Bad Hausener Festspiele

Gerhard Polts „Apokalypsen“ halten der Spießigkeit den Spiegel vor – und zum „Jubiläum“ gibt es nur das Beste

Von André SchwarzRSS-Newsfeed neuer Artikel von André Schwarz

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Über Gerhard Polt selbst braucht man eigentlich nicht mehr viele Worte zu verlieren. Seit dreißig Jahren ist er einer der besten und wortgewaltigsten Kabarettisten Deutschlands. Einer, der treffsichere Pointen, scharfe politische Kommentare und eine Lust an knorriger Grantigkeit virtuos miteinander verbindet und damit Lichtjahre von all den unerträglichen „Comedians“ entfernt ist, die uns heutzutage auf allen Kanälen totnerven.

Doch in letzter Zeit scheint ihm ein wenig der Stoff oder die Lust auszugehen. Denn in seinem letzten Programm „Apokalypsen“ finden sich nur wenige überzeugende Gags. Die Figur eines „Mäzens“ rechnet hier zwar zunächst gekonnt mit dem sogenannten „Eventsponsoring“ ab, wirkt dann aber doch langatmig. Ermüdend ist auch das geradezu alberne „Duzi Duzi“, das nur eine gelungene Pointe aufweist, die da lautet: „Man kann über den Hitler viel sagen, aber ein Zechpreller war er nicht“. In „Mehr oder weniger“ hat man den Eindruck, dass man das Ganze sogar bereits kennt, variiert er hier doch lediglich Motive der Demokratie-Lehrstunde aus „Tschurangrati“.

Hat sich Polt überlebt? Fällt ihm nichts mehr ein? Oder ist es eine obskure Altersnachsichtigkeit, die ihn langsam ereilt? Man befürchtet es fast. Dass er aber auch anders kann, sieht beziehungsweise hört man auf „Apokalypsen“ immerhin auch. Mit dem Stück „Das CSU-Museum“ begibt er sich auf sicheres Terrain, die Selbstherrlichkeit der bayerischen Staatspartei kann er wie kein anderer demontieren – und seine Vorstellungen von Stoiber-Märtyrerbildern und Huber-Fußabstreifern als Ausstellungsstücke von Weltniveau sind einfach lustig. Zu großer Form läuft er auch in „Der Berti“ auf, einem ebenso liebevollen wie bösartigen Porträt eines Karrieristen, den sein verschlagener Geschäftssinn bis in die Vorstandsetage der Allianz Versicherung gebracht hat – und auch „Dieser Mozart“ ist ein Polt, wie man sich ihn erhofft: Absurd, derb und entlarvend. Er kann es also immer noch, auch wenn er das nur noch gelegentlich zeigt.

In Hochform hingegen kann man Gerhard Polt auf der schlicht „Jubiläum“ betitelten Doppel-CD zusammen mit den Biermösl Blosn erleben. Zum dreißigjährigen Bühnenjubiläum gibt es ein eindrucksvolles Best of der Well-Brüder, flankiert von einer Auslese von Polt-Texten, allen voran die grandiose „Bad Hausen“-Rede, der Feldzug gegen den elenden „Komoran“ und der Vortrag „Democracy“, der die „founders of the most modern form of government“, Plato, Cicero und den Ochsensepp in eine unübertreffliche Reihe stellt. Dazu gibt es die virtuos vorgetragenen Lieder der Biermösl Blosn – die Multiinstrumentalisten zeigen sich einmal mehr als Meister ihres Faches und als ideale Ergänzung zu Polt. Einige Songs hätte man sich zu den Instrumentalstücken noch dazu gewünscht, denn auch die Biermösl Blosn alleine haben auch selbst schon Polt’sches Kabarettformat. Sei’s drum – aber man kann sich bereits jetzt auf die Fahnenweihe zum 40. Bühnenjubiläum freuen, die die Brüder im Booklet vorsorglich ankündigen.

Titelbild

Gerhard Polt: Apokalypsen. 1 CD.
Kein & Aber Verlag, Zürich 2008.
70 min, 16,90 EUR.
ISBN-13: 9783036912448

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Titelbild

Gerhard Polt / Biermösl Blosn: Jubiläum.
Kein & Aber Verlag, Zürich 2009.
CD, 16,90 EUR.
ISBN-13: 9783036912578

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