Auster schreibt deutsch

Der New Yorker Autor stellt seine Schreibmaschine vor

Von Maik SöhlerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Maik Söhler

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Weil dabei immer Artefakte selbstreferenzieller Bespiegelung oder einfach nur Blubberbläschen rauskommen, galt bisher die Regel: Noch langweiliger als Schriftsteller, die übers Schreiben schreiben, sind Schriftsteller, die über ihre Schreibmaschine, ihr Textverarbeitungsprogramm oder ihren Füller schreiben. Was weiterhin für Füller und Computer gilt, hat sich für die Schreibmaschine nun geändert. Denn Paul Auster hat soeben zusammen mit dem Künstler Sam Messer ein hübsches schmales Bändchen über sein vor über 30 Jahren erworbenes Hilfsmittel publiziert. Es ist "eine Olympia-Reiseschreibmaschine, hergestellt in Westdeutschland. Dieses Land gibt es nicht mehr, aber seit jenem Tag im Jahre 1974 ist jedes Wort, das ich geschrieben habe, auf dieser Maschine getippt worden."

Man merkt Auster an, dass es ihm anfangs recht peinlich gewesen sein muss, über seine Schreibmaschine zu philosophieren. Sein kurzer Begleittext fällt aber auf eine angenehme Art karg und schlicht aus. Beiläufig wird von abgebrochenen Wagenrücklaufhebeln, Farbbandbestellungen en masse und vom Buchstabenstottern an 9.400 Tagen berichtet. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er wohl lieber weiter auf der Olympia geschrieben statt über sie zu schreiben. Aber Sam Messer hatte die Schreibmaschine bei einem Hausbesuch nun einmal lieb gewonnen und auch gleich begonnen, sie in allen Facetten zu malen: als Objekt, als Subjekt, frontal, verzerrt, im Detail, streng, lässig, kalt, monströs, mal mit und mal ohne Schriftsteller.

Deutlich wird dabei nicht nur, dass Dinge ein Eigenleben haben, sondern auch, dass das Hilfsmittel zumindest ästhetisch dem Schriftsteller in nichts nachsteht. Die Schönheit einer "Clear"-Taste kann mit der Schönheit von Austers Hand am Whiskyglas jederzeit mithalten. Hoffentlich kommt bald noch so ein Band, in dem Sam Messers Pinsel fotografiert wird, während er Austers Schreibmaschine malt.

Titelbild

Paul Auster / Sam Messer: Die Geschichte meiner Schreibmaschine.
Übersetzt aus dem Englischen von Werner Schmitz.
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2005.
80 Seiten, 16,90 EUR.
ISBN-10: 3498000659

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch