Julia Francks dritter Roman "Lagerfeuer" als Hörbuch
Besprochene Bücher / LiteraturhinweiseMit "Lagerfeuer", ihrem dritten Roman nach "Der neue Koch" und "Liebediener", wagte sich Julia Franck aus dem "Fräuleinwunder"-Käfig hinaus, in den sie spätestens anlässlich ihres fulminanten, mehrfach ausgezeichneten Erzählbandes "Bauchlandung" gesteckt wurde. In dem von der Kritik einhellig gelobten "Lagerfeuer" erzählt sie die Geschichten von vier Menschen, zwei DDR-Flüchtlingen, einer Polin und einem Angehörigen des US-Geheimdienstes, im Notaufnahmelager Marienfelde in den frühen 70ern. Leise und behutsam beschreibt sie diese sich kreuzenden Schicksale zwischen Weggehen und Ankommen, ohne falsche Nostalgie, ohne falsche Gefühlsseligkeit. Leise und behutsam verleiht sie auch Nelly Senff ihre Stimme, Julia Franck liest ruhig, angenehm, aber nicht einlullend. Klar und sanft gibt sie im grandiosen Eingangskapitel den Gedanken und Gefühlen der Protagonistin ein ganz eigenes Leben.
Als Vorteil erweist sich die Idee, jeder der Personen eine "eigene" Stimme zu geben. Der Hamburger Schauspieler Arnd Klawitter gibt den unsicheren, aus dem Gefängnis freigekauften Hans Pischke gekonnt und glaubhaft. Ebenso sicher, zwischen Resolutheit und Hoffnung schwankend, rezitiert Marion Breckwoldt die Krystyna Jablonowska. Lediglich der von Robert Dölle gelesene Amerikaner wirkt etwas glatt und allzu routiniert, was allerdings auch der schwächsten Person des Buches geschuldet ist, die am wenigsten Interpretationsfläche bietet. Die Hörbuchfassung des Romans steht der Buchfassung um nichts nach, sie gewinnt gar durch die Präsentation und macht das Wanken der Protagonisten zwischen Wunschvorstellung und Realität eindrucksvoll hörbar.
A. S.
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