Zur Vermittelbarkeit von Kultur

Alberto Gil und Manfred Schmeling sammeln Beiträge zur deutsch-französischen Übersetzungsproblematik

Von Susan MahmodyRSS-Newsfeed neuer Artikel von Susan Mahmody

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Dieser Band vereint Beiträge eines deutsch-französisch ausgerichteten Kolloquiums der Universität des Saarlandes aus dem Jahr 2006, das sich deutsch-französischen Kulturstudien, genauer Übersetzungen, widmete. Im Mittelpunkt stand dabei der Gedanke, dass Text und Kultur nicht isoliert voneinander betrachtet werden können, da sie in einem engen Zusammenhang miteinander stehen. Jeder Text ist immer kulturell verankert, meist sogar mehrfach.

Die teils auf Deutsch, teils auf Französisch verfassten Beiträge gehen von einem interkulturellen Ansatz aus und beleuchten Prozesse des kulturellen Transfers zwischen dem Deutschen und dem Französischen. Das Prinzip des kulturellen Transfers mitsamt seiner Mechanismen wird leider nicht erklärt, sondern als bekannt vorausgesetzt. Wie im Vorwort angegeben, basiert der Band auf den Komponenten Interdisziplinarität, Methodenpluralismus und Perspektivierung durch unterschiedliche nationale Wissenschaftskulturen. Laut den Herausgebern repräsentiert er „einen Brückenschlag zwischen der Translationswissenschaft und den einzelnen kulturwissenschaftlichen Disziplinen (Kunstgeschichte, Philosophie, Literatur- und Sprachwissenschaft, Rhetorik, etc.) und leistet damit einen Beitrag zur Entwicklung einer Kulturtransferforschung, welche der besonderen Rolle der Übersetzungen bei der Überschreitung kultureller Grenzen gerecht zu werden vermag“.

Eingeleitet durch einen Essay des französisch-deutschen Schriftstellers und Übersetzers Georges-Arthur Goldschmidt und einer vorangehenden Würdigung des Autors durch Manfred Schmeling, folgen Beiträge zu vier Akzenten: theoretisch-philosophische Fragestellungen, historische Schwerpunkte, textsortenspezifisches Übersetzen und Formen medialen Transfers in den Bereichen Neue Medien und Intermedialität. Untersucht werden grundsätzliche und historische Problemstellungen des Übersetzens anhand von rhetorisch aufgearbeiteten Texten in literarischer Form, Fachtexten der Jurisprudenz, modernen politischen Reden und französischen Übersetzungen philosophischer Texte von Martin Heidegger und Jacques Derrida, aber auch aktuelle und künftige Herausforderungen im Fokus des wissenschaftlichen Interesses, wie die Möglichkeit der Erstellung einer Übersetzungsbibliografie mithilfe elektronischer Werkzeuge und kulturspezifischer Fragestellungen der Filmbetitelung. Ausgehend vom in Goldschmidts Essay formulierten Grundgedanken, dass keine Übersetzung ihrem Original je gerecht werden kann, werden Möglichkeiten und Grenzen der Arbeit am Text durch den Übersetzer reflektiert. Auch der Kontext, in dem sich ein Text bewegt, gewinnt in diesen Betrachtungen an Bedeutung.

Die Textsammlung bietet Einblicke in die Übersetzungsproblematik aus vielen verschiedenen Blickwinkeln und kann aufgrund seines interdisziplinären Charakters in vielen Fachgebieten von Interesse sein.

Titelbild

Alberto Gil / Manfred Schmeling (Hg.): Kultur übersetzen. Zur Wissenschaft des Übersetzens im deutsch-französischen Dialog.
Akademie Verlag, Berlin 2009.
271 Seiten, 59,80 EUR.
ISBN-13: 9783050043401

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch