Irrungen und Wirrungen der ersten Liebe

Alexa Hennig von Langes "Lelle" wird erwachsen

Von Christina LangnerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Christina Langner

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Treue Anhänger der Bestseller-Autorin Alexa Hennig von Lange treffen im neuen Roman der Schriftstellerin mit einer nunmehr wohl Bekannten zusammen. Die Leser kennen Lelle als 5-Jährige aus dem Kinderbuch, das den Namen der kleinen Heldin als Titel trägt, und dann als 15-Jährige aus "Ich hab einfach Glück" als magersüchtiges und oftmals beängstigend depressives Mädchen.

Mit "Erste Liebe" weitet Alexa Hennig von Lange die Geschichte ihrer erfolgreichen Figur zur Trilogie aus. Lelle ist mittlerweile zwischen 16 und 17 Jahre alt und hat - noch immer nicht ganz geheilt von ihrer Magersucht - mit den gefühlschaotischen Befindlichkeiten zu kämpfen, die das Erwachsenwerden so mit sich bringt. Natürlich machen die Irrungen und Wirrungen, die die Liebe - und ganz besonders die erste - gemeinhin verursacht, den weitaus größten Teil ihrer Probleme aus.

Lelle ist eigentlich mit Arthur zusammen, doch der kümmert sich im fernen Afrika um arme Kinder und hängt in Lelles Zimmer nur noch als Poster über ihrem Bett - unerreichbar wie ein Star für seinen Fan. So kommt es, dass Lelle sich beim 'Fischeretten' in Marcel verliebt und von da an beständig zwischen schier unfassbarem Glück und allertiefstem Abgrund orientierungslos umherschwebt und dabei versucht, doch irgendwie Halt, Sicherheit und vor allem Liebe zu finden.

Seit ihrem Debütroman "Relax" (1997) ist Alexa Hennig von Lange ohne Zweifel eine überaus erfolgreiche Autorin. Auch "Erste Liebe" wartet mit dem gewohnt raschen Erzähltempo der Vorgängerbücher auf, und lässt dabei die bekannte Einfühlsamkeit nicht vermissen. Die Autorin versteht es, ganz alltägliche, für jeden greifbare Probleme des Erwachsenwerdens im Text zu verlebendigen.

Lelle wohnt nicht mehr zu Hause, aber dennoch nicht wirklich allein. Sie ist lediglich in das Hinterzimmer des elterlichen Büros gezogen und daran, dass ihr ihre Familie die ganze Zeit das Herz bricht - wie Lelle dem Leser im intimen Tagebuchstil anvertraut - hat sich nichts geändert. Für ihre überaus sensible und furchtsame Mutter ist sie die beste Freundin, die ihr nicht selten die Tränen trocknen muss, wenn Lelles Vater die Mutter mal wieder beschimpft hat. Vertrauensvoll und zärtlich ist der Vater gewöhnlich nur im Umgang mit seinen geliebten Zimmerpflanzen. Gegenüber der Familie hingegen hüllt er sich in bedächtig-überhebliches Schweigen. Auch gegen ihre Schwester Cotsch vermag sich Lelle nur selten durchzusetzen, etwa wenn sich diese mit einem ihrer ständig wechselnden Männer in Lelles Bett unüberhörbar vergnügt und Lelle die Nacht auf dem kalten Bürofußboden verbringen muss.

Lelle hat es nicht leicht mit ihrer Familie. Die Vorbildfunktion der Eltern, vor allem die der Mutter, hat sie als haltlos durchschaut und verworfen. Lelles daraus resultierende Haltlosigkeit äußert sich fast beiläufig in der Erwähnung ihrer Magersucht, mit der die Heldin lebt, als handle es sich um einen Schnupfen.

Der Erfolg der 31-jährigen Autorin ist umstritten. "Erste Liebe" wird daran wohl kaum etwas ändern. Ganz im Gegenteil. Dass der Verlag das Buch nicht als Jugendbuch erscheinen lässt, will nicht so recht einleuchten, schließlich richtet der Roman an Leser im Teenageralter. Hennig von Lange gelingt es zwar, dann und wann eine Atmosphäre zu formen, die auch die älteren Leser in den einen oder anderen emotionalen Strudel zu ziehen vermag und sie an die chaotischen Gefühlszustände jener Zeit erinnert. Dennoch fehlt es dem Text an wirklich Mitreißendem und Anhaltendem, - sprachlich wie inhaltlich.

Der Roman ist ganz nett, zum Nicht-zu-Ende-lesen zu schade, denn irgendwie erwartet man, dass da noch etwas kommt: Vielleicht ist er sogar ganz nützlich für Eltern, die das schier unmöglich Erscheinende wollen: die Gefühle ihrer heranwachsenden Kinder verstehen. Die jugendliche Sprache greift jedoch nicht. Das, was bei Lelle fortwährend alles "so richtig reinzündet", will beim Leser so gar nicht zum Feuer auflodern. Mehr als ein bisschen Glut bietet das Buch nicht.

Titelbild

Alexa Hennig von Lange: Erste Liebe. Roman.
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2004.
158 Seiten, 14,90 EUR.
ISBN-10: 3871345067

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