Die Skurrilität geht weiter

Jonas Jonasson reiht in seinem dritten Roman „Mörder Anders und seine Freunde nebst dem einen oder anderen Feind“ mal wieder ein bizarres Ereignis ans andere

Von Caroline LissRSS-Newsfeed neuer Artikel von Caroline Liss

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Eine gekündigte, zudem atheistische Pfarrerin, ein Hotelrezeptionist, der hinter seiner eigenen Rezeption haust und ein kürzlich aus dem Gefängnis entlassender Mörder treffen par hasard aufeinander und beschließen, ihr eigenes Unternehmen zu gründen – eine ‚Körperverletzungsagentur’ – mit dem sie auch durchaus erfolgreich sind, bis der Mörder sich – viele Bibelzitate später – plötzlich dazu entschließt, Jesu’ Weg zu folgen und somit ein Schaf des Herrn wird. Infolgedessen kommt es nach diversen Ärgernissen mit den ehemaligen, getäuschten und aus der kriminellen Unterwelt stammenden Klienten der Körperverletzungsagentur schließlich zur Gründung einer Kirche, deren Namensträger und Prediger kein geringerer ist als der bekehrte Mörder, den die Öffentlichkeit nur unter dem Namen ‚Mörder Anders’ kennt. Doch nachdem auch dieses durchaus erfolgreiche Projekt aufgrund unglücklicher Ereignisse scheitern muss, haben die atheistische Pfarrerin und der Rezeptionist eine Idee für ein Startup-Unternehmen, welches eine Marktlücke Schwedens füllt: am lukrativsten – und damit am geeignetsten – erscheint es, den ehemaligen Mörder als Weihnachtsmann in ganz Schweden Geschenke verteilen zu lassen und dies international auszubauen. Zunächst kein außergewöhnlicher Gedanke, doch einen spendenfinanzierten Förderverein, dessen Weihnachtsmann das ganze Jahr über Geschenke an Bedürftige verteilt, gab es so noch nicht, und der Hauptanteil dieser selbstlosen Aktion fließt hierbei an zwei der drei Inhaber der Firma. 

Der allwissende Erzähler gibt die Geschichte mit viel Witz und einem ironischen Augenzwinkern wieder. So scherzt er beispielsweise regelmäßig über den Namen der Figur des Rezeptionisten ‚Per Persson’, den er als ziemlich eintönig bezeichnet und den er mit dem Namen ‚Jonas Jonasson’ vergleicht. Neben einigen Dialogen sind zahlreiche Passagen des Romans im Konjunktiv verfasst, was stark zum Witz und der speziellen Art des Erzählens Jonassons beiträgt: „Die Anders-Kirche würde eine Hochburg der Großzügigkeit werden, mit Jesus als Geißel und Gottvater als im Hintergrund schwebender Bedrohung für die größten Geizkrägen der Gemeinde.“

Es stehen jedoch nicht die Figuren und deren Charakterzüge sowie individuellen Schwierigkeiten mit denen sie zu kämpfen haben im Vordergrund, sondern die Handlung selbst. Auf die Figuren des Romans wird bedauerlicherweise nur sehr oberflächlich eingegangen, allerdings bringt der Leser ihnen Empathie entgegen, obgleich sich diese vorwiegend kriminell und zeitweise auch unmoralisch verhalten. 

Nach seinem Debütroman und Bestseller „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“, dem im Jahre 2010 meistverkauften Buch Schwedens, welches außerdem verfilmt wurde, gelingt dem Journalisten und Schriftsteller Jonas Jonasson ein weiterer Roman, der eben diesem im Hinblick auf Skurrilität und unvorhersehbaren Wendungen in nichts nachsteht.

„Mörder Anders und seine Freunde nebst dem einen oder anderen Feind“ ist eine charmante, schwerelose Geschichte voll von Paradoxa, bizarren Ereignissen und einem Hauch von Esprit, die ohne gewollt zu wirken erfreut. Ein Roman, der nicht versucht, anspruchsvolle Literatur zu sein und der doch geistreich, amüsant und mit sprachlicher Raffinesse zu bestechen weiß.

Ein Beitrag aus der Komparatistik-Redaktion der Universität Mainz

Titelbild

Jonas Jonasson: Mörder Anders und seine Freunde nebst dem einen oder anderen Feind.
Aus dem Schwedischen übersetzt von Wibke Kuhn.
Carl´s Books, München 2016.
346 Seiten, 19,00 EUR.
ISBN-13: 9783570585627

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