Russen lesen hören

Über Alexander Nitzbergs Zusammenstellung von Tondokumenten

Von Ute EisingerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Ute Eisinger

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

"In einer literarischen Kultur, in der das trockene und mehr oder weniger eintönige Ablesen an der Tagesordnung ist, wirkt die Mündlichkeit der Poesie jedes Mal wie ein kleines Wunder." So der aus Russland gebürtige Dichter und Nachdichter Alexander Nitzberg in der Einleitung zu, Sprechende Stimmen', mit denen er ein solches Wunder russischer Avantgarde-Poesie vom Beginn der Moderne auf unsere Tonträger zaubert.

Nitzberg, selbst unvergesslicher Vortragender und unübertroffener Nachdichter der ersten, originellen Sprachartisten Russlands, war in Archiven auf Jagd nach frühen Aufnahmen von Blok, Gumilev, Mandelstam, Majakovskij, Esenin und anderen.

Mit beachtlichem Ergebnis: Der bei DuMont erschienene, in der Ästhetik der revolutionären russischen Druckgrafik nachempfundene rot-weiß-schwarze Band enthält 20 russische Texte und Originalaufnahmen. Nitzbergs Kommentare leisten - selbst bei Erstberührung mit dem russischen Gedicht - wertvolle Dienste. Auf der CD sind die rauschenden und krächzenden hundertjährigen Aufnahmen von Nitzbergs Übersetzungen gefolgt, die er selber liest: Auch das ein beachtenswertes Novum, welches den Vergleich zwischen vom Originalautor gesprochener Dichtung mit der Nachdichtung direkt ermöglicht - den Nitzberg freilich nicht zu scheuen braucht.

Bleibt zu hoffen, dass diese schöne, limitiert aufgelegte Idee unter Verlegern viele Nachahmer findet und Dichtern und Nachdichtern den Ansporn gibt, es mit allem aufzunehmen, was noch nicht rezitiert und nachgedichtet ist.

Titelbild

Alexander Nitzberg (Hg.): Sprechende Stimmen. Russische Dichter lesen 1 CD.
DuMont Buchverlag, Köln 2003.
39,90 EUR.
ISBN-10: 3832178430

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