Blaue Lyrik - Robert Gernhardt und Lutz Hagestedt haben Gedichte von Joachim Ringelnatz herausgegeben
Besprochene Bücher / Literaturhinweise"Eine Lanze für diesen Dichter brechen zu wollen hieße Ringel nach Natz tragen", schreibt Robert Gernhardt in seinem Nachwort, damit zugleich auf sein "Wörtersee"-Gedicht ("Auf der Fahrt von Ringel nach Natz notiert") anspielend, das dem komischen Lyriker Joachim Ringelnatz alias Hans Bötticher (1883-1934) auf komikträchtige Weise Reverenz erwies. Nun ist der Dichter, Gernhardt zum Dank, auch in die ehrwürdige Insel-Bücherei eingezogen: Der Band 1264 der Reihe bietet Gewagtes des zunehmend wagemutigen "Schreckensmann[es] der deutschen Hochkomik", Gedichte vor allem, "die im Leser die Lust wachkitzeln sollen", sich mit "dem ganzen Ringelnatz" vertraut zu machen.
Dieses Ziel verfolgt auch der als Band 4 der Artemis-Bibliothek (herausgegeben von Franz-Heinrich Hackel) erschienene Band mit Liebeslyrik. Im Nachwort heißt es: "Berühmt-berüchtigt die 'Blaue Lyrik' des Kuttel Daddeldu, der sich nach Matrosenmanier bedienen lässt: Beim ersten Mädchen holt er sich die Krätze, ein 'straff lederbusiges Weib' reimt sich auf eine Dame mit 'Zelluloid-Unterleib' und macht ihn betrunken - und am Ende hat er alles verschenkt, was er der Mary versprochen, seiner festen Braut. Legendär auch Kuttels Moritat von seiner längst verstorbenen Braut Alwine, die er leichenschänderisch ein- und ausgräbt, um sie zu missbrauchen."
Die vorliegenden Bändchen, so wieder Robert Gernhardt, versammeln "Bedenkenswertes, Bedenkliches und Bedenkenloses" zwischen zwei Buchdeckeln - wer hausbackene Hausmannskost erwartet, ist hier eindeutig fehl am Platze, denn Ringelnatz war auf Komik aus und strapazierte spannungsvoll, was da gewöhnlich Lyrik heißt.
L. H.
Anmerkung der Redaktion: literaturkritik.de rezensiert grundsätzlich nicht die Bücher von regelmäßigen Mitarbeiter / innen der Zeitschrift sowie Angehörigen der Universität Marburg. Deren Publikationen können hier jedoch gesondert vorgestellt werden.
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