Liebe aus dem Gefängnis, "The Ballad of Reading Gaol". Genauso nutzlos die fünf grauleinenen, mit bordeauxrotem Wachspapier umschlagenen Bände mit ausführlichen Anmerkungen und bündigen Nachworten der jeweiligen Übersetzer zu Wildes großen Erfolgen wie "Das Bild des Dorian Gray", den Erzählungen und Märchen, den Essays und den Komödien, allen voran "Ernst und seine tiefere Bedeutung". Nutzlos schließlich die filigranen Umschlagvignetten von James Abbott McNeill Whistler, dem Kollegen und Konkurrenten des enfant terrible im viktorianischen Kleingeistmief. Trotzdem: Zähneknirschend aber formvollendet danken wir dem Verlag für die "Zürcher Ausgabe", die sich als "definitive deutsche Oscar Wilde Werkausgabe für das nächste Jahrtausend" versteht. Denn Oscar Fingal O`Flahertie Wills Wilde (1854 - 1900) hat immer recht: "Es ist höchst bedauerlich, daß heute so wenig nutzloses Wissen verbreitet wird." Bitteschön.

U. B.

Titelbild

Oscar Wilde: Zürcher Ausgabe Werke, 5 Bde. Das Bild des Dorian Gray; Erzählungen; Märchen; Essays; Komödien.
Gerd Haffmans bei Zweitausendeins, Zürich 1999.
1856 Seiten, 99,99 EUR.
ISBN-10: 3251202960

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