Nicht mehr und nicht weniger

Eine Einführung in die Literatur der Weimarer Republik von Gregor Streim

Von Christian KrepoldRSS-Newsfeed neuer Artikel von Christian Krepold

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Gregor Streim hat mit seinem in der von der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft veranstalteten Reihe „Einführung Germanistik“ erschienenen Band zur Literatur der Weimarer Republik eine kompakte Darstellung vorgelegt, die Basiswissen zu vermitteln, den aktuellen Forschungsstand zu referieren, Einzelanalysen und eine kommentierte Bibliografie zu bieten und dabei vor allem der Seminar- und Prüfungsvorbereitung zu dienen verspricht. Es gelingt dem Verfasser – trotz gelegentlicher stilistischer Schwerfälligkeiten und störender Druckfehler – seinen souveränen Umgang mit dem Stoff, den er überzeugend aufbereitet, unter Beweis zu stellen. Nach einer Definition des Epochenbegriffs folgt ein knapper Forschungsüberblick, schließlich eine Einordnung der Weimarer Kultur in historisch-soziale Kontexte, ehe die ästhetischen Programme und Tendenzen der Epoche vorgestellt werden. Die darauf folgenden literaturgeschichtlichen Ausführungen sind nach Gattungen gegliedert.

 

Nicht nachvollziehbar ist allerdings die Textauswahl der fünf Einzelanalysen, die etwas mehr als ein Drittel des Umfangs ausmachen. Dass Alfred Döblins „Berlin Alexanderplatz“ hier aufgenommen werden musste, steht außer Frage. Irmgard Keuns „Gilgi – eine von uns“ gehört hingegen nicht zum Lektürekanon für das Studium der Neueren deutschen Literaturwissenschaft und ist – ungeachtet der zu recht strittigen Frage literarischer Kanonbildung – deplaziert in einem inklusive Bibliografie, Personen- und Sachregister gerade mal 160 Seiten starken Band. Dementsprechend unverzeihlich ist es auch, dass Thomas und Heinrich Mann, Musil, Broch oder auch Kafkas Spätwerk auf jeweils nur einer knappen halben Seite abgehandelt werden. Dies ist freilich nicht dem Verfasser vorzuwerfen, sondern durch das Konzept des Bandes vorgegeben. Fraglich bleibt nur, ob ein solcher Band noch wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht werden kann. 100 Seiten mehr hätten dem Projekt sicher gut getan.

Alles in allem: Der Band ist eine sehr knappe Einführung in die Literatur der Weimarer Republik. Nicht mehr und nicht weniger. Er wird die Konsultation einschlägiger Lexikonartikel zur Seminarvorbereitung beziehungsweise zur Einarbeitung in ein neues Themenfeld nicht ersetzen können, da er deren Abstraktionsebene nicht erreicht. Ferner bleibt zu bezweifeln, dass er sich zur Prüfungsvorbereitung bewähren wird, es sei denn, einer der in den Einzelanalysen vorgestellten Texte ist Gegenstand der Prüfung.

Titelbild

Gregor Streim: Einführung in die Literatur der Weimarer Republik.
wbg – Wissen. Bildung. Gemeinschaft, Darmstadt 2009.
160 Seiten, 14,90 EUR.
ISBN-13: 9783534175758

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