Das magische Disney-Universum

Ein Buch entführt in die Fantasiewelt des Zeichentrickfilmpioniers

Von Patrick MenselRSS-Newsfeed neuer Artikel von Patrick Mensel und Isabelle MenselRSS-Newsfeed neuer Artikel von Isabelle Mensel

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Anfang der 1920er-Jahre, als Walt Disney sein Studio aus der Taufe hob, füllten in den Kinos die Cartoons die Pausen zwischen den damals topmodernen Schwarz-Weiß-Stummfilmen. Knapp 20 Jahre später setzte Disney Meilensteine in Ton und Farbe und erhob den Zeichentrickfilm in den Rang einer Kunstform. Das Disney-Team erschuf in der Folge eine ganz eigene Art des Geschichtenerzählens und erweckte bis heute legendäre Figuren zum Leben. Ab den 1950er-Jahren arbeitete Disney auch für das Fernsehen und ersann eine bis dato unbekannte Unterhaltungsform: Disneyland. Ein Themenpark, der in der Gestalt des Magischen Königreiches große Erfolge feierte, zunächst in Kalifornien, ab 1971 auch an der Ostküste in Florida, 1983 in Tokyo, 1992 schließlich auch in Europa mit dem Euro Disney Resort in Paris (heute Disneyland Paris); 2005 eröffnete mit Hongkong der erste Park in Asien, 2016 folgte Disneyland Shanghai.

Über die Jahrzehnte entwickelte sich der bis heute bestehende, weltumspannende Konzern, der die damals in den 1920er- und 30er-Jahren geprägten Unterhaltungsmaximen treu befolgte. Generationen sind mit Mickey & Co und deren Abenteuern aufgewachsen. In schöner Regelmäßigkeit erschienen Zeichentrickspielfilme, die sich – nahezu in Serie – zu Klassikern entwickelten und vom schier unendlichen Einfallsreichtum des Disney-Universums zeugten: 1928 Steamboat Willie, 1937 Schneewittchen und die sieben Zwerge, 1953 Peter Pan, 1959 Dornröschen, 1961 101 Dalmatiner, 1970 Aristocats, 1986 Basil, der große Mäusedetektiv, 1989 Arielle, die Meerjungfrau, 1991 Die Schöne und das Biest, 1994 König der Löwen, 1995 Pocahontas – die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Nicht zu vergessen sind auch die von Disney produzierten Spielfilme und Serien, die Einführung der in den 1990er-Jahren noch revolutionären Technik computeranimierter Filme sowie die Entwicklung von Disney Digital 3D.

Walt Disney erachtete den Zeichentrickfilm als „Medium zum Geschichtenerzählen und der visuellen Unterhaltung, das Menschen jeden Alters und überall in der Welt erfreut und informiert“. Dieser Haltung sind seine Erben nach seinem Tod im Jahre 1966 treu geblieben. Die Disney-Künstler begeistern und verzaubern Groß und Klein stets auf Neue; ihre Kreativität und ihr Einfallsreichtum scheinen grenzenlos.

Das Disney-Buch. Die Magische Welt von Disney entführt den Disney-Enthusiasten in die von diesem so geschätzte Phantasiewelt seiner Idole. Es gibt zunächst einen Überblick in Form einer bunten Zeitleiste mit Plakaten der wichtigsten Filme und Fotos wichtiger Ereignisse der Konzerngeschichte, etwa der Eröffnung der Themenparks. Es folgt eine nicht chronologisch, sondern thematisch aufgearbeitete Darstellung verschiedenster Aspekte. Von der Mickey-Manie, über das Studio in Burbank, die verschiedenen Prinzessinnentypen, die spektakuläre Stop-Motion oder das Traumschloss bleibt nichts unbehandelt. Die Entstehung der Filme und Figuren wird erlebbar. Man blickt den Disney-Künstlern gleichsam über die Schulter und erfährt zum Beispiel, dass die Disney-Zeichner beim Entwurf ihrer Figuren auf Modelle zurückgreifen, welche sie aus verschiedenen Perspektiven aufs Papier bringen. Die Herstellung dieser 3-D-Modelle erfolgt detailgetreu in einer für die jeweilige Figur charakteristischen Pose. Nicht minder wichtig sind die Storyboards, die von Disney bereits Anfang der 1930er-Jahre entwickelt wurden, um die Handlung eines Films zu visualisieren. Jede Szene wird auf ein Blatt Papier gezeichnet und an eine Pinnwand geheftet, um die Entwicklung der Geschichte zu erleichtern. Der Einsatz von Storyboards erfolgt nicht nur bei Animationen, sondern ebenso bei Realfilmen, etwa bei Mary Poppins. Von Anfang an setzte Disney bei der technischen Entwicklung Maßstäbe, so auch bei der Audio-Animatronics, der dreidimensionalen Figurenanimation, die bei ihrer Vorstellung auf der Weltausstellung 1964/65 in New York eine sensationelle Innovation war.

Der geneigte Leser erfährt auch von den optimalen Arbeitsbedingungen der Walt Disney-Zeichner, für die Walt Disney Spezialschreibtische und -möbel anfertigen ließ: Zeichenbereich und Schubladen wurden dergestalt angeordnet, dass ein Höchstmaß an Funktionalität erreicht wurde. Eine Unmenge skurriler Anekdoten sorgen für Kurzweil, wie etwa die Abbildung einer Speisekarte der Kantine der Disney-Studios vom 21. März 1940 mit der Bemerkung, Walts Chili stehe bis heute regelmäßig auf der Karte.

Das Buch ist herrlich und nicht von vorn bis hinten zu lesen, es lädt vielmehr ein zum Vor- und Zurückblättern, zum Schmökern, zum Schmunzeln und Staunen. Kurzweilige, informative Texte sowie ein wahrer Fundus an Zeichnungen, Skizzen, Fotos und Filmplakaten entführen den Leser in das fantastische Disney-Reich. Mit dem ausführlichen Register am Schluss, das neben Filmtiteln und Sachthemen auch illustre Namen erfasst, ist ein schnelles Nachschlagen möglich.

Titelbild

Das Disney Buch. Die magische Welt von Disney.
Mit Texten von Jim Fanning.
Übersetzt aus dem Englischen von Anke Wellner-Kempf.
Dorling Kindersley Verlag, München 2016.
200 Seiten, 19,90 EUR.
ISBN-13: 9783831030255

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