Vaterfreuden?
„Auf Augenhöhe“ ist keine klassische Vater-Sohn-Geschichte
Von Tamara Wolf
Der zehnjährige Michi wächst seit dem Tod seiner Mutter im Heim auf. Sein Vater? Unbekannt. Zumindest bis jetzt. Denn Michi stößt überraschend in einem Brief auf Informationen über ihn: Er heißt Tom und ist in einem Ruder-Team. Michis Erwartungen sind groß, als er sich auf den Weg macht, um seinen Vater das erste Mal zu treffen. Groß und stark sollte er sein. Dann kann er endlich das Heim verlassen, zu Tom ziehen und er bekommt eine richtige Familie – so wie er sie sich immer gewünscht hat. Doch die Enttäuschung steht Michi ins Gesicht geschrieben, als er seinem Vater schließlich gegenübersteht – denn er ist klein. Genau genommen sogar kleiner als Michi selbst. Er ist kleinwüchsig. Wie peinlich ist das denn? So hatte er sich diesen Mann nicht vorgestellt. Tom, der bislang ebenfalls nichts von seinem Vater-Dasein wusste, ist einerseits erfreut, andererseits auch sichtlich erschrocken über diese Mitteilung. Doch mit jedem Abenteuer, das die beiden gemeinsam erleben, überwinden sie die anfänglichen Hemmungen und entwickeln eine besondere Verbindung zueinander. Bis sie plötzlich eine Nachricht erreicht, die noch einmal alles auf den Kopf stellt.
Auf Augenhöhe ist eine sehenswerte Komödie für die ganze Familie. Das Werk von Evi Goldbrunner und Joachim Dollhopf (Regie und Drehbuch) zeigt sich in bündigen 99 Minuten sowohl von seiner komischen als auch von seiner dramatischen Seite. Dem Zuschauer wird dabei eine wichtige Botschaft mit auf den Weg gegeben: Toleranz gegenüber Anderssein. Im Vergleich zu vielen anderen aktuellen deutschen Kinderfilmen basiert diese Geschichte nicht auf einem zuvor erschienenen Buch, sondern wurde speziell fürs Kino geschrieben.Gefördert durch die Initiative „Der besondere Kinderfilm“ war Auf Augenhöhe mit Luis Vorbach als Michi und Jordan Prentice als Tom seit September 2016 in den Kinos zu sehen. Die Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, originelle Filmgeschichten zu unterstützen, um den jungen Zuschauern ein vielseitiges filmisches Angebot bieten zu können. Und genau das lässt sich in Auf Augenhöhe wiederfinden.
Die in Deutschland spielende Komödie punktet neben ihren überzeugenden Schauspielern auch damit, keine klassische Vater-Sohn-Geschichte zu sein. Mit Bedacht bringen Goldbrunner und Dollhopf ihrem Publikum das heikle Thema näher. Um es dem Zuschauer so nachvollziehbar wie möglich zu machen, setzen sie die Kameraführung geschickt eine Stufe tiefer als in anderen Filmen. So scheint es, als sei man selbst in der Welt der Protagonisten.
Mit seinen lustigen Momenten lockt der Kinderfilm den Zuschauer auf die typische ‚Ende gut – alles gut‘-Fährte. Dass letztendlich nun nichts so kommt wie es anfangs scheint, macht das Werk der beiden Regisseure zu einem etwas anderen – besonderen – Kinderfilm. Auf Augenhöhe, der seit Herbst 2016 auf den Kinoleinwänden zu sehen war und aus der Feder von dem Regisseuren- und Drehbuchautorenteam Goldbrunner und Dollhopf entstand, wurde mit dem deutschen Filmpreis und dem Preis der deutschen Filmkritik für den besten deutschen Kinderfilm ausgezeichnet.
Auf Augenhöhe
Deutschland 2016
Regie: Joachim Dollhopf, Evi Goldbrunner
Drehbuch: Joachim Dollhopf, Evi Goldbrunner, Nicole Armbruster
Darsteller: Luis Vorbach, Jordan Prentice, Ella Frey, Anica, Dobra, Mira Barutschek
99 Minuten
Ein Beitrag aus der Redaktion Gegenwartskulturen der Universität Duisburg-Essen